Rethwisch (Stormarn)

Gemeinde im Kreis Stormarn in Schleswig-Holstein, Deutschland, südöstlich von Bad Oldesloe
(Weitergeleitet von Rethwischdorf)

Rethwisch (niederdeutsch Reetwisch) ist eine Gemeinde im Kreis Stormarn in Schleswig-Holstein. An der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert war Rethwisch kurzzeitig Residenzstadt des Kleinherzogtums Schleswig-Holstein-Sonderburg-Plön-Rethwisch.

Wappen Deutschlandkarte
Rethwisch (Stormarn)
Deutschlandkarte, Position der Gemeinde Rethwisch hervorgehoben
Basisdaten
Koordinaten: 53° 46′ N, 10° 27′ OKoordinaten: 53° 46′ N, 10° 27′ O
Bundesland: Schleswig-Holstein
Kreis: Stormarn
Amt: Bad Oldesloe-Land
Höhe: 51 m ü. NHN
Fläche: 13,24 km2
Einwohner: 1210 (31. Dez. 2022)[1]
Bevölkerungsdichte: 91 Einwohner je km2
Postleitzahl: 23847
Vorwahl: 04539
Kfz-Kennzeichen: OD
Gemeindeschlüssel: 01 0 62 062
Adresse der Amtsverwaltung: Louise-Zietz-Straße 4
23843 Bad Oldesloe
Website: www.gemeinde-rethwisch.de
Bürgermeister: Lars Knickrehm (AWG)
Lage der Gemeinde Rethwisch im Kreis Stormarn
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Karte
Rethwisch (Kreis Stormarn), Ortseingang Rethwischdorf

Geografie Bearbeiten

Die Gemeinde Rethwisch besteht aus den sieben Ortsteilen Rethwischdorf, Steensrade, Frauenholz, Tralauerholz, Altenweide, Klein Boden und Treuholz.[2]

Geschichte Bearbeiten

 
Das Gut Rethwischhof in Rethwischfeld (1972 von Bad Oldesloe eingemeindet) weist Bausubstanz des Vorwerks des Rethwischer Schlosses auf

Rethwisch wurde im 11. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt. Der Name Rethwisch, früher auch Redewisch, bedeutet Schilfwiese (red = Schilf, wisch = Wiese).

1442 war der Ritter Hermann von Wyersrode Besitzer des Ortes, der später Mathias von Ratlow gehörte und noch später in kirchlichen Besitz überging. Die Lübecker Kirche verkaufte Rethwisch an das Stift von Ratzeburg, das es nach kurzer Zeit an Sievert von Heest weiterveräußerte. Rethwisch blieb etwa 100 Jahre im Besitz derer von Heest, bis Anna von Heest das Dorf 1616 für 70.000 Taler an Johann den Jüngeren (1545–1622), den ersten Herzog von Schleswig-Holstein-Sonderburg, verkaufte.

Johann der Jüngere vererbte Rethwisch zusammen mit anderen Teilen des Herzogtums an seinen Sohn Herzog Joachim Ernst, den Gründer der Seitenlinie Schleswig-Holstein-Sonderburg-Plön. Joachim Ernst überließ den Ort seiner Schwester Eleonora, die in einer Wiesenniederung ein Fachwerk-Herrenhaus errichtete. Nach deren Tod 1669 ging der Besitz an Joachim Ernst zurück. Nach dessen Tod zwei Jahre später wurde das Herrschaftsgebiet Schleswig-Holstein-Sonderburg-Plön unter den Söhnen von Joachim Ernst weiter aufgeteilt. Rethwisch ging an Herzog Joachim Ernst II. (1637–1700), den drittgeborenen Sohn. Dieser ließ das von Eleonore gebaute Herrenhaus abreißen und erbaute ein Schloss aus Stein, das 1699 fertiggestellt wurde. Rethwisch war nun Residenzstadt des Kleinherzogtums Schleswig-Holstein-Sonderburg-Plön-Rethwisch geworden. Die Nachfolge von Joachim Ernst II. trat dessen Sohn Herzog Johann Ernst Ferdinand (1684–1729) an.

Da Johann Ernst Ferdinand ohne lebende Nachkommen starb, fiel Rethwisch an die Plöner Stammlinie zurück und wurde von einem Herzogtum auf ein Amt zurückgestuft. Das Schloss wurde von den neuen Herren als Münzstätte (Münze zu Rethwisch) genutzt.

