Ta-Nehisi Coates

US-amerikanischer Journalist und Buchautor

Ta-Nehisi Coates (geboren 30. September 1975 in Baltimore, Maryland, USA) ist ein US-amerikanischer Journalist und Buchautor. Bekannt geworden ist er vor allem für seine Texte in der Monatszeitschrift The Atlantic, in denen er die Probleme der afroamerikanischen Bevölkerung thematisiert und White Supremacy, die Vorherrschaft der Weißen, als tief in der amerikanischen Gesellschaft verwurzelte Ideologie beschreibt.

Ta-Nehisi Coates (2015)

Leben Bearbeiten

Ta-Nehisi Coates wuchs in Baltimore als Sohn einer Lehrerin und eines Verlegers in einer Großfamilie auf. Sein Vater W. Paul Coates[1] gehörte der Black Panther Party in Baltimore an und gründete die Black Classic Press. Er war Bibliothekar an der historisch afroamerikanischen Howard University.[2] Coates’ Mutter Cheryl unterstützte ihren Sohn bei seinen ersten Schreibversuchen.[3] Coates studierte fünf Jahre ohne Abschluss an der Howard University und begann bei der Alternativzeitung Washington City Paper als Journalist zu arbeiten, wo ihn der Kulturjournalist David Carr unter seine Fittiche nahm. Er schrieb für verschiedene Zeitungen, darunter das Time Magazine und The Village Voice, bis er im Januar 2008 bei der Monatszeitschrift The Atlantic Platz für einen Blog erhielt[4] und später Redakteur größerer Leitartikel wurde.

Im gleichen Jahr erschien auch sein autobiographisches Buch The Beautiful Struggle: A Father, Two Sons, and an Unlikely Road to Manhood (deutsch: Der schöne Kampf: Ein Vater, zwei Söhne und eine unwahrscheinliche Straße zur Männlichkeit) über sein Aufwachsen im Baltimore der 1980er Jahre – geprägt durch seinen Vater–, die auf den Straßen der Stadt verbreitete Kriminalität und schulische Probleme.[5]

Von 2012 bis 2014 hatte Coates einen Lehrauftrag für kreatives Schreiben am Massachusetts Institute of Technology.[6][7]

2014 erregte er mit dem Artikel The Case for Reparations (deutsch: Ein Plädoyer für Reparationen) im Atlantic Aufsehen, in dem er forderte, die USA sollten ihrer schwarzen Bevölkerung in Anbetracht der Jahrhunderte dauernden Sklaverei in den Vereinigten Staaten, des institutionellen Rassismus und der diskriminierenden Wohnungspolitik Reparationen zahlen.[8]

2015 ging er für ein Jahr mit seiner Frau, die er an der Howard University kennengelernt hatte, und dem gemeinsamen Sohn[9] im Rahmen seiner American Library in Paris Visiting Fellowship nach Paris.[2][10] Ebenfalls 2015 gewann er den sogenannten Genie-Preis und wurde ein MacArthur Fellow.[11]

In seinem 2015 erschienenen Buch Between the World and Me (deutsch: Zwischen mir und der Welt) klärt Coates seinen Sohn in Briefform darüber auf, was es bedeutet, ein schwarzer Mann in den USA zu sein, wobei er insbesondere die „rassistische Gewalt, die in die amerikanische Kultur eingewoben ist“ („racist violence that has been woven into American culture“) schildert.[12][13] Das von James Baldwins Nach der Flut das Feuer inspirierte Buch[14] erreichte u. a. den 1. Platz auf der Bestsellerliste der New York Times und erhielt 2015 den National Book Award in der Sachbuch-Kategorie.[15]

Im September 2015 gab der Verlag Marvel Comics bekannt, dass Coates Autor einer neuen Comic-Serie über den Charakter Black Panther wird.[16] Die ersten Comics, für die Coates die Texte schrieb, erschienen 2016.[17] Ein von Coates verfasster Ableger der Black-Panther-Reihe wurde jedoch 2017 nach dem Erscheinen von nur sechs Ausgaben beendet.[18] 2018 erhielt Coates zusammen mit Roxane Gay und Alitha E. Martinez den Eisner Award in der Kategorie Beste abgeschlossene Serie für Black Panther: World of Wakanda.[19]

Seit 2017 ist Coates Distinguished Writer in Residence am Arthur-L.-Carter-Journalismus-Institut der New York University, unterrichtet Studenten und nimmt an Veranstaltungen teil.[20]

