Sergei Walerjewitsch Aksjonow

Politiker

Sergei Walerjewitsch Aksjonow (russisch Сергей Валерьевич Аксёнов, ukrainisch Сергій Аксьонов Serhij Aksjonow; * 26. November 1972 in Belzy, Moldauische SSR) ist ein ukrainischer und russischer Politiker. Bis 2014 leitete er die 2010 gegründete ukrainische Kleinpartei Russische Einheit, seit 2014 ist er Mitglied der russischen Partei Einiges Russland.[1]

Sergei Aksjonow (2018)

Am 27. Februar 2014 wurde er, während Bewaffnete das Krimparlament besetzt hatten, von dort angeblich anwesenden Abgeordneten als neuer Ministerpräsident der Autonomen Republik Krim eingesetzt und war seit deren Gründung der Präsident der nur wenige Tage bestehenden und international nicht anerkannten Republik Krim.[2]

Politische Laufbahn Bearbeiten

Aksjonow wurde in der heute moldauischen Stadt Bălți geboren. Sein Vater war ein Offizier in der Sowjetarmee. Aksjonow zog 1989 nach Simferopol auf die Krim und schrieb sich an der dortigen Militärakademie ein.[3] Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde Aksjonow ukrainischer Staatsbürger und betätigte sich fortan als Unternehmer. Er lehnte es ab, in den ukrainischen Streitkräften zu dienen.[4]

Von 1993 bis 2008 war er in verschiedenen Unternehmen auf der Krim tätig. Der Familienvater wurde dann ab 2008 als Mitglied pro-russischer Parteien in der ukrainischen Politik aktiv.[2] 2009 legte Michail Bacharjow, stellvertretender Vorsitzender der Russischen Krim-Gesellschaft, Polizeiakten aus den 1990er Jahren vor, aus denen hervorgehen soll, dass Aksjonow damals unter dem Namen Goblin der mafiösen Vereinigung Salem angehört habe. Eine Verleumdungsklage von Aksjonow gegen Bacharjow wurde abgewiesen.[5][6] Er sieht die Anschuldigungen als Teil einer Kampagne gegen ihn.

Seit 2010 sitzt Sergei Aksjonow als Abgeordneter der Partei Russische Einheit (Русское Единство) im Parlament der Autonomen Republik Krim. Bei den nationalen Parlamentswahlen 2012 erhielt er in seinem Bezirk 9 % der Stimmen.

Am 26. Februar 2014 hatten rund 10.000 demonstrierende Krimtataren verhindert, dass das Parlament der Autonomen Republik Krim zu einer Sondersitzung zusammentrat.[7][8] Es sollte auf dieser außerordentlichen Plenarsitzung über ein Referendum über Verbleib oder Loslösung der Krim von der Ukraine abgestimmt werden. Das Referendum war für den 25. Mai 2014, den Tag der vorgezogenen Präsidentschaftswahlen in der Ukraine, geplant.[9][10][11] Für eine gültige Abstimmung waren jedoch zu wenige Abgeordnete im Plenum, nachdem sich mehrere Oppositionspolitiker nicht als anwesend registriert hatten.[12]

 
Sergei Aksjonow unterschreibt den Beitrittsvertrag der Krim zur Russischen Föderation mit Wladimir Konstantinow, Wladimir Putin und Alexei Tschaly (18. März 2014)

