Die Ratz (hebräisch רצ), eigentlich Bewegung für Bürgerrechte und Frieden (hebräisch התנועה לזכויות האזרח ולשלום), ist eine ehemalige israelische Partei. Sie wurde 1973 von der ehemaligen HaMaʿarach-Abgeordneten und Menschenrechtspolitikerin Schulamit Aloni, als diese sich mit ihrer Partei überworfen hatte, im Vorfeld der Wahlen zur 8. Knesset gegründet und gehörte zum linken Parteienspektrum. Sie war in den Wahlen zur achten bis zwölften Knesset erfolgreich. Ihr bestes Ergebnis hatte sie bei den Wahlen zur zwölften Knesset, wo sie 4,3 % der Stimmen errang und mit fünf Sitzen in der Knesset fünftstärkste Fraktion war. Ratz, Mapam und Schinui gründeten 1992 anlässlich der Wahlen zur 13. Knesset das Wahlbündnis Meretz,[1] das im Februar 1997[2] eine eigene Partei wurde.

Politische Positionen Bearbeiten

Ratz war die erste politische Partei Israels, die von einer Frau gegründet wurde. Zu ihren politischen Schwerpunkten gehörten der Einsatz für Menschenrechte und die Rechte von Frauen. Zu ihren Kandidatinnen gehörte auch die Feministin Marcia Freedman, die Mitglied der 8. Knesset war. Ein Themenschwerpunkt war nicht nur die formale und rechtliche Gleichberechtigung der Geschlechter, Fragen des Heirats- und Scheidungsrechts, sondern auch die Thematisierung der Gewalt gegen Frauen in der Familie und Themen der strukturellen Geschlechterungleichheit.[3]

Als Teil der Friedensbewegung in Israel war die Ratz gegen die israelische Besetzung der Westbank und des Gazastreifens und für einen Friedensschluss mit der PLO.

Ein weiteres Anliegen der Partei war der Einsatz für eine geschriebenen Verfassung, die strikte Trennung von Staat und Religion, der Einsatz gegen Korruption und zeitweilig ein Eintreten für eine Wahlrechtsreform.

Entwicklung Bearbeiten

Nach dem Scheitern der 16. israelischen Regierung, die von Golda Meir am 10. März 1974 gegründet worden war, beteiligte die Ratz sich kurzzeitig vom 3. Juni 1974 bis zum 6. November 1974 an der darauf folgenden Koalitionsregierung unter Jitzchak Rabin. In dieser Zeit war Aloni Ministerin ohne Geschäftsbereich.[4] Sie verließ die Koalition, nachdem die Nationalreligiöse Partei der Regierung beigetreten war.[5] Kurzfristig bildete die Ratz zusammen mit Arje Eliav vom HaMaʿarach die Ya'ad (hebräisch יעד) (Ya'ad - Bürgerrechtsbewegung hebräisch יעד – תנועה לזכויות האזרח), bis Eliav zusammen mit Freedmann die Ratz verließ und eine eigene Fraktion begründete.

Bei den folgen Wahlen zur 9. und 10. Knesset schaffte die Partei jeweils nur knapp den Einzug in die Knesset und war dort von Aloni vertreten. Nach dem Zusammenschluss mit einer weiteren Kleinpartei (Sheli (hebräisch של״י), ein Akronym für Shalom LeYisrael (hebräisch שלום לישראל), deutsch: Frieden für Israel) vor den Wahlen zur 11. Knesset konnte die Ratz drei Sitze für sich gewinnen, von denen einer an das frühere Sheli-Mitglied Ran Cohen ging. Darüber hinaus traten zwei weitere Knessetmitglieder im Verlauf der Wahlperiode bei: Jossi Sarid verließ HaMaʿarach, und Mordechai Virshubski, einer der Mitbegründer der zionistisch-liberalen Schinui-Partei wechselte zur Ratz. Bei den nächsten Wahlen zur 12. Knesset am 1. November 1988 erzielte die Partei ihr bislang bestes Ergebnis mit 4,3 und konnte diese fünf Sitze behalten.[6]

Vor den nächsten Wahlen zur 13. Knesset, die am 23. Juni 1992 stattfanden, schlossen Mapam, Schinui und Ratz sich zu einem Wahlbündnis mit dem Namen Meretz (Deutsch: Energie) zusammen, das mit 12 Sitzen drittstärkste Fraktion der Knesset wurde.[7] Anfänglich behielten die Parteien ihre Unabhängigkeit in dem Bündnis, fusionierten dann aber 1997 zu einer Partei unter dem neuen Namen.

Wahlergebnisse im Überblick Bearbeiten

Knesset Ergebnis in % Anzahl der Sitze
(Vor der nächsten Wahl)
Abgeordnete
Bei- oder Austritte
Anmerkungen
8. Knesset 2,2 3
(2)
Schulamit Aloni, Boaz Moav
Marcia Freedman

Marcia Freedmann gründete zusammen mit Arje Eliav die Social-Democratic Faction.
9. Knesset 1,2 1
(1)
Schulamit Aloni
10. Knesset 1,4 1
(1)
Schulamit Aloni
11. Knesset 2,4 3
(5)
Schulamit Aloni, Mordechai Bar-On, Ran Cohen
Jossi Sarid, Mordechai Virshubski
David Zucker rückte am 26. November 1986 für Bar-On nach
Sarid war vorher Mitglied von HaMaʿarach und Virshubski von Schinui
12. Knesset 4,3 5
(5)
Schulamit Aloni, Ran Cohen, Jossi Sarid, Mordechai Virshubski, David Zucker

Weblinks Bearbeiten

Kurzportrait auf Knesset.gov (englisch)

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Barry Rubin: Israel. An Introduction. Yale University Press, New Haven 2012. ISBN 978-0-300-16230-1, S. 217
  2. Kurzportrait auf Knesset.gov (englisch)
  3. Itamar Rabinovich, Jehuda Reinharz (Hrsg.): Israel in the Middle East. Documents and Readings on Society, Politics, and Foreign Relations, Pre-1948 to the Present. Brandeis University Press, Lebanon (New Hampshire) 2008, ISBN 978-0-87451-962-4, S. 290
  4. Übersicht über die 17. Regierung auf Knesset.gov (englisch)
  5. Übersicht über die 8. Knesset auf Knesset.gov (englisch)
  6. Übersicht über das Wahlergebnis zur 12. Knesset von Knesset.gov. (englisch)
  7. Übersicht über das Wahlergebnis zur 13. Knesset von Knesset.gov. (englisch)