Nach dem Aussterben auch der Linie Schleswig-Holstein-Sonderburg-Plön übernahm 1761 absprachegemäß der dänische König Friedrich V. das Teilherzogtum und damit auch Rethwisch. Als 1773 die Leibeigenschaft aufgehoben wurde, wurde das Gut Rethwisch in Parzellen aufgeteilt. Das Schloss wurde im Jahr 1785 abgerissen, da es im dänischen Gesamtstaat keinen Bedarf an vielen Residenzen gab. Der Betrieb der Münze war bereits einige Jahre vorher eingestellt worden.

Als Spur der Geschichte als herzogliche Residenzstadt ist das heute zur benachbarten Stadt Bad Oldesloe gehörende Gut Rethwischhof in Rethwischfeld anzusehen. Gut Rethwischhof wurde zwar erst 1780 erbaut; es handelt sich jedoch um das ehemalige Vorwerk des Schlosses.[3]

Der Ortsteil Frauenholz war ursprünglich ein Kirchliches Gut, das von 1170 bis 1849 der Marienkirche in Lübeck gehörte und ein sog. Lübsches Stadtstiftsdorf war. Damit verblieb die Landeshoheit bei Holstein, obwohl die wirtschaftlichen Nutzungsrechte in Lübeck lagen. 1889 wurde der Gutsbezirk dem Amtsbezirk Rethwisch zugeschlagen. Bei der Auflösung der Gutsbezirke wurde Frauenholz 1928 nach Rethwisch eingemeindet.

Klein Boden, in älteren Quellen auch Rethwischer Boden genannt, entstand gemeinsam mit Groß Boden unter der Bezeichnung Boden auf dem Gebiet des wüst gefallenen Ortes und Kirchspiels Schönenborn. Es gehörte zum alten landesherrlichen Amt Steinhorst. 1672 kam Klein Boden zum landesherrlichen Amt Rethwisch, während Groß Boden bei Steinhorst (heute Kreis Herzogtum Lauenburg) verblieb, so dass fortan zwei Orte bestanden.

Mit der Annexion Schleswig-Holsteins durch Preußen wurde das Dorf 1867 dem neu gegründeten Kreis Stormarn zugeordnet und bei Einführung der preußischen Kommunalverfassung 1889 in den Amtsbezirk Rethwisch eingegliedert. Ab 1900 entwickelte sich in Klein Boden die Zigarrenproduktion in Heimarbeit. 1928 erfolgte gemeinsam mit den Gutsbezirken Frauenholz und Tralauerholz die Eingemeindung nach Rethwisch. Klein Boden hatte damals 77 Einwohner.

Politik Bearbeiten

Gemeindevertretung Bearbeiten

Seit der Kommunalwahl 2018 hat die CDU fünf Sitze, die Wählergemeinschaft AWG drei Sitze, die Wählergemeinschaft FWR zwei Sitze und die SPD einen der elf Sitze in der Gemeindevertretung.[4]

Wappen Bearbeiten

Blasonierung: „Über silbernem, in der Mitte gewölbtem Schildfuß, darin eine rote Urne, in Blau sieben goldene, an den Halmen miteinander verbundene Weizenähren.“[5]

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Bauwerke Bearbeiten

Die 1968 erbaute Christuskirche (Rethwisch) in Rethwischdorf, lange Zeit die einzige Autobahnkirche Schleswig-Holsteins, beheimatet einen aktiven Kirchenchor.

In der Liste der Kulturdenkmale in Rethwisch (Stormarn) stehen die in der Denkmalliste des Landes Schleswig-Holstein eingetragenen Kulturdenkmale.

Sport Bearbeiten

Der VfL Rethwisch ist ein ca. 500 Mitglieder zählender Sportverein, in dem vor allem die Sparten Fußball und Handball mitgliederstark sind. Die 2011 gegründete Juggersparte richtet seit 2005 jährlich die Schleswig-Holstein-Meisterschaft aus. Im Jahr 2015 konnte im Kinder- sowie im Jugendbereich die deutsche Meisterschaft in Jugger gewonnen werden. 2016 fand die dritte deutsche Kinder- und Jugendmeisterschaft Jugger,[6] 2018 die 21. Deutsche Jugger Meisterschaft in Rethwisch statt.[7]

Regelmäßige Veranstaltungen Bearbeiten

Das kulturelle Leben in Rethwisch ist zum einen durch die beiden Freiwilligen Feuerwehren Rethwischdorf und Klein Boden geprägt, zum anderen bringen die Parteien, Wählervereine und die Evangelisch-Lutherische Kirche sich mit verschiedenen Veranstaltungen regelmäßig ins Gespräch. Auch gibt es einen Jugendkeller, in welchem Kinder und Jugendliche einmal wöchentlich gemeinsam spielen und basteln können.

