Walter Reinhardt Sombre

Abenteurer und Söldner, der sich ab den 1750er Jahren in Indien betätigte

Walter Reinhardt Sombre (auch Walter Balthasar Reinhardt, Walter Reinhard oder Walter Reinert; * um 1725; † 4. Mai 1778[1] in Agra) war ein Abenteurer und Söldner, der sich ab den 1750er Jahren in Indien betätigte.

Herkunft Bearbeiten

Reinhardts Geburtsort und Nationalität sind unklar. Sebastian Euringer berichtet von dessen Geburt am 3. Juli 1726 in Mindelzell als Sohn des Johann Peter Rainer und seiner Frau Regina geb. Kohler.[2] The Imperial Gazetteer of India, ein zwischen dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert erschienenes Nachschlagewerk, bezeichnet ihn als gebürtigen Luxemburger, von Beruf Metzger, der in französischen Diensten nach Indien kam.[3] Ein österreichisches Nachschlagewerk von 1873 gibt an, er sei Österreicher aus dem Montafon in Vorarlberg.[4] Anderen Quellen zufolge sei er gebürtig aus Trier oder dem Elsass und habe als Zimmermann gearbeitet.[5] In wieder anderen Quellen taucht der Name „Walter Sommer“ (Erinnerungen eines französischen Offiziers) und ein Geburtsort „Michelbach“ auf.[6] Es sind noch weitere Namens- und Herkunftsvarianten bekannt.[7] Die Herkunft des Namensbestandteils Sombre ist ebenso unklar. Es könnte sich um einen Kampfnamen gehandelt haben. In verschiedenen, meist indischen, Quellen wird der Name als Samru, Samroo oder ähnlich wiedergegeben.

Söldnertätigkeit Bearbeiten

 
Gedenktafel an der Akbar’s Church in Agra

Reinhardt kam um 1754 als Söldner der französischen Ostindienkompanie nach Indien.[8] Er lief zu den britischen Truppen über und erreichte den Rang eines Unteroffiziers. Von dort desertierte er erneut, um in Chandernagore wiederum in französische Dienste einzutreten. Nach der Auflösung dieses Stützpunktes schloss er sich Jean Law de Lauriston auf dessen Zügen durch Indien 1757 bis 1760 an. Er verblieb dort, bis diese Truppe Ende 1760 bei der Unterstützung Shah Alams II. zerschlagen wurde. Anschließend trat er in die Dienste des Fürsten Mir Qazim, Nawab Nizam von Bengalen und Orissa, ein. Von britischer Seite wurde ihm vorgeworfen, in dessen Auftrag 1763 in Patna rund 60 britische Gefangene ermordet zu haben. Danach setzte er sich nach Oudh ab, wo er einer Reihe lokaler Machthaber diente. Gemeinsam mit François Xavier Wendel S.J. beteiligte sich Walter Reinhardt bis 1772 am Wiederaufbau der zerstörte Church of Akbar.[9] 1777 trat er, inzwischen mit einer eigenen Söldnertruppe, in den Dienst Mirza Najaf Khans ein, seinerseits ein Verbündeter von Shah Alam II., der ihm als Lohn die Herrschaft über die Region (Pargana) Sardhana übertrug.[3][10] Reinhardt starb am 4. Mai 1778 in Agra, seine Grabstätte auf dem dortigen römisch-katholischen Friedhof ist noch heute erhalten.[11] Das Grab trägt die portugiesische Inskription: „Aqui jaz o Walter Reinhard morreo aos 4 de Mayo no anno de 1778“.[12][13][14]

Privatleben Bearbeiten

Der etwa 45 Jahre alte Reinhardt lernte um 1765 oder 1767 im Rotlichtmilieu die damals etwa vierzehnjährige Nautch-Tänzerin Farzana[8] kennen, die später als Begum Samru bekannt wurde. Er unterhielt eine Beziehung zu ihr, nach manchen Quellen heiratete er sie. Ob eine rechtsgültige Ehe eingegangen wurde, gilt allerdings bis heute als ungesichert.[15] Begum Samru, arabischer Abstammung, konvertierte zum katholischen Glauben. Sie nahm den Namen Joanna Nobilis Sombre an und übernahm nach Reinhardts Tod dessen Funktion und auch seine Söldnertruppe.[8][16][7] Begum Samru galt als einzige katholische Herrscherin in Indien.[7] Sie hatte keine leiblichen Kinder und adoptierte 1834 David Ochterlony Dyce Sombre,[17] den Ur-Enkel von Walter Reinhardt Sombre.[18]

