Sankt Kastl

Ortsteil von Reichertshofen

Sankt Kastl ist ein Weiler im oberbayerischen Markt Reichertshofen und ein katholischer Wallfahrtsort. Der kleine Ort besteht aus vier Anwesen, einer ehemaligen Gaststätte und zwei Kirchengebäuden.

Sankt Kastl
Koordinaten: 48° 38′ N, 11° 32′ OKoordinaten: 48° 37′ 44″ N, 11° 31′ 45″ O
Postleitzahl: 85084
Vorwahl: 08446
Links die Kapelle, rechts die Kirche St. Kastulus
Links die Kapelle, rechts die Kirche St. Kastulus
Wallfahrtskirche St. Kastulus
Barocke Kapelle

Wallfahrt Bearbeiten

Um 1037 brachte Walperich von Fahlenbach von einer Kreuzfahrt eine Reliquie des heiligen Castulus hierher. St. Kastulus wird als Patron der Bauern und Hirten verehrt. Dieser Walperich von Fahlenbach war vermutlich ein Gefolgsmann der mächtigen Grafen von Moosburg, deren Hauskloster ebenfalls St. Kastulus geweiht war. Bei St. Kastl gab es vermutlich noch eine Burg oder einen Herrenhof. Das unterhalb St. Kastl gelegene Dorf Stöffl – abgeleitet vom Namen des Kirchenheiligen Stephanus – entstand wahrscheinlich aus diesem Hof und war bis zum Dreißigjährigen Krieg, als Stöffl völlig zerstört wurde, ein Verwaltungsmittelpunkt. Diese Funktion wurde dann vom Markt- und Gerichtsort Reichertshofen übernommen.

Seit 1447 steht auf einer Rodungsinsel zwischen Langenbruck und Rohrbach die spätgotische Wallfahrtskirche St. Kastulus. Aber bereits zuvor dürfte an dieser Stelle eine ältere Kirche gestanden haben.

Der Hochaltar dieser Saalkirche stammt aus dem Jahr 1671, enthält aber Elemente des Vorgängeraltars von etwa 1500. Die Seitenaltäre stammen aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Von den Votivtafeln an den Seitenwänden trägt das älteste die Jahreszahl 1686. 2004 wurde die Kirche aufwändig renoviert.

Die eigentliche Wallfahrtskapelle in unmittelbarer Nachbarschaft stammt aus dem 17. Jahrhundert, ist im Stil des Barock erbaut und wesentlich kleiner als St. Kastulus.

Orgel Bearbeiten

Die heutige Orgel der Kirche St. Kastulus wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts erbaut und verfügt über 9 Register. Der Spieltisch wurde mit Blick zum Altar aufgestellt. Die Windzufuhr zu der mechanischen Kegellade kann sowohl über den Gebläsemotor als auch über einen Kalkantentritt erfolgen. Auf ein Manual und Pedal verteilen sich die folgenden 9 Register:

Manual C–g3
Prinzipal 8'
Gedackt 8'
Gambe 8'
Salicional 8'
Oktav 4'
Flöte 4'
Mixtur III 22/3'
Pedal C–f1
Subbass 16'
  • Koppeln: I/P
  • Spielhilfen: 1 Tritt (Sekundprinzipal (!), durchkoppelnd)

Glocken Bearbeiten

Nr.
 
Name
 
Gussjahr
 
Gießer
 
Schlagton
 
1 unbekannt 1899 Georg Bachmair, Ingolstadt ~as1
2 unbekannt 1478 „maister V“ ~es2

Profanes Bearbeiten

  • Im Kirchturm, in etwa 20 Meter Höhe, steckt eine Kanonenkugel von der Schlacht am Kastlberg von 1796, erkennbar als schwarzer Fleck.[1]
  • 1925 wurde auf dem Kastlberg eine Unterkunft für den Alpenverein Ingolstadt errichtet, die sich im Lauf der Jahre zu einem Gasthof für Pilger entwickelte.
  • Beim Bau der Bundesautobahn 9 von München nach Berlin errichtete man auf Höhe des Wallfahrtsensembles einen Parkplatz mit direktem Zugang zu Kirche und Kapelle. Der Parkplatz wurde mittlerweile aufgelassen.

Sankt-Kastl-Linde Bearbeiten

Östlich der Kirche befindet sich der Überrest der so genannten St.-Kastl-Linde, einer Sommerlinde, die ein geschätztes Alter von 400 bis 500 Jahren erreicht haben soll. Hier ist der Legende nach der Heilige Kastulus einem Hirten erschienen und soll dessen krankes Vieh geheilt haben. Nach einem Unwetter ist die Linde zur Seite gekippt und teilweise zerbrochen.[2] Ihr abgestorbener Stamm liegt als Baumruine an der Stelle, auf die er bei dem damaligen Unwetter gestürzt ist, jedoch treiben unter dem Totholzbiotop neue Lindentriebe aus (Stand 2022).

Denkmallisten Bearbeiten

Gemeindezugehörigkeit Bearbeiten

Sankt Kastl war ein Ortsteil der Gemeinde Langenbruck, die sich am 1. Juli 1972 mit allen Ortsteilen der Marktgemeinde Reichertshofen anschloss.

Literatur Bearbeiten

  • Georg Brenninger, Wallfahrtskirche St. Kastl bei Langenbruck, München 1991
  • Martin Sedlmeier: St. Castulus und der Kastlberg. D'Hopfakirm, Nr. 15, Heimatkundliche Schriftenreihe des Landkreises Pfaffenhofen an der Ilm, 1990
  • Ensemble Sankt Kastl. In: Jolanda Drexler-Herold, Angelika Wegener-Hüssen: Landkreis Pfaffenhofen a. d. Ilm (= Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]: Denkmäler in Bayern. Band I.19). Karl M. Lipp Verlag, München 1992, ISBN 3-87490-570-5, S. 226–227.
  • Die Linde von St. Kastl. In: Reinhard Haiplik: Geheimnisvolle Plätze in der Hallertau. Galli Verlag, 4. Auflage von 2015, Hohenwart, ISBN 978-3-936990-48-5, S. 79–82.
  • Die Kastulus-Wallfahrt. In: Petra Becker: Das große Hallertau-Buch. 2008, ISBN 978-3-86037-362-0, S. 105.
  • Wallfahrt zum heiligen Castulus auf dem Kastlberg. In: M. Sedlmeier: Wallfahrten im Landkreis Pfaffenhofen. Herausgeber: Landkreis Pfaffenhofen a. d. Ilm, 2002, S. 32–33.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Sankt Kastl – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Claudia Lodermeyer: Ein kleine Erinnerung an den Krieg: Im Turm der Wallfahrtskirche St. Kastl in der Hallertau steckt eine Kanonenkugel aus dem 18. Jahrhundert. In: Pfaffenhofener Kurier. Wochenendausgabe vom Samstag/Sonntag, den 3. und 4. November 2018, S. 14 (in der Rubrik: Bayern und Region)
  2. Linde bei St. Kastl. In: Baumregister, www.baumkunde.de. 11. Juni 2022;.