Sara Brucker

deutsche Gynäkologin

Sara Yvonne Brucker (* 1974 in Gengenbach) ist eine deutsche Gynäkologin[1] und seit Oktober 2022 Ärztliche Direktorin der Universitäts-Frauenklinik Tübingen.[2]

Werdegang Bearbeiten

Sara Brucker wuchs in Hausach im Schwarzwald auf, wo sie die Grundschule und später das Gymnasium besuchte.[3] Von 1993 bis 2000 studierte sie Humanmedizin an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg, 1998 einige Monate an der Université Pierre et Marie Curie in Paris.[4] Sie promovierte 1999 in Freiburg mit dem Thema Präattentive visuelle Informationsverarbeitung bei Patienten mit Morbus Parkinson.[5]

Medizinische Laufbahn Bearbeiten

Nach dem Studium war Brucker an der Universitäts-Frauenklinik der Eberhard-Karls-Universität Tübingen als Ärztin im Praktikum tätig.[3] 2001 erhielt sie ihre Approbation als Ärztin und wurde darauffolgend Assistenzärztin an der Universitäts-Frauenklinik in Tübingen.[4][6] 2005 erhielt sie ihre Anerkennung als Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und wurde 2006 zur Oberärztin ernannt.[6] 2009 habilitierte sie sich mit dem Thema Die Vaginalaplasie: Aktuelle Diagnose- und Therapiekonzepte.[5][6] Im selben Jahr übernahm sie die Leitung für das Zentrum für seltene genitale Fehlbildungen im Zentrum für seltene Erkrankungen (ZSE) an der Universitäts-Frauenklinik in Tübingen.[4][7]

2011 bekam Brucker einen Ruf an die Universitätsfrauenklinik Salzburg, 2013 an die Universitätsfrauenklinik Würzburg. Sie lehnte jedoch beide Rufe ab.[4][8] 2013 schloss sie eine fakultative Weiterbildung im Bereich spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin sowie spezielle operative Gynäkologie ab.[5] Ab 2014 war sie Ärztliche Direktorin des Forschungsinstituts für Frauengesundheit (FFG) am Department für Frauengesundheit an der Universität Tübingen und zudem stellvertretende Ärztliche Direktorin der Universitäts-Frauenklinik Tübingen.[4][6] Das Tübinger Forschungsinstitut für Frauengesundheit ging 2005 aus dem Institut für Frauengesundheit (IFG) hervor.[9] Die Gründung des Forschungsinstituts entstand auf Initiative der Landesregierung Baden-Württemberg und mit finanzieller Unterstützung der Landesstiftung.[10] Unter der Leitung von Brucker liegt der Schwerpunkt des Forschungsinstituts in der Aufklärungs- und Präventionsarbeit von Frauen in den Bereichen Schwangerschaftsabbruch, Verhütung, Brustkrebs und Blasenschwäche. Junge Frauen werden von Brucker und ihren Kollegen über die Folgen des Rauchens und falscher Ernährung sowie über die Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten aufgeklärt, bei älteren Frauen überwiegt die Beratung über die Behandlung von Osteoporose und Hormonersatztherapie.[9]

2016 übernahm Brucker als erste Frau die Kongresspräsidentschaft des 61. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe.[11] 2018 wurde sie zur Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Senologie gewählt.[6] Im selben Jahr wurde die Medizinerin Geschäftsführende Ärztliche Direktorin am Department für Frauengesundheit der Universitäts-Frauenklinik Tübingen.[6]

Seit dem 1. April 2022 ist Brucker Direktorin des Tumorzentrums Comprehensive Cancer Center (CCC) Tübingen-Stuttgart, in dem sie bereits seit 2014 Mitglied im geschäftsführenden Vorstand war.[6] Im Oktober 2022 wurde sie als erste Frau zur Ärztlichen Direktorin an die Universitäts-Frauenklinik Tübingen berufen. Sie trat die Nachfolge von Diethelm Wallwiener an.[4][2]

Klinische Schwerpunkte und Forschung Bearbeiten

Klinische Schwerpunkte Bruckers sind die operative Gynäkologie, die Gynäkoonkologie sowie die Senologie.[2] Am Zentrum für seltene genitale Fehlbildungen der Universitäts-Frauenklinik Tübingen operiert Brucker Frauen, die am Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (MRKHS) leiden und ohne Gebärmutter geboren wurden.[12] Hierfür entwickelte die Ärztin eine eigene Operationsmethode.[2]

