Varchentin

ehemalige Gemeinde in Mecklenburg-Vorpommern

Varchentin ist ein Ortsteil der Gemeinde Groß Plasten im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte in Mecklenburg-Vorpommern (Deutschland). Zu Varchentin gehören die Ortsteile Beckenkrug und Carolinenhof.

Varchentin
Gemeinde Groß Plasten
Koordinaten: 53° 35′ N, 12° 51′ OKoordinaten: 53° 34′ 59″ N, 12° 50′ 59″ O
Höhe: 45 m ü. NHN
Fläche: 17,31 km²
Einwohner: 291 (31. Dez. 2017)[1]
Bevölkerungsdichte: 17 Einwohner/km²
Eingemeindung: 26. Mai 2019
Postleitzahl: 17192
Vorwahl: 039934
Varchentin (Mecklenburg-Vorpommern)
Varchentin (Mecklenburg-Vorpommern)

Lage in Mecklenburg-Vorpommern

Geografie Bearbeiten

Varchentin in der Mecklenburgischen Seenplatte liegt am ca. 200 ha umfassenden Großen Varchentiner See. Wenige hundert Meter südwestlich vom Ortskern liegt der Kleine Varchentiner See, der wie sein großer Nachbar von einem Schilfgürtel umgeben ist.

Varchentin liegt an der Bundesstraße 194 auf halbem Wege zwischen Waren (Müritz) und Stavenhagen, die jeweils 14 km von Varchentin entfernt sind. In diesen beiden Städten befinden sich auch die nächsten Bahnhöfe. Eine Landstraße verbindet Varchentin mit Möllenhagen an der B 192.

Geschichte Bearbeiten

Im Jahre 1333 tauchte der Ort Varchentin, dessen Name aus dem Slawischen kommt, erstmals in einer Urkunde auf. Zwischen 1270 und 1280 wurde die Varchentiner Kirche errichtet. Das alte Dorf Varchentin lag am Ufer des Großen Varchentiner Sees und wurde 1827 südöstlich der Kirche neu angelegt. Die Siedler waren Tagelöhner des Hofguts Varchentin, dessen Besitzer oft wechselten, darunter die von Ferber, ein Bürgermeister von Waren sowie die Familie Rostke.

Im Jahre 1836 erwarb der Bankier Gottlieb Jenisch das Hofgut und ließ dort das Schloss Varchentin errichten, das von seiner Tochter Marie in den Besitz der Grafen Grote gelangte (sie war verheiratet mit Adolf Graf Grote). Ab 1924 erlebte der Betrieb seine wirtschaftliche Blüte. Zum Schlossgut gehörten über 1700 Hektar des umgebenden Landes; praktisch die gesamte Einwohnerschaft der darin liegenden Orte stand in Abhängigkeit zur gräflichen Familie. Die Besitzungen konnten nach dem amtlich publizierten Landwirtschaftlichen Adressbuch für Mecklenburg bis vor der großen Wirtschaftskrise stabil gehalten werden.[2] Das letzte Oberhaupt der Gutsbesitzerfamilie, der NS-Agrarfunktionär Friedrich Franz Graf Grote (1901–1942),[3] arbeitete mit den Artamanen zusammen, die hier ein Schulungslager errichteten.[4] Der NS-Funktionär und SS-Oberführer Grote fiel 1942 in Russland.[5] Seine amerikanischstämmige Gattin konnte mit den Kindern in die USA emigrieren. Der Ort hat den Zweiten Weltkrieg nahezu unbeschadet überstanden. Im Schloss waren 1945 bis 1947 russische Truppen einquartiert, anschließend diente das Schlossgut als landwirtschaftliche Schule und als Hotel.

Varchentin ist bis heute landwirtschaftlich geprägt. Das Mitte der 1990er Jahre erbaute Feuerwehrhaus sowie der angrenzende Dorfplatz sind die Mittelpunkte des Dorflebens.

