Thalitter ist ein Ortsteil der Gemeinde Vöhl, im Tal der Itter in der Nähe des Edersees im nordhessischen Landkreis Waldeck-Frankenberg.

Thalitter
Gemeinde Vöhl
Koordinaten: 51° 13′ N, 8° 54′ OKoordinaten: 51° 13′ 10″ N, 8° 53′ 49″ O
Höhe: 312 m ü. NHN
Fläche: 5,05 km²[1]
Einwohner: 329 (2014)[1]
Bevölkerungsdichte: 65 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Februar 1971
Eingemeindet nach: Ittertal
Postleitzahl: 34516
Vorwahl: 05635
Karte
Lage von Thalitter in Vöhl
Das „Große Haus“, ehem. landgräfliches Bergamt
Das „Große Haus“, ehem. landgräfliches Bergamt

Geschichte Bearbeiten

Urgeschichte Bearbeiten

Eine Ansammlung von Hügelgräbern zwischen Thalitter und Herzhausen zeugt von einer Besiedlung der Gegend schon in urgeschichtlicher Zeit. Die älteste erhaltene Erwähnung von Itter als Itra stammt aus dem 11. Jahrhundert. Dabei ist nicht klar, ob sich diese auf Thalitter oder Dorfitter bezieht. Erst 1586 wird Thalitter als Thal Itter selbst erwähnt.

Die Itterburg Bearbeiten

In der Nähe des Dorfes befindet sich die Ruine der 1126 als Haupthof „Ittera“ im Ittergau erstmals erwähnten Itterburg. Besitzer waren die Herren von Itter. Im Jahr 1058 wird ein Wirheraldus von Itter genannt, der vermutlich bei Obernburg die Obere Burg, den ersten Stammsitz seines Geschlechts, errichtete. 1356 wurde der letzte Herr von Itter erstochen (siehe Itter Adelsgeschlecht, Zweites Haus). Ein Zweig der Familie Wolff von Gudenberg wurde danach mit der Itterburg und der Herrschaft Itter pfandweise belehnt und nannte sich nunmehr „Wolff von Gudenberg zu Itter“.[2]

1815 kaufte der in der Schweiz lebende, 1809 abgesetzte ehemalige König von Schweden, Gustav IV. Adolf, die Ruine der Itterburg und nannte sich nunmehr zeitweise Herr oder auch Graf von Itterburg. Sein Sohn, der österreichische Feldmarschallleutnant Gustav Prinz von Wasa, war ab 1837 Eigentümer der Itterburg.

1951 erwarb die Gemeinde das Gelände der Itterburg (ca. 8 ha) für 18.000 DM.

Steuerburg Bearbeiten

Ebenfalls in der Gemarkung von Thalitter, etwa 800 m nordnordöstlich des Dorfs auf dem Dietrichsberg, befinden sich die Reste der Steuerburg, die ursprünglich ein Vorwerk der Itterburg war.

Bergkirche Bearbeiten

 
Bergkirche Thalitter

Um 1285 stifteten die Herren von Itter eine Kreuzkapelle, die zum Bistum Mainz, der Ort aber kirchlich zum Bistum Paderborn gehörte. 1353 fiel die Kapelle an die Pfarrei Obernburg und Thalitter und teilte weitgehend deren Geschichte. Die Kapelle wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört, ab 1660 weitgehend neu aufgebaut und 1663 neu geweiht.[3]

In den Jahren 1715–16 wurde anstelle der Bartholomäuskapelle der Herren von Itter durch den Oberberginspektor Ludwig Balthasar Müller und die Berggewerkschaft und Knappschaft die heute noch vorhandene Bergkirche errichtet. Zwei der drei Glocken tragen Inschriften, mit denen Müller sich in die Ortsgeschichte einschrieb. Müller starb 1746 und wurde neben seiner 1730 verstorbenen Ehefrau Ursula Marianne in der Bergkirche beigesetzt. An ihn und seine Ehefrau erinnern eine kupferne Grabplatte vor dem Altar und ein Ölgemälde im Kirchenschiff aus dem Jahr 1730.

