Walter Wellinghausen

deutscher Rechtsanwalt und ehemaliger Politiker (SPD)

Walter Wellinghausen (* 23. Mai 1944 in Bruchsal) ist ein deutscher Rechtsanwalt und ehemaliger Hamburger SPD-Politiker. Als Staatsrat diente er in der vom 2. Bürgermeister Ronald Schill (PRO) geführten Innenbehörde.

Walter Wellinghausen 1989

Wirken in der SPD Bearbeiten

Wellinghausens politische Heimat war der SPD-Kreis Hamburg-Nord. Neben verschiedenen Parteiämtern gehörte er seit 1978 der Bezirksversammlung-Nord als Fraktionsvorsitzender der SPD an. 1979 sprach er sich gegen Pläne des SPD-Senats aus, anstelle des abgebrochenen Winterhuder Fährhauses Wohnungen zu errichten und forderte gemeinsam mit der CDU die Errichtung eines „überörtlichen Kommunikationszentrums“ an der Stelle.[1] 1985 lehnte er den (später doch erfolgten) Bau der Ortsumgehung Fuhlsbüttel ab und forderte stattdessen einen Schnellbahnanschluss für den Flughafen Hamburg.[2] 1986 strebte Wellinghausen erstmals in die Hamburgische Bürgerschaft und wurde von der Kreisdelegiertenkonferenz der SPD Hamburg-Nord auch auf einen aussichtsreichen Listenplatz gesetzt.[3] Auf dem Parteitag kündigte jedoch der zum rechten Parteiflügel zählende Wolfgang Pages an, gegen Wellinghausen, der als Vertreter des linken Flügels galt, zu kandidieren und wurde auch gewählt.[4][5] Die Pläne von Sozialsenator Jan Ehlers und dem Zweiten Bürgermeister Alfons Pawelczyk, die Vereinigung Hamburger Kindertagesheime aufzulösen und ihre Aufgaben auf die sieben Bezirke zu verteilen lehnte er als Sprecher der Vorsitzenden der SPD-Bezirksfraktionsvorsitzenden ab.[6] 1990 drohte er mit seinem Rücktritt als Fraktionsvorsitzender, falls die SPD-Kreisvorsitzende und spätere Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel nicht zur Bezirksamtsleiterin gewählt werden würde.[7] Nachdem Fischer-Menzel tatsächlich nicht gewählt worden war, trat Wellinghausen als Fraktionschef zurück.[8]

Wirken als Anwalt Bearbeiten

Wellinghausen, der erst nach seiner Bundeswehrzeit das Abitur auf dem Abendgymnasium nachholte, studierte anschließend in Hamburg Rechtswissenschaften. Er legte 1971 das Erste und 1975 das Zweite Staatsexamen ab. Anschließend machte er sich als Rechtsanwalt selbständig. Neben seiner Tätigkeit als Strafverteidiger war er auch Geschäftsführer einer privaten Herzklinik.[9]

Wellinghausen setzte im Oktober 1983 vor dem Verwaltungsgericht Hamburg durch, dass die Friedensinitiative „Hamburger Forum“ eine große Demonstration auf dem Rathausmarkt durchführen konnte. Sie war zuvor vom Hamburger Senat unter Verweis auf die Bannmeile untersagt worden.[10] Auch 1984 setzte er die Demonstrationsmöglichkeit gerichtlich durch.[11] Sein Name geriet später in die Schlagzeilen und die Kritik von Kollegen, weil er unter anderem Mandanten wie Burim Osmani und die Hells Angels anwaltlich vertrat. Im Hamburger Polizeiskandal wurde Wellinghausen von der Gewerkschaft der Polizei beauftragt, Polizisten anwaltlich zu vertreten, denen nach dem Bekanntwerden des Hamburger Polizeiskandals z. B. wegen Körperverletzung im Amt, Nötigung und/oder Freiheitsberaubung vorgeworfen wurde. Als er 1994 durch Pistolenschüsse am Oberschenkel getroffen wurde, wurde in der Presse gemutmaßt, dies könne in Zusammenhang mit der Vertretung der Polizeibeamten stehen.[12] Im Auftrag der katholischen Kirche erwirkte er, dass die Sozialdienste der Katholischen Frauen für ihre Beratung nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz Förderung erhielten. Er verteidigte den damaligen Amtsrichter Ronald Schill (von der Boulevardpresse Richter Gnadenlos getauft), der wegen Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung vor dem Landgericht Hamburg angeklagt war.[9]

