RhB ABe 8/12
Die ABe 8/12 sind dreiteilige elektrische Triebzüge, von dem die Rhätische Bahn (RhB) bei Stadler Rail insgesamt 15 Einheiten bestellt hat. Die Triebzüge werden von der RhB seit 2010 fahrplanmässig eingesetzt. Das erste Fahrzeug wurde am 13. Oktober 2009 in Landquart abgeliefert und anschliessend verschiedenen Tests unterzogen. Die Züge werden analog zu anderen Stadler-Produktionen Flirt, Spatz oder Star als Allegra bezeichnet, was einer rätoromanischen Grussformel entspricht.
RhB ABe 8/12 | |
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ABe 8/12 „Allegra“ in Pontresina
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Nummerierung: | 3501–3515 |
Anzahl: | 15 |
Hersteller: | Stadler Rail |
Baujahr(e): | 2009–2010 |
Achsformel: | Bo’Bo’+2’2’+Bo’Bo’ |
Spurweite: | 1 000 mm |
Länge über Puffer: | 49 500 mm |
Höhe: | 3 800 mm |
Breite: | 2 650 mm |
Leermasse: | 106 t |
Dienstmasse: | 122 t |
Höchstgeschwindigkeit: | 100 km/h |
Stundenleistung: | ~ 2 800 kW = 2 400 kW |
Dauerleistung: | 2 320 kW |
Anfahrzugkraft: | 280 kN |
Treibraddurchmesser: | 810 mm / 740 mm |
Laufraddurchmesser: | 685 mm / 635 mm |
Stromsystem: | ~ 11 kV, 16,7 Hz und = 1 kV |
Anzahl der Fahrmotoren: | 8 |
Sitzplätze: | 1. Klasse: 24 2. Klasse: 76 + 14 Klappsitze |
Fußbodenhöhe: | 480 mm Niederflur 1 050 mm Hochflur |
Niederfluranteil: | 22 % |
* dreiteilige Einheiten Vorgänger Berninabahn: RhB ABe 4/4 II, RhB ABe 4/4 III Vorgänger Stammnetz: RhB Ge 4/4 II, RhB Ge 4/4 III |
AnforderungenBearbeiten
Die Triebzüge sind konzipiert für den Einsatz auf den steigungsreichsten Strecken der RhB, das sind
- die Berninabahn St. Moritz–Tirano (Maximalsteigung 70 ‰, Gleichstrombetrieb)
- die Arosabahn Chur–Arosa (Maximalsteigung 60 ‰, Wechselstrombetrieb)
- die Bahnstrecke Landquart–Davos Platz (Maximalsteigung 45 ‰, Wechselstrombetrieb)
Da die Berninabahn ihre Verkehrsspitze im Sommer, die anderen beiden Strecken im Winter aufweisen, wurden die Triebzüge für alle drei Strecken einheitlich zweisystemfähig für 11 kV Wechselspannung mit einer Frequenz von 16,7 Hz und 1 kV Gleichspannung ausgelegt. Dies erlaubte den Bau einer grossen, einheitlichen Serie und ergibt im Betrieb die grösstmögliche Flexibilität.
Auf der Berninabahn sind die Triebzüge seit 2011 das Haupttraktionsmittel und bespannen Regionalzüge, den nur aus Panoramawagen bestehenden Bernina-Express sowie Güterzüge. Auf der Arosabahn und nach Davos wird ein Grossteil der Reisezüge mit Allegras bespannt. Nach Arosa werden sie in den verkehrsschwächeren Zeiten alleinfahrend eingesetzt. Die Züge Landquart–Davos verkehren nach einem Aufenthalt von etwas mehr als einer halben Stunde weiter nach Filisur.
