Rote Liste der Brutvögel Deutschlands

eine Rote Liste der in Deutschland gefährdeten Brutvögel

Die Rote Liste der Brutvögel Deutschlands ist eine Rote Liste der in Deutschland gefährdeten Brutvögel. Sie wird vom Nationalen Gremium Rote Liste Vögel im Auftrag des Deutschen Rats für Vogelschutz herausgegeben und liegt aktuell in der 6. Fassung vom 30. September 2020 vor.[1][2]

Gremium Bearbeiten

Das „Nationale Gremium Rote Liste Vögel“ ist ein vom Deutschen Rat für Vogelschutz e. V. (DRV) eingesetztes Gremium, welches die Rote Liste der Vögel Deutschlands eigenständig erstellt. Es setzt sich aus Vertretern des DRV, der Länderarbeitsgemeinschaft der Staatlichen Vogelschutzwarten (LAG-VSW), der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft e. V. (DO-G), des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten e. V. (DDA), der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Vogelwarten und des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) zusammen.

Rote Liste der Brutvögel Deutschlands (2020) Bearbeiten

 
Kategorisierung des BfN zur Erstellung einer Roten Liste für Gebiete in Deutschland[3]

Die sechste Fassung der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands wurde am 30. September 2020 fertiggestellt, erschien im Juni 2021 und ersetzt die Vorgängerliste aus dem Jahr 2015.[1][4] Seit 2007 wird hierfür die „Methodische Anleitung zur Erstellung Roter Listen gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze“ genutzt.[5][6]

Von den 259 Brutvogelarten der Kategorie IB („Einheimische Vogelarten, die regelmäßig, d. h. in mindestens fünf aufeinander folgenden Jahren und ohne Zutun des Menschen in Deutschland gebrütet haben (einheimische etablierte Brutvogelarten)“) werden 133 Arten schlechter als in der Kategorie * (Ungefährdet) eingestuft. Da jedoch die Kategorie V (Vorwarnliste) nicht regulärer Teil der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands ist, werden auf ihr 112 Arten, also 43,2 % in eine Gefährdungskategorie eingestuft.[1]

Kategorie 0 – Ausgestorben oder verschollen Bearbeiten

 
Im 17. Jahrhundert starben die Waldrappe in Mitteleuropa aufgrund intensiver Bejagung aus, werden aber in einer Reihe von Programmen ausgewildert.

„Arten, die im Bezugsraum verschwunden sind oder von denen keine wild lebenden Bestände mehr bekannt sind. Sie sind entweder nachweisbar ausgestorben oder verschollen, das heißt, aufgrund vergeblicher Nachsuche über einen längeren Zeitraum besteht der begründete Verdacht, dass ihre Brutbestände erloschen sind.“[1]

Kategorie 1 – Vom Aussterben bedroht Bearbeiten

 
Die beiden bedeutendsten Brutkolonien der Brandseeschwalbe in der Deutschen Bucht befinden sich auf der unbewohnten Hallig Norderoog und der Insel Trischen
 
Die seit etwa 50 Jahren immer kleiner werdenden Brutvorkommen des Rotkopfwürgers in Mitteleuropa sind mittlerweile weitgehend erloschen.

„Arten, die so schwerwiegend bedroht sind, dass sie in absehbarer Zeit aussterben, wenn die Gefährdungsursachen fortbestehen. Ein Überleben im Bezugsraum kann nur durch Beseitigung der Ursachen oder wirksame Schutz- und Hilfsmaßnamen für die Restbestände dieser Arten gesichert werden.“[1]

Kategorie 2 – Stark gefährdet Bearbeiten

 
Kiebitze sind Bodenbrüter; ihre Eier galten früher als Delikatesse. 2015 wurde die Art auf die Internationale Rote Liste gefährdeter Vogelarten gesetzt.

„Arten, deren Brutbestände erheblich zurückgegangen sind oder die durch laufende bzw. absehbare menschliche Einwirkungen erheblich bedroht sind. Wird die akute Gefährdung der Art nicht abgewendet, rückt sie voraussichtlich in die Kategorie „Vom Aussterben bedroht“ auf.“[1]

Kategorie 3 – Gefährdet Bearbeiten

 
Die Feldlerche bewohnt nicht zu feuchte, weiträumige Offenflächen mit niedriger und gerne lückenhafter Vegetation aus Gräsern und Kräutern. In Mitteleuropa ist sie weitgehend an landwirtschaftlich genutzte Flächen gebunden, die Hauptbruthabitate sind gedüngte Wiesen, Weiden und Äcker.
 
Der Bestand des Stares nahm bis Mitte des 20. Jahrhunderts zusammen mit dem Grünland und Obstkulturlandschaften zu. Seitdem geht er wegen der Reduktion von Weideflächen, dem vermehrten Pestizideinsatz und klimatischen Ursachen zurück.

