Toledo

Stadt in Spanien
(Weitergeleitet von Toletum)

Toledo (spanisch [toˈleðo], wohl von lateinisch Toletum) ist die Hauptstadt der spanischen Provinz Toledo sowie der autonomen Region Kastilien-La Mancha und liegt 65 km südsüdwestlich von Madrid am Fluss Tajo. Die Stadt hatte am 1. Januar 2022 85.085 Einwohner und ist Sitz des Erzbistums Toledo. Zusammen mit Segovia und Ávila gehört sie zu den drei historischen Metropolen in der Umgebung der spanischen Hauptstadt Madrid.

Toledo

Blick auf Toledo mit dem Alcázar und der Kathedrale
Wappen Karte von Spanien
Toledo (Spanien)
Toledo (Spanien)
Basisdaten
Land: Spanien Spanien
Autonome Gemeinschaft: Kastilienla Mancha Kastilien-La Mancha
Provinz: Toledo
Comarca: Toledo
Gerichtsbezirk: Toledo
Koordinaten: 39° 52′ N, 4° 2′ WKoordinaten: 39° 52′ N, 4° 2′ W
Höhe: 454 msnm
Fläche: 231,76 km²
Einwohner: 85.085 (1. Jan. 2022)[1]
Bevölkerungsdichte: 367 Einw./km²
Postleitzahl(en): 45001–45009
Gemeindenummer (INE): 45168 Vorlage:Infobox Gemeinde in Spanien/Wartung/cod_ine
Verwaltung
Bürgermeister: Milagros Tolón Jaime (PSOE)
Website: www.toledo.es
Lage der Stadt

Geographie Bearbeiten

Toledo liegt etwa 100 Meter über dem Ufer des Flusses Tajo, der sich in Mäandern tief in den Felsen der Hochebene der Südmeseta eingeschnitten hat, und beherrscht die Flussquerung, die heute durch eine mittelalterliche Brücke repräsentiert wird.

Klimatabelle Bearbeiten

Toledo
Klimadiagramm
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_ Temperatur (°C)   _ Niederschlag (mm)
Quelle: Agencia Estatal de Meteorología, Normalperiode 1981-2010
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Toledo
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Mittl. Temperatur (°C) 6,4 8,3 11,6 13,5 17,6 23,2 26,8 26,3 22,0 16,1 10,5 7,1 15,8
Mittl. Tagesmax. (°C) 11,5 14,0 18,1 19,9 24,2 30,5 34,6 34,0 29,0 22,1 15,6 11,6 22,1
Mittl. Tagesmin. (°C) 1,3 2,6 5,0 7,2 11,0 15,9 18,9 18,6 14,9 10,2 5,3 2,5 9,5
Niederschlag (mm) 26 25 23 39 44 24 7 9 18 48 39 41 Σ 343
Sonnenstunden (h/d) 4,9 6,1 7,4 8,3 9,2 11,2 12,3 11,3 8,7 6,8 5,2 4,1 8
Regentage (d) 4,9 4,7 3,9 6,4 6,4 2,9 1,0 1,5 2,9 6,8 5,9 6,3 Σ 53,6
Luftfeuchtigkeit (%) 76 69 59 58 54 45 39 41 51 66 74 79 59,2
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Stadtgliederung Bearbeiten

Die Stadt Toledo gliedert sich in 16 Stadtbezirke (barrios): Antequeruela, Azucaica, Benquerencia, Buenavista, Casco histórico, Cigarrales, Monte Sión – San Bernardo, Olivilla, Palomarejos, Pinedo, Salto del Caballo, San Antón, Santa Bárbara, Santa Teresa, Valparaiso und Vistahermosa. Die Bezirke Antequeruela und Casco histórico bilden den historischen Stadtkern innerhalb der Stadtmauern.[2] Innerhalb des historischen Stadtkerns liegen Stadtteile wie Santa Clara oder Santa Isabel.[3]

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Die Altstadt mit der Kathedrale Santa María aus dem 13. bis 15. Jahrhundert und dem Alcázar aus dem 16. Jahrhundert sowie zahlreichen weiteren Kirchen, einem Kloster und Museen wurde im Dezember 1986 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Das ehemalige Hospital de Santa Cruz aus dem 15./16. Jahrhundert nahe dem Alcázar wurde in ein Museum umgewandelt.

