St. Laurentius (Rheinsberg)

Kirchengebäude in Rheinsberg, Landkreis Ostprignitz-Ruppin, Brandenburg

St. Laurentius ist eine evangelische Kirche in Rheinsberg (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) im Bundesland Brandenburg. Ihre Besonderheit ist die erhaltene Renaissance-Ausstattung.

St. Laurentius, 2017, im Bild ist die alte Sakristei als Anbau der Südwand zu erkennen
Die Kirche von Süden

Geschichte Bearbeiten

Der dem Märtyrer Laurentius geweihte Kirchenbau entstand in mehreren Phasen. Der älteste Teil des heutigen Gebäudes war ein Saal, vermutlich aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, der als heutiger Altarraum erhalten ist. Früh- und spätgotische Formen in den schmalen Seitenfenstern an Ost- und Nordseite des heutigen Chores sind noch zu erkennen, auch an der im Süden vorgebauten alten Sakristei, im Giebeldreieck der Ostwand in Form von gedrückt spitzbogigen Blenden und an der Südwand der Vorhalle, „Brauthalle“ genannt, die zudem sogenannte Deutsche Bänder als Schmuck aufweist. Beim Stadtbrand im Jahr 1566 wurde das Dach beschädigt. Achim von Bredow (gestorben 1594), der das Kirchenpatronat innehatte, ließ die Kirche umgestalten. Aus dieser Zeit stammt auch der um 1580 fertiggestellte Turm, der in der Barockzeit ein Dach nach dem Geschmack der Zeit erhielt. Es wurde später durch ein Pyramidendach ersetzt. Ursprünglich war offenbar ein Dachturm vorhanden. Der Innenraum wurde komplett im Stil der Hochrenaissance umgebaut. In der Sichtachse vom Eingang an der Westseite zum Altar befindet sich ein massiver Pfeiler, der das Langhaus der Kirche in zwei Joche teilt und so einen zweischiffigen Raum erzeugt. Die Deckenhöhe im Kirchenschiff ist geringer als die im Chor, der durch einen hohen Altarraum mit vier Pfeilern, die schmuckvolle korinthisch nachempfundene Kapitelle besitzen, abgetrennt ist. Oberhalb dieser Kapitelle befinden sich die doppelten Wappen der Bredows, als Zeichen der weltlichen Herrschaft über Rheinsberg. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Fassade der Feldsteinkirche verputzt. Der Putz wurde 1992 bei der Restaurierung erneuert, was nicht unumstritten war, lediglich die Nordseite zeigt unverputztes Mauerwerk.

Im Ersten Weltkrieg verlor die Kirche zwei ihrer Glocken bei einer Metallsammlung; die Bronzeglocke blieb erhalten. 1926 erhielt die Kirche eine zweite Glocke aus Stahl. Die Bronzeglocke wurde während des Zweiten Weltkriegs eingeschmolzen. 1951 kam zur Glocke von 1926 eine zweite Stahlglocke hinzu.[1]

 
Altar
 
Kanzel

Ausstattung Bearbeiten

Von kulturhistorischer Bedeutung ist die Kirchenausstattung mit Werken der Spätrenaissance. Der Hochaltar stammt aus dem Jahr 1576, wobei Teile eines gotischen Flügelaltars eingearbeitet wurden. Dazu gehört ein geschnitztes Figurenrelief der Kreuzigung. Die Predella des Altars zeigt das Bild eines unbekannten Malers mit dem Abendmahl Jesu. Bemerkenswert an diesem Bild ist die Darstellung von Martin Luther und Philipp Melanchthon, die als Jünger Jesu auch an der Tafel sitzen. Das Bild ist also ganz im Geiste der Reformation entstanden. Etwas im Hintergrund erscheint ebenfalls als Jünger der Auftraggeber und Stifter der Kirchenerneuerung, Achim von Bredow.

Die Kanzel mit Schalldeckel stiftete in der Mitte des 16. Jahrhunderts Anna von Hahn, die Witwe Jobst von Bredows. Die Kanzel wurde 1569 umgestaltet. Eine Stiftung ist auch die Taufe aus dem frühen 16. Jahrhundert aus gebranntem Ton mit farbigen Reliefkacheln. Sie zeigen Wappen der Stifter, der Geschwister Anna, Sabina und Franz von Sparr und Anna von Bredows, sowie Stationen aus dem Leben Jesu.