Unter der gynäkologischen Leitung von Brucker initiierte das Forschungsinstitut für Frauengesundheit frauenspezifische Forschungsprojekte zu Osteoporose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.[10]

Für das interdisziplinäre S3-Leitlinienprogramm, das die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms definiert, vertrat Brucker im Juni 2021 in mehreren Arbeitsgruppen als 1. Mandatsträgerin die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG).[13] Bei der Ausarbeitung des S3-Leitlinienprogramms „Endometriumkarzinom“ fungierte Brucker im September 2022 für die DGGG erneut in derselben Funktion.[14]

Brucker ist verantwortliche Herausgeberin der Zeitschrift Senologie der Thieme Gruppe, in der über die Vorsorge, Behandlung und Nachsorge von Brusterkrankungen berichtet wird.[15][16]

Sara Brucker hat einen h-Index von 60.[17]

Uterustransplantationen Bearbeiten

Sara Brucker ist die erste und bislang einzige Medizinerin, die in Deutschland Uterustransplantationen durchführt.[18] Mit ihrem Team nahm sie im Oktober 2016 die erste Uterustransplantation bei einer an MRKHS leidenden Frau vor.[4][19] Seitdem folgten weitere.[19][20] Am 23. Mai 2019 wurde bekannt, dass zwei Frauen, denen von Brucker und ihrem Team an der Universitäts-Frauenklinik Tübingen die Gebärmütter ihrer jeweiligen Mütter transplantiert wurden, mit Hilfe der gespendeten Organe Kinder zur Welt gebracht haben.[21] Seit April 2020 ist die Tübinger Frauenklinik nach Prüfung durch das baden-württembergische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration vom Landeskrankenhausausschuss offiziell als erstes deutsches Gebärmutter-Transplantationszentrum anerkannt.[22][23]

Bis Oktober 2021 wurde bei fünf Frauen der Eingriff vorgenommen, vier davon haben Kinder zur Welt gebracht, bei einer Frau misslang die Transplantation.[18]

2023 übernahm Brucker die Präsidentschaft der International Society of Uterus Transplantation.[24]

Mitgliedschaften Bearbeiten

Auszeichnungen Bearbeiten

  • 2003: Forschungspreis für junge Wissenschaftler der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Endoskopie[5]

