Vernon (Eure)

französische Gemeinde
(Weitergeleitet von Vernon-sur-Seine)

Vernon [vɛʁnɔ̃] ist eine französische Stadt mit 24.543 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) im Département Eure in der Region Normandie. Sie gehört zum Arrondissement Les Andelys und zum Kanton Vernon.

Vernon
Vernon (Frankreich)
Vernon (Frankreich)
Staat Frankreich
Region Normandie
Département (Nr.) Eure (27)
Arrondissement Les Andelys
Kanton Vernon
Gemeindeverband Seine Normandie Agglomération
Koordinaten 49° 6′ N, 1° 29′ OKoordinaten: 49° 6′ N, 1° 29′ O
Höhe 10–148 m
Fläche 34,92 km²
Einwohner 24.543 (1. Januar 2021)
Bevölkerungsdichte 703 Einw./km²
Postleitzahl 27200
INSEE-Code
Website www.vernon27.fr

Hôtel de ville (Rathaus) von Vernon

Geografie Bearbeiten

Vernon liegt an der Grenze zum Département Yvelines in der Region Île-de-France an der Seine, 67 Kilometer nordwestlich von Paris und 21 Kilometer nordöstlich von Évreux, dem Sitz der Präfektur des Départements, auf einer mittleren Höhe von 79 Metern über dem Meeresspiegel. Die Ortschaft ist von den Nachbargemeinden Saint-Marcel, Bois-Jérôme-Saint-Ouen, Giverny und Blaru umgeben. Das Gemeindegebiet hat eine Fläche von 34,31 Quadratkilometern. Von der Fläche her ist Vernon die größte Stadt im Arrondissement Évreux.[1]

Vernon ist einer Klimazone des Typs Cfb (nach Köppen und Geiger) zugeordnet: Warmgemäßigtes Regenklima (C), vollfeucht (f), wärmster Monat unter 22 °C, mindestens vier Monate über 10 °C (b). Es herrscht Seeklima mit gemäßigtem Sommer.

Geschichte Bearbeiten

Murus Gallicus, gallische Befestigungsmauern eines keltischen Oppidums, wurden bisher (Stand 1993) im ganzen Département nur im Ortsteil Vernonnet in Vernon gefunden.[2]

Vernon wurde erstmals 750 in einer Charta von Pippin dem Jüngeren (714–768) erwähnt. Rollo (860–931/932) vergab Vernon als Marquisat an Osmond de Centvilles († nach 968). 1260 fiel das Lehen Vernon an Margarete von der Provence (1221–1295). Im 16. Jahrhundert gehörte es Renée de France (1510–1574).[3]

Am 8. Oktober 1596 besuchte König Heinrich IV. von Frankreich Bizy das Lehen Bizy. 1675 wurde die Seigneurie zu einem Marquisat erhoben. 1721 erhielt Louis-Charles-Auguste Fouquet de Belle-Isle Bizy und die Grafschaften Gisors, Vernon und Les Andelys im Tausch gegen Belle-Île. Am 21. September 1749 besuchten Ludwig XV. und Madame de Pompadour das Schloss. Als Fouquet 1761 starb, fiel Bizy an den König. 1767 tauschte der König Bizy mit Louis Auguste de Bourbon, prince de Dombes (1700–1755) gegen Dombes ein. 1775 erbte Louis Jean Marie de Bourbon, duc de Penthièvre (1725–1793) das Lehen. Nach 1783 verbrachte er viel Zeit auf dem Schloss und lebte dort ab 1792. Im Zuge der Französischen Revolution (1789–1799) wurde das Schloss konfisziert und zum Nationalgut erklärt.[4]

 
Generalfeldmarschall Bernard Montgomery in Vernon bei der Überquerung der Seine am 1. September 1944

Im Zweiten Weltkrieg (1939–1945) wurde Vernon am 8. und 9. Juni 1940 durch die Luftwaffe der Wehrmacht bombardiert. Die Stadt hatte damals besondere militärische Bedeutung, das 11. Artillerieregiment (11e régiment d’artillerie) war dort stationiert, außerdem gab es eine Militärschule und eine Munitionsfabrik. Am 8. Juni wurden Brandbomben auf die Stadt abgeworfen. Sie trafen auch den Kindergarten und das Collège (damals école primaire supérieur). Es brachen Brände aus, über 250 Häuser wurden zerstört, etwa 177 Personen kamen um. Die Stiftskirche Notre-Dame wurde leicht beschädigt. Die Evakuierung des Krankenhauses zog sich bis zum 9. Juni hin. Am Nachmittag des 9. Juni wurden die beiden Brücken über die Seine gesprengt. Die Deutschen marschierten am Morgen des 10. Juni in Vernon ein. Es waren nur noch etwa 200 Einwohner in der Stadt, alle anderen waren geflohen. Die Royal Air Force flog in den folgenden Nächten Angriffe gegen die Flugabwehrkanonen der Deutschen, die gerade erst reparierte Brücke wurde erneut zerstört.

