Der Glomeruläre Feedback dient zur Stabilisierung des Flüssigkeitsflusses und des Druckes im Nephron. Er besteht aus der Myogenen Reaktion und der tubuloglomerulären Rückkopplung[1][2]. Beide Mechanismen haben einen gemeinsamen Effektor: die glatte Muskulatur der afferenten Arteriole. Beides ist nicht zu verwechseln mit dem Renin-Angiotensin-Aldosteron-Mechanismus. Wegen der Bedeutung der Natrium-Konzentrationen sprach man früher auch von der Natrium-Rückkopplungstheorie.[3] Georg Schütterle und andere sprachen von der „sogenannten Autoregulation des Nierenkreislaufs“.[4] Heinz Valtin schrieb über die „Autoregulation der GFR“.[5]

Physiologie Bearbeiten

Es ist nicht bekannt, dass die GFR, zumindest wenn sie mit Clearance-Methoden gemessen wird, innerhalb eines gesunden Menschen stark variiert. Die inherenten Eigenschaften der Widerstandsgefäße und glomerulären Kapillaren sowie die intra- und extrarenalen humoralen Kontrollsysteme regulieren die Hämodynamik der Nieren so, dass die GFR unter vielen verschiedenen Bedingungen nahezu konstant ist.

Der Blutfluss   gehorcht weitgehend dem Hagen-Poiseulle'schen Gesetz

 

wobei   den Druckabfall entlang des Blutgefäßes darstellt und   der Gefäßwiderstand ist. (Das Hagen-Poiseulle'sches Gesetz ist analog dem Ohmschen Gesetz  , welches die elektrische Spannung   über den elektrischen Widerstand   mit der elektrischen Stromstärke   verknüpft.) Die 4. Potenz des Gefäßradius   bestimmt den Durchfluss  .   ist die Viskosität.

 

Im Nierengefäßsystem erfolgt fast der gesamte Druckabfall zwischen der Nierenarterie PA und der Nierenvene PV entlang den afferenten und den efferenten Arteriolen. Aufgrund von Sport, Herzschlag, Atmung, Stress usw. ist der arterielle Druck vor den Glomeruli ständig Störungen unterworfen. Es wird angenommen, dass die Mechanismen der autoregulatorischen Nierenfunktion die Nieren vor Blutdruckschwankungen abschirmen und die glomeruläre Struktur zu schützen, die als Hochdruckkapillarbett anfällig für physische Verletzungen ist. Würden diese Störungen auf den Druck im Glomerulum ungedämpft übertragen, wären die glomerulären Kapillaren anfällig für Barotrauma und die GFR würde destabilisiert werden. Um diese Störungen abzufangen, reagiert die afferente Arteriole mit einer Anpassung ihres Radius (und folglich des arteriolären Widerstands)[1].

Diese wird als renale Autoregulation bezeichnet und wird hauptsächlich durch zwei Mechanismen vermittelt: die Myogene Reaktion und die tubuloglomeruläre Rückkopplung (TGF). Sie können Druckschwankungen zwischen 80 und 180 mmHg auffangen; erst oberhalb von 180 mmHg kommt es in den glomerulären Kapillaren zu Schädigungen.

Die myogene Reaktion Bearbeiten

Die glatte Muskulatur, die die Wände der Arteriolen bilden, reagieren auf eine Druckerhöhung durch Gefäßverengung und auf einen Druckabfall durch Gefäßerweiterung. Dieses Phänomen, das als Myogene Reaktion bezeichnet wird, ist in fast allen Gefäßen der Endstrombahn des Körpers zu finden. Zwei Merkmale unterscheiden die Myogene Reaktion der renalen afferenten Arteriolen von den meisten anderen Gefäßbetten: ihre Fähigkeit, große Druckschwankungen (bis zu 80 mmHg) aufzufangen, und ihre kurze Reaktionszeit (bis zu 10 Sekunden)[6].

Tubuloglomeruläre Rückkopplung Bearbeiten

Ist die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) zu hoch, überschreitet die Menge des Natriumchlorids (NaCl, Kochsalz) im Primärharn die Resorptionsfähigkeit des Tubulus. Dadurch kommt es zum Anstieg der NaCl-Konzentration im Tubulus, der von der Sensorfunktion der Macula densa, einem Teil des juxtaglomerulären Apparats, über einen Ionentransporter (Na+/K+/2Cl-Symporter; NKCC) registriert wird. Diese Messung erfolgt indirekt über die Messung der Geschwindigkeit des Transports.

Bei hohen NaCl-Konzentrationen wird aus den Zellen der Macula densa Adenosin sezerniert, welches zur Kontraktion der glatten Muskulatur im Vas afferens führt. Bei Zunahme des NaCl-Gehalts im distalen Tubulus (Mittelstück) kommt es also zu einer Reduktion der glomerulären Filtrationsrate desselben Nephrons. Dadurch nimmt der Harnfluss durch die Henle-Schleife ab, es können mehr Ionen reabsorbiert werden und die Ionenkonzentration im distalen Tubulus nimmt wieder ab.[7]

Die Signalmechanismen, die zu dieser Stabilisierung des Durchflusses beitragen, konnten in den vergangenen zwei Dekaden durch die selektive Blockade einzelner vasoaktiver Mediatoren entschlüsselt werden. 2015 waren mindestens zehn und wahrscheinlich mehr vasoaktive Substanzen bekannt, die in irgendeiner Weise durch NaCl an der Macula densa aktiviert wurden, um den Widerstand des afferenten Gefäßabschnitts zu beeinflussen[8].

