Seenotrettungsstation Deutsche Bucht/Helgoland

Rettungswache für Seenotfälle in der Nordsee

Die Seenotrettungsstation Deutsche Bucht/Helgoland gehört zu den wichtigsten Stationen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) an der Nordsee. Daher hat die Gesellschaft stets sehr leistungsfähige Rettungseinheiten dort stationiert, um die Seenotrettung auf der Nordsee zu gewährleisten. Nach den größeren Motorrettungsbooten der Vorkriegszeit ist seit 1955 auf Helgoland ein Seenotrettungskreuzer stationiert, der wie alle Kreuzer von einer fest angestellten Besatzung geführt wird. Die Station erhielt damals den ersten Neubau eines Rettungskreuzers der Gesellschaft, die HERMANN APELT.[1]

Seenotrettungsstation Deutsche Bucht/Helgoland
Land Deutschland Deutschland
Stationsgebäude Westkaje 1081
27498 Helgoland (SH)
Stationsgründung 1892
Träger Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger
Seenotretter 15 Festangestellte
Freiwillige
Vormann Thilo Heinze
nächste SK-Station Cuxhaven DGzRS
Rettungseinheit
Schiffstyp Seenotrettungskreuzer
Schiffsname HERMANN MARWEDE
Schiffsklasse 46-Meter-Klasse
Besatzung 7 Personen
Tochterboot VERENA (II)
Liegeplatz Südhafen/Ostdamm
auf Station seit Juli 2003
vorige Station Neubau Fassmer-Werft, Berne
Stand @ 08/2022

Einsatzgebiet Bearbeiten

Helgoland liegt an der Schlüsselstelle des berüchtigten „nassen Dreiecks“ der Deutschen Bucht mit den Mündungen von Jade, Weser und Elbe. Rund 30 Kilometer (16 Seemeilen) westlich von Helgoland liegt die zu Niedersachsen gehörende Tiefwasserreede der Deutschen Bucht. Dort enden die zwei Verkehrstrennungsgebiete der Nordsee aus Richtung Westen und vereinigen sich zu einem der am stärksten befahrenem Großschifffahrtswege der Welt. Die Schiffe steuern nicht nur die Häfen von Wilhelmshaven, Bremerhaven und Hamburg an, sondern auch die Schleusen am Nord-Ostsee-Kanal in Brunsbüttel zur Weiterfahrt in die Ostsee.[1]

Die exponierte Lage in der Nordsee gestattet die Absicherung der deutschen Hoheitsgewässer mit der ausschließlichen Wirtschaftszone, die bis zu 400 Kilometer weit nach Nordwesten in die Nordsee reicht. Bei größeren Such- und Rettungseinsätzen werden von Helgoland aus die umliegenden Stationen zwischen Borkum und Sylt unterstützt:

Aktuelle Rettungseinheit Bearbeiten

Seit Juli 2003 liegt im Helgoländer Südhafen der große Seenotrettungskreuzer für die Nordsee HERMANN MARWEDE (H.M.). Das größte Schiff der DGzRS-Flotte und das einzige der 46-Meter-Klasse gilt als das größte Rettungsschiff der Welt. Wie alle Schiffe und Boote der DGzRS ist auch die H.M. als Selbstaufrichter gebaut und erreicht eine Geschwindigkeit von 25 Knoten. Die Treibstoffvorräte reichen bei Höchstgeschwindigkeit für Entfernungen bis zu 920 Seemeilen bzw. 1700 km oder für 36 Stunden Fahrzeit. Die drei Schiffsdieselmotoren leisten insgesamt 9250 PS oder 6800 kW.[2] Das in der Heckwanne einsatzbereit mitgeführte Tochterboot Verena (II) ist ein Festrumpfschlauchboot (Rigid Inflatable Boat/RIB) mit geschlossener Kajüte von 8,90 Meter Länge. Besonderheit von TB 36 ist der Antrieb über zwei Jetantriebe.

Gemäß ihrer Konzeption und Baugröße weist die H.M. unter Deck ausreichend Platz auf, um eine größere Anzahl Schiffbrüchige oder Sonderausrüstung aufzunehmen. Das Bordhospital ist medizinisch wie ein Rettungswagen an Land ausgestattet. Im Heck befindet sich über dem Tochterboot ein Hubschrauberarbeitsdeck, um das schnelle Ein- und Ausfliegen von Personen per Hubschrauber zu ermöglichen. Für Löscheinsätze sind drei Löschmonitore im Aufbau vorhanden und für Schleppeinsätze steht ein Schlepphaken von 25 Tonnen Tragkraft zur Verfügung.