Im Mai und Juni 1944 während der Operation Overlord kam es zu drei Bombardements durch die Alliierte Luftwaffe. Das betraf besonders die Brücke von Vernon und angrenzende Stadtviertel. Die Fliegerbomben waren bis zu 1000 kg schwer. Insgesamt starben dabei 103 Personen, es gab außerdem zahlreiche Verletzte, 40 Gebäude wurden zerstört. Am 28. August stand die Stadt unter Kanonenbeschuss. Die lokalen Forces françaises de l’intérieur unterstützten die angreifenden Alliierten und besetzten die Mairie. Der Kampf um Vernon dauerte insgesamt 8 Tage lang.[5]

Eingemeindungen Bearbeiten

In den Jahren 1804 und 1805 wurde Vernonnet eingemeindet,[6] es liegt auf der orografisch rechten Seite der Seine.[5]

Bevölkerungsentwicklung Bearbeiten

Jahr 1962 1968 1975 1982 1990 1999 2006 2019
Einwohner 17.247 18.872 22.422 22.243 23.659 24.056 24.018 23.727
Quellen: Cassini und INSEE

Städtepartnerschaften Bearbeiten

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Vernon ist mit drei Blumen im Conseil national des villes et villages fleuris (Nationalrat der beblümten Städte und Dörfer) vertreten.[7] Die „Blumen“ werden im Zuge eines regionalen Wettbewerbs verliehen, wobei maximal drei Blumen erreicht werden können.

Bauwerke Bearbeiten

 
Die Alte Mühle diente Claude Monet als Motiv für mehrere Bilder
 
Monet: Bild der alten Mühle
  • Tour des Archives: Rest der alten Burg von Vernon
  • Château des Tourelles: das Schloss aus dem 12. Jahrhundert ist eines der letzten intakten Kastelle in Frankreich
  • Vieux Moulin: die ‚Alte Mühle‘ auf den Resten einer mittelalterlichen Brücke

Schloss Bizy Bearbeiten

Das Schloss Bizy wurde im 17. Jahrhundert errichtet. Es war ein langgestrecktes Gebäude mit zwei erhöhten Pavillons an den Seiten. Louis-Charles-Auguste Fouquet de Belle-Isle ließ das Schloss von 1741 bis 1743 durch den Architekten Pierre Contant d’Ivry (1698–1777) erweitern. 1797 wurde es an einen Immobilienmakler verkauft, das Wohngebäude war zerstört. 1805 wurde ein neues, bescheideneres Wohngebäude errichtet. 1830 erbte Louis-Philippe I. das Schloss und ließ es um zwei Seitenflügel erweitern, die ursprünglichen Gebäude restaurieren und einen Englischen Landschaftsgarten einrichten. Der König besuchte Bizy oft und fuhr meistens mit der Eisenbahn dorthin. 1858 verkaufte der Staat Frankreich das Schloss an Fernand Schickler, den damaligen Bürgermeister von Vernon. Er ließ ab 1860 den mittleren Teil des Wohngebäudes durch ein Gebäude ersetzen, das von italienischer Architektur inspiriert war. 1909 vermachte Schickler das Schloss an seinen Neffen Louis Joseph, duc d’Albufera (1877–1953), der den Ehrenhof durch zwei Seitenflügel einschließen ließ. Das Schloss befindet sich im Privatbesitz, es wurde 1974 offiziell als historisches Denkmal eingestuft.[4] Der Park kann gegen Entgelt von April bis Oktober besichtigt werden. Er beeindruckt besonders durch seine Wasserspiele. Im Marstall steht eine Sammlung von Kaleschen aus dem 19. Jahrhundert.[8]

Kloster Bearbeiten

Im 13. Jahrhundert gab es schon einen Konvent des Dritten Ordens des Heiligen Franziskus in Vernonet. 1618 wurde der Couvent des Pénitents (‚Konvent der Büßer’) gebaut. Im Zuge der Französischen Revolution wurde das Kloster 1792 verkauft. Im 19. Jahrhundert waren noch viele Elemente des alten Klosters erhalten, dazu gehörten die Klosterzellen, das Refektorium, eine Kapelle und der Kreuzgang. 1912 ließ der neue Besitzer die Reste des Klosters zerstören und baute an der Stelle ein Schloss. Im Park standen Säulen, die aus einer Renaissancekapelle stammten, die in der Revolution zerstört worden war. 1914 wurde das Gebäude als Hilfskrankenhaus genutzt. Am 8. Juni 1940 brannte das Gebäude nieder.[5] Heute sind nur noch die Treppe des Parks und das Wohngebäude des Priors erhalten.[4]

Musée Alphonse-Georges Poulain Bearbeiten

Das städtische Museum von Vernon befindet sich in zwei miteinander verbundenen historischen Gebäuden in der Innenstadt. Es befindet seit 1983 Objekten der Regionalgeschichte und eine umfangreiche Kunstsammlung. Schwerpunkte der Sammlung sind archäologische Objekte der Jungsteinzeit, römische Funde und stadtgeschichtliche Objekte. Die Kunstsammlung umfasst unter anderem Werke des Impressionismus von Künstlern wie Claude Monet und weiteren Landschaftsmalern aus der Künstlerkolonie in Giverny.

