Senatus consultum Macedonianum

Beschluss des römischen Senats

Das Senatus consultum Macedonianum ist ein unter Vespasian im ersten Jahrhundert n. Chr. ergangener Beschluss des römischen Senats. Dieter Medicus vermutet, dass er 47 n. Chr. erlassen worden war.[1]

Der Rechtsakt regelte, dass an Haussöhne keine Darlehen ausgekehrt werden durften.[2] Hintergrund des Konsults war, dass Mitglieder des dem Familienoberhaupt unterworfenen Hausverbandes regelmäßig zwar geschäftsfähig, nicht aber rechtsfähig waren.[3] Außerdem waren sie regelmäßig vermögenslos.[4] Mit dem Beschluss sollte unterbunden werden, dass Gläubiger und gleichermaßen Schuldner des Gewalthabers auf dessen Tod spekulierten, weil das Hauskind nach Ableben des Hausherrn dann zur Rückgewähr des Darlehens imstande sein würde. Der Überlieferung nach, folgte der Beschluss einem aktuellen Anlass; ein Haussohn hatte seinen Vater getötet, weil er von eigenen Gläubigern bedrängt worden war.[5]

Zuwiderhandlungen wurden so geahndet, dass das Darlehen selbst nach dem Tod des Hausherrn nicht zurückgezahlt zu werden brauchte. Dabei stand nicht vornehmlich der Schutz des Haussohnes vor Übervorteilung im Vordergrund, vielmehr sollten die Hausherren selbst geschützt werden, die sich ansonsten aufdringlicher Gläubiger zu erwehren gehabt hätten.[6] Ausnahmen bildeten Mitgift-Bestellungen des Haussohnes. Sofern er diese für seine Tochter tätigte, lag das außerhalb des Anwendungsbereiches der Regel dann, wenn eine rechtzeitige Erreichbarkeit des Hausherrn nicht gewährleistet werden konnte[7] (Gedanke des „favor dotis“ = Vorrang der Aussteuer).[8] Musste die Normverletzung durch den judex erst bewiesen werden, gab der Prätor der exceptio SCti. Macedoniani (in Form einer Einrede) statt.

Nahezu zeitgleich erging ein weiteres Verbot, das Senatus Consultum Velleianum. Auch dieses Verbot regelte wirtschaftspolitische Familienangelegenheiten. Im Rahmen des SC Velleianum wurden die Gerichte dazu angehalten keine Verhandlungen zuzulassen, die gegen Frauen gerichtete Ansprüche zum Gegenstand hatten, wenn diese aus Verbindlichkeiten herrührten, die der Absicherung von gegen die Ehemänner gerichtete Forderungen dienten.[9]

Ausweislich der Forschungen Ernst Levys und Max Kasers soll Haussöhnen in der Spätantike eine begrenzte Selbständigkeit bei der Ausübung von Darlehensgeschäften zugestanden worden sein.[10] Kaser klassifiziert das SC Macedonianum gar als lex imperfecta, denn der Senat habe sich mit einem Verbotsausspruch[8] begnügt und über die Regelung zur Rückzahlungspflicht hinaus, keinerlei Sanktionen angeordnet.[11]

Unter Verweis auf eine pomponische Stelle in den iustinianischen Digesten,[12] deutet Kaser auf die zunehmende Bedeutung von Senatskonsulten hin. Er meint feststellen zu können, dass die aus republikanischen Zeiten so bedeutsamen leges, sehr streitig wurde die Frage der Durchsetzbarkeit von Senatuskonsulten (legis vicem optinere) diskutiert, funktionell letztlich wohl zurückgedrängt wurden. Unter Hadrian konnte mittels Senatuskonsulten gar in die Zwölftafelgesetzgebung eingegriffen werden (SC Tertullianum).[13]

Literatur Bearbeiten

Historische Dissertationen Bearbeiten

  • Albrecht Friedrich von Lempp: Observationes ad Senatus Consultum Macedonianum, respectu habito ad novum Codicem Borussicum. (Dissertation an der Universität Stuttgart 1789). Stuttgardiae: Typis Academicis, 1789.
  • Bernhard Heinrich Reinold, Johann Conrad Lang: Dissertatio Ivridica Inavgvralis Ad Senatvs-Consvltvm Macedonianvm = Römischer Rathschluß vom Darlehn an unmündige und unter väterlicher Gewalt stehende Personen. (Dissertation an der Universität Frankfurt/Oder 1717). Halae Magdebvrgicae: Sympherus, 1740.