Mit Wirkung zum 26. Mai 2019 wurde Varchentin in die südlich benachbarte Gemeinde Groß Plasten eingemeindet.[6] Letzte Bürgermeisterin war Jana Düring.

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

  • Schloss Varchentin: 1847 im Tudorstil erbaut durch den Hamburger Bankier Gottlieb Jenisch nach Plänen des Schweizer Architekten Auguste de Meuron, später um einen Südtrakt erweitert. Zum großzügigen Schloss gehören mehrere stattliche Wirtschaftsgebäude, darunter auch die etwas entfernt befindliche Orangerie und Fasanerie, sowie das südlich vom Schloss im Wald befindliche und 1895 im Stil der Neorenaissance erbaute Mausoleum der Grafen Grote. Der Landschaftspark wurde nach Entwürfen von Peter Joseph Lenné gestaltet. Im Park befindet sich eine künstlich geschaffene Kanalverbindung der beiden Varchentiner Seen, die durch den abgesunkenen Grundwasserspiegel trockengefallen ist.
  • Die Kirche ist ein gotischer Backsteinbau des 13. Jahrhunderts, mit einem zweischiffigen, zweijochigen Langhaus, ursprünglich mit Kreuzrippengewölben auf einem Mittelpfeiler, heute flachgedeckt. Der eingezogene Chor hat ein Kreuzrippengewölbe. Die Kirche wurde mehrmals umgebaut und erhielt im 19. Jahrhundert einen quadratischen hölzernen Westturm.
  • Windmühle im Ortsteil Beckenkrug: Die ca. 150 Jahre alte schilfgedeckte Mühle wurde zu einer Ferienwohnung ausgebaut.

Persönlichkeiten Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Marcus Köhler: Park, Varchentin. in: Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (Hrsg.): Weißbuch der historischen Gärten und Parks in den neuen Bundesländern; 2. Auflage, Bonn 2005; ISBN 3-925374-69-8; S. 79–81.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Varchentin – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Statistisches Amt M-V – Bevölkerungsstand der Kreise, Ämter und Gemeinden 2017 (XLS-Datei) (Einwohnerzahlen in Fortschreibung des Zensus 2011)
  2. Ernst Seyfert, Hans Wehner, W. Baarck: Niekammer’s Landwirtschaftliches Güter-Adreßbücher, Band IV, Mecklenburg. In: Niekammer (Hrsg.): Letzte Ausgabe. 4. Auflage. Band IV. Niekammer’s Güter-Adreßbüchern G.m.b.H., Leipzig 1928, S. 116 (g-h-h.de [abgerufen am 7. September 2021]).
  3. Walter v. Hueck, Friedrich Wilhelm Freiherr v. Lyncker und Ehrenkrook: Genealogisches Handbuch der Gräflichen Häuser / A (Uradel) 1973. In: Deutsches Adelsarchiv e. V.; bearbeitet unter Aufsicht des Ausschusses für adelsrechtliche Fragen der deutschen Adelsverbände (Hrsg.): GHdA (Genealogisches Handbuch des Adels) Gesamtreihe von 1951 bis 2015. Band VII, Nr. 18. C. A. Starke, 1973, ISSN 0435-2408, S. 208 (d-nb.info [abgerufen am 7. September 2021]).
  4. Artur Jost Pfleghar: Artamanen auf Varchentin. In: Mecklenburgische Monatshefte, 9. Jg., Nr. 107 (1933), November, S. 545–546.
  5. Michael Buddrus (Hrsg.): Mecklenburg im Zweiten Weltkrieg. Die Tagungen des Gauleiters Friedrich Hildebrandt mit den NS-Führungsgremien des Gaues Mecklenburg 1939–1945. Eine Edition der Sitzungsprotokolle. Edition Temmen, Bremen 2009, S. 1019 (Eintritt in die NSDAP am 1. Dezember 1931, Mitgliedsnummer 851877).
  6. Bekanntmachung des Ministeriums für Inneres und Europa vom 20. Februar 2019, AmtsBl. M-V S. 359