Silberner Schnitt

Berechnung in der Kunst sowie Mathematik

Der Silberne Schnitt (angelehnt an die Bezeichnung Goldener Schnitt) ist das Teilungsverhältnis einer Strecke (Länge) oder anderen Größe (Bereich), bei dem das Verhältnis der Summe des verdoppelten größeren und des kleineren Teils zum größeren Teil gleich dem Verhältnis des größeren zum kleineren Teil ist. Dieses Teilungsverhältnis erhält man z. B. bei einer Konstruktion mit Zirkel und Lineal mithilfe eines halben Achtecks.

Silberner Schnitt
Silberner Schnitt

Definition und Eigenschaften Bearbeiten

 
Silberner Schnitt, Proportionen der Streckenteile:
 

Mit   als größerem und   als kleinerem Teil sowie   als Silbernem Schnitt gilt:

 

Der Silberne Schnitt   erfüllt daher die Gleichung

 

oder umgeformt ergibt die quadratische Gleichung

 .

Wegen   folgt daraus

 .

Goldener und Silberner Schnitt lassen sich durch die Funktion

 [1]

darstellen, wobei der Goldene Schnitt Funktionswert für  , der Silberne Schnitt für   ist.

Der Silberne Schnitt lässt sich auch durch trigonometrische Funktionen ausdrücken und ist mit dem Winkel   verbunden:

 
 

Zudem besitzt der Silberne Schnitt ähnlich wie der Goldene Schnitt eine besonders einfache Darstellung als Kettenbruch:

 [2]

Konstruktion Bearbeiten

Ausgangssituation Bearbeiten

 
Silberner Schnitt in einem halben regelmäßigen Achteck nach dem Satz von Pythagoras:
 
 

Ausgehend vom regelmäßigen Achteck mit einer Seitenlänge   soll die folgende Beschreibung zur nebenstehenden Konstruktion die Teilung einer Strecke im Verhältnis des Silbernen Schnittes verdeutlichen.[3]

  • Die geometrische Herleitung des Zahlenwertes   von   mit Zirkel und Lineal entsteht im Verlauf der Konstruktion. Sie erweist sich als praktikable Alternative zur rechnerischen Herleitung.

Zuerst wird nach dem Errichten einer Senkrechten auf eine Gerade, jeweils ab dem Punkt  , um dem Punkt   ein Viertelkreis mit dem Radius   gezeichnet, damit ergeben sich die Punkte   und  . Halbiert man nun den rechten Winkel  , ergeben sich der Winkel  , der Schnittpunkt   und somit als Strecke   die erste Seite des halben Achtecks. Es folgt ein Kreisbogen mit dem Radius   um den Punkt   und eine Parallele zur Strecke   ab  ; beide schneiden sich in   und bilden somit als Strecke   die zweite Seite des halben Achtecks. Um den Mittelpunkt   des halben Achtecks zu erhalten, konstruiert man die zwei Mittelsenkrechten   und   der beiden Achteckseiten. Anschließend werden durch den Mittelpunkt   die Mittelachse parallel zur Strecke   und um   der Halbkreis mit dem Radius   gezeichnet. Es ergibt sich der Schnittpunkt   und somit als Strecke   die dritte Seite des halben Achtecks. Die Verbindungen der Punkte   und   mit dem Mittelpunkt   ergeben den Schnittpunkt   sowie den Zentriwinkel   der Achteckseite. Um das halbe Achteck fertigzustellen, bedarf es noch zweier Senkrechten zur Strecke  , jeweils ab den Punkten   und   bis auf die Mittelachse. Dabei ergeben sich schließlich die beiden Schnittpunkte   und  .

Die Seite   des Dreiecks   schneidet die Strecke  , deren Länge   entspricht, im Punkt   und teilt sie dort im Verhältnis des Silbernen Schnittes.

Das Ergebnis zeigt, dass jede der beiden Strecken   und   die Länge   hat.

Setzt man in die allgemeinen Formel für   ergibt sich

  daraus folgt
 
  • In Worten, die Länge der Strecke   entspricht dem Zahlenwert  

Innere Teilung Bearbeiten

 
Silberner Schnitt, innere Teilung
 

Für die innere Teilung der Strecke   im Verhältnis des Silbernen Schnittes sind aus der Zeichnung des halben regelmäßigen Achtecks prinzipiell folgende Konstruktionselemente ableitbar:

  • Grünes Dreieck  
  • Mittelpunkt   der Strecke  
  • Kreisbogen   um  , erzeugt Teilungspunkt  

Zu Beginn wird die Strecke   halbiert, es ergibt sich der Mittelpunkt  . Anschließend zieht man den Halbkreis mit dem Radius   um den Punkt  . Es folgt eine Senkrechte auf die Strecke   durch den Punkt  , dabei ergibt sich der Schnittpunkt   mit dem Halbkreis. Der abschließende Kreisbogen um den Punkt   mit dem Radius   teilt in   die Strecke   im Verhältnis des Silbernen Schnittes mit   als größerem und   als kleinerem Teil.