Staatsrat in der Innenbehörde Bearbeiten

Im Zuge einer Koalition der Hamburger CDU mit der Partei Rechtsstaatlicher Offensive stieg Ronald Schill zum Zweiten Bürgermeister und Innensenator der Hansestadt auf. Er holte Walter Wellinghausen als Staatsrat in die Innenbehörde. Wellinghausen galt als Vertrauter und rechte Hand Schills. Der damalige SPD-Landesvorsitzende Olaf Scholz warf Wellinghausen in diesem Zusammenhang vor, er sei kein Sozialdemokrat mehr. „Herr Wellinghausen hat nur vergessen, aus der SPD auszutreten“, so Scholz gegenüber dem Hamburger Abendblatt. Zudem kritisierte er, dass Wellinghausen und der ebenfalls der SPD angehörende Sozialstaatsrat Klaus Meister keine einkommensangemessenen Beiträge an die Partei zahlen würden.[13] Im September 2002 trat Wellinghausen daraufhin aus der SPD aus.[14] Seine Bemühungen, eine Befriedung des Streits um die Bewohner des Bauwagenplatzes Bambule durch Bereitstellung eines Übergangsquartiers zu erreichen, scheiterten letztendlich, wobei sich Senat und Bauwagenbewohner gegenseitig die Verantwortung dafür zuschrieben.[15][16] Mitte 2003 berichtete das Hamburger Abendblatt darüber, dass eine Radiologiepraxis monatlich 4.600 Euro per Dauerauftrag an Wellinghausen überweise und der Praxisinhaber regelmäßig mit ihm über rechtliche Fragen spreche.[17] Die Fraktionsvorsitzenden von SPD und GAL in der Bürgerschaft forderten daraufhin die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen Wellinghausen.[18] In der Folgezeit führte Wellinghausens Gebaren auch zu Unmut bei den Koalitionspartnern CDU und FDP.[19] Um im August 2003 zu verhindern, dass der Erste Bürgermeister Ole von Beust Wellinghausen wegen dieser Nebentätigkeit entließ, soll Schill versucht haben, den Bürgermeister mit Einzelheiten aus dessen Privatleben zu erpressen. Ole von Beust versetzte Wellinghausen wegen der Nebentätigkeiten in den einstweiligen Ruhestand und entließ Schill wegen des Erpressungsversuchs aus seinem Amt.[20] In der Folge brach die Koalition auseinander. Bei der vorgezogenen Neuwahl im Februar 2004 erhielt die Pro DM/Schill, Schills neue Partei, nur 3,1 Prozent der abgegebenen Stimmen (nach 19,4 % für die PRO 2001).

Nach der Entlassung Bearbeiten

Wellinghausen wurde zunächst keine erneute Zulassung als Rechtsanwalt in Hamburg gewährt, weil die Rechtsanwaltsordnung nach dem Ausscheiden aus einem öffentlichen Amt eine Wartefrist von fünf Jahren im Gerichtsbezirk der Beamtententätigkeit vorsieht. Er beantragte stattdessen die Zulassung in Schleswig-Holstein und eröffnete eine Kanzlei in Norderstedt.[21] Aufgrund einer Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs wurde er jedoch bereits im September 2005 wieder in Hamburg als Rechtsanwalt zugelassen.[22] Medien berichteten über seine erneute anwaltliche Tätigkeit unter anderem im Zusammenhang mit einem Strafprozess gegen zwei Polizisten[23] und seinem Eintreten für ein Bleiberecht für Roma, die Kirchenasyl in Hamburg gesucht hatten.[24] Auch den früheren Justizsenator Roger Kusch, der wegen seiner Tätigkeit für den Verein Sterbehilfe Deutschland wegen Totschlags angeklagt war, verteidigte er vor dem Landgericht Hamburg.[25] Nach eigenen Angaben strebt Wellinghausen keine politischen Ämter mehr an.[26]

