Schule für Nachrichtenwesen der Bundeswehr

Die Schule für Nachrichtenwesen Bundeswehr (SNBw; umgangssprachlich Nachrichtenschule der Bundeswehr; anfangs Schule G2/MAD dann bis Sommer 1959 G2/A2-Schule) bestand vom 4. März 1956 bis zum 31. Dezember 2002, war anfangs in Rengsdorf, ab Mitte Oktober 1958 in der ehemaligen Gendarmeriekaserne in Bad Ems (Rheinland-Pfalz) stationiert.[1]

Schule für Nachrichtenwesen der Bundeswehr
— SNBw —

Internes Verbandsabzeichen
Aktiv 4. März 1956 bis 31. Dezember 2002
Staat Deutschland Deutschland
Streitkräfte Bundeswehr
Standort Bad Ems

Aufgabe Bearbeiten

Die Schule führte die Ausbildung der Offiziere und Unteroffiziere mit Portepee des Militärischen Nachrichtenwesens (Führungsgrundgebiet 2) durch. An dieser fanden auch Lehrgänge und Einweisungen für die deutschen Militärattachés statt.[2] Der Militärische Abschirmdienst (MAD) bildete an der Schule sein Personal aus, bevor diese an die heutige Akademie für Verfassungsschutz (AfV) nach Swisttal-Heimerzheim verlegt wurde.

Gliederung Bearbeiten

Die Schule bestand im Grundsatz aus zwei Bausteinen, die die Ausbildung des Personals für den MAD und des Personals für das Militärische Nachrichtenwesen der Bundeswehr durchführten. Die Binnenstruktur dieser beiden Lehrgruppen wurde mehrfach verändert. 1960 bestand die Schule aus dem Kommandostab, der Gruppe ATP/ZLT (Ausbildung, Truppenversuch, Planung/Zentrale Lehrmittel und Technik), Lehrgruppe G2/A2, Lehrgruppe MAD, Lehrgruppe FND (Front-Nachrichtendienst; später Feld-Nachrichtendienst) und ab dem 1. August 1960 der Lehrgruppe PSK (Psychologische Kampfführung). Die Lehrgruppe PSK wurde zum 1. April 1961 selbständig und verlegte nach Bonn und 1965 als Schule der Bundeswehr für Psychologische Kampfführung (PSKSBw) nach Euskirchen.[3]

Im Frieden unterstand der Schule für Nachrichtenwesen Bundeswehr die Frontnachrichtenlehrkompanie 300 als Lehrtruppenteil, die damals die Soldaten der Feldnachrichtentruppe ausbildete und für deren Weiterentwicklung verantwortlich war.

Geschichte Bearbeiten

Ende Februar 1956 erließ das Bundesministerium der Verteidigung den Aufstellungsbefehl für eine „Lehrgruppe MAD“ in Rengsdorf. Diese kam in dem für Bundeswehrzwecke sanierte ehemalige Hotel „Rheinhöhe“ unter. Aufgebaut wurde sie vom ehemaligen Kapitän zur See Hans Meisner,[4][3] der zuvor stellvertretender Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz Bremen gewesen, 1955 zum MAD gewechselt und zum Regierungsdirektor ernannt worden war. Als Disziplinarvorgesetzter der Soldaten wurde ein „Dienstältester Offizier“ ernannt. Als Lehrkräfte wurde auch Personal der Unterabteilung IV J im BMVg, dem Vorgänger des heutigen Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD), nach Rengsdorf kommandiert sowie Angehörige deutscher Sicherheitsbehörden und befreundeter Dienste als Gastreferenten gewonnen.

Am 5. März 1956 wurde der erste MAD-Lehrgang vom damaligen Leiter, Gerhard Wessel, eröffnet. 21 Soldaten und Beamte bildeten das erste Stammpersonal. Im ersten Schuljahr konnten sechs MAD-Grundlehrgänge mit 200 Teilnehmern durchgeführt werden. Ebenfalls 1956 begann die Ausbildung von Sicherheitsoffizieren aller Teilstreitkräfte und Sicherheitsbeauftragten der Bundeswehrverwaltung. Im zweiten Schuljahr folgte der erste Lehrgang für Militärattachés. Im Sommer entstand eine eigene Lehrgruppe G2/A2 unter Leitung von Oberst i. G. Hans-Adolf von Blumröder. Die MAD-Lehrgruppe bildete weiterhin im Teilbereich Militärische Sicherheit aus. Zum 1. Oktober 1957 wurde die Lehreinrichtung, nach einer ersten Bezeichnung als Schule G2/MAD, in G2/A2-Schule umbenannt und bestand aus den beiden Lehrgruppen G2/A2 und MAD sowie der Gruppe Technik des MAD. Letztere wurde Anfang Januar 1959 aus der Lehrgruppe MAD herausgelöst und dem Schulkommandeur, später dem Schulstab unterstellt. Sie war dem BMVg unmittelbar unterstellt. Konrad Stephanus wurde erster Kommandeur.

Im Sommer 1959 erhielt die Schule die Bezeichnung „Schule für Nachrichtenwesen der Bundeswehr“ (SNBw). Die Lehrgruppe MAD erhielt über mehrere Umbenennungen im Sommer 1969 die Bezeichnung „Lehr- und Übungsgruppe MAD“. Im Oktober 1958 erfolgte der Umzug in die ehemalige Gendarmeriekaserne in Bad Ems. Sie folgte dort der Führungsakademie der Bundeswehr, die mit einem Vorbereitungsstab ab dem 3. Januar 1957 in Bad Ems aufgestellt wurde. Sie verlegte zum 1. Oktober 1958 nach Hamburg-Blankenese in die Liegenschaft des früheren Luftgaukommandos XI. Die Durchführung des Lehrbetriebs erforderte erhebliche Reparaturmaßnahmen in der von 1923 bis 1925 für französische Besatzungstruppen erbauten Anlage, die sich über den gesamten Nutzungszeitraum hinzogen. Umfangreiche Neu- und Umbauten kamen hinzu: ab 1967 ein neues Lehrsaalgebäude sowie ein Hochhaus zur Unterbringung der Lehrgangsteilnehmer.[5][3] Von 1964 bis 1967 war Armin Eck Schulkommandeur, bevor er Leiter des MAD wurde.[6]

Ende der 1960er Jahre umfasste die Schule 400 Mann Stammpersonal, davon über 60 Lehrkräfte. Zu dieser Zeit war die Schule voll verlegefähig.[3] Neben der Stabsgruppe, zu der eine Bibliothek mit 15 000 Büchern gehörte, arbeitete der Spezialstab mit einer Studiengruppe, einer technischen Gruppe, dem Sprachendienst und einem Archiv. Hinzu kamen die Lehrgruppe Militärischer Nachrichtendienst/Streitkräfte und die Lehr- und Übungsgruppe MAD. Die Lehr- und Übungsgruppe MAD meldete 1974 ihren 5000. Lehrgangsteilnehmer. Bis Ende 1976 wurden 92 Basislehrgänge für aktives Personal, 13 für Reservisten, 201 Speziallehrgänge, 20 Lehrgänge für Offizieranwärter des militärfachlichen Dienstes und für Stabsfeldwebel durchgeführt, an denen 27 000 Soldaten und zivile Angehörige der Bundeswehr teilnahmen. Zum 20-Jährigen Bestehen 1976 war Brigadegeneral Odo Ratza Schulkommandeur. In diesem Jahr wurde die Gruppe Technik wieder der Lehr- und Übungsgruppe MAD unterstellt.[7]

Im Jahr 1979 waren an der Schule 29 militärische und eine zivile Lehrkraft beschäftigt.[8] 1983 verlor Elmar Schmähling seinen Dienstposten als Chef des MAD, weil er eine außereheliche Affäre mit einer Sekretärin in der Schule für Nachrichtenwesen hatte.[9]

Am 21. Oktober 1983 wurde auf ein im Bau befindliches Gebäude der Schule ein Sprengstoffanschlag verübt. Gegen Mitternacht detonierte ein mit einem Kilogramm Sprengstoff gefüllter und mit einem Zeitzünder versehener Feuerlöscher. Neben dem Neubau wurden auch umliegende Häuser beschädigt, Personen kamen jedoch nicht zu Schaden. Ein anonymes Bekennerschreiben deutete auf das RAF-Umfeld oder die Revolutionären Zellen als Täter hin. Der Anschlag ähnelte einem auf ein amerikanisches Offizierkasino der Hahn Air Base.

Anfang 1984 bestand die Lehr- und Übungsgruppe MAD aus einem Grundlagendezernat, der Inspektion Nachrichtendienstliche Ausbildung und der Gruppe Nachrichtentechnik. Letztere gliederte sich in die Dezernate Elektrotechnik/Elektronik, Optik/Optronik und Chemie/Physik. Lehrgruppenkommandeur war Oberst Rudolf Reibold, später Kommandeur der MAD-Gruppe IV in Mainz[10] und im Anschluss als Brigadegeneral stellvertretender Amtschef des Amtes für den Militärischen Abschirmdienst.[5] In den 1990er Jahren war die Schule dem Streitkräfteamt unterstellt.

Zum 31. Dezember 2002 wurde die SNBw aufgelöst und zum 1. Januar 2003 in unveränderter Binnenstruktur und unverändertem Ausbildungsauftrag als „Lehrgruppe Militärisches Nachrichtenwesen der Bundeswehr“ in das Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr in Grafschaft-Gelsdorf eingegliedert.

Kommandeure Bearbeiten

Folgende Personen waren Kommandeure der Schule:[11][12]

Nr. Dienstgrad Name Berufung
1. Regierungsdirektor Hans Meisner 29.02.1956 bis 31.08.1957
2. Brigadegeneral Konrad Stephanus 01.09.1957 bis 31.03.1965
3. Brigadegeneral Armin Eck 01.04.1965 bis 31.03.1967
4. Brigadegeneral Heinrich Schumacher 01.04.1967 bis 30.09.1970
5. Brigadegeneral Friedrich Rosenauer[13] 01.10.1970 bis 30.09.1973
6. Oberst/Brigadegeneral Odo Ratza 01.10.1973 bis 31.03.1976
7. Brigadegeneral Theodor Hopf 01.04.1976 bis 31.03.1979
8. Brigadegeneral Karl-Horst Lessing 01.04.1979 bis 31.03.1982
9. Brigadegeneral Helmut Behrendt[14] 01.04.1982 bis 30.09.1983
10. Brigadegeneral Eberhard Lochmann 01.10.1983 bis 31.03.1987
11. Oberst/Brigadegeneral Peter Krüger 01.04.1987 bis 30.09.1993
12. Oberst Günter Wenger 01.10.1993 bis 30.09.1994
13. Oberst Jörg Rappke 01.10.1994 bis 30.09.1997
13. Oberst Jürgen Eigenbrod 01.10.1997 bis 30.06.2003

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Standortdatenbank der Bundeswehr. In: Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr. Abgerufen am 15. Februar 2024.
  2. Reinhard Bettzuege: Der Deutsche Militärattachédienst – Von den Anfängen der Bundeswehr bis heute. TUDpress, Dresden 2001, ISBN 3-938863-34-X (Online [PDF; abgerufen am 12. November 2019] Dissertation).
  3. a b c d Jürgen Eigenbrod: Die Bundeswehr im Standort Bad Ems. In: Verein für Geschichte/Denkmal- und Landschaftspflege e.V. Bad Ems (Hrsg.): Bad Emser Hefte. Band 570, 1 und 2, 2021, ISSN 1436-459X.
  4. Helmut R. Hammerich: „Stets am Feind!“ – Der Militärische Abschirmdienst (MAD) 1956–1990. 1. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2019, ISBN 978-3-525-36392-8, S. 212 f. (Kurzbiografie Meißners).
  5. a b Helmut R. Hammerich: „Stets am Feind!“ – Der Militärische Abschirmdienst (MAD) 1956–1990. 1. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2019, ISBN 978-3-525-36392-8, S. 86; 143–145.
  6. Helmut R. Hammerich: „Stets am Feind!“ – Der Militärische Abschirmdienst (MAD) 1956–1990. 1. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2019, ISBN 978-3-525-36392-8, S. 207.
  7. Helmut R. Hammerich: „Stets am Feind!“ – Der Militärische Abschirmdienst (MAD) 1956–1990. 1. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2019, ISBN 978-3-525-36392-8, S. 145–148.
  8. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten […] und der Fraktion der CDU/CSU – Drucksache 8/2785 – Einsatz ziviler Lehrkräfte an den Schulen der Bundeswehr. (PDF) In: 8. Deutscher Bundestag. 12. Juni 1979, abgerufen am 12. November 2019 (Drucksache 8/2960).
  9. Affären – E. kommt. In: Der Spiegel. Nr. 9, 1984, S. 34 (online).
  10. Wehrtechnik. Band 23, Nr. 1–5, 1991, S. 45 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. Reinhard Teuber: Die Bundeswehr 1955–1995. Militair-Verlag K.D. Patzwall, 1996, S. 28 (google.de [abgerufen am 13. Dezember 2020]).
  12. Schule für Nachrichtenwesen der Bundeswehr: Informationen zur Provenienz. In: invenio.bundesarchiv.de. Bundesarchiv, abgerufen am 2. Februar 2021.
  13. Rosenhauer, Friedrich. In: Bundesarchiv. Abgerufen am 12. November 2019.
  14. Bonn: Abgelöst. In: Die Zeit. 9. September 1983, abgerufen am 12. November 2019.