Prostaglandine hingegen vermitteln eine erhöhte Durchblutung der Nieren, was zur erhöhten NaCl- und Wasserausscheidung, also zur stärkeren GFR führt. Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAR) senken, infolge deren Hemmung der Prostaglandin-Synthese, die GFR.[9]

Geschichte Bearbeiten

Diese Untersuchungen dazu gehen zurück auf den dänischen Physiologen Poul Kristian Brandt Rehberg.[10] Aufbauend auf seinen Arbeiten aus den 1920er Jahren wurden das tubuloglomeruläre Feedback[11] und das tubuloglomeruläre Gleichgewicht weiterentwickelt. Ursprünglich geht diese inzwischen verlassene, aber mitunter immer noch gelehrte, Hypothese zurück auf Homer William Smith (glomerulo-tubuläre Balance[12][13][14]). Danach wird der Rückgang der GFR bis hin zum glomerulären Shutdown[15] vom Rückgang der tubulären Rückresorptionsquote bewirkt.[16] Dabei werden die neurohumorale Regulierung der (in weiten Bereichen) gegenläufigen Entwicklung (tendenziell reziproke Proportionalität) der beiden Parameter Primärharnbildung und Sekundärharnbildung beziehungsweise die tendenzielle Proportionalität von glomerulärer Filtration und tubulärer Resorption übersehen.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b I.Sgouralisa, A.T.Layton: Mathematical modeling of renal hemodynamics in physiology and pathophysiology. In: Mathematical Biosciences. Band 264, 2015, doi:10.1016/j.mbs.2015.02.016.
  2. Kuhlmann et.al: Nephrologie. 6. überarbeitete Auflage. Thieme Verlag, 2015.
  3. Karl Klütsch, Ernst Wollheim, Hans-Jürgen Holtmeier (Hrsg.): Die Niere im Kreislauf, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1971, ISBN 3-13-468201-X, S. 66.
  4. Georg Schütterle, Gert Müller-Berghaus, Klaus Müller, Gerhard Goubeaud, Walter Krause: Renale Mikrozirkulation im Schock, in: Karl Klütsch, Ernst Wollheim, Hans-Jürgen Holtmeier (Hrsg.): Die Niere im Kreislauf, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1971, ISBN 3-13-468201-X, S. 90.
  5. Heinz Valtin: Funktion der Niere, F. K. Schattauer Verlag, Stuttgart / New York 1978, ISBN 3-7945-0556-5, S. 76.
  6. R.Loutzenhiser et al.: Renal autoregulation: newperspectives regarding the protective and regulatory roles of the underlying mechanisms. In: Am.J.Physiol.Regul.Integr.Comp.Physiol. Band 290, Nr. 5, 2006, S. R1153–R1167.
  7. Heinrich Knauf, Ernst Mutschler: Diuretika, Urban & Schwarzenberg, 2. Auflage, München / Wien / Baltimore 1992, ISBN 3-541-11392-8, S. 41 und S. 51–61.
  8. J. Schneermann et al.: Concurrent Activation of Multiple Vasoactive Signaling Pathways in Vasoconstriction Caused by Tubuloglomerular Feedback: A Quantitative Assessment*. In: Annual Review of Physiology. Band 77, 2015, doi:10.1146/annurev-physiol-021014-071829.
  9. Heinz Lüllmann u. a.: Pharmakologie und Toxikologie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-13-368516-3, S. 291.
  10. Poul Brandt Rehberg: Über die Bestimmung der Menge des Glomerulumfiltrates mittels Kreatinin als Nierenfunktionsprüfung, nebst einigen Theorien über die Harnbereitung. In: Zentralblatt für innere Medizin. 50. Jahrgang, 1929, S. 367–377.
  11. Gerd Harald Herold: Innere Medizin. Eigenverlag, Köln 2019, ISBN 978-3-9814660-8-9, S. 636.
  12. Heinrich Holzgreve, Hans Bräuer: Niere, Hochdruck und Ödeme. Bildatlas. Röhm Pharma, Weiterstadt ohne Jahr, S. 65.
  13. Gert Mayer: Das kardiorenale Syndrom. Uni-Med-Verlag, Bremen / London / Boston 2013, ISBN 978-3-8374-1335-9, S. 26.
  14. John W. Boylan, Peter Deetjen, Kurt Kramer: Niere und Wasserhaushalt. Urban & Schwarzenberg, München / Berlin / Wien 1970, ISBN 3-541-04911-1, S. 32.
  15. Klaus Thurau, John W. Boylan: Acute Renal Success − The Unexpected Logic of Oliguria in Acute Renal Failure. In: The American Journal of Medicine. Volume 61, September 1976, S. 313. Auf Seite 314 wird das vollständige Nierenversagen sogar als Bankrott bezeichnet.
  16. J. Schnermann, F. S. Wright, J. M. Davis, W. von Stackelberg, G. Gill: Regulation of superficial nephron filtration rate by tubulo-glomerular feedback. In: Pflügers Archiv. Ausgabe 318, Juni 1970, S. 147–175.