Ein Epitaph ist Achim von Bredow und seiner Frau Anna von Arnim gewidmet, ein weiteres ihren Kindern Christian und Sophia, die 1586 im Abstand von acht Tagen an Diphtherie starben. Nach mündlicher Überlieferung kamen sie allerdings durch Ertrinken ums Leben. Diese Sage verarbeitete Theodor Fontane in den Wanderungen durch die Mark Brandenburg.[2]

Orgeln Bearbeiten

 
Scholtze-Orgel
 
Innenraum mit beiden Orgeln

Über eine Orgel verfügte die Kirche spätestens 1541.[3]

Historische Scholtze-Orgel Bearbeiten

1767 erhielt die Kirche eine neue Orgel, die bis heute erhalten ist. Das Instrument im linken Gewölbebogen wurde von dem Ruppiner Orgelbauer Gottlieb Scholtze erbaut. Die Scholtze-Orgel wurde 1950 umgebaut und 1994 durch die Werkstatt des Orgelbauers Wolfgang Nußbücker teilweise restauriert und ergänzt, u. a. um eine Pedalkoppel. Das Instrument hat 13 Register auf einem Manualwerk und Pedal. Die Spiel- und Registertrakturen sind mechanisch.[4]

Manualwerk C,D–c3
1. Gedackt 8′
2. Prinzipal 4′
3. Flöte 4′
4. Nasat 223
5. Oktave 2′
(Fortsetzung)
6. Quinte 113 (v)
7. Cornett III
8. Mixtur III
9. Trompete 8′
Pedalwerk C,D–c1
10. Subbass 16′
11. Oktavbass 8′
12. Oktavbass 4′
13. Posaune 8′
  • Koppel: Pedalkoppel (nachträglich, 1994)
  • Anmerkung
(v) = vakant

Westemporen-Orgel Bearbeiten

Die Orgel auf der Westempore wurde 1994 von der Orgelbaufirma Nußbücker (Plau am See) erbaut. Das Schleifladen-Instrument hat 30 Register auf zwei Manualwerken und Pedal.[5]

I Hauptwerk C–g3
1. Pommer 16′
2. Prinzipal 8′
3. Rohrflöte 8′
4. Spitzgedackt 8′
5. Oktave 4′
6. Hohlflöte 4′
7. Quinte 223
8. Oktave 2′
9. Mixtur IV
10. Cornett III
11. Trompete 8′
II Positiv C–g3
12. Gedackt 8′
13. Flöte d’amore 8′
14. Prinzipal 4′
15. Spillpfeife 4′
16. Nasat 223
17. Oktave 2′
18. Terz 135
19. Spitzquinte 113
20. Zimbel IV 23
21. Dulciana 8′
Tremulant
Pedalwerk C–f1
22. Subbass 16′
23. Prinzipalbass 8′
24. Gedacktbass (= Nr. 12) 8′
25. Choralbass (= Nr. 14) 4′
26. Bassflöte (= Nr. 5) 2′
27. Oktavbass (= Nr. 8) 2′
28. Posaune 16′
29. Basson (= Nr. 11) 8′
30. Clarine 4′

Literatur Bearbeiten

  • Evangelische Kirchengemeinde Rheinsberg (Hrsg.): Rheinsberg – St. Laurentius. Kunstverlag Weick, Passau 1994, ISBN 3-930602-00-8
  • Renate Breetzmann, Ingetraud Senst: Schloss Rheinsberg. Berlin 1991 (= Schlösser und Gärten der Mark. Hrsg. Walter Grunwald, Martin Sperlich und Detlef Karg)

Weblinks Bearbeiten

Commons: St. Laurentius – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Evangelische Kirchengemeinde Rheinsberg (Hrsg.): Rheinsberg - St. Laurentius. Kunstverlag Weick, Passau 1994, ISBN 3-930602-00-8, S. 4 ff.
  2. Evangelische Kirchengemeinde Rheinsberg (Hrsg.): Rheinsberg - St. Laurentius. Kunstverlag Weick, Passau 1994, ISBN 3-930602-00-8, S. 6 ff.
  3. Informationen zu den Orgeln in St. Laurentius
  4. Rheinsberg – St. Laurentius – Orgel Verzeichnis – Orgelarchiv Schmidt. (deutsch).
  5. Rheinsberg – St. Laurentius – Orgel Verzeichnis – Orgelarchiv Schmidt. (deutsch).

Koordinaten: 53° 5′ 58,7″ N, 12° 53′ 34″ O