Mykotherapie

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Mykotherapie ist die Anwendung von Pilzen, vorzugsweise Großpilzen, und daraus gewonnenen Extrakten, für die eine Wirksamkeit im Rahmen von Prävention und unterstützender oder alleiniger Therapie behauptet wird.[1] Für diese Anwendung existiert bislang keine hinreichende wissenschaftliche Basis.[2] Eine Zulassung der Präparate als Arzneimittel besteht in Deutschland nicht.[3]

Zum Begriff „Mykotherapie“ Bearbeiten

Der Begriff Mykotherapie geht vermutlich auf den Mykologen Jan Ivan Lelley zurück.[1] Lelley reklamiert, seine Wortneuschöpfung aus der Bezeichnung Phytotherapie abgeleitet zu haben. Im Buch „Die Heilkraft der Pilze – Gesund durch Mykotherapie“, erstmals erschienen im Jahre 1997, bezeichnet er Mykotherapie auch als „Wissenschaft des Einsatzes von Großpilzen mit Heilwirkung“ und fordert deren Anerkennung als „eigenständigen Bereich der Naturheilkunde“. Dieser Anspruch sei nicht nur wegen der großen Zahl der Pilzarten, die inzwischen zum Einsatz kämen, und ihres breiten Anwendungsspektrums, sondern auch wegen der uralten, fernöstlichen Tradition gerechtfertigt.[4]

„Heilpilze“ Bearbeiten

 
Hallimasch (Armillaria mellea)
 
Stinkmorchel (Phallus impudicus), mit bereits durch wohl Hunderte von Fliegen vom Sporenbrei befreiter wabiger Kappe

Die für medizinische Anwendung beworbenen Pilzarten werden von den Anbietern Heilpilze, Medizinalpilze oder Vitalpilze genannt.[1] In China werden zahlreiche dieser Pilzarten wie beispielsweise Ganoderma lingzhi schon seit Jahrhunderten als Rezepturbestandteile in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) verwendet. In Europa wurden sie zum Teil in den Kräuterbüchern des Hieronymus Bock, Peter Melius und Adam Lonitzer erwähnt.

Nach diesen alten Arzneibüchern verwendete man zum Beispiel die Stinkmorchel (Phallus impudicus) gegen die Gicht. Der Echte Zunderschwamm (Fomes fomentarius) wurde zur Blutstillung und der Hallimasch (Armillaria mellea) als Abführmittel verwendet.

Eine Passage aus dem Kräuterbuch von Adam Lonitzer aus dem Jahr 1679 über das Judasohr (Auricularia auricula-judae), das im Volksmund auch „Holunderschwamm“ genannt wird:

Hollunderschwämme löschen und trucken nieder allerlei Hiz und Geschwulst, zuvor in Rosenwasser oder Wein gewicht und übergelegt.

In der Traditionellen Chinesischen Medizin traut man dem Judasohr diese Heileigenschaften jedoch nicht zu. Hier soll er nur die Gesundheit kräftigen und den Blutkreislauf fördern.

Die Speisepilze werden in Trockenform, meist als konzentrierter Extrakt, verabreicht. Die Wirkungen der Pilze sollen auf ihrem Gehalt an Vitaminen und Mineralstoffen und auf hypothetischen Heilwirkungen bestimmter Inhaltsstoffe[5] einiger Pilzarten beruhen. Nachgewiesen ist eine immunologische Wirkung des Maitake-Pilzes bei Versuchstieren, der eine Aktivierung von T-Helfer-Zellen und gesteigerte Produktion von Gamma-Interferon, Interleukin 12 und Interleukin 18 hervorruft.[6]

Rechtliche Einordnung Bearbeiten

Eine Zulassung der Präparate als Arzneimittel besteht in Deutschland nicht.[3] Als Nahrungsergänzungsmittel oder Novel Food angeboten, unterliegen sie den Regelungen des Lebensmittel- und Futtergesetzbuchs (LFGB) und der Health-Claims-Verordnung. Die Angabe medizinischer Indikationen und therapeutischer Versprechen ist danach unzulässig. Gesundheitsbezogene Aussagen wie auch Präventionsversprechen bedürfen einer Zulassung. Auf Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. in Frankfurt am Main hat das Landgericht Tübingen (Beschluss vom 8. November 2005, Az. 21 O 184/05) einem Anbieter untersagt, für (angebliche) „Heilpilze“ mit Behauptungen zu werben, dass diese einen überhöhten Cholesterinspiegel senken sowie bei schweren und chronischen Erkrankungen – etwa Krebs, aber auch Migräne und TinnitusHeilwirkung entfalten.[7][8]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Gesellschaft für Medizinalpilz- und Mykomolekulare Therapie e.V.: Was verstehen wir unter Mykotherapie?
  2. Borchers AT, Krishnamurthy A, Keen CL, Meyers FJ, Gershwin ME: The immunobiology of mushrooms. In: Exp. Biol. Med. (Maywood). 233. Jahrgang, Nr. 3, März 2008, S. 259–76, doi:10.3181/0708-MR-227, PMID 18296732 (ebm.rsmjournals.com (Memento des Originals vom 18. Juni 2011 im Internet Archive) [abgerufen am 20. August 2010]).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/ebm.rsmjournals.com
  3. a b Heilpilze: Kein Mittel gegen Krebs, Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), Heidelberg. 1. August 2012. Zuletzt abgerufen am 4. September 2014.
  4. Jan Lelley: Die Heilkraft der Pilze – Gesund durch Mykotherapie. , München 1997, ISBN 3548710239. Volltext (PDF; 1,2 MB)
  5. Wasser SP: Medicinal mushrooms as a source of antitumor and immunomodulating polysaccharides. In: Appl. Microbiol. Biotechnol. 60. Jahrgang, Nr. 3, November 2002, S. 258–74, doi:10.1007/s00253-002-1076-7, PMID 12436306.
  6. A. Inoue, N. Kodama, H. Nanba: Effect of maitake (Grifola frondosa) D-fraction on the control of the T lymph node Th-1/Th-2 proportion. In: Biological and Pharmaceutical Bulletin. Band 25, Nummer 4, April 2002, S. 536–540, ISSN 0918-6158. PMID 11995941.
  7. Reiner Münker: 2. Vorgehensweise der Wettbewerbszentrale In: Stellungnahme zum Grünbuch „Förderung gesunder Ernährung und körperlicher Bewegung: Eine europäische Dimension zur Verhinderung von Übergewicht, Adipositas und chronischen Krankheiten“, S. 2; Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., Frankfurt am Main, 22. Februar 2006. PDF
  8. Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., Frankfurt am Main: Rückblick auf die Arbeit 2005, S. 68. PDF

Literatur Bearbeiten