Kupferbergbau Bearbeiten

Von 1709 bis 1868 wurde Kupferbergbau mit einer eigenen Kupferhütte betrieben, was Thalitter zu einer wohlhabenden „freien Bergstadt“ mit entsprechenden Rechten machte, wobei die Itter das Dorf von der Bergfreiheit trennte. Noch heute sind einige der alten aufgegebenen Stollen und Schächte vorhanden. Der erste Schacht wurde 1709/10 in der Appelau zwischen Thalitter und Dorfitter von Ludwig Balthasar Müller angelegt, der dann vom Landgrafen als Berginspektor, später als Oberberginspektor eingesetzt wurde. Dem folgten die Anlage weiterer Stollen und Schächte in der Gemarkung von Thalitter und der Bau einer Kupferhütte im Jahre 1712. 1715 erhielt Thalitter ein Bergamt, geleitet von Ludwig Balthasar Müller.

Itter-Taler Bearbeiten

Der Itter-Taler war eine Ausbeutemünze, die im Jahre 1714 zu Ehren und zur Bereicherung des Landgrafen geprägt wurde, als sich das Kupferbergwerk freigebaut hatte und den Zehnten entrichten konnte. Auf der einen Seite war die Umgebung des Bergwerks mit der Aufschrift „Gott hat seinen reichen Segen in dich, Itter, wollen legen“, auf der anderen das Brustbild des regierenden Landgrafen Ernst Ludwig geprägt.

Bahnstrecke Bearbeiten

Ab 1900 war die durch Thalitter führende Eisenbahnlinie Korbach–Frankenberg mit einem 93 m und einem 200 m langen Tunnel in Betrieb. Zwischenzeitlich im Personenverkehr aufgegeben halten im Haltepunkt Vöhl-Thalitter seit dem 11. September 2015 wieder Personenzüge. Die Linie verbindet Brilon und Korbach über Thalitter mit Frankenberg (Eder) und Marburg (Lahn). In Korbach besteht Anschluss nach Kassel.

Verwaltungsgeschichte Bearbeiten

Thalitter gehörte zunächst zur Landgrafschaft Hessen, seit 1806 zum Großherzogtum Hessen. Dort lag es in dessen Provinz Oberhessen. Nach Auflösung der Ämter im Großherzogtum 1821 gehörte es zum Landratsbezirk Vöhl und zum Bezirk des Landgerichts Vöhl. Die Gemeinde gehörte zu den Landesteilen, die das Großherzogtum nach dem verlorenen Krieg von 1866 mit dem Friedensvertrag vom 3. September 1866 an Preußen abtreten musste. Dort wurde es dem Landkreis Frankenberg und dem Amtsgericht Vöhl zugeordnet.[4]

Am 1. Februar 1971 fusionierten im Zuge der Gebietsreform in Hessen zunächst die Gemeinden Dorfitter, Thalitter und Herzhausen freiwillig zur neuen Gemeinde Ittertal.[5] Am 1. Januar 1974 wurde die Gemeinde Ittertal kraft Landesgesetz mit Hessenstein (bestehend aus den ehemaligen Gemeinden Buchenberg, Ederbringhausen, Harbshausen, Kirchlotheim, Niederorke, Oberorke und Schmittlotheim), Marienhagen, Obernburg und Vöhl zur neuen Großgemeinde Vöhl zusammengeschlossen.[6][7] Verwaltungssitz der Gemeinde ist der Ortsteil Vöhl. Für alle ehemals eigenständigen Gemeinden von Vöhl wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[8]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Thalitter angehört(e):[4][9][10]

Bevölkerung Bearbeiten

Einwohnerstruktur 2011 Bearbeiten

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Thalitter 318 Einwohner. Darunter waren 12 (3,8 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 33 Einwohner unter 18 Jahren, 129 waren zwischen 18 und 49, 87 zwischen 50 und 84 und 72 Einwohner waren älter.[16] Die Einwohner lebten in 150 Haushalten. Davon waren 51 Singlehaushalte, 45 Paare ohne Kinder und 39 Paare mit Kindern, sowie 12 Alleinerziehende und keine Wohngemeinschaften. In 27 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 96 Haushaltungen leben keine Senioren.[16]

Einwohnerentwicklung Bearbeiten

 Quelle: Historisches Ortslexikon[4]

  • 1585: 12 Haushaltungen
  • 1629: 14 Haushaltungen
  • 1742: 11 Haushaltungen
  • 1791: 322 Einwohner[17]
  • 1800: 341 Einwohner[18]
  • 1806: 283 Einwohner, 60 Häuser[14]
  • 1829: 394 Einwohner, 59 Häuser[19]
Thalitter: Einwohnerzahlen von 1791 bis 2014
Jahr  Einwohner
1791
  