Wirtschaft und Infrastruktur Bearbeiten

Unternehmen Bearbeiten

Die Infrastruktur ist in den vergangenen Jahren sehr zurückgegangen. Es gibt weder Bäcker, noch Gastwirtschaft oder Kaufmann, Post oder Bank und nur wenig Gewerbe. Allerdings liegt die Kreisstadt Bad Oldesloe – auch verbunden durch drei Buslinien – so nahe, dass ein großer Teil des Bedarfs hier gedeckt werden kann.

Medien Bearbeiten

Tageszeitungen mit regionalem Bezug sind das „Stormarner Tageblatt“ als Lokalausgabe des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags (sh:z) sowie die Lokalausgabe der Lübecker Nachrichten. In Rethwisch werden kostenlos die Anzeigenblätter „Markt“, „Wochenblatt“ und „Blickpunkt“ verteilt.

Verkehr Bearbeiten

Rethwisch ist – unweit der Bundesautobahn 1 – äußerst verkehrsgünstig gelegen, was die Entwicklung zum Wohnort begünstigte. Allerdings bringt dieser Vorteil zurzeit auch Probleme mit sich, denn über die Bundesstraße 208 rollten bis zur Fertigstellung der Bundesautobahn 20 täglich rund 10.000 Fahrzeuge durch Rethwischdorf. Mit deren Fertigstellung hat sich die Lage jedoch merklich entspannt.

Durch Rethwisch führt neben den Buslinien 8740 (Oldesloe – Westerau – Kastorf – Berkenthin – Ratzeburg) und 8161 (Oldesloe – Meddewade – Groß Boden – Eichede – Todendorf) des Omnibusunternehmens Autokraft auch die Linie 8129, das Anrufsammeltaxi.

Bis 1962 verfügte Rethwisch über die drei Bahnhöfe bzw. Haltepunkte Klein Boden, Treuholz und Rethwisch entlang der Kaiserbahn von Hagenow über Ratzeburg nach Bad Oldesloe. Die Strecke wurde ab 1972 abgetragen.

Persönlichkeiten Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Chronik der Landgemeinde Rethwisch; Gemeinde Rethwisch; Zusammengestellt von Doris Mossner, Verlag Wachholtz; 2001, Wachholtz Druck GmbH, Neumünster.
  • Bad Oldesloe-Land; das Amt und seine Gemeinden – Amtsverwaltung Bad Oldesloe-Land; Zusammengestellt von Gerhard Schulz, Hermann Leinius und Ernst Schneider; 1987 Wachholtz Druck, Neumünster.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Rethwisch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Statistikamt Nord – Bevölkerung der Gemeinden in Schleswig-Holstein 4. Quartal 2022 (XLSX-Datei) (Fortschreibung auf Basis des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
  2. Schleswig-Holstein-Topographie. Bd. 8: Pölitz - Schönbek. Flying-Kiwi-Verl. Junge, Flensburg 2007, ISBN 978-3-926055-89-7, S. 161 (dnb.de [abgerufen am 23. Juli 2020]).
  3. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 8. Dezember 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.tourismus-stormarn.de, abgerufen 3. Januar 2013.
  4. Amt Bad Oldesloe-Land - Die Gemeindewahlleiterin-: Feststellung der Ergebnisse der Gemeindewahlen in den Gemeinden des Amtes Bad Oldesloe-Land am 06. Mai 2018. Amt Bad Oldesloe-Land, 18. Mai 2018, abgerufen am 10. November 2018.
  5. Kommunale Wappenrolle Schleswig-Holstein
  6. Jugger: 3. Deutsche Meisterschaft für Kinder- und Jugendmannschaften
  7. 21. Deutsche Meisterschaft auf jugger.org, aufgerufen am 16. September 2018
  8. www.agrarheute.com (Memento vom 25. Mai 2016 im Internet Archive) vom 14. Januar 2008.