Christliche Metaphysik

Disziplin der Metaphysik
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Christliche Metaphysik bezeichnet das spezifisch Christliche innerhalb der philosophischen Disziplin der Metaphysik, wie sie durch Aristoteles grundgelegt wurde.

Christliche Metaphysik in der Moderne Bearbeiten

Die Hoch-Zeit der Christlichen Metaphysik lag, mit ihren beiden bedeutendsten Repräsentanten Thomas von Aquin und Johannes Duns Scotus, im Mittelalter. Es soll aber nicht verkannt werden, dass Augustinus, Bischof von Hippo Regius, insofern er als der geistige Vater des Mittelalters anzusehen ist, das, in seiner Theorie der Illumination, in entscheidender Weise vorgeprägt hat, was später Christliche Metaphysik genannt wurde. (Jaspers, 1979: 152; Camus, 1978: 128; Forschner, 2006: 238; Honnefelder, 2005: 192; Horn, 2012: 184; Hessen, 1931: 328)

Als die beiden bedeutendsten Neubegründungen der Christlichen Metaphysik in der Moderne dürfte das Werk des französischen Philosophen Étienne Gilson und das des deutschen Philosophen Peter Wust angesehen werden. Étienne Gilson, der als einer der wichtigen und ernstzunehmenden Philosophiehistoriker des Mittelalters in dem 20. Jahrhundert gilt, erstreitet in einer Vielzahl seiner Werke die These, dass das Katholische Mittelalter in den großangelegten Summen und Kommentaren seiner bedeutendsten Repräsentanten eine dezidiert Christliche Philosophie entwerfe, die auf dem Glauben der Bibel beruhe. Hingegen verweist Peter Wust auf den Umstand, dass ein von Max Scheler ausgehender christlicher Existentialismus nur unter den Prämissen einer Christlichen Metaphysik zu denken sei. Das Werk Erwin Reisners „Die Geschichte als Sündenfall und Weg zum Gericht. Grundlegung einer christlichen Metaphysik der Geschichte“ blieb indes unbeachtet. (Wouters, 1999: 184; Gilson/Böhner; 1937: 620; Wust, 1920: 284; Reisner, 1929: 304)

Christliche Metaphysik in der Gegenwart Bearbeiten

Für die Gegenwart, hinsichtlich des Gelingens einer Christlichen Metaphysik, dürften drei außerordentliche ontologische und theologische Denker Priorität für sich beanspruchen: Gustav Siewerth, Hans Urs von Balthasar und Ferdinand Ulrich. Siewerth will dezidiert moderner katholischer Philosoph sein, der eine Synthese von Thomas von Aquin in der Rezeption Martin Heideggers versucht. Vor allem aber in seiner Schrift „Metaphysik der Kindheit“ bemüht er sich um „eine Ausfaltung thomistischer Grundlehren“, die auf Ausgestaltungen einer Christlichen Metaphysik hinzuweisen vermögen.

Noch bedeutender, als das Denken Gustav Siewerths, erscheint für das Erfassen einer Christlichen Metaphysik das umfassende Werk Hans Urs von Balthasar dessen Umfassendheit und Tiefgründigkeit in diesem Zusammenhang auch nur anzureißen unmöglich ist. Es sei dabei auf das Buch Werner Lösers hingewiesen, „Geschenkte Wahrheit. Annäherung an das Werk Hans Urs von Balthasars“, in dem er in Kapitel 7 „Der christliche Beitrag zur Metaphysik. Hans Urs von Balthasar im Gespräch mit Martin Heidegger“ auf vier Punkte hinweist, die zu beachten für eine Christliche Metaphysik nützlich sein könnten: 1. Von Balthasars Weg mit Heideggers Philosophie. 2. Die Anregungen Erich Przywaras. 3. Das Erbe des Thomas von Aquin. 4. Metaphysik unter dem Licht des Glaubens. (Löser, 2015: 350)

Als dritter in dieser Reihe versteht sich Ferdinand Ulrich als unentdeckter, noch zu entdeckender Denker einer Christlichen Metaphysik, die er in dem ersten Bande seiner „Schriften“, „Homo abyssus“. Das Wagnis der Seinsfrage und in deren fünftem Band „Gabe und Vergebung“. Ein Beitrag zur biblischen Ontologie grundzulegen und weiter zu entwickeln sucht.

Neben diesen drei immens wichtigen Denkern muss sich ein Werk des frühen Hans Blumenberg einreihen lassen, das den Titel „Beiträge zum Problem der Ursprünglichkeit der mittelalterlich-scholastischen Ontologie“ trägt, in welchem er, bisher von der philosophischen Forschung unerkannt, auf die Grundanliegen einer Christlichen Metaphysik zu sprechen kommt. Blumenberg, unter dem Abschnitt „Schöpfung und Seinsgrund bei Augustinus“, schreibt:

„Die griechische kosmologische Metaphysik und der biblische personale Schöpfungsgedanke treten in ihre entscheidende Auseinandersetzung bei Augustinus ein. Das Ergebnis muß angesichts der Stellung, die Augustinus dem Mittelalter gegenüber als Repräsentant der Patristik einnimmt, bestimmend sein für die ganze weitere Entwicklung der Frage nach dem Seinsgrund innerhalb der christlichen Metaphysik. Es wird hierbei letztlich darum gehen, ob die antiken Kategorien in der Interpretation des Schöpfungsgedankens lediglich in der Funktion des aus vertrauter Wirklichkeitssicht entnommenen und die Kontinuität der Erfahrung versichernden Rüstzeuges auftreten oder ob die ihnen zugrunde liegenden ontologischen Interpretationsweisen beherrschend in die neue Konzeption mit eintreten.“ (Bl. 24)

Aus welchen Gründen dieses frühe Werk Blumenbergs, das zu den wichtigsten Schriften aus deutscher Hand über das katholische Mittelalter zu rechnen ist, bisher in gar keiner Weise Aufnahme in der Forschung gefunden hat, bleibt unerklärlich. Stellt es doch eine Auseinandersetzung mit dem Katholischen Mittelalter mittels des grundlegenden Begriffes der Ursprünglichkeit, der bisher nur in der Sprache der Mystik Verwendung gefunden hat, dar.