Aus dem Anforderungsprofil ergibt sich die Notwendigkeit, eine hohe Anhängelast befördern zu können. Dies erklärt auch die für einen Triebwagen vergleichsweise hohe Dauerleistung von 2,3 MW. Die leistungsfähigste Lokomotivbauart der RhB, die Ge 4/4 III hat eine Dauerleistung von 2,4 MW. Die Anfahrzugkraft einer Allegra-Einheit ist durch die Verteilung der Antriebsleistung auf acht Achsen mit 280 kN sogar um 30 % höher als jene einer Ge 4/4 III. Dies ist für die Beförderung schwerer Züge auf den Rampen der Bernina- und Arosabahn notwendig. Nach der Inbetriebsetzung wurde die maximale Zughakenlast auf der Berninastrecke für diese Triebzüge von 140 auf 160 Tonnen erhöht. Jeder Triebzug kostete rund 10 Millionen Franken.
AufbauBearbeiten
Jeder der drei Wagen einer Einheit läuft auf zwei zweiachsigen Drehgestellen. Damit ist jeder Wagen einzeln rollfähig. Die Wagen sind untereinander kurzgekuppelt, sie können nur in der Werkstatt getrennt werden. Die Übergänge zwischen den Wagen sind durch Faltenbälge geschützt und von den Reisenden benutzbar. Übergangsmöglichkeiten zum Wagenzug sind jedoch nicht vorhanden. Der antriebslose Mittelwagen ist mit einem Tiefeinstieg versehen, was Personen mit eingeschränkter Mobilität einen barrierefreien Zugang zum öffentlichen Verkehr gewährleistet. Hinter den beiden Führerständen ist jeweils ein Erste-Klasse-Abteil mit 12 Plätzen vorhanden. Die Zwischenwand zum Führerstand ist verglast und bietet den Fahrgästen auch einen Blick über die Schulter des mittig im Führerstand sitzenden Lokomotivführers auf die Strecke.
Eine Einheit bietet insgesamt 24 Sitzplätze in der ersten und 76 Sitzplätze in der zweiten Klasse, dazu kommen noch 14 Klappsitze und die Stellmöglichkeit für zwei Rollstühle. Die behindertengerechte Toilette befindet sich im Mittelwagen. Dieser hat einen Niederflurbereich, die Einstiege dort sind mit Schiebetritten ausgerüstet, die beim Öffnen der Türen ausgefahren werden. Die Fahrgasträume und Führerstände sind klimatisiert.
Auf den Endwagen sitzt je ein Einholmstromabnehmer mit drei Schleifleisten für Gleichstrom, auf dem Mittelwagen einer für Wechselstrom. Im Störungsfall und bei Rangierfahrten kann aber jeder Stromabnehmer unter beiden Spannungen benutzt werden. Alle drei Stromabnehmer sind über eine Hochspannungsdachleitung miteinander verbunden; das Stromsystem wird bei Befehl „Hauptschalter ein“ des Lokführers vom Fahrzeug selbständig erkannt.
Die Züge sind pendelzugfähig, können also von einem Steuerwagen gesteuert werden. Davon wird derzeit (2020) insbesondere zwischen Landquart, Davos und Filisur Gebrauch gemacht, wo die Triebzüge mit den 2018 gebauten Bt 52801 bis 52808 eingesetzt werden. Mit den vorhandenen Triebfahrzeugen der RhB sind sie allerdings nicht vielfachsteuerbar.
Geschwindigkeitsrekord auf MeterspurBearbeiten
Anlässlich der Abschiedsfahrt für den scheidenden Direktor wurde am 20. Dezember 2010 mit der Einheit 3502 im Vereinatunnel eine Geschwindigkeit von 145 km/h erreicht.[1] Zuvor war bei den Inbetriebsetzungsfahrten am 5. Dezember 2009 139 km/h erreicht worden. Die vormalige Bestmarke für Meterspurfahrzeuge von 134 km/h wurde erst im Juni 2009 beim Regionalverkehr Bern–Solothurn (RBS) mit einem RABe 4/12 «NExT» aufgestellt, ebenfalls einem von Stadler gebauten Triebzug. Bei der RhB wurden bisher 110 km/h als Maximum registriert.
EinsatzgebietBearbeiten
Vorgesehen sind die Triebzüge für folgende Haupteinsatzgebiete (wobei sie bei Bedarf auf dem gesamten Netz der RhB eingesetzt werden können).