Am 27. Februar wurde das Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Simferopol von einer aus 30 Personen bestehenden, pro-russischen Miliz ohne Erkennungsabzeichen besetzt. Wegen der Besetzung war dieser Donnerstag vom Ministerrat zu einem arbeitsfreien Tag erklärt worden und die Angestellten wurden wieder nach Hause geschickt.[13] In der Folge fand dann die tags zuvor verhinderte Plenarsitzung über das Referendum statt. Nach Angaben auf der Webseite des Parlaments und dessen Pressestelle wurde die Entscheidung für das Referendum am 25. Mai 2014 über den zukünftigen Status der Krim mit 61 von 64 Stimmen angenommen.[12][14] Ebenso wurde in dieser Sitzung die Regionalregierung der Autonomen Republik Krim unter dem Ministerpräsidenten Anatolij Mohiljow für abgesetzt erklärt, wobei 55 von den 64 anwesenden Abgeordneten des hundertköpfigen Parlaments für die Absetzung der bisherigen Regierung der Partei der Regionen votiert hätten.[9] Mohiljow war erst 2011 vom damaligen Staatspräsidenten Wiktor Janukowytsch zum Ministerpräsidenten der Krim ernannt worden.[15] Zum Nachfolger von Mohiljow als Vorsitzenden des Ministerrates der Krim wählten die Abgeordneten Sergei Aksjonow, den Vorsitzenden der Partei Russische Einheit. Nach Angaben des Parlamentssekretariats erhielt er bei der Abstimmung eine knappe Mehrheit von 53 Stimmen.[16]

Die Abstimmungen waren nicht öffentlich,[17] Zutritt erhielten nur Abgeordnete, die von Aksjonow eingeladen wurden.[18] Sie wurden durchsucht und mussten ihre Mobiltelefone abgeben.[19] Während der Sitzung waren Bewaffnete mit Raketenwerfern im Saal.[18] Nach Recherchen des Aftenposten waren mit nur 36 Abgeordneten zu wenige Abstimmungsberechtigte anwesend, um das Quorum von 51 Mitgliedern für die Beschlussfähigkeit zu erfüllen. Es wurden Stimmen von Parlamentsmitgliedern gezählt, die nicht anwesend waren.[19] Dies betreffe mindestens 10 der abgegebenen Stimmen, für die aus dem Safe des Parlaments entwendete Duplikate der Stimmkarten verwendet worden seien. Manche Abgeordnete, deren Stimmen registriert wurden, waren nicht einmal in Simferopol.[12]

Die Ernennung Aksjonows zum Ministerpräsidenten der Autonomen Republik Krim wurde von der Übergangsregierung in Kiew als unrechtmäßig eingestuft,[8][20] wohingegen nach Angaben der Autonomieregierung in Simferopol der Vorsitzende des Obersten Rates (Werchowna Rada) der Krim Wladimir Konstantinow mit dem bisherigen ukrainischen Staatspräsidenten Janukowytsch telefonisch vereinbart haben soll, dass Sergei Aksjonow zum neuen Vorsitzenden des Ministerrates der Krim ernannt werde.[21] Nach Artikel 37 der Verfassung der Ukraine wird der Vorsitzende des Ministerrates durch den Sprecher des Parlaments der Krim (das ist der Vorsitzende des Obersten Rates) ernannt, wobei diese Ernennung in Übereinstimmung mit dem ukrainischen Präsidenten erfolgt. Anschließend wird die Ernennung durch das Parlament der autonomen Krimrepublik gebilligt.[15]

Der Termin für das Referendum wurde vom Ministerrat der Krim in der Zwischenzeit zunächst auf den 30. und wenig später auf den 16. März vorverlegt. Am 2. März 2014 veröffentlichte Aksjonow eine Erklärung, in der er behauptete, dass große Teile der auf der Krim stationierten ukrainischen Truppen sich der neuen Regierung der Krim unterstellt hätten.[22]

Am 10. März kündigte er an, künftig neben Ukrainisch auch Russisch und Krimtatarisch zu Amtssprachen der Krim zu machen.[23]

Im März 2014 setzten die US-amerikanische Regierung und die Europäische Union Aksjonow auf Sanktionslisten der USA (Specially Designated Nationals and Blocked Persons) und der EU infolge des russischen Kriegs in der Ukraine, die Aksjonow die Einreise in die Vereinigten Staaten und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verbieten.[24][25][26]