Im Oktober 2017 erschien eine Sammlung von sieben Essays, die Coates während der Obama-Präsidentschaft zwischen 2008 und 2016 in The Atlantic veröffentlicht hatte, unter dem Titel We Were Eight Years in Power: An American Tragedy (deutsch: Wir waren acht Jahre an der Macht: Eine amerikanische Tragödie) in Buchform.[21][22] Coates hatte Obama während dessen Präsidentschaft viermal für Interviews getroffen.[23][24][25][26] Das Time Magazine kürte das Buch zu einem der zehn besten Sachbücher des Jahres.[27] 2018 erschien das Buch auch in deutscher Sprache.[28]

In Reaktion auf seine Texte über die Obama-Präsidentschaft warf ihm der ebenfalls afroamerikanische Intellektuelle und Universitätsprofessor Cornel West im Dezember 2017 in einem Artikel im Guardian vor, das „neoliberale Gesicht des schwarzen Freiheitskampfes“ („neoliberal face of the black freedom struggle“) zu sein.[29] Coates würde White Supremacy „fetischisieren“ und als unabänderlich darstellen, was einen kollektiven Kampf gegen die rassistischen Strukturen verhindere.[29] Zudem würde Coates Obama zu Unrecht als moralische Figur preisen und dabei ignorieren, was unter anderem dessen Drohnenkrieg in Pakistan bei People of color außerhalb der USA angerichtet hat.[29] Ungerechtfertigterweise würde er auch die Frage der Klasse, des Geschlechts und der sexuellen Orientierung nicht in seine Analyse einbinden.[29] Nachdem Wests Argumentation viel Zustimmung erfuhr, unter anderem in einem Tweet des White-Supremacy-Aktivisten Richard Spencer[30], löschte Coates seinen Account bei Twitter.[31]

Im Juli 2018 gab Coates schließlich seine Stelle bei The Atlantic auf.[32][33] In einem seiner späten, viel rezipierten Essays für das Magazin, The First White President (deutsch: Der erste weiße Präsident), wirft Coates US-Präsident Trump vor, von einer Ideologie der White Supremacy motiviert zu sein, was gerade der Grund sei, warum ihn große Teile der verunsicherten weißen Bevölkerung zum Zweck der Korrektur der ersten Präsidentschaft eines erfolgreichen schwarzen Mannes gewählt habe.[34]

Coates wurde 2018 in die American Academy of Arts and Sciences gewählt,[35][36] 2021 in die American Academy of Arts and Letters.

2020 erhielt er für Der Wassertänzer den British Fantasy Award.[37]

Schriften (Auswahl) Bearbeiten

  • Asphalt Sketches. Sundiata Publications, Baltimore ohne Jahr. Gedichte.
  • The Beautiful Struggle: A Father, Two Sons, and an Unlikely Road to Manhood. Spiegel & Grau, New York 2008, ISBN 978-0-385-52036-2
  • Between the World and Me: Notes on the First 150 Years in America. Spiegel & Grau, New York 2015, ISBN 978-0-812-99354-7
  • We Were Eight Years in Power: An American Tragedy. One World, 2017, ISBN 978-0-399-59056-6
    • We were eight years in power: Eine amerikanische Tragödie. Übersetzung Britt Somann-Jung. Hanser, Berlin 2018, ISBN 978-3-446-25910-2
  • The Water Dancer. New York 2019
  • The Beautiful Struggle (Adapted for Young Adults). Delacorte Press, 2021, ISBN 9781984894021