Legendärer Reichtum Bearbeiten

Reinhardt bzw. Begum Samru wurde ein enormes Privatvermögen nachgesagt, dessen Höhe in den 1950er Jahren auf 18 Milliarden Deutsche Mark geschätzt wurde[6] und das unter der Verwaltung der britischen Krone stehen soll. Bereits 1851 soll es in London zu einem Rechtsstreit um das Erbe des mutmaßlichen Reinhardt-Urenkels David Ochterlony Dyce Sombre gekommen sein.[4] Seither haben sich mehrere Personen und Organisationen gemeldet, die dieses legendäre Vermögen beanspruchen. Im deutschsprachigen Raum existiert eine „Reinhardt's Erbengemeinschaft“, die angibt, die Ansprüche der Erben des Walter Reinhardt zu vertreten. Ähnliche Organisationen gibt es in den USA.[6]

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Henry George Keene: The Fall of the Moghul Empire: An Historical Essay. London 1876, S. 135 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Sebastian Euringer: Walter Rainhard Sumru. Die Geschichte eines erfolgreichen deutschen Abenteurers. Vortrag gehalten am 15. Dezember 1926 im Historischen Verein Dillingen. VeDuKa, Dillingen 1926.
  3. a b Seite 105-106 in The Imperial Gazetteer of India, Vol. XXII, The Clarendon Press, Oxford, 1908, veröffentlicht in der „Digital South Asia Library“ der University of Chicago
  4. a b Constantin von Wurzbach: Reinhard, Reinhardt, auch Reinhart, Walter. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 25. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1873, S. 209 (Digitalisat).
  5. The soldier of fortune. In: The Hindu. 14. April 2000, abgerufen am 11. Juli 2018 (englisch).
  6. a b c Die Erben streiten mit der englischen Krone. In: Heilbronner Stimme. 26. Januar 2009, abgerufen am 11. Juli 2018.
  7. a b c Begum Samru and her church in Sardhana. In: The Hindu. 5. März 2017, abgerufen am 11. Juli 2018 (englisch).
  8. a b c Tanushree Podder: Church that Begum Samru built. In: Tribune India. 11. November 2007, abgerufen am 11. Juli 2018 (englisch).
  9. Jochen Reinert: Ein Franke hielt Hof in Agra. In: Neues Deutschland. 24. Dezember 1996, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 6. Juni 2020.
  10. Patna (Behar) in der Encyclopædia Britannica, 1911, veröffentlicht auf Wikisource
  11. DK Eyewitness Travel Guide: India. 2011, ISBN 978-1-4053-6936-7, S. 169–170 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  12. Edward Arthur Henry Blunt: List of Inscriptions on Christian Tombs and Tablets of Historical Interest in the United Provinces of Agra and Oudh. Allahabad 1911, S. 43–45 (archive.org).
  13. Edwin Thomas Atkinson: Statistical, Descriptive and Historical Account of the North-Western Provinces of India. Volume 2 - Meerut Division: Part 1. Allahabad 1875, S. 96 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  14. Rana Safvi: A ‘Taj Mahal’ for a husband. 2. September 2018, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. Mai 2019; abgerufen am 3. Juni 2020 (englisch).
  15. Durba Ghosh: Sex and the Family in Colonial India: The Making of Empire. Cambridge University Press, 2006, ISBN 978-1-316-17584-2, S. 151 (englisch).
  16. Begum Samru's Haveli. In: The Times of India. Abgerufen am 11. Juli 2018 (englisch).
  17. Edward Arthur Henry Blunt: List of Inscriptions on Christian Tombs and Tablets of Historical Interest in the United Provinces of Agra and Oudh. Allahabad 1911, S. 17 (archive.org).
  18. George Clement Boase: Dyce-Sombre, David Ochterlony. In: Dictionary of National Biography, 1885–1900. Band 16. Elder Smith & Co., 1888, S. 281–282 (wikisource.org [abgerufen am 1. September 2021]).