Thomas Jordan (Ökonom)

Schweizer Ökonom

Thomas Jakob Ulrich Jordan[1] (* 28. Januar 1963 in Biel) ist ein Schweizer Ökonom und seit 2012 Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank.

Thomas Jordan 2021 am Weltwirtschaftsforum

Leben Bearbeiten

Jordan wuchs im Bieler Beaumontquartier[2] als Sohn eines Oberrichters[3] auf und besuchte das Gymnasium Alpenstrasse. Er ist mit einer Fachhochschuldozentin verheiratet und Vater von zwei Söhnen. In seiner Jugend spielte er wettkampfmässig Wasserball.[4]

Ausbildung Bearbeiten

Nach Maturität und Militärdienst studierte Jordan ab 1985 Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bern und schloss das Studium als lic. rer. pol. 1989 ab. Er promovierte 1993 zum Dr. rer. pol. bei Ernst Baltensperger und Peter Kugler mit einer Arbeit über die Europäische Währungsunion. In seiner Dissertation untersuchte er die Auswirkungen des Verlusts der geldpolitischen Autonomie und der Kontrolle über die Seigniorageeinnahmen der Mitgliedsländer der Währungsunion auf die Höhe ihrer Staatsverschuldung und die sich daraus ergebende Implikation für die europäische Geldpolitik.[5]

Danach absolvierte Jordan einen dreijährigen postdoktoralen Forschungsaufenthalt am Department of Economics der Harvard University in den USA, wo er seine Habilitationsschrift verfasste. Die Habilitationsschrift befasst sich mit dem Einfluss von unabhängigen Zentralbanken auf die Höhe von Inflation und Produktion und sagt aus, dass die Berufung eines im Vergleich zur Regierung inflationsaversen Zentralbankers den makroökonomischen Leistungsausweis eines Landes verbessere.[6]

Lehre und Forschung Bearbeiten

Jordan lehrt Geldtheorie und Geldpolitik. Er wurde von der Universität Bern 1998 zum Privatdozenten und 2003 zum Honorarprofessor ernannt. Zwischen 2002 und 2007 war Jordan zudem Lehrbeauftragter an der Universität Zürich. 2017 wurde Jordan die Ehrendoktorwürde der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (WWZ) der Universität Basel verliehen aufgrund seiner Verdienste um die schweizerische Geld- und Währungspolitik in äusserst turbulenten Zeiten.[7]

Jordan publizierte eine Reihe von Artikel zur schweizerischen Geldpolitik.

2014 sprach Jordan an der Gedenkfeier zum Ustertag.[8] Jordan hielt 2020 die Michel Camdessus Lecture des IWF[9] und 2022 die John Olcay Lecture des Peterson Institut.[10]

Jordan war Präsident des International Center for Monetary and Banking Studies am Geneva Graduate Institute. Er ist zudem Mitglied der ETH Stiftung und des Advisory Board des Departement of Economics der Universität Zürich.

Berufliche Tätigkeit Bearbeiten

Jordan trat 1997 in die Schweizerische Nationalbank als wissenschaftlicher Berater in die Forschungsabteilung ein. Zwei Jahre später wurde er zum Vizedirektor und Leiter der Organisationseinheit Forschung ernannt. Nachdem er auf Anfang 2004 zum Direktor befördert worden war, ernannte ihn der Bundesrat auf Mitte 2004 zum Stellvertretenden Mitglied des Direktoriums und zum Stellvertreter des Vorstehers des III. Departements.[11] In dieser Funktion leitete Jordan den Bereich Finanzmärkte, mit den Gebieten Geldmarktoperationen, Devisen- und Goldoperationen, Asset-Management, Risikomanagement sowie Finanzmarktanalysen.

Per Anfang Mai 2007 ernannte der Bundesrat Jordan zum Mitglied des Direktoriums und Vorsteher des III. Departements in Zürich.[12] Das III. Departement umfasst neben dem Bereich Finanzmärkte auch die Bereiche Operatives Bankgeschäft und Informatik.

Auf Anfang 2010 wurde Jordan vom Bundesrat zum Vizepräsidenten des Direktoriums gewählt.[13] Damit übernahm er die Leitung des II. Departements in Bern, mit den Bereichen Finanzstabilität, Bargeld, Finanzen und Risiken.

Nach dem Rücktritt von Philipp Hildebrand übernahm Jordan am 9. Januar 2012 interimistisch den Vorsitz des Direktoriums. Am 18. April 2012 wurde er vom Bundesrat zum neuen Präsidenten des Direktoriums der Nationalbank ernannt.[14] Seither obliegt ihm auch die Leitung des I. Departements in Zürich mit den Aufgabenbereichen Volkswirtschaft, Internationale Währungskooperation, Statistik und den Stabsfunktionen.

Jordan wurde per Mitte 2015 und 2021 jeweils für eine sechsjährige Amtszeit als Präsident des Direktoriums durch den Bundesrat wiedergewählt.