Alarmierung Bearbeiten

Der Station stehen insgesamt 15 professionelle Seenotretter zur Verfügung, von denen jeweils sieben für 14 Tage ständig an Bord leben. Sie können bei Bedarf aus einem Pool von Freiwilligen verstärkt werden.[1] Die diensthabende Crew hört während ihrer Dienstzeit laufend den Schiffsfunk mit, um im Notfall sofort auslaufen zu können. Die Alarmierung erfolgt ansonsten durch die Zentrale der DGzRS in Bremen, wo die Seenotleitung Bremen (MRCC Bremen) ständig alle Alarmierungswege für die Seenotrettung überwacht.

Für ihre Einsatzkräfte besitzt die DGzRS am Hafen Helgoland ein Stationsgebäude an der Westkaje. Zum Wachwechsel der Besatzung steuert die H.M. alle zwei Wochen Cuxhaven an. Dabei können gleichzeitig Vorräte und Betriebsstoffe ergänzt oder zusätzliche Ausrüstung an bzw. von Bord genommen werden. Bei längerer Abwesenheit von der Station Helgoland wie z. B. bei einem Werftaufenthalt erfolgte bis 2021 eine größere Umstationierung von Kreuzern anderer Stationen, da die bis dato eingesetzten Springer (Kreuzer ohne feste Station) nicht über eine vollwertige Brücke verfügten. Bevorzugte Vertreterin war die HARRO KOEBKE, der große Ostseekreuzer von der Seenotrettungsstation Sassnitz.

Neben einem regulären festen Liegeplatz im Südhafen von Helgoland besteht noch ein Außenliegeplatz vor der Insel, um bei einem Seenotfall schneller an Ort und Stelle zu sein. Diese „Seeposition Deutsche Bucht“ gab der Station ihren Namen. Wegen der Zunahme des Seeverkehrs und zur Vorsorge für mögliche Katastrophenlagen auch in weiter entfernten Seegebieten sah man in den 1970er Jahren bei der DGzRS die Notwendigkeit für eine Beschaffung entsprechend leistungsfähiger Rettungseinheiten, die auch länger auf einer Seeposition liegen konnten.

Rettungseinheiten auf Helgoland Bearbeiten

Stationierung von Motorrettungsbooten
Zeitraum Schiffsname Länge
oder Klasse
Anz. Motoren
ges. Leistung
max.
Geschw.
vorige Station Verlegung
bzw. Verbleib
1913 → 1935 IRENE 11,0 Meter (H) 1 → 28 PS 8,0 kn Neubau Travemünde
1935 → 1945 DANIEL DENKER 15,0 Meter (H) 1 → 125 PS 9,5 kn Neubau Cuxhaven
1945 → 1952 kein Boot Station zerstört
1952 → 1954 MATTHÄUS MÖLLER 11,0 Meter (S) 1 → 80 PS 8,5 kn von Pellworm Reserveboot
1952 → 1955 RICKMER BOCK 14-m-Serie (S) 1 → 150 PS 8,5 kn von Amrum List
Stationierung von Seenotrettungskreuzern
1955 → 1965 HERMANN APELT 21,5-Meter 3 → 1.600 PS 17,5 kn Neubau ausgemustert
1965 → 1979 ADOLPH BERMPOHL 26-Meter-Klasse 3 → 2.400 PS 24,0 kn Neubau List/Sylt
1977 → 1988 HERMANN RITTER 44-Meter-Klasse 3 → 6.000 PS 26,0 kn Neubau ausgemustert
1978 → 2003 WILHELM KAISEN 44-Meter-Klasse 3 → 6.000 PS 26,0 kn Neubau Fehmarn
seit 2003 HERMANN MARWEDE 46-Meter-Klasse 3 → 9.250 PS 32,0 kn Neubau auf Station

Quellen: [3][4]

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Station Helgoland der DGzRS. In: seenotretter.de. Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, abgerufen am 24. Dezember 2020.
  2. 46-Meter-Seenotrettungskreuzer mit Tochterboot. In: seenotretter.de. Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, abgerufen am 24. Dezember 2020.
  3. Wilhelm Esmann: Die Rettungsboote der DGzRS von 1865–2004. Verlag H. M. Hauschild, Bremen 2004, ISBN 3-89757-233-8.
  4. Die Schiffe und Boote des Seenotdienstes der Luftwaffe und DGzRS auf luftwaffe-zur-see.de, abgerufen am 23. November 2021

Koordinaten: 54° 10′ 32,8″ N, 7° 53′ 32,9″ O