Bibliografie (Auswahl) Bearbeiten

  • Diethelm Wallwiener, Sven Becker, Umberto Veronesi, Markus Hahn, Matthias W. Beckmann, Sara Y. Brucker, Susan E. Clare, Klaus Friese, Walter Jonat: Atlas of Breast Surgery. Thieme, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-13-199781-4.
  • Diethelm Wallwiener, Eva-Maria Grischke, Sara Brucker, Florin-Andrei Taran, Gunther Bastert (Hrsg.): Gynäkologische Onkologie. Schattauer Verlag, 2017, ISBN 3-7945-2415-2.
  • Sara Y. Brucker, Elisabeth Simoes, Diethelm Wallwiener, Klaus Doubek, Anton Scharl: Frauengesundheit - Frauenmedizin: Fachübergreifend und kompakt. München 2023, ISBN 978-3-437-06057-1.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d Curriculum vitae | Dr. med. Sara Yvonne Brucker. (PDF) Abgerufen am 7. April 2023.
  2. a b c d Raphaela Weber: "Die Nachwuchsförderung im Blick", in: Reutlinger General-Anzeiger, 25. Januar 2023, abgerufen am 24. Mai 2023.
  3. a b Maria Benz: Ärztin aus Hausach leitete erste Gebärmuttertransplantation. In: baden online. 17. Januar 2017, abgerufen am 7. April 2023.
  4. a b c d e f g Raphaela Weber: Mit Professorin Sara Brucker leitet erstmals eine Frau die Tübinger Uni-Frauenklinik. In: Reutlinger General-Anzeiger. 25. Januar 2023, abgerufen am 6. April 2023.
  5. a b c d e f Prof. Dr. med. Sara Y. Brucker. Universität Stuttgart, abgerufen am 6. April 2023.
  6. a b c d e f g Tübinger Tumorzentrum unter neuer Leitung: Mit Sara Brucker ist erstmals eine Frau an der Spitze des CCC Tübingen-Stuttgart. In: Universitätsklinikum Tübingen: Das Klinikum. Universitätsklinikum Tübingen, 8. April 2022, abgerufen am 9. Juni 2023.
  7. a b Sara Brucker | QASDG Member. (PDF) In: europa.eu. Abgerufen am 7. April 2023.
  8. In der Männerwelt der Frauenheilkunde erfolgreich (Memento vom 26. April 2019 im Internet Archive; Schwäbisches Tagblatt vom 25. Februar 2012)
  9. a b Ines Stöhr: "Es gibt noch zu viele Tabuthemen", in: Reutlinger General-Anzeiger, 11. Juli 2015, abgerufen am 24. Mai 2023.
  10. a b Hildegard Kienzle: "Frauen sind anders krank: Baden-Württemberg hat nun Frauengesundheitszentrum", in: Stuttgarter Nachrichten, 28. Dezember 2005, abgerufen am 24. Mai 2023.
  11. Ein neuer Teilnehmerrekord spiegelt die Begeisterung für das Fach. In: gynkongress. DGGG, 2016, abgerufen am 14. Juni 2023.
  12. Berya Yildiz Inci: "Leben ohne Gebärmutter", in: Reutlinger General-Anzeiger, 3. Februar 2022, abgerufen am 25. Mai 2023.
  13. Office des Leitlinienprogrammes Onkologie (Hrsg.): Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms. Langversion 4.4. Berlin Juni 2021, S. 17.
  14. Office des Leitlinienprogrammes Onkologie (Hrsg.): S3-Leitlinie Endometriumkarzinom. Langversion 2.0. Berlin September 2022, S. 15.
  15. Senologie – Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie. In: Deutsche Gesellschaft für Senologie. Deutsche Gesellschaft für Senologie e. V., abgerufen am 25. Mai 2023.
  16. Herausgeber / Beirat. In: Thieme: Senologie. Georg Thieme Verlag KG, 2023, abgerufen am 9. Juni 2023.
  17. Sara Y. Brucker. In: Google Scholar. Abgerufen am 7. April 2023.
  18. a b Eva Schläfer: Immer wieder Leben schenken. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. 3. Oktober 2021, S. 15.
  19. a b Eva Richter-Kuhlmann: Uterustransplantation: Langer Weg zum eigenen Kind. In: Deutsches Ärzteblatt. Nr. 5/2023 (aerzteblatt.de [abgerufen am 7. April 2023]).
  20. Hoffnung auf ein eigenes Kind (Memento vom 26. April 2019 im Internet Archive; Universitätsklinikum Tübingen, Februar 2017 (PDF))
  21. Universitäts-Frauenklinik in Tübingen: Zwei Kinder nach Gebärmutter-Transplantation geboren. In: Stuttgarter Zeitung. Stuttgarter Zeitung Verlagsgesellschaft mbH, 23. Mai 2019, abgerufen am 25. Mai 2023.
  22. In Deutschland einzigartig: Tübinger Ärztin transplantiert Gebärmütter. Südwestrundfunk, 14. Oktober 2021, abgerufen am 6. April 2023.
  23. Eva Schäfer: "Immer wieder Leben schenken", in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3 . Oktober 2021, abgerufen am 25. Mai 2023.
  24. Board of Directors: Executive Committee. In: The Transplantation Society. International Society for Uterus Transplantation, abgerufen am 9. Juni 2023 (englisch).
  25. Universitätsklinikum Tübingen. In: AGE: Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Endoskopie. Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Endoskopie e.V., abgerufen am 24. Mai 2023.
  26. Der Vorstand des Fördervereins des ZSE Tübingen. In: Förderverein: Zentrum für Seltene Erkrankungen Tübingen e.V. Förderverein Zentrum für seltene Erkrankungen Tübingen, abgerufen am 25. Mai 2023.
  27. Birgit-Kristin Pohlmann: "St.-Gallen-Konsensuskonferenz: Wie viel Behandlung brauchen Patientinnen mit frühem Brustkrebs?", in: Ärzte Zeitung, 26. Mai 2017, abgerufen am 25. Mai 2023
  28. Two healthy children after first uterine transplantations in Germany have been born. In: Universitätsklinikum Tübingen. Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Tübingen, 2023, abgerufen am 24. Mai 2023 (englisch).
  29. Newsweek: WBSPH 2024 - Obstetrics & Gynecology. 13. September 2023, abgerufen am 18. Oktober 2023 (englisch).