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Ta-Nehisi Coates – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. W. Paul Coates's Biography. In: The HistoryMakers. 20. Januar 2019, abgerufen am 20. Juni 2021 (englisch).
  2. a b Simon Kuper: This struggle is what America is, Interview in Financial Times, 26. September 2015, S. 3.
  3. Chris Bodenner: Is Ta-Nehisi Coates's Book Too Bleak? In: Th Atlantic. 27. Juli 2015, abgerufen am 20. Juni 2021 (englisch).
  4. Ta-Nehisi Coates: Takin off my coat, clearin my throat... 17. Januar 2008, abgerufen am 6. März 2019 (amerikanisches Englisch).
  5. Rich Benjamin: The Beautiful Struggle by Ta-Nehisi Coates review – subverting white expectations. In: The Guardian. 1. September 2016, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 6. März 2019]).
  6. MIT SHASS: News - 2012 - Coates is MLK Visiting Scholar for 2012-13. Abgerufen am 6. März 2019.
  7. Writer Ta-Nehisi Coates dazzles during two years as an MLK Visiting Scholar. Abgerufen am 6. März 2019.
  8. Ta-Nehisi Coates: The case for reparations In: The Atlantic, Juni 2014.
  9. Promises of an Unwed Father. In: Oprah.com. (oprah.com [abgerufen am 6. März 2019]).
  10. Visiting Fellowship | American Library in Paris. Abgerufen am 6. März 2019 (amerikanisches Englisch).
  11. Ta-Nehisi Coates, 39, living in Washington, D.C., NPR vom 29. September 2017, abgerufen am 8. Oktober 2018.
  12. Tobias Rüther: Ta-Nehisi Coates’ Bestseller: Ist Amerika ein rassistisches Regime? ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 6. März 2019]).
  13. Nico Schulte-Ebbert: Naturgewalten. Ta-Nehisi Coates’ aufrüttelnder Essay „Zwischen mir und der Welt“ handelt von schwarzen Körpern und weißen Träumern. In: literaturkritik.de. 29. Februar 2016, abgerufen am 17. Dezember 2019.
  14. Sukhdev Sandhu: Between the World and Me by Ta-Nehisi Coates review – a now exalted writer and spokesman for black America. In: The Guardian. 8. Oktober 2015, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 6. März 2019]).
  15. Nash Jenkins: Ta-Nehisi Coates, Adam Johnson Win National Book Awards, bei Time Magazine, 18. November 2015.
  16. Albert Ching: Ta-Nehisi Coates, Brian Stelfreeze Launch Marvel's New "Black Panther" Series. In: Comic Book Resources. comicbookresources.com, 22. September 2015, abgerufen am 24. April 2016 (englisch).
  17. Jacob Brogan: Ta-Nehisi Coates’ Black Panther Comic Is the Anti-Batman v Superman. 8. April 2016, abgerufen am 6. März 2019 (englisch).
  18. Alexander Nazaryan: Marvel has canceled Ta-Nehisi Coates's Black Panther & The Crew comic after just two issues. 15. Mai 2017, abgerufen am 6. März 2019 (englisch).
  19. 2010-Present. Abgerufen am 2. August 2019 (englisch).
  20. NYU: Author Ta-Nehisi Coates to Join Faculty of NYU’s Carter Journalism Institute. 30. Januar 2017, abgerufen am 7. März 2019 (englisch).
  21. Annette Gordon-Reed: We Were Eight Years in Power by Ta-Nehisi Coates review – on white supremacy. In: The Guardian. 18. November 2017, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 6. März 2019]).
  22. Review: 'We Were Eight Years In Power' By Ta-Nehisi Coates. Abgerufen am 6. März 2019 (englisch).
  23. Ta-Nehisi Coates: 'The Filter ... Is Powerful': Obama on Race, Media, and What It Took to Win. 20. Dezember 2016, abgerufen am 6. März 2019 (amerikanisches Englisch).
  24. Ta-Nehisi Coates: ‘Better Is Good’: Obama on Reparations, Civil Rights, and the Art of the Possible. 21. Dezember 2016, abgerufen am 6. März 2019 (amerikanisches Englisch).
  25. Ta-Nehisi Coates: 'It's What We Do More Than What We Say': Obama on Race, Identity, and the Way Forward. 22. Dezember 2016, abgerufen am 6. März 2019 (amerikanisches Englisch).
  26. Ta-Nehisi Coates: ‘Surprised Like Everybody Else’: Obama on the Election of Donald Trump. 23. Dezember 2016, abgerufen am 6. März 2019 (amerikanisches Englisch).
  27. The Top 10 Non-Fiction Books of 2017. Abgerufen am 6. März 2019 (englisch).
  28. We were eight years in power - Bücher - Hanser Literaturverlage. Abgerufen am 6. März 2019.
  29. a b c d Cornel West: Ta-Nehisi Coates is the neoliberal face of the black freedom struggle | Cornel West. In: The Guardian. 17. Dezember 2017, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 6. März 2019]).
  30. Richard Spencer: He's not wrong. In: @RichardBSpencer. 19. Dezember 2017, abgerufen am 6. März 2019 (englisch).
  31. raceAhead: Ta-Nehisi Coates Quits Twitter. Abgerufen am 6. März 2019 (englisch).
  32. Osita Nwanevu: Ta-Nehisi Coates is Leaving The Atlantic. 20. Juli 2018, abgerufen am 6. März 2019 (englisch).
  33. Ta-Nehisi Coates Leaves ‘The Atlantic’. 20. Juli 2018, abgerufen am 6. März 2019 (englisch).
  34. Ta-Nehisi Coates: The First White President. In: The Atlantic. Oktober 2017, ISSN 1072-7825 (theatlantic.com [abgerufen am 6. März 2019]).
  35. Newly Elected Fellows. Archiviert vom Original am 14. Januar 2019; abgerufen am 6. März 2019.
  36. Ta-Nehisi Coates. Abgerufen am 6. März 2019 (englisch).
  37. British Fantasy Award 2020