„Arten, deren Brutbestände merklich zurückgegangen oder die durch laufende bzw. absehbare menschliche Einwirkungen bedroht sind. Wird die aktuelle Gefährdung der Art nicht abgewendet, rückt sie voraussichtlich in die Kategorie „Stark gefährdet“ auf.“[1]

Kategorie R – Arten mit geografischer Restriktion in Deutschland Bearbeiten

„Extrem seltene bzw. sehr lokal vorkommende Arten, deren Brutbestände in der Summe weder lang- noch kurzfristig abgenommen haben und die auch nicht aktuell bedroht, aber gegenüber unvorhersehbaren Gefährdungen besonders anfällig sind.“[1]

Kategorie V – Vorwarnliste Bearbeiten

„Arten, deren Brutbestände merklich zurückgegangen sind, die aber aktuell noch nicht gefährdet sind. Bei Fortbestehen von bestandsreuzierenden Einwirkungen ist in naher Zukunft eine Einstufung in die Kategorie „Gefährdet“ wahrscheinlich.“[1]

Kategorie * – Ungefährdet Bearbeiten

„Arten werden als derzeit nicht gefährdet angesehen, wenn ihre Brutbestände zugenommen haben, stabil sind oder so wenig zurückgegangen sind, dass sie nicht mindestens in Kategorie V eingestuft werden müssen.“[1]

In der 6. Fassung der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands sind neun Arten, die zuvor mindestens in Kategorie V geführt wurden, nun ungefährdet.

In der 5. Fassung noch in Kategorie R „Extrem selten“:

In der 5. Fassung noch in Kategorie V „Vorwarnliste“:

Vorherige Fassungen Bearbeiten

Rote Liste 0 1 2 3 R V * Quellen
2. Fassung, 1996 16 25 24 21 27 18 125 [7][8]
3. Fassung, 2002 16 26 28 11 29 31 113 [9][8]
4. Fassung, 2007 16 30 24 14 26 21 129 [10]
5. Fassung, 2015 13 29 19 27 30 18 125 [11]
6. Fassung, 2020 14 33 18 24 23 21 126 [4]

Andere Rote Listen Bearbeiten

Neben der Liste der Brutvögel wurde eine allgemeinere Rote Liste der Vögel erstmals 1971 aufgestellt. Diese geht auf eine Idee des Braunschweiger Ornithologen Rudolf Berndt zurück.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e f g h i j Torsten Ryslavy, Hans-Günther Bauer, Bettina Gerlach, Ommo Hüppop, Jasmina Stahmer, Peter Südbeck & Christoph Sudfeldt: Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 6. Fassung. In: Deutscher Rat für Vogelschutz (Hrsg.): Berichte zum Vogelschutz. Band 57, 30. September 2020.
  2. Vögel (Aves). In: Rote-Liste-Zentrum. Abgerufen am 15. Oktober 2020.
  3. Gerhard Ludwig, Heiko Haupt, Horst Gruttke und Margret Binot-Hafke: Methodik der Gefährdungsanalyse für Rote Listen. In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Naturschutz und Biologische Vielfalt. Münster 2009 (bfn.de [PDF]).
  4. a b Rote Liste der Brutvögel Deutschlands 2020 - NABU. In: nabu.de. Abgerufen am 4. Juli 2021.
  5. Gerhard Ludwig, Heiko Haupt, Horst Gruttke und Margret Binot-Hafke: Methodische Anleitung zur Erstellung Roter Listen gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze. In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): BfN-Skripten. Bonn-Bad Godesberg 2006 (bfn.de [PDF]).
  6. siehe Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands#Kategorisierung
  7. Witt, K., H.-G. Bauer, P. Berthold, P. Boye, O. Hüppop & W. Knief: Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 2. Fassung. In: Deutscher Rat für Vogelschutz (Hrsg.): Berichte zum Vogelschutz. Band 34, 1. Juni 1996, S. 11–35. PDF 1,9 MB
  8. a b Peter Südbeck, Hans-Günther Bauer, Martin Boschert, Peter Boye, Wilfried Knief: Rote Liste der Brutvögel Deutschlands. 4. Fassung, 30. November 2007. (PDF 1,9 MB) Nationales Gremium Rote Liste Vögel, 6. November 2008, S. 49, abgerufen am 11. Juli 2021.
  9. Bauer, H.-G., P. Berthold, P. Boye, W. Knief, P. Südbeck & K. Witt: Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 3. Fassung. In: Deutscher Rat für Vogelschutz (Hrsg.): Berichte zum Vogelschutz. Band 39, 8. Mai 2002, S. 13–60.
  10. Peter Südbeck, Hans-Günther Bauer, Martin Boschert, Peter Boye, Wilfried Knief: Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung. In: Deutscher Rat für Vogelschutz (Hrsg.): Berichte zum Vogelschutz. Band 54, 30. November 2007, S. 23–81 (drv-web.de [PDF]).
  11. Christoph Grüneberg, Hans-Günther Bauer, Heiko Haupt, Ommo Hüppop, Torsten Ryslavy, Peter Südbeck: Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 5 Fassung. In: Deutscher Rat für Vogelschutz (Hrsg.): Berichte zum Vogelschutz. Band 52, 30. November 2015. PDF 1,2 MB