Steinerscher Satz

Berechnungsmethode von Trägheitsmomenten

Der Steinersche Satz (auch Satz von Steiner, Steiner-Regel, Satz von Huygens-Steiner oder Parallelachsen-Theorem[1]) dient der Berechnung des Trägheitsmomentes eines starren Körpers für parallel verschobene Drehachsen. Der Satz geht auf Untersuchungen von Jakob Steiner und Christiaan Huygens zurück.

Illustration des Steinerschen Satzes:
Drehachse 1 geht durch den Schwerpunkt des Körpers der Masse .
Drehachse 2 ist um den Abstand d verschoben.

Das Trägheitsmoment eines Körpers hängt von der Lage der Drehachse ab. Ist das Trägheitsmoment bezüglich einer Drehachse durch den Massenmittelpunkt bekannt, so kann mit dem Steinerschen Satz das Trägheitsmoment für alle Drehachsen, die parallel zu dieser sind, berechnet werden.

Der Satz wird auch verwendet, um Flächenträgheitsmomente von Balken-Querschnitten zu bestimmen.

Anwendung auf Trägheitsmomente Bearbeiten

Trägheitsmomente sind meistens für Drehachsen   durch den Massenmittelpunkt tabelliert. Falls das Trägheitsmoment für eine dazu parallele Drehachse   benötigt wird, kann der Steinersche Satz angewendet werden und das Trägheitsmoment   ergibt sich zu:

 

Dabei ist   das Trägheitsmoment des Körpers mit Masse   bezüglich der Drehachse  , die durch seinen Massenmittelpunkt (praktisch gleich dem Schwerpunkt) geht und parallel mit Abstand   zur Drehachse   liegt.

Bei Anwendung des Steinerschen Satzes ist zweierlei zu beachten:

  • Das Trägheitsmoment eines Körpers ist dann am geringsten, wenn die Drehachse durch den Schwerpunkt geht. Das folgt daraus, dass der Steinersche Anteil stets positiv ist, wenn man eine Verschiebung vom Schwerpunkt weg durchführt.
  • Mit mehrmaliger Anwendung des Steinerschen Satzes kann das Trägheitsmoment zu einer beliebigen parallelen Achse berechnet werden, auch wenn das anfangs gegebene Trägheitsmoment nicht durch den Massenmittelpunkt geht.

Anwendung auf Flächenträgheitsmomente Bearbeiten

Liegt der Flächenschwerpunkt eines Körper-Querschnitts nicht im Ursprung des Koordinatensystems, kann sein Flächenträgheitsmoment mit dem Steinerschen Satz berechnet werden:

 
 
 

Für   wird der Abstand des Flächenschwerpunktes zum Ursprung   quadriert, mit der Fläche des Querschnitts   multipliziert und auf das (tabellarisch erfasste) Flächenträgheitsmoment addiert. Es ist ersichtlich, dass bei   der Steiner-Term wegfällt.

Praktisch ist, dass man mit diesen Formeln komplexe (z. B. T-Träger) in einfache Körper (z. B. Rechtecke) aufteilen kann, deren Flächenträgheitsmoment bereits bekannt ist.

Für   gilt dann beispielsweise:

 ,

wobei   die Fläche der Figur ist und   bis   die durch die Zerlegung entstandenen Teilflächen sind.

Verallgemeinerung auf Trägheitstensoren Bearbeiten

Hat ein Körper eine Masse   und, bezogen auf den Schwerpunkt, den Trägheitstensor  , so ergibt sich der Trägheitstensor   in einem um den Vektor   parallel verschobenen Koordinatensystem durch die Summe aus   und dem Trägheitstensor eines Massenpunktes der Masse   und dem Ortsvektor  :

 

d. h.

 

wobei

 

bzw. in Summenkonvention mit dem total antisymmetrischen ε-Tensor

 

Daher gilt auch

 

Durch die Verschiebung kann es vorkommen, dass die Achsen des neuen Koordinatensystems nicht mehr mit den Hauptträgheitsachsen durch den neuen Punkt zusammenfallen.

Herleitung Bearbeiten

 
Skizze zur Herleitung

Betrachtet man einen starren Körper in einem Koordinatensystem, dessen Ursprung mit seinem Massenmittelpunkt übereinstimmt und legt die Rotationsachse   parallel zur z-Richtung, so ist das Trägheitsmoment bezüglich dieser Achse definiert als

 .

Wobei die Summe über alle Massenpunkte   des Körpers läuft, der Ort des jeweiligen Massenpunktes mit   bezeichnet ist und die Rotationsachse auf der Geraden parallel zur z-Achse durch den Punkt   liegt.

Ausmultiplizieren der Klammern führt auf

 

Der erste Term entspricht dem Trägheitsmoment der Rotationsachse durch den Massenmittelpunkt (und parallel zur z-Achse). Der zweite und dritte Term sind Null, da sie der Definition des Massenmittelpunktes   und   entsprechen und dieser nach Voraussetzung im Ursprung liegt:  .[2] Der vierte Term gibt nach Pythagoras gerade das Abstandsquadrat der Rotationsachse   zum Ursprung multipliziert mit der Gesamtmasse   des betrachteten Körpers an. Schreibt man den Abstand als  , so ergibt sich der Steinersche Satz als

 .

Literatur Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Hans J. Paus: Physik in Experimenten und Beispielen. Hanser Verlag, 2007, ISBN 978-3-446-41142-5, S. 83 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. Douglas C. Giancoli: Physik: Lehr- und Übungsbuch. Pearson Deutschland, 2010, S. 342 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).