Weblinks Bearbeiten

Commons: Serhiy Aksyonov – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. http://itar-tass.com/politika/1302194
  2. a b Ukraine-Russland-Konflikt: Sergej Aksjonow – Putins Mann auf der Krim. In: Focus. 2. März 2014, abgerufen am 2. März 2014.
  3. Roland Oliphant: The Crimea leader who could take breakaway Ukraine state to Russia. In: telegraph.co.uk. 15. März 2014, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  4. Simon Shuster: Putin's Man in Crimea Sergei Aksyonov Is Ukraine's Worst Nightmare | TIME. In: time.com. 10. März 2014, abgerufen am 11. Februar 2024 (englisch).
  5. Mitch Potter: Meet „Goblin“ — Moscow’s man in Crimea. In: Toronto Star. 4. März 2014
  6. Ann-Dorit Boy: Neuer „Regierungschef“ der Krim Aus der Halbwelt an die Macht. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 4. März 2014
  7. Sondersitzung des Krim-Parlaments abgesagt (Memento vom 3. März 2014 im Internet Archive). In: RIA Novosti. 26. Februar 2014
  8. a b Christian Esch: Parlament auf der Krim als Geisel. In: Frankfurter Rundschau. 27. Februar 2014, abgerufen am 2. März 2014
  9. a b Referendum: Der Ukraine droht die Abspaltung der Krim. In: Spiegel Online. 27. Februar 2014, abgerufen am 2. März 2014
  10. Ukraine: Krim soll über Autonomie entscheiden. In: Frankfurter Rundschau. 27. Februar 2014, abgerufen am 3. März 2014
  11. Crimea’s Russians welcome Moscow’s troops as protectors. In: The Irish Times. 3. März 2014
  12. a b c Alissa de Carbonnel: RPT-INSIGHT-How the separatists delivered Crimea to Moscow (Memento des Originals vom 26. Juni 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/in.reuters.com, Reuters vom 13. März 2013, abgerufen am 4. April 2014 (englisch).
  13. Krim: Parlaments- und Regierungsgebäude von „Selbstverteidigungskräften“ besetzt (Memento vom 3. März 2014 im Internet Archive). In: RIA Novosti. 27. Februar 2014
  14. Crimean Parliament Dismisses Cabinet and Sets Date for Autonomy Referendum. In: The Moscow Times. 28. Februar 2014, abgerufen am 3. März 2014 (englisch).
  15. a b Crimean parliament to decide on appointment of autonomous republic's premier on Tuesday. Bei: interfax.com.ua 7. November 2011, abgerufen am 7. März 2014
  16. Депутаты захваченной Верховной Рады Крыма избрали своим премьером лидера «Русского единства» Сергея Аксенова. In: http://investigator.org.ua/ 27. Februar 2014, abgerufen am 4. April 2014 (russisch).
  17. Christian Rothenberg: Der kuriose Aufstieg Aksjonows – Putins Handlanger auf der Krim, n-tv vom 6. März 2014, abgerufen am 4. April 2014.
  18. a b Simon Shuster: Putin’s Man in Crimea Is Ukraine’s Worst Nightmare, Time Magazine vom 10. März 2014, abgerufen am 4. April 2014 (englisch).
  19. a b Per Kristian Aale: Voting fraud secured pro-Russian majority in Crimean parliament, Aftenposten vom 9. März 2013, abgerufen am 4. April 2013 (englisch).
  20. Turchynov Acknowledges Aksenov’s Appointment As Crimean Prime Minister Unlawful (Memento vom 1. März 2014 im Internet Archive). In: Ukrainian News. 1. März 2014 abgerufen am 2. März 2014 (englisch)
  21. В.Константинов по телефону согласовал с В.Януковичем главу правительства АРК - С.Куницин, bei unn.com.ua vom 27. Februar 2014, abgerufen am 7. März 2014 (russisch)
  22. Ukrainische Militärs auf Seite der Krim-Behörden – inoffiziell (Memento vom 3. März 2014 im Internet Archive). In: RIA Novosti. 2. März 2014
  23. vesti.ru: Аксенов предложил крымским татарам места в правительстве
  24. zeit.de: EU-Russland Sanktionen: Liste, Aksjonow
  25. Beschluss 2014/145/GASP des Rates vom 17. März 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen
  26. Beschluss (GASP) 2017/1561 des Rates vom 14. September 2017 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen