Der Schrödinger-Operator ist ein Operator aus der Quantenmechanik.[1] Er gibt eine vereinfachte Beschreibung einer nicht-relativistischen Bewegung eines quantenmechanischen Teilchens in einem äußeren Potential. Im relativistischen Fall ist es der Dirac-Operator.

Die negativen Eigenwerte des Schrödinger-Operators entsprechen den sogenannten gebundenen Zuständen, etwa Energien der Elektronen, die an einen Atomkern gebunden sind.

Die Spektraltheorie des Schrödinger-Operators ist seit 1950 aufgrund ihrer mathematischen Fülle und ihrer physikalischen Bedeutung intensiv entwickelt worden.[2]

Definition und Einführung Bearbeiten

Der Schrödinger-Operator für ein Quantensystem ist der lineare, partielle Differentialoperator

 

auf dem Raum der quadratintegrierbaren Funktionen  . Die Konstante   ist die reduzierte Masse des Systems und   ist das reduzierte Plancksche Wirkungsquantum. Die reellwertige Funktion   wird oft Potential genannt, der Laplace-Operator wird als Operator der kinetischen Energie bezeichnet. Diese Familie linearer Operatoren beschreibt für verschiedene Potentiale   verschiedene Quantensysteme.

Elemente des Hilbertraum  , die auch Wellenfunktionen genannt werden, stellen verschiedene Zustände des Systems dar. Die Zeitentwicklung einer Wellenfunktion für ein Quantensystem mit Schrödinger-Operator   wird beschrieben durch die Schrödingergleichung

 .

Für jeden vernünftigen Anfangswert des Systems   hat die Lösung der Schrödingergleichung die Gestalt

 ,

wobei die Abbildung   der Entwicklungsoperator für die Schrödingergleichung ist.

Eine Forderung aus der Quantenmechanik ist, dass

 

gilt. Eine weitere Forderung für die Eindeutigkeit von Lösungen der Schrödingergleichung ist, dass für alle  

 

gilt.

Beispiel Bearbeiten

Als Potential   betrachten wir das Coulombpotential:

 

wobei die Konstante   für die Kernladungszahl steht.

Durch dieses Potential können wasserstoffähnliche Atome bzw. Ionen modelliert werden, bei denen z. B. ein einzelnes Elektron an einen Atomkern gebunden ist.

Der Schrödinger-Operator   hat damit die Gestalt

 

Eigenschaften Bearbeiten

Dieser Abschnitt fasst einige Resultate des Schrödinger-Operators zusammen. Wichtige Aspekte des Schrödingeroperators sind dabei die Selbstadjungiertheit, das negative, das diskrete sowie das wesentliche Spektrum.

Wesentliche Selbstadjungiertheit Bearbeiten

Die Selbstadjungiertheit des Schrödinger-Operators ist eine notwendige und hinreichende Bedingung für die Existenz und Eindeutigkeit von Lösungen für das Cauchyproblem der Schrödingergleichung, die zudem die Forderungen (1) und (2) erfüllen. Die Frage, ob der Schrödinger-Operator zu einem gegebenen Potential V selbstadjungiert ist, ist nicht leicht zu beantworten.

  • Falls   und   halbbeschränkt nach unten auf   sind (das heißt, es gibt ein   mit   für alle  ), so ist   wesentlich selbstadjungiert auf  .
  • Falls   ist, wobei   der Raum lokal integrierbaren Funktionen ist, so ist   wesentlich selbstadjungiert auf  .
  • Falls   und reellwertig ist, so ist   selbstadjungiert mit  .
  • Falls   messbar ist mit   und   mit   für  ,   für  , so ist   selbstadjungiert auf  .

Diskretes Spektrum Bearbeiten

  • Falls   und  , so ist zu jedem   das Spektrum von   in   diskret.

Negatives Spektrum Bearbeiten

Aus obigem Resultat wissen wir, dass das negative Spektrum diskret ist: dennoch stellt sich die Frage, ob es überhaupt negative Eigenwerte gibt.

  • Für   mit  ,   und   hat der Schrödingeroperator mindestens einen negativen Eigenwert.
  • Sei  . Dann gibt es eine Konstante  , so dass für alle   die Abschätzung gilt
 ,
wobei   die Anzahl der negative Eigenwerte von   ist.

Wesentliches Spektrum Bearbeiten

  • Sei   das wesentliche Spektrum von  . Falls   selbstadjungiert ist, dann gilt:
  ist äquivalent dazu, dass es eine Weyl-Folge zu   und zu   gibt.
  • Falls   und  , dann ist  .

Literatur Bearbeiten

  • David Borthwick: Spectral Theory: Basic Concepts and Applications (= Graduate Texts in Mathematics. Band 284). Springer, Cham, Switzerland 2020, ISBN 978-3-03038001-4, doi:10.1007/978-3-030-38002-1 (englisch).
  • P. D. Hislop, I. M. Sigal: Introduction to Spectral Theory: With Applications to Schrödinger Operators (= J. E. Marsden, L. Sirovich, F. John [Hrsg.]: Applied Mathematical Sciences. Band 113). Springer New York, New York, NY 1996, ISBN 978-1-4612-6888-8, doi:10.1007/978-1-4612-0741-2 (englisch).
  • Hans L. Cycon (Hrsg.): Schrödinger operators: with applications to quantum mechanics and global geometry (= Texts and monographs in physics). Corr. and extended 2. print Auflage. Springer, Berlin Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-16758-7 (englisch).
  • Barry Simon: Schrödinger operators in the twentieth century. In: Journal of Mathematical Physics. Band 41, Nr. 6, Juni 2000, S. 3523–3555, doi:10.1063/1.533321 (englisch).

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. V. Bach: Schrödinger Operators. In: Encyclopedia of Mathematical Physics. Elsevier, 2006, ISBN 978-0-12-512666-3, S. 487–494, doi:10.1016/b0-12-512666-2/00214-5 (englisch, elsevier.com [abgerufen am 28. Juli 2022]).
  2. David Borthwick: Schrödinger Operators. In: Spectral Theory. Band 284. Springer International Publishing, Cham 2020, ISBN 978-3-03038001-4, S. 183–223, doi:10.1007/978-3-030-38002-1_7 (englisch, springer.com [abgerufen am 28. Juli 2022]).