Stiftskirche Notre-Dame Bearbeiten

Die gotische Kirche Notre-Dame (‚Unserer Lieben Frau‘) wurde gegen Ende des 11. Jahrhunderts erbaut. 1160 gründete Guillaume de Vernon († 1166) ein Domkapitel in Vernon und die Kirche Notre-Dame wurde zur Stiftskirche. Das Kirchenpatronat hatte der Seigneur von Vernon inne. Die Seitenkapellen wurden im 15. Jahrhundert angebaut. Im Zuge der Französischen Revolution wurde das Domkapitel aufgelöst. In den Jahren 1793 und 1794 diente die Kirche als Temple de la Raison (‚Tempel der Vernunft‘) des Kultes des höchsten Wesens. Nach der Revolution wurde sie wieder von der Römisch-katholischen Kirche genutzt. 1862 wurde das Gebäude als Monument historique klassifiziert. Fast alle Fenster wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. Eines vom Ende des 15. Jahrhunderts entging der Zerstörung, weil es ausgelagert worden war. Es wurde 1875 restauriert und verlorene Teile im unteren Bereich durch Darstellungen aus dem Leben von Johannes dem Täufer ergänzt. Der obere und mittlere Teil hat die Passion zum Thema. Das Fenster wurde 1862 als Monument historique klassifiziert. In der Kirche gibt es Reste einer Litre funéraire (Trauerband), die Wappen sind jedoch nicht gut genug erhalten, um sie bestimmten Seigneurs zuordnen zu können.[3][4][9]

Wirtschaft und Infrastruktur Bearbeiten

Vernon beherbergt seit 1945 das Atelier technique et aéronautique de Rickenbach, in dem von der Snecma (Société nationale d’étude et de construction de moteurs d’aviation) die Motoren entwickelt werden, mit denen die französischen Kampfflugzeuge ausgerüstet sind.

Außerdem befindet sich das Laboratoire de recherches balistiques et aérodynamiques (LRBA), eine Niederlassung der Direction générale de l’armement (DGA) in der Stadt.

Vernon ist mit einem @ als Ville Internet (‚Internetstadt‘) eingestuft. Die „@s“ werden an Städte vergeben, die den Ausbau und die Nutzung des Internets fördern, wobei maximal fünf @s vergeben werden.[10]

Auf dem Gemeindegebiet gelten geschützte geographische Angaben (IGP) für Schweinefleisch (Porc de Normandie), Geflügel (Volailles de Normandie) und Cidre (Cidre de Normandie und Cidre normand).

Persönlichkeiten Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Vernon – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Vernon in der Base Mémoire des Ministère de la culture (französisch)

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. La ville de Vernon. In: Info-Mairie.com. Abgerufen am 13. März 2024 (französisch).
  2. Dominique Cliquet: L’Eure. 27. In: Michel Provost, Academie des inscriptions et belles-lettres, Ministere de la culture (Hrsg.): Carte Archéologique de la Gaule. Fondation Maison des Sciences de l’Homme, Paris 1993, ISBN 2-87754-018-9, S. 343 f. (französisch).
  3. a b Pierre Bodin: Les litres seigneuriales des églises de l’Eure. Hrsg.: Amis des Monuments et Sites de l’Eure, Amis de Bernay, Conseil général de l’Eure, Direction, Régionale des Affaires Culturelles [DRAC]. Corlet, Condé-sur-Noireau Mai 2005, S. 171 f. (französisch).
  4. a b c d Eintrag Nr. 27681 in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch)
  5. a b c A.-V. de Walle: Évreux et l’Eure pendant la guerre. Charles Herissey, Évreux 2000, ISBN 2-914417-05-5, S. 23 f., 184 (französisch, Erstausgabe: 1946).
  6. Vernon - notice communal. In: Cassini.ehess.fr. Abgerufen am 1. Juli 2012 (französisch).
  7. Palmarès des villes et villages fleuris. Conseil National des Villes et Villages Fleuris, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 14. August 2011 (französisch).@1@2Vorlage:Toter Link/www.cnvvf.fr (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  8. A. Blanchard, M. Delafenêtre, Lisa Pascual: Jardins en Normandie. Eure. Connaissance des Jardins, Caen 2001, ISBN 2-912454-07-7, S. 102 (französisch).
  9. Eintrag Nr. 27681 in der Base Palissy des französischen Kulturministeriums (französisch)
  10. Vernon @ 2007. In: villesinternet. association des Villes Internet, abgerufen am 21. Juli 2012 (französisch).