Publikationen Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Fußnoten Bearbeiten

  1. „Kampf der Politiker im Fährhaus-Schutt“, in: Hamburger Abendblatt vom 8. August 1979, abgerufen am 7. Januar 2023.
  2. „Keine Autobahn zum Flughafen“, in: Hamburger Abendblatt vom 18. September 1985, abgerufen am 7. Januar 2023.
  3. „Echternach triumphiert – Müller gescheitert“, in: Hamburger Abendblatt vom 1. Februar 1986, abgerufen am 7. Januar 2023.
  4. „Hamburger SPD vor dem großen Krach?“, in: Hamburger Abendblatt vom 19. Februar 1986, abgerufen am 7. Januar 2023.
  5. „Wellinghausen bleibt“, in: Hamburger Abendblatt vom 5. März 1986, abgerufen am 7. Januar 2023.
  6. „Ein Doppelpaß von Pawelczyk“, in: Hamburger Abendblatt vom 1. März 1986, abgerufen am 7. Januar 2023.
  7. „Fraktionschef droht mit Rücktritt“, in: Hamburger Abendblatt vom 22. März 1990, abgerufen am 7. Januar 2023.
  8. „Eklat im Bezirk Nord“, in: Hamburger Abendblatt vom 5. Mai 1990, abgerufen am 7. Januar 2023.
  9. a b „Das ist Schills Anwalt“, in: Hamburger Abendblatt vom 13. Oktober 2000, abgerufen am 7. Januar 2023.
  10. „Gericht stoppt den Senat“, in: Hamburger Abendblatt vom 13. Oktober 1984, abgerufen am 7. Januar 2023.
  11. „Richter geben Rathausmarkt frei“, in: Hamburger Abendblatt vom 19. Oktober 1983, abgerufen am 7. Januar 2023.
  12. „Anschlag oder Warnung“, in: Hamburger Abendblatt vom 16. September 1994, abgerufen am 7. Januar 2023.
  13. „SPD will Staatsräten ans Geld“, in: Hamburger Abendblatt vom 24. August 2002, abgerufen am 8. Januar 2023.
  14. „Staatsrat verlässt die SPD“, in: Hamburger Abendblatt vom 6. September 2002, abgerufen am 8. Januar 2023.
  15. „Bambule-Verhandlungen gescheitert“, in: Hamburger Abendblatt vom 2. April 2003, abgerufen am 9. Januar 2023.
  16. „Bambulisten greifen den Senat an“, in: Hamburger Abendblatt vom 3. April 2003, abgerufen am 9. Januar 2023.
  17. „Die Nebeneinkünfte des Staatsrats Wellinghausen“, in: Hamburger Abendblatt vom 20. Juni 2003, abgerufen am 9. Januar 2023.
  18. „Staatsrat Wellinghausen unter Druck“, in: Hamburger Abendblatt vom 21. Juni 2003, abgerufen am 10. Januar 2023.
  19. „Von Beust lässt sich weiter berichten“, in: Hamburger Abendblatt vom 26. Juli 2003, abgerufen am 10. Januar 2023.
  20. „Die Erklärung des Bürgermeisters“, in: Hamburger Abendblatt vom 19. August 2003, abgerufen am 11. Januar 2023.
  21. „Anwalt Wellinghausen: Zulassung abgelehnt“, in: Hamburger Abendblatt vom 8. Januar 2005, abgerufen am 11. Januar 2023.
  22. „Wellinghausen wieder Anwalt“, in: Hamburger Abendblatt vom 26. September 2005, abgerufen am 11. Januar 2023.
  23. „Einsatz im Familienstreit – Polizisten freigesprochen“, in: Hamburger Abendblatt vom 5. Januar 2005, abgerufen am 11. Januar 2023.
  24. dpa in t-online vom 23.9.2015
  25. „Kusch: Wir werden ohne Wenn und Aber weitermachen“, in: Hamburger Abendblatt vom 13. Mai 2014, abgerufen am 11. Januar 2023.
  26. Ira von Mellenthin in: Die Welt: Der Anwalt, der Behörden das Fürchten lehrt, letzter Absatz