322
1800
  
341
1806
  
283
1829
  
394
1834
  
389
1840
  
459
1846
  
423
1852
  
386
1858
  
345
1864
  
327
1871
  
269
1875
  
278
1885
  
299
1895
  
316
1905
  
277
1910
  
301
1925
  
300
1939
  
321
1946
  
480
1950
  
436
1956
  
403
1961
  
416
1967
  
459
2011
  
318
2014
  
329
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: Gemeinde Vöhl[1]; Zensus 2011[16]

Historische Religionszugehörigkeit Bearbeiten

• 1885: 299 evangelische (= 99,67 %), ein katholischer (= 0,33 %) Einwohner[4]
• 1961: 370 evangelische (= 88,94 %), 57 katholische (= 10,85 %) Einwohner[4]

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Ortsbild Bearbeiten

 
Das „Große Haus“, ehem. Bergamt, in Thalitter, Blick von der Itterburg

Das Ortsbild wird noch heute durch zahlreiche Fachwerkhäuser geprägt. Eines dieser Gebäude sticht besonders hervor, es handelt sich um das dreistöckige „Große Haus“, vermutlich für den Landgrafensohn Georg III. (1632–1676) von Hessen-Darmstadt, der die Herrschaft Itter von 1661 bis zu seinem Tod als Paragium besaß, als Gutshaus und Jagdschloss erbaut. Georg starb noch vor Abschluss der Bauarbeiten und die Herrschaft Itter fiel an die Hauptlinie Hessen-Darmstadt zurück. Ob das Haus jemals als Jagdschloss genutzt wurde, ist nicht gesichert. Von 1718 bis 1868 war es als landgräfliches bzw. großherzogliches Bergamtsgebäude zugleich der Sitz des Berginspektors.

Literatur Bearbeiten

  • Martin Zeiller: Itter. In: Matthäus Merian (Hrsg.): Topographia Hassiae et Regionum Vicinarum (= Topographia Germaniae. Band 7). 2. Auflage. Matthaeus Merians Erben, Frankfurt am Main 1655, S. 96 (Volltext [Wikisource]).
  • Hans Tasche: Geschichte des Thalitterer Kupfer-Werks. In: Zweiter Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde, Gießen, 1849 (books.google.de).
  • Götz J. Pfeiffer: „Der neue kostbare silberne verguldete Kirchen-Ornat“. Die Vasa sacra aus Augsburg von Johann Fassnacht und Philipp Küsel in Thalitter. In: Hessische Heimat. Band 66, 2016, S. 30–34.
  • Literatur über Thalitter nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie

Weblinks Bearbeiten

Anmerkungen und Einzelnachweise Bearbeiten

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Infolge der Rheinbundakte.
  3. Trennung von Justiz (Landgericht Vöhl) und Verwaltung.
  4. Infolge des Deutschen Krieges.
  5. Infolge des Zweiten Weltkriegs.

Einzelnachweise

  1. a b c Ortsteile Vöhls. In: Webauftritt. Gemeinde Vöhl, abgerufen im Oktober 2020.
  2. Itterburg (Ruine) auf www.voehl.de
  3. Fachwerkkirche in Dorfitter. (Memento vom 14. August 2011 im Internet Archive) In: Webauftritt der Gemeinde Vöhl.
  4. a b c d e Thalitter, Landkreis Waldeck-Frankenberg. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 8. Juli 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  5. Gemeindegebietsreform: Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 20. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 6, S. 248, Punkt 328, Abs. 32 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,2 MB]).
  6. Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Frankenberg und Waldeck (GVBl. II 330-23) vom 4. Oktober 1973. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1973 Nr. 25, S. 359, § 6 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 2,3 MB]).
  7. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 390–391.
  8. Hauptsatzung. (PDF; 22 kB) § 5. In: Webauftritt. Gemeinde Vöhl, abgerufen im Oktober 2020.
  9. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  10. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 12 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. Die Zugehörigkeit der Herrschaft Itter anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
  12. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 8 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. a b Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 13, § 26 1648:Punkt c (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  14. a b Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1806. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1806, S. 265 f. (Online in der HathiTrust digital library).
  15. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 420 (online bei Google Books).
  16. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 50 und 106, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  17. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1791. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1791, S. 201 f. (Online in der HathiTrust digital library).
  18. Hessen-Darmstädter Staats- und Adresskalender 1800. Im Verlag der Invaliden-Anstalt, Darmstadt 1800, S. 219 f. (Online in der HathiTrust digital library).
  19. Georg Wilhelm Justin Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt August 1830, OCLC 312528126, S. 280 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).