Die Puente de Alcántara über den Tajo diente seit der Römerzeit als Hauptzugang zur Stadt und wurde im Spätmittelalter durch die Puente de San Martín ergänzt, deren fünf Spitzbögen Spannweiten bis zu 40 Metern erreichen.

Sehenswert sind auch zwei der wenigen erhaltenen mittelalterlichen Synagogen, El Tránsito und Santa María la Blanca, die nach der Vertreibung der Juden 1492 als Kirchen genutzt wurden. Ein imposantes Stadttor ist die um 1550 errichtete Puerta Nueva de Bisagra mit einem großen kaiserlichen Wappen auf der Außenseite; die von einem Hufeisenbogen überspannte Puerta Vieja de Bisagra aus dem 9. Jahrhundert steht in unmittelbarer Nähe.

Museen und Sammlungen Bearbeiten

Die Stadt, in der sich El Greco 1577 niederließ, verfügt über mehrere Gemälde des kretischen Künstlers, die auf verschiedene Museen und Kirchen verteilt sind. Daneben gibt es weitere Kunstsammlungen.

  • Unter diesen befinden sich das Museum Santa Cruz, das ein wertvolles Repertoire an Gemälden von El Greco beherbergt. Sie stellen die gesamte Entwicklung des Künstlers in Toledo dar, von seinen ersten Jahren in der Stadt (La Verónica con la Santa Faz, 1580) bis kurz vor seinem Tod im Jahr 1614. Gezeigt werden auch Gemälde von Künstlern aus dem 15. bis 17. Jahrhundert, wie Nicolás Francés, Maestro de Sijena, Pieter Coecke, Francisco de Comontes, Juan Correa de Vivar, Luis Tristán, Gaspar de Crayer, Vicente Carducho und Juan Bautista Morgen.[4]
  • Das Museum El Greco zeigt weitere Gemälde von El Greco. Das Rats- und Kulturmuseum in der Kirche San Román beherbergt romanische Gemälde aus dem 13. Jahrhundert und eine bedeutende Sammlung von Originalen und Replikas westgotischer Goldschmiedearbeiten sowie weitere archäologische Funde aus dem 6. bis 18. Jahrhundert.
  • Das Museum der Kollektion Roberto Polo ist ein Zentrum für moderne und zeitgenössische Kunst in Kastilien-La Mancha und wurde am 27. März 2019 eröffnet. Die Roberto Polo Collection Fundation verwaltet es, die auch Residenzen für Künstler und Kunsthistoriker sowie Studios einrichten soll. Das Museum ist eines der wenigen, das explizit eine Regierung geschaffen hat, um eine Privatsammlung unterzubringen.[6]
  • Das Kulturzentrum San Clemente zeigt temporäre Ausstellungen zeitgenössischer Kunst.

Religiöse Bauten Bearbeiten

In Toledo gibt es neben der Kathedrale viele weitere Kirchen und Klöster:

Geschichte Bearbeiten

Toletum – das Toledo der Römer und Westgoten Bearbeiten

 
Die Alcantara-Brücke in Toledo (Heliografie von 1889)
 
Zweihandlangschwert aus der spanischen Schwertschmiedestadt Toledo

Die erste dauerhafte Besiedlung im Stadtgebiet stellt eine Reihe von Burgen aus der Zeit der Keltiberer dar. Am Cerro del Bú wurden archäologische Funde des von einer Stadtmauer umgebenen Toledo gemacht, die im Museo de Santa Cruz in Toledo präsentiert werden.

