Richtstätte

Ort, an dem ein Verurteilter hingerichtet wird

Eine Richtstätte, auch Richtplatz, Richtstatt, Enthauptungsstätte, Hauptstatt oder Hauptstätte genannt, war früher ein Ort, an dem ein Verurteilter hingerichtet wurde.[1] Die Begriffe standen früher auch für den Ort, an dem Gericht gehalten wurde.[2]

Die Luzerner Richtstätte 1495
Richtplatztafel aus Chur, Jahr 1837

Für eine öffentliche Hinrichtung wurde das erhöhte Schafott genutzt. Für eine aufgemauerte Anlage war die volkstümliche Bezeichnung Rabenstein üblich.[3][4] Die Bezeichnung bezieht sich angeblich auf die Anwesenheit von zahlreichen Raben an der Richtstätte.[5]

Beschreibung Bearbeiten

Die Richtstätte befand sich zumeist außerhalb von Ortschaften an auffälliger Stelle, zum Beispiel an einer Wegkreuzung oder auf einem Hügel. Dort wurde weithin sichtbar der Galgen aufgestellt. Auch andere Hinrichtungsarten waren üblich. Gelegentlich wurde durch eine Richtplatztafel auf die Richtstätte hingewiesen.

Der Weg zum Richtplatz war oft ein indirekter Teil der Bestrafung, der Verurteilte wurde den Schaulustigen präsentiert oder mit einem Pferd zum Richtplatz geschleift. Nach der Hinrichtung ließ man die Hingerichteten zur Abschreckung teils bis zur Verwesung am Galgen hängen. Hingerichtete wurden in ungeweihter Erde begraben, oft direkt in der näheren Umgebung zum Galgen.

Vielerorts hat sich der Richtplatz in Flurnamen erhalten, zum Beispiel Galgenberg oder Galgenacker oder – in der Rumantschia in der Schweiz – die Fuorcha.

Ausgrabungen auf Richtplätzen Bearbeiten

Umfangreichere Grabungskampagnen auf deutschen mittelalterlichen Richtstätten sind bislang 2010 auf dem Galgenhügel bei Alkersleben als Richtplatz des 10. bis 12. Jahrhunderts sowie 2014 und 2018 auf dem Galgenberg bei Bad Belzig erfolgt.[6][7] Funde sind auch in Hessisch Lichtenau (Richtplatz um 1300), auf dem Galgenhügel in Neuss, in Perleberg (Grabung) sowie in Groß-Pankow (geräderte Person aufgefunden) gemacht worden. In Bad Belzig wurden 13 Bestattete und etliche Einzelknochen gefunden.[8]

Sonstiges Bearbeiten

2009 waren die Richt- und Gerichtsstätten in Deutschland vom Bund Heimat und Umwelt (BHU) als „Kulturdenkmäler des Jahres“ und somit Orte von besonderer kultureller und kulturgeschichtlicher Bedeutung ernannt.[9]

Bekannte Richtstätten Bearbeiten

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Execution sites – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Richtplatz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Richtstätte – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Duden online: Richtstätte und Richtplatz
  2. Anne-Marie Dubler: Richtstätte. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 28. Oktober 2010.
    Richtplatz. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 14: R–Schiefe – (VIII). S. Hirzel, Leipzig 1893, Sp. 901 (woerterbuchnetz.de).
    Richtplatz. In: Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart 1793 (zeno.org).
  3. Duden online erwähnt unter Rabenstein nur den Galgen, aber auch Enthauptungsstätten wurden Rabenstein genannt.
  4. Rabenstein. In: Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. 1793 (zeno.org, Ziffer 2: „erhabener gemauerter Platz, auf welchem man die Missethäter zu enthaupten pflegt“).
  5. Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände. 10. Auflage, F. A. Brockhaus, Leipzig 1853.
  6. Grabungen auf dem Galgenberg bei Bad Belzig, abgerufen am 26. August 2020.
  7. Ausgrabungen auf dem Galgenhügel Alkersleben 2010, abgerufen am 26. August 2020.
  8. ZDF History: Geköpft, gerädert, gehenkt. Was am Richtplatz geschah. Film von Kathrin Beck, 2020
  9. Gisela Wilbertz: Richtstätten in Lippe – Ein Beitrag zur Aktion „Kulturdenkmal des Jahres 2009“. In: Lippischer Heimatbund e. V. und Landesverband Lippe (Hrsg.): Heimatland Lippe. Band 102, Nr. 8. Lippischer Zeitungsverlag Giesdorf, August 2009, ISSN 0017-9787, S. 212 f. (Heimatland Lippe 102.2009.08).
  10. Baudenkmale und Denkmalzonen der Karlsbader Region, Tschechische Republik, Verlag Region Karlovy Vary, 1. Auflage 2005, S. 23.