- Bernina-Express (Chur–Tirano)
- Berninabahn
- Chur-Arosa-Bahn
- Bahnstrecke Davos Platz–Filisur
- Bahnstrecke Landquart–Davos Platz
Für den Churer Agglomerationsverkehr (Chur – Thusis bzw. Schiers – Landquart – Chur – Rhäzüns) folgte 2011 eine verwandte Bauart: Die ABe 4/16, welche nur für die Wechselspannung des Stammnetzes ausgelegt sind.[2][3]
NamenBearbeiten
Am 1. Mai 2010 wurden die ersten vier Triebzüge getauft[4]. Als Namen der neuen Triebzüge werden Namen von berühmten Personen in Graubünden verwendet.
Liste der ABe 8/12Bearbeiten
Betriebsnummer | Taufname | Werbung | Inbetriebnahme | Status |
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3501 | Willem Jan Holsboer | Oktober 2009 | in Betrieb | |
3502 | Friedrich Hennings | November 2009 | in Betrieb | |
3503 | Carlo Janka | März 2010 | in Betrieb | |
3504 | Dario Cologna | April 2010 | in Betrieb | |
3505 | Giovanni Segantini | April 2010 | in Betrieb | |
3506 | Anna von Planta | Juli 2010 | in Betrieb | |
3507 | Benedetg Fontana | August 2010 | in Betrieb | |
3508 | Richard Coray | September 2010 | in Betrieb | |
3509 | Placidus Spescha | November 2010 | in Betrieb | |
3510 | Alberto Giacometti | November 2010 | in Betrieb | |
3511 | Otto Barblan | Dezember 2010 | in Betrieb | |
3512 | Jörg Jenatsch | ABB | Januar 2011 | in Betrieb |
3513 | Simeon Bavier | Januar 2011 | in Betrieb | |
3514 | Steivan Brunies | März 2011 | in Betrieb | |
3515 | Alois Carigiet | März 2011 | in Betrieb |
LiteraturBearbeiten
- Bericht von pd/mr: „Allegra“ in Landquart; In: Schweizer Eisenbahn-Revue. 11/2009, Seite 553
- Daniel Ritler, Jürg Schöning, Günter Terragnolo, Niclas Wiesent: „Allegra“ – der neue Zweistromtriebzug für die Rhätische Bahn. In: Schweizer Eisenbahn-Revue und Eisenbahn-Revue International, Hefte 5/2010, S. 229–234, 6/2010, S. 283–289, 7/2010, S. 333–335, 8–9/2010, S. 403–410.
- Bernhard Studer, Wolfgang Bdinka: Allegra. Bergsteiger mit Riesenkräften. In: eisenbahn magazin. Nr. 10/2012. Alba Publikation, Oktober 2012, ISSN 0342-1902, S. 6–16 (mit Übersichtszeichnung im Massstab 1 : 50 und einer Beschreibung von Industriemodellen der Nenngrössen H0m, 0m und IIm).
WeblinksBearbeiten
- Website des Herstellers zum RhB ABe 8/12 ALLEGRA (Memento vom 10. März 2016 im Internet Archive)
- Ausführliches Datenblatt des Herstellers (PDF; 462 kB) (Memento vom 1. Juli 2013 im Internet Archive)
- Medienmitteilung (PDF; 26 kB) Medienmitteilung zum neuen Geschwindigkeitsrekord
- Tauffeier Bericht zur Tauffeier bei bahnONLINE.ch
EinzelnachweiseBearbeiten
- ↑ RhB läutet 3. Etappe des Flottenkonzepts ein. Abgerufen am 12. Dezember 2020.
- ↑ Bahnonline.ch über die Allegra-Züge
- ↑ Website von Stadler Rail über Spezialanfertigung für Agglomeration Chur (Memento vom 26. Juni 2010 im Internet Archive)
- ↑ Archivierte Kopie (Memento vom 15. Mai 2012 im Internet Archive)