Im Jahre 192 v. Chr. unterwarf der römische Feldherr M. Fulvius Nobilior die Siedlung gegen heftigen Widerstand des hier siedelnden Hirtenstamms der Carpetani und gründete den Vorposten Toletum. Durch seine Eisenerzvorkommen entwickelte sich Toledo zu einer bedeutenden Siedlung, die eigene Münzen prägte. Zahlreiche Villen, deren Reste ausgegraben wurden, bezeugen eine durchgreifende Romanisierung der Siedlung, die von einem (nicht erhaltenen) Aquädukt mit Wasser versorgt wurde.

Seit den ersten Barbareneinfällen wurden die antiken Mauern zu defensiven Zwecken verstärkt. 411 eroberten die Alanen kurzzeitig die Stadt. Im späteren 5. Jahrhundert die Westgoten. Toledo war von ca. 531 bis 711 Hauptstadt des Reiches der Westgoten, die die Stadt zum Sitz eines arianischen Erzbistums machten. 589 konvertierte ihr König zum Katholizismus. Damals erlebte die Stadt eine spätantike Nachblüte. Ihre zivile und religiöse Bedeutung unterstreicht, dass hier zwischen 400 und 702 insgesamt 18 Konzilien tagten, darunter das vierte von 633 unter der Leitung des berühmten Enzyklopädisten Isidor von Sevilla.

Ṭulayṭula – Toledo als Teil al-Andalus’ Bearbeiten

Die Mauren eroberten die Hauptstadt des Westgotenreiches im Jahr 712. Seine Blütezeit erlebte Toledo zur Zeit der Maurenherrschaft als Ṭulayṭula (طليطلة)[7] während des Kalifats von Córdoba und als Hauptstadt der Taifa der Ḏū n-Nūniden bis zur Eroberung durch Alfons VI. am 25. Mai 1085 nach vierjähriger Belagerung. Bei der Einnahme Toledos bediente sich Alfons VI. der Hilfe von El Cid. Die Stadt widerstand daraufhin sechs Angriffen der Mauren (siehe auch Reconquista). Die Einnahme Toledos hatte erhebliche Auswirkungen auf die Moral sowohl der Christen als auch der Muslime und führte zum Eingreifen der Almoraviden in al-Andalus.[7]

Der Primat der iberischen Kirche Bearbeiten

Nur wenige Jahre nach der christlichen Eroberung Toledos holte Erzbischof Bernard von Toledo bei Papst Urban II. 1088 die Bestätigung ein, dass Toledo den „primatus in totis Hispaniarum regnis“ (Primat in allen Königreichen der iberischen Herrschaftsgebiete) innehaben solle. Aber erst mehr als ein Jahrhundert später gelang es einem seiner Nachfolger, dem Geschichtsschreiber Rodrigo Jiménez de Rada, Erzbischof von Toledo von 1209 bis zu seinem Tod 1247, diesen Titel an Toledo zu binden. Der Erzbischof von Toledo ist heute Primas der katholischen Kirche Spaniens und war lange Zeit einer der mächtigsten Fürstbischöfe Spaniens, der im Mittelalter über eigene Truppen verfügte und sich an der Reconquista, aber auch anderen Kriegszügen der spanischen Könige (z. B. in Nordafrika) mit eigenen Soldaten beteiligte.

Die Übersetzerschule von Toledo übersetzte im 12. und 13. Jahrhundert antike philosophische Schriften (Platon, Aristoteles), die aus dem Griechischen ins Arabische übertragen worden waren, aber auch genuin arabische Schriften aus dem Bereich der Astronomie, Mathematik, islamischer Religion und Theologie ins Lateinische.

Begünstigt durch das Nebeneinander verschiedener Hochsprachen (Hocharabisch, Hebräisch, Lateinisch) und Volkssprachen (Arabisch-Andalusisch, Romanisch-Kastilisch) und die Mehrsprachigkeit besonders der mozarabischen und jüdischen Bevölkerung, wurde Toledo im 12. und 13. Jahrhundert so ein bedeutendes Zentrum für die Übersetzung arabischer Schriften ins Lateinische und Romanische. (Zu den herausragenden Persönlichkeiten der Übersetzerschule von Toledo gehört Gerhard von Cremona[8]). Dies förderte die Verbreitung arabischer Philosophie und Wissenschaft und ihrer griechisch-antiken Quellen in Europa.

