Triftgletscher (Gadmen)

Gletscher im Gadmertal

Der Triftgletscher ist ein Talgletscher bei Gadmen im äussersten Osten des Kantons Bern, in den Zentralalpen der Schweiz. Er war 2013 etwa 4 km lang[1], im oberen Teil bis zu 3 km, im Zungenbereich aber kaum mehr als 500 m breit. Er bedeckte 2016 mit seinen Seitengletschern eine Fläche von ungefähr 14,5 km².[2]

Triftgletscher
Alte Triftbrücke und Triftgletscher, Sommer 2007
Alte Triftbrücke und Triftgletscher, Sommer 2007

Alte Triftbrücke und Triftgletscher, Sommer 2007

Lage Kanton Bern, Schweiz
Gebirge Urner Alpen
Typ Talgletscher
Länge 3,7 km (2013)[1]
Fläche 14,56 km² (2016)[2]
Eisvolumen 1,06 ± 0,26 km³ (2003)[3]
Koordinaten 670726 / 170311Koordinaten: 46° 40′ 49″ N, 8° 21′ 47″ O; CH1903: 670726 / 170311
Triftgletscher (Gadmen) (Kanton Bern)
Triftgletscher (Gadmen) (Kanton Bern)
Entwässerung Triftwasser, Gadmerwasser, Aare, Rhein
Die schwindende Ausdehnung des Triftgletscher seit 1864 (Mary Leibundgut)

Lage Bearbeiten

Der Triftgletscher entsteht aus mehreren Firnbecken an der Nordflanke des Winterbergmassivs. Seinen Ausgangspunkt nimmt er am Nordhang des vergletscherten Tieralplistocks auf 3300 m ü. M. Er fliesst nordwärts in eine weite Arena mit 3 km Durchmesser, im Westen vom Diechterhorn (3389 m ü. M.) und im Osten vom Weissen Nollen (3398 m ü. M.) begrenzt. Über den firnbedeckten Pass (3081 m ü. M.) der Unteren Triftlücke hat der Gletscher gegen Süden Verbindung mit dem Rhonegletscher. Weitere Zuflüsse hat der Triftgletscher aus dem Triftsack, einem Kar nördlich des Weissen Nollens, das auf drei Seiten von fast senkrechten, 300 m hohen Felswänden umgeben ist, sowie vom Hinteren Tierberg, vom Gwächtenhorn (3215 m ü. M.) und vom Steinhüshorn (3121 m ü. M.). Am Oberen Sack stürzt der Gletscher wild zerklüftet über eine 400 m hohe Felswand steil in die Tiefe (mit einem Gefälle von etwa 60 %).

Unterhalb dieser Steilstelle mündete der Triftgletscher 2004 auf rund 1660 m ü. M. in einen See oberhalb des Felsriegels der Windegg. Dem See entfliesst das Triftwasser durch eine Schlucht in der Felsbarriere, ein Seitenbach des Gadmerwassers, welches bei Innertkirchen in die Aare mündet. Im Jahr 2016 hat sich der Gletscher über diese Felsbarriere zurückgezogen, unterhalb befindet sich nur noch ein Toteisfeld, der Rest der ehemaligen Gletscherzunge.[4]

Entwicklung Bearbeiten

Im Hochstadium der Kleinen Eiszeit um die Mitte des 19. Jahrhunderts überlappte der Triftgletscher diesen Felsriegel, reichte dabei noch über 2 km weiter talabwärts und endete auf 1400 m ü. M. Der Talkessel, in welchem heute der See liegt, war noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein durch eine grosse Eismasse aufgefüllt.[5] In den 1990er Jahren begannen sich an der Gletscherzunge direkt hinter der Felsbarriere kleinere Schmelzwasserbecken zu bilden, die sich allmählich vergrösserten. Besonders stark setzte dem Gletscher der Hitzesommer 2003 zu. Der See wurde rasch grösser und die Gletscherzunge versank förmlich im Schmelzwassersee, beziehungsweise löste sich darin auf, was zu einem Gletscherrückgang von über 136 m innerhalb eines Jahres führte. Seit 1861 hat sich der Gletscher um insgesamt 2'771 m zurückgezogen.

Entwicklung des Gletschers[1]
Jahr 1850 1973 1999/2000 2013
Fläche (km²) 19,3 16,5 15 14,56 (2016)[2]
Länge (km) 7,6 5,8 5,6 3,7
Die Darstellung von Grafiken ist aktuell auf Grund eines Sicherheitsproblems deaktiviert.
Flächenentwicklung des Triftgletschers[1][2]

Weiteres Bearbeiten

Der Triftgletscher wurde 1839 erstmals in Längsrichtung überquert. Eine Dreiergruppe mit Gottlieb Studer startete im Gadmertal und erreichte am Tag darauf via Rhonegletscher den Grimselpass.[6]

Auf 2520 m ü. M. am Westhang des Hinteren Tierbergs steht die Trifthütte des Schweizer Alpen-Clubs SAC. Bis 2004 war sie nur durch eine Überquerung des Triftgletschers zu erreichen. Früher führte der Weg dort über die Gletscherzunge, wo sich heute der See befindet. Um die Jahrtausendwende konnte die Hütte nur noch von erfahrenen Alpinwanderern erreicht werden. Um die Unterkunft wieder einem grösseren Wanderpublikum zugänglich zu machen, wurde 2004 am Felsriegel die Triftbrücke über das Triftwasser gebaut. 2009 wurde diese durch eine Neukonstruktion ersetzt. Sie gehört zu den längsten und höchsten Seilbrücken Europas. Seit 2021 ist dieser Weg jedoch demontiert, da die Trifthütte von einer Lawine zerstört wurde. Eine der Hüttenaufstiegsvarianten zur Windegghütte führt bei der Seilbrücke vorbei, ohne dass diese dabei überquert werden muss.

Unterhalb des Triftgletschers, im Gletschervorfeld, planen die Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) den Bau eines Stausees.[7] Er wäre in der Schweiz der erste Stauseeneubau seit dreissig Jahren. Begründet wird das Projekt mit der Energiewende und dem Klimaschutz. Während grosse Umweltverbände ihr Einverständnis erklärt haben,[8] hat sich ein gegnerisches Triftkomitee gebildet.[9]

Bildergalerie Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Triftgletscher – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d Die grössten Gletscher. (xlsx) Bundesamt für Statistik, Raum und Umwelt, 12. Dezember 2014, abgerufen am 7. November 2020.
  2. a b c d Factsheet Triftgletscher (Gadmen). In: GLAMOS – Glacier Monitoring in Switzerland. Abgerufen am 8. September 2021.
  3. Daniel Farinotti, Matthias Huss, Andreas Bauder, Martin Funk: An estimate of the glacier ice volume in the Swiss Alps. In: Global and Planetary Change. 68: 225–231, 2009 (online; PDF; 756 kB).
  4. Webcam Schweizer Gletscher
  5. Lorenz King: Studien zur postglazialen Gletscher- und Vegetationsgeschichte des Sustenpassgebietes. In: Basler Beiträge zur Geographie. Heft 18. 125 Seiten, 3 Pollendiagramme im Anhang, 1974.
  6. Die Überwindung einer grossen Furcht. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. Mai 2015; abgerufen am 26. November 2023.
  7. Speichersee und Kraftwerk Trift auf der Website der KWO, abgerufen am 2. August 2019
  8. Einsprache gegen Stauseeprojekt am Triftgletscher. In: NZZ, 7. Februar 2018
  9. Stausee-Projekt – Gegen die Zerstörung der Trift auf der Website des Trift-Komitees, abgerufen am 2. August 2019