Die Starčevo-Körös-Criș-Kultur ist die früheste neolithische Kultur in Serbien, Makedonien, Rumänien, Ungarn und Kroatien. Sie datiert zwischen 6200 und 5500 v. Chr. (cal.). Sie wird oft in verschiedene Unter-Kulturen unterteilt, deren Grenzen oft weniger durch prähistorische stilistische Unterschiede als durch moderne Landesgrenzen bestimmt sind[1]. In Makedonien, Serbien und Kroatien spricht man gewöhnlich von der Starčevo-Kultur, in Rumänien von der Criș- oder Starčevo-Criș-Kultur, in Ungarn von der Körös-Kultur. Eszter Bánffy ordnet die transdanubischen Funde allerdings der Starčevo-Kultur zu[2] und sieht einen Unterschied zu den Körös-Funden in Ostungarn. Die Mehtelek-Gruppe Ostungarns wird oft der Criș-Kultur zugeordnet.

Insgesamt finden sich im südöstlichen Verbreitungsgebiet der Starčevo-Körös-Criș-Kultur vor allem Tellsiedlungen mit Bauten aus Lehmziegeln, während im Nordwesten Flachsiedlungen mit Flechtwerkhäusern überwiegend. Hier ist die Keramik deutlich seltener bemalt und Obsidian als lithisches Rohmaterial überwiegt gegenüber dem blonden Balkanflint. Ob diese Unterschiede allein geographisch-chronologisch sind oder ob es sich um unterschiedliche Identitätsgruppen handelt, wäre durch weitere Forschungen zu klären. Mit den Starčevo-Kultur, Körös-Kultur und Criş-Kulturen traten vor 6000 v. Chr. supraregional eine einheitliche Kulturstufe in Erscheinung (= Proto-Starčevo-Stufe), nach 6000 v. Chr. war eine Differenzierung des Keramik-Stils nachweisbar, die in der Ausprägung des „Starčevo-Körös-Criș-Komplexes“ mündete.

Mit dem Auftreten des Starčevo-Körös-Criș-Komplexes können im transdanubischen Raum erstmals Ackerbau und Viehzucht festgestellt werden. Die Landwirte hielten Schafe, Ziegen, Rinder, Schweine und Hunde und kultivierten daneben Emmer, Einkorn, Weizen, Linsen und Erbsen. Die alimentierende Jagd auf Wildtiere war aber noch nicht in den Hintergrund getreten.

Der „Starčevo-Körös-Criș-Kulturkomplex“ wird als Vorläuferkultur der Linearbandkeramischen Kultur (LBK) angesehen.[3] Genetisch dominierten in den analysierten Skelettproben die paternale Haplogruppe G2a (Y-DNA), maternal waren die mtDNA Haplogruppen K, N1a, T2, Haplogruppe J (mtDNA) vertreten. Dies zeigt, dass der maternale Genpool der Starčevo-Bauern wie auch der zeitlich folgenden Linearbandkeramiker stärker durchmischt war als der paternale Pool mit der Haplogruppe G (Y-DNA).

Aufgrund der geringen Anzahl von freigelegten Siedlungen der Starčevo-Kultur, so etwa die Siedlungen von Divostin, Obre I, Donja Branjevina unweit von Odžaci sowie Vinkovci, ist eine grundlegende Aussage bezüglich der Haus- und Siedlungsformen schwieriger, als bei der LBK. In der wissenschaftlichen Betrachtung der Siedlung von Divostin, bei Kragujevac in Serbien[4], zeigten sich zwei verschiedene Bautypen. Bei dem ersten Bautyp handelte es sich zumeist um rund bis elliptisch geformte, in den Boden eingetiefte Objekte, die in ihrer äußeren Umgrenzung von dünnen Pfosten umgeben waren. Im Inneren der eingetieften Bauten fanden sich Herdstellen, die Maße betrugen in der Länge etwa zwischen 3 bis 5 m und in der Breite zwischen 2 bis 4 m. Der zweite Bautyp war ein echter Pfostenbau mit einem rechteckigen Grundriss. Dessen Wände bestanden aus einem Flechtwerk mit Lehmbewurf, die Böden waren wahrscheinlich aus gestampftem Lehm erstellt worden.