 
Aktie der Companhia Real de Toledo unida a la de Extremadura über 3.000 Reales Vellon, ausgestellt am 6. Dezember 1751 in Toledo, gedruckt auf Kalbspergament.
Die 1748 gegründete Gesellschaft betrieb Maulbeerplantagen und Seidenraupenzucht, produzierte Seide, daneben handelte sie auch mit Waffen.

Toledo galt als Hochburg der Waffenschmiede (Toledostahl). Von Toledo aus wurden schon die römischen Truppen mit Schwertern versorgt. Auch Kaiser Karl V. (1500–1558) ließ dort seine Schwerter fertigen. Während der Maurenherrschaft entwickelten die Schmiede eine besondere Technik der Klingenverzierung, indem auf vorher aufgeraute Stahlflächen feine Golddrähte und ausgeschnittene Ornamentteile aus dünnem Stahlblech aufgehämmert und nachher mit feinen Punzen ziseliert wurden.

Nach der Eroberung durch die christlichen Truppen unter Alfons VI. wurde Toledo 1087 Residenz des Königreichs Kastilien und blieb bis 1561 Hauptstadt Spaniens. Unter Karl V. wurde der Alcazar nach den Plänen Alonso de Covarrubias als Renaissanceschloss ausgebaut. Philipp II. verlegte seine Residenz in das 71 km entfernte Madrid, das geographisch ziemlich exakt im Zentrum der iberischen Halbinsel und zu allen entfernteren Hafenstädten annähernd in gleicher Entfernung liegt.

Der Roman Die Jüdin von Toledo von Lion Feuchtwanger und Grillparzers gleichnamiges Trauerspiel handeln im 12. Jahrhundert in Toledo.

Im Spanischen Bürgerkrieg war Toledo Schauplatz der Belagerung des Alcázars.

Anzahl Einwohner
Jahr 199119962001200420142022
Einwohner 59 00066 00668 38273 48583 33485 085

Persönlichkeiten Bearbeiten

 
El Greco: Ansicht von Toledo (um 1608)

Städtepartnerschaften Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Toledo – Album mit Bildern
Wikivoyage: Toledo – Reiseführer

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Cifras oficiales de población de los municipios españoles en aplicación de la Ley de Bases del Régimen Local (Art. 17). Instituto Nacional de Estadística; (Bevölkerungsstatistiken des Instituto Nacional de Estadística, Stand 1. Januar 2022).
  2. Barrios de Toledo (Memento vom 3. August 2015 im Internet Archive) (abgerufen am 28. April 2010)
  3. Stadtplan (Memento vom 27. September 2010 im Internet Archive)
  4. Area25 IT- www.area25.es: Museum Santa Cruz - Toledo: Informationen, Preise, Eintrittskarten, Anfahrt, Telefon, Öffnungszeiten, Karte, Fotos, Bücher und Reiseführer, Führungen und Touren. Abgerufen am 20. November 2019.
  5. a b Carmen Betegon, et al.: Musei ebraici in Europa –orientamenti e prospettive. Hrsg.: Franco Bonilauri, Vicenza Maugeri. Electa, Milano 1998, ISBN 88-435-6625-3, S. 32–35.
  6. Home. Abgerufen am 20. November 2019 (amerikanisches Englisch).
  7. a b E. Lévi-Provençal und J. P. Molénat: Ṭulayṭula In: P. Bearman, Th. Bianquis, C.E. Bosworth, E. van Donzel, W.P. Heinrichs (Hrsg.): Encyclopaedia of Islam, Second Edition, 2012 doi:10.1163/1573-3912_islam_COM_1249
  8. Vgl. etwa Bernhard D. Haage: Salerno und Toledo. In: Bernhard D. Haage: Studien zur Heilkunde im „Parzival“ Wolframs von Eschenbach. Kümmerle Verlag, Göppingen 1992 (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik. Band 565), ISBN 3-87452-806-5, S. 138–141, hier: S. 140 f.