Jordan war Präsident des Stabfund, dem Fonds der SNB für die Rettung der UBS, von der Gründung 2008 bis zu dessen Auflösung im Jahr 2013. Er war auch von 2009 bis 2010 Vizepräsident der vom Bundesrat eingesetzten ersten Expertenkommission zum Thema «Too Big to Fail».[15]

Jordan ist Gouverneur des Internationalen Währungsfonds für die Schweiz. Er vertritt die Schweiz im Verwaltungsrat der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich [7] und ist Vorsitzender des Banking und Risikomanagement Ausschusses. Jordan ist Mitglied des Plenums und des Steuerungsausschusses sowie Vorsitzender des ständigen Ausschusses für Budget und Ressourcen des Financial Stability Board.

Von 2010 bis 2021 war Jordan Vorsitzender der Central Bank Counterfeit Deterrence Group (CBCDG) der G10 Zentralbanken. CBCDG widmet sich der Bedrohung der Sicherheit von Banknoten durch Fälschungen.

Am 1. März 2024 teilte die Schweizerische Nationalbank den Rücktritt von Jordan per Ende September 2024 mit.[16][17]

Schriften (Auswahl) Bearbeiten

  • (mit Ernst Baltensperger): Die Schweiz und die Bestrebungen zur Bildung einer Europäischen Währungsunion. Paul Haupt, Bern 1993, ISBN 3-258-04883-5 (Berner Beiträge zur Nationalökonomie. Bd. 65).
  • Seigniorage, Defizite, Verschuldung und Europäische Währungsunion. Paul Haupt, Bern 1993, ISBN 3-258-04897-5 (Berner Beiträge zur Nationalökonomie. Bd. 67). Dissertation.
  • Thomas J. Jordan: The impact of international spillovers on Swiss inflation and the exchange rate. In: Journal of International Money and Finance. Band 68, 2016, S. 262–265, doi:10.1016/j.jimonfin.2016.02.005.
  • Are there Shifts in the Output-Inflation Trade-off? The Case of Switzerland. In: Swiss Journal of Economics and Statistics = Schweizerische Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik = Revue Suisse d’Economie Politique et de Statistique 134 (2): S. 121–132. (mit E. Baltensperger)
  • The Demand for M3 and Inflation Forecasts: An Empirical Analysis for Switzerland. In: Weltwirtschaftliches Archiv = Review of World Economics 137 (2): S. 244–272. (mit E. Baltensperger und M. Savioz)
  • Structural Vector Autoregressions and the Analysis of Monetary Policy Interventions: the Swiss Case. In: Swiss Journal of Economics and Statistics = Schweizerische Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik = Revue Suisse d’Economie Politique et de Statistique 140 (1): S. 67–87. (mit P. Kugler)
  • GDP Data Revisions and Forward-Looking Monetary Policy in Switzerland. In: North American Journal of Economics and Finance, 16 (3): pp. 351–372. (mit P. Kugler, C. Lenz, M. Savioz)

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

  • Biografie bei der Schweizerischen Nationalbank

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. «Er stellte immer die besten Fragen.» In: Bieler Tagblatt vom Januar 2012 (Archiv).
  2. Er ist das Amt – das Amt ist er. In: Tages-Anzeiger vom 20. Januar 2015.
  3. Machtnetz von Thomas Jordan: Der Gegenentwurf. In: Bilanz vom 24. Januar 2012.
  4. SNB-Präsident Thomas Jordan, der Schonungslose, aargauerzeitung.ch, 17. Januar 2015
  5. Der Denker aus der zweiten Reihe. (Memento vom 12. Januar 2012 im Internet Archive) In: Financial Times Deutschland vom 9. Januar 2012.
  6. "Central Bank Independence and the Sacrifice Ratio", 22 pp. (Harvard University, Department of Economics, Littauer Center)
  7. Dies academicus: Roger Federer wird Ehrendoktor der Universität Basel. Abgerufen am 8. Januar 2024.
  8. NATIONALBANK-PRÄSIDENT JORDAN AM USTERTAG 2014. Abgerufen am 8. Januar 2024 (Schweizer Hochdeutsch).
  9. 2020 IMF Michel Camdessus Central Banking Lecture with Thomas Jordan, 14.07.2020. Abgerufen am 8. Januar 2024 (deutsch).
  10. Thomas Jordan: Thomas Jordan: Current challenges to central banks' independence. 17. Oktober 2022 (bis.org [abgerufen am 8. Januar 2024]).
  11. Neuer Stellvertreter des Vorstehers des III. Departements der Nationalbank. Abgerufen am 8. Januar 2024.
  12. Philipp Hildebrand zum Vizepräsidenten des Nationalbankdirektoriums ernannt - Thomas Jordan neues Mitglied. Abgerufen am 8. Januar 2024.
  13. Philipp Hildebrand zum Nachfolger von Jean-Pierre Roth bestimmt. Abgerufen am 8. Januar 2024.
  14. Thomas Jordan neuer SNB-Präsident und Jean Studer neuer Bankrats-Präsident. Abgerufen am 8. Januar 2024.
  15. Eidgenössisches Finanzdepartement EFD: Bundesrat setzt Expertenkommission zum Thema "too-big-to-fail" ein. (PDF) In: News admin.ch. Bund, abgerufen im Jahr 2023.
  16. Nationalbankpräsident Thomas Jordan tritt auf Ende September 2024 zurück. In: snb.ch. Abgerufen am 1. März 2024.
  17. Nach 12 Jahren im Amt - SNB-Chef Thomas Jordan tritt auf Ende September ab. In: srf.ch. Abgerufen am 1. März 2024.