Da die Starčevo-Körös-Criş-Kultur ethnogenetisch als Vorläuferkultur der LBK angesehen wird, zeigen sich dennoch zwischen beiden Kulturen deutliche Unterschiede in den Bautypen. So ist für die LBK das Langhaus paradigmatisch.

Literatur Bearbeiten

  • Jens Lüning: Geburt aus dem Widerspruch. Die Entstehung der Bandkeramik aus ihrer Mutterkultur Starčevo. In: Ünsal Yalçın (Hrsg.): Anatolien und seine Nachbarn vor 10.000 Jahren. Anatolian Metal VII. Der Anschnitt, Beiheft 31, Der ANSCHNITT. Veröffentlichungen aus dem Deutschen Bergbau-Museum Nr. 214, Bochum 2016, S. 273–289 ([2] auf academia.edu)
  • Juraj Pavúk: Das balkanische Neolithikum als autonome Kultureinheit. In: Ünsal Yalçın (Hrsg.): Anatolien und seine Nachbarn vor 10.000 Jahren. Anatolian Metal VII. Der Anschnitt, Beiheft 31, Der ANSCHNITT. Veröffentlichungen aus dem Deutschen Bergbau-Museum Nr. 214, Bochum 2016, S. 233–254 ([3] auf academia.edu) hier S. 237
  • Hermann Parzinger: Die Kinder des Prometheus: Eine Geschichte der Menschheit vor der Erfindung der Schrift. Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-66657-5, S. 195 f.; 248
  • Anna Szécsényi-Nagy, Guido Brandt, Victoria Keerl, János Jakucs, Wolfgang Haak, Sabine Möller-Rieker, Kitti Köhler, V Balázs Gusztáv Mende, Marc Fecher, Krisztián Oross, Tibor Marton, Anett Osztás, Viktória Kiss, György Pálfi, Erika Molnár, Katalin Sebők, András Czene, Tibor Paluch, Mario Šlaus, Mario Novak, Nives Pećina-Šlaus, Brigitta Ősz, Vanda Voicsek, Krisztina Somogyi, Gábor Tóth, Bernd Kromer, Eszter Bánffy, Kurt W. Alt: Tracing the genetic origin of Europe’s first farmers reveals insights into their social organization. bioRxiv, März 2014, doi:10.1101/008664 ([4] auf biorxiv.org)

Weblinks Bearbeiten

  • Grafik der kulturellen Ausbreitung der neolithischen Kulturen; inklusive der Jahreszahlen v. Chr. und deren Ausbreitungsweben: Grüne Fläche LBK (5500 v. Chr.), hellorange Körös-Criș-Starčevo-Kultur (6000 v. Chr.). Carsten Lemmen, Detlef Gronenborn: Diffusive Spreading in Nature, Technology and Society. S. 333–349, In: A. Bunde, J. Caro, J. Kärger, G. Vogl: Diffusive Spreading in Nature, Technology and Society. Springer, Heidelberg/Berlin/New York 2018, ISBN 978-3-319-67797-2 ([5] auf media.springernature.com)

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Michela Spataro, Miriam Cubas, Oliver E. Craig, John C. Chapman, Adina Boroneanţ, Clive Bonsall 2019. Production and function of Neolithic black-painted pottery from Schela Cladovei (Iron Gates, Romania). Archaeological and Anthropological Sciences 11, 6287–6288
  2. z. B. Eszter Bánffy 2003, Szentgyörgyvölgy-Pityerdomb: Data to the contact zone between Mesolithic and Starcevo groups in Transdanubia. Acta Archaeologica Carpathica 28, 2003, 5-25
  3. Grapfik: Geografische Verteilung der Kulturen von Starčevo, LBK und Standorte der untersuchten Standorte. Die schattierten Bereiche der Karten zeigen die Verbreitung der Starčevo-Kultur (STA) und der LBK in Transdanubien (LBKT) und Mitteleuropa (LBK). Die Pfeile zeigen die Richtung der Expansion der Bauern, Early European Farmer (EEF) nach Mitteleuropa. Farbige Punkte zeigen die untersuchten Standorte der STA (dunkelrot) und LBKT (rot) in Westungarn und Nordkroatien an. Mitteleuropäische LBK-Standorte (braun). [1]
  4. Alan McPherron, Dragoslav Srejovic (Hrsg.): Divostin and the Neolithic of Central Serbia. University of Pittsburgh Department of Anthropology, Pittsburgh 1988, ISBN 978-0-94542-800-8, S. 36–44