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Dieter Medicus: Zur Urteilsberichtigung in der actio iudicati des Formularprozesses. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Romanistische Abteilung. Bd. 81, 1964, S. 233–292, hier S. 244 ff., doi:10.7767/zrgra.1964.81.1.233; auch: David Daube: Did Macedo murder his father? In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Romanistische Abteilung. Bd. 65, 1947, S. 261–311, hier S. 308 ff., doi:10.7767/zrgra.1964.81.1.233.
  2. Jakob Fortunat Stagl: Favor dotis. Die Privilegierung der Mitgift im System des römischen Rechts (= Forschungen zum römischen Recht. 53). Böhlau, Wien u. a. 2009, ISBN 978-3-205-78328-2, S. 193.
  3. Jan Dirk Harke: Römisches Recht. Von der klassischen Zeit bis zu den modernen Kodifikationen (= Grundrisse des Rechts.). Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57405-4, S. 75–79, § 6 Rnr. 4–10.
  4. Gustav Dietzel: Das Senatus consultum Macedonianum. Eine civilistische Monographie. Hirzel, Leipzig 1856, S. 16 (Digitalisat).
  5. Heinrich Honsell: Römisches Recht. 5., ergänzte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2001, ISBN 3-540-42455-5, S. 119.
  6. Max Kaser: Römisches Privatrecht (= Kurzlehrbücher für das juristische Studium.). Fortgeführt von Rolf Knütel. 18., überarbeitete und ergänzte Auflage. Beck, München 2005, ISBN 3-406-53886-X, I 532.
  7. Ulpian, Digesten 14,6,7,2.
  8. a b Ulpian, Digesten 14,6,1 pr.
  9. Dieter Medicus: Zur Geschichte des Senatus Consultum Velleianum (= Forschungen zum römischen Recht. 8, ZDB-ID 503908-3). Böhlau, Graz u. a. 1957, (Zugleich: Münster, Universität, Dissertation, 1956).
  10. Ernst Levy: Weströmisches Vulgarrecht. Das Obligationenrecht (= Forschungen zum römischen Recht. 7). Böhlau, Weimar 1956, S. 70 ff. (72); Max Kaser: Das römische Privatrecht (= Handbuch der Altertumswissenschaft. Abt. 10: Rechtsgeschichte des Altertums. Teil 3, Bd. 3). Abschnitt 1: Das altrömische, das vorklassische und das klassische Recht. 2., neu bearbeitete Auflage. Beck, München 1971, ISBN 3-406-01406-2, S. 607 und Abschnitt 2: Die nachklassischen Entwicklungen. 2., neu bearbeitete Auflage mit Nachträgen zum 1. Abschnitt. Beck, München 1975, ISBN 3-406-01429-1, S. 100 ff. (102 ff.), 106, 113, 125.
  11. Max Kaser: Über Verbotsgesetze und verbotswidrige Geschäfte im römischen Recht (= Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse. Sitzungsberichte. 312). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1977, ISBN 3-7001-0171-6, S. 31.
  12. Pomponius, Digesten 1,2,2,9.
  13. Max Kaser: Zur Problematik der römischen Rechtsquellenlehre. In: Max Kaser: Römische Rechtsquellen und angewandte Juristenmethode. Ausgewählte, zum Teil grundlegend erneuerte Abhandlungen (= Forschungen zum Römischen Recht. 36). Böhlau, Wien u. a. 1986, ISBN 3-205-05001-0, S. 9–41, hier S. 16 f. (unter Verweis auf Quellen der Hoch- und Spätklassiker Gaius und Ulpian).