Äußere Teilung Bearbeiten

 
Silberner Schnitt, äußere Teilung
 

Ähnlich wie der Goldene Schnitt ist auch der Silberne Schnitt mit einer äußeren Teilung, durch eine Verlängerung der vorgegebenen Strecke, konstruierbar.

Für die äußere Teilung der Strecke   im Verhältnis des Silbernen Schnittes sind aus der Zeichnung des halben regelmäßigen Achtecks prinzipiell folgende Konstruktionselemente ableitbar:

  • Grünes Dreieck  
  • Kreisbogen   um  
  • Kreisbogen   um  , erzeugt die Strecke  

Es beginnt mit der Konstruktion eines rechten Winkels (einer Senkrechten) auf der vorgegebenen Strecke   im Punkt  . Anschließend wird um den Punkt  , ab dem Punkt  , ein Viertelkreis bis zur Senkrechten gezeichnet, es ergibt sich der Schnittpunkt  . Nun folgt die Halbierung des rechten Winkels  , dabei ergeben sich der Winkel   und der Schnittpunkt  . Weiter geht es mit der Verlängerung der Strecke   ab dem Punkt   um etwa die Hälfte der Strecke  . Der abschließende Kreisbogen um den Punkt   mit dem Radius   verlängert die vorgegebene Strecke   in   um die Länge der Strecke  . Somit ist die Strecke   geteilt im Verhältnis des Silbernen Schnittes mit   als größerem und   als kleinerem Teil.

Silbernes Rechteck Bearbeiten

 
Bild 1
Silbernes Rechteck, anhand des Silbernen Schnittes mit innerer Teilung
 

Ein Rechteck mit den Seitenlängen   und   heißt Silbernes Rechteck, wenn der Quotient der Seitenlängen gerade der Silberne Schnitt ist:

 

Das Silberne Rechteck kann mit Zirkel und Lineal konstruiert werden.

Um die beiden Seitenlängen   und   zu finden, wird zunächst eine beliebige Strecke   im Verhältnis des Silbernen Schnittes mit einem der beiden oben beschriebenen Verfahren (innere Teilung oder äußere Teilung) geteilt. Die damit ermittelte Seite   wird nun in die Senkrechte hochgeklappt und anschließend das Silberne Rechteck fertiggestellt.

Die nebenstehende Darstellung (Bild 1) zeigt, der Mittelpunkt   der Strecke   teilt jetzt die Seitenlänge   im Verhältnis des Silbernen Schnittes. Es entstehen dadurch die Seitenlängen   und   eines weiteren Silbernen Rechtecks, was mit der Konstruktion neuer „Silberner“ Paare   natürlich beliebig weit fortgesetzt werden kann.

Eine weitere – sehr einfache – Möglichkeit ein Silbernes Rechteck mithilfe einer alternativen äußeren Teilung darzustellen, zeigt das nebenstehende Bild 2.[4]

 
Bild 2
Silbernes Rechteck, Basis ist ein Quadrat

Ausgehend von einem Quadrat   mit der beliebigen Seitenlänge   wird z. B. die Strecke   über   hinaus verlängert und ein Kreisbogen mit dem Radius   gezogen, bis dieser die Verlängerung in   schneidet. Die somit erzeugte Strecke   entspricht der gesuchten Seite   des Silbernen Rechtecks, denn es gilt:

 

nach dem Umformen ist

 

daraus folgt:

 

Anders als beim Goldenen Schnitt und beim Goldenen Rechteck gibt es nur eher wenige Beispiele aus dem Alltag, wo man diesen Quotienten beobachten kann. So gibt es beispielsweise Autos, deren Länge und Breite dem Silbernen Schnitt entsprechen. Eine einfache Möglichkeit, ein Silbernes Rechteck selbst zu erstellen, ist mithilfe eines DIN-A4-Blattes. Dieses hat ein Seitenverhältnis von  . Durch Knicken und Schneiden kann man so ein Silbernes Rechteck konstruieren.

Literatur Bearbeiten

  • Donald B. Coleman: The Silver Ratio: A Vehicle for Generalization. In: The Mathematics Teacher, Vol. 82, No. 1 (Januar 1989), S. 54–59 (JSTOR:27966097).

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Eric Weisstein: Silver Ratio. WolramMathWorld, 11. Januar 2021, abgerufen am 14. Januar 2021.
  2. Dario Jotanovic: 9.1 Silberner Schnitt. In: Der Goldene Schnitt Implementierung mathematischer Algorithmen. Hochschule Darmstadt, S. 27, archiviert vom Original; abgerufen am 11. Oktober 2022.
  3. Hans Walser: 4.3 Diagonalenschnittwinkel im Silbernen Rechteck, 5. Das regelmäßige Achteck. In: Kolloquium über Mathematik, Informatik und Unterricht. 20. November 2014, abgerufen am 20. Juni 2017.
  4. Hans Walser: 1 Wurzel aus zwei. In: Kolloquium über Mathematik, Informatik und Unterricht. 20. November 2014, abgerufen am 14. Januar 2021.