Weitere moderne Vertreter einer christlichen Metaphysik sind u. a. Bernhard Lakebrink, Josef Pieper, Robert Spaemann, Alois Dempf, Henry Deku, Walter Brugger, Johannes Baptist Lotz, Josef de Vries und Vincent Berning.

Literatur Bearbeiten

  • Peter Wust: Die Auferstehung der Metaphysik. Leipzig 1920. X, 284 S.
  • Erwin Reisner: Die Geschichte als Sündenfall und Weg zum Gericht. Grundlegung einer christlichen Metaphysik der Geschichte. München 1929. VI, 304 S.
  • Johannes Hessen: Augustins Metaphysik der Erkenntnis. Berlin 1931. 328 S.
  • Albert Camus: Christliche Metaphysik und Neoplatonismus. (Métaphysique chrétienne et néoplatonisme. Paris 1936. Écrit pour obtention un diplôme d’études supérieures). Als: Rowohlts deutsche Enzyklopädie. Bd. 385. Reinbek 1978. 128 S.
  • Étienne Gilson, Philotheus Böhner: Die Geschichte der christlichen Philosophie von ihren Anfängen bis Nikolaus von Cues. Paderborn 1937. XXX, 620 S.
  • Gotthard Günther, Helmut Schelsky: Christliche Metaphysik und das Schicksal des modernen Bewusstseins. Leipzig 1937. 108 S.
  • Hans Blumenberg: Beiträge zum Problem der Ursprünglichkeit der mittelalterlich-scholastischen Ontologie. Kiel 1947. 108 Bl. (Diss. Univ. Kiel 1947. Ref. Ludwig Landgrebe)
  • Perikles Joannou: Christliche Metaphysik in Byzanz. Ettal 1956. – Bd. 1: Die Illuminationslehre des Michael Psellos und Joannes Italos. Als: Studia patristica et Byzantina. Bd. 3. 1956. VIII, 152 S. [Mehr nicht erschienen]
  • Gustav Siewerth: Metaphysik der Kindheit. Als: Sammlung Horizonte. Bd. 3. Einsiedeln 1957. 136 S. – 2. Aufl. 1965.
  • Gustav Siewerth: Das Schicksal der Metaphysik von Thomas zu Heidegger. Als: Sammlung Horizonte. Bd. 6. Einsiedeln 1959. XXIV, 520 S.
  • Gustav Siewerth: Der metaphysische Charakter des Erkennens nach Thomas von Aquin aufgewiesen am Wesen des sinnlichen Aktes. Diss. Univ. Freiburg Breisgau 1931
  • Gustav Siewerth: Die Apriorität der Erkenntnis als Einheitsgrund der philosophischen Systematik des Thomas von Aquin. Habil.-Schr. Univ. Freiburg Breisgau 1938.
  • Gustav Siewerth: Das Schicksal der Metaphysik von Thomas zu Heidegger. Einsiedeln 1959.
  • Gustav Siewerth: Grundfragen der Philosophie im Horizont der Seinsdifferenz. Gesammelte Aufsätze zur Philosophie. Düsseldorf 1963
  • Karl Jaspers: Von der antiken zur christlichen Metaphysik. Anaximander, Heraklit, Parmenides, Plotin, Anselm. Verlag Reinhard Piper. Als: Serie Piper. Bd. 192. München 1979. 152 S.
  • Die Metaphysik und das Gute. Aufsätze zu ihrem Verhältnis in Antike und Mittelalter. Jan A. Aertsen zu Ehren. Hrsg. v. Goris Wouters. Als: Recherches de théologie et philosophie médiévales. Bd. 2. Louvain 1999. XX, 184 S.
  • Werner Löser: Geschenkte Wahrheit. Annäherung an das Werk Hans Urs von Balthasars. Würzburg 2015. 350 S.
  • Ferdinand Ulrich: Schriften. 5 Bde. Hrsg. v. Martin Biehler. Einsiedeln 1998–2006.
    • Bd. 1: Homo abyssus. Das Wagnis der Seinsfrage. 1998. LIV, 534 S.
    • Bd. 2: Leben in der Einheit von Leben und Tod. 1999. XL, 364 S.
    • Bd. 3: Erzählter Sinn. Philosophische Erfahrungen in der Bilderwelt des Märchens. 2000. XVI, 528 S. – 2., vom Verf. durchges. Aufl. 2002. Erzählter Sinn. Ontologie der Selbstwerdung in der Bilderwelt des Märchens. 2002. XVI, 540 S.
    • Bd. 4: Logo-Tokos. Der Mensch und das Wort. Hrsg. u. eingel. v. Stefan Oster. 2003. XLVIII, 698 S.
    • Bd. 5: Gabe und Vergebung. Ein Beitrag zur biblischen Ontologie. Hrsg. u. eingel. v. Stefan Oster. 2006. XL, 832 S