Raphael Rainer von Thurn und Taxis

deutscher Gemeinderat und Kirchenpfleger, Abkömmling des Hauses von Thurn und Taxis

Raphael Rainer Karl Maria Joseph Antonius Ignatius Hubertus Lamoral Prinz von Thurn und Taxis (* 30. Mai 1906 in Regensburg; † 8. Juni 1993 in Schwangau) war langjähriger Präsident des EV Füssen während dessen erfolgreichster Zeit.[1] Er war lange Zeit als Gemeinderat und Kirchenpfleger der Gemeinde Schwangau aktiv. Er entstammte dem Haus Thurn und Taxis.

Leben Bearbeiten

Raphael Rainer war der sechste Sohn des Fürsten Albert I. von Thurn und Taxis (1867–1952) und der Erzherzogin Margarethe Klementine von Österreich (1870–1955), einer Tochter des Erzherzogs Joseph Karl Ludwig von Österreich (1833–1905) und dessen Ehefrau Clotilde von Sachsen-Coburg und Gotha (1846–1927).[2] Er hatte sechs Brüder und eine Schwester. Einer seiner Brüder war Max Emanuel Prinz von Thurn und Taxis (1902–1994), der als Pater Emmeram Mitglied des Benediktinerordens wurde.

Raphael Rainer erfüllte zur Zeit des Nationalsozialismus keine politischen und militärischen Schlüsselfunktionen, aber im Gegensatz zu seinem Vater oder zu seinen Geschwistern war er mit der nationalsozialistischen Bewegung assoziiert und bereits im Herbst 1933 trat er der SS bei.[3] Kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde er in die Vierte Totenkopfstandarte eingezogen, die dem Konzentrationslager Mauthausen zugeordnet und in Linz stationiert war. Nach kurzer Dienstentlassung kam er im Februar 1941 zur Waffen-SS und war als Schirrmeister mit der Führung einer Krankenwagenkolonne in Finnland betraut.[4][5]

Wie alle Mitglieder des Hauses Thurn und Taxis mit Vollendung des 18. Lebensjahres erhielt auch Raphael Rainer den von Fürst Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis (1704–1773) als Verdienst- und Hausorden gestifteten, seit 1806 nur noch als Hausorden verliehenen Orden De Parfaite Amitié.

Im Jahr 1928 lernte er seine Verwandte Eulalia von Thurn und Taxis – die Tochter von Friedrich von Thurn und Taxis (1871–1945) und Eleonora de Ligne (1877–1959) – näher kennen, die bald seine Verlobte wurde. Als der Hochzeitstermin im Februar 1929 heranrückte und die Vorbereitungen schon weit fortgeschritten waren, zog sich Eulalia zurück.[6] Auch in der amerikanischen Presse wurde über die geplatzte Heirat berichtet.[7]

 
Schloss Bullachberg

Raphael von Thurn und Taxis kaufte Schloss Bullachberg. Dazu erläuterte sein Enkel Philipp 2012: „Mein Großvater Rafael wurde 1926 sozusagen mit dem Kauf von Schloss Bullachberg versorgt. Hier hat er bis zu seinem Tod 1996 gewohnt.“[8] Danach stand das Schloss bis 2013 leer.

Thurn und Taxis liebte es, zu jagen. Er nahm an vielen Gesellschaftsjagden teil.[9][10] 1964 wurde auf seine Anregung hin die Kreisgruppe Füssen der Bläsergruppen des Bayerischen Jagdverbandes gegründet, die 2014 ihr 50-jähriges Jubiläum beging.[11]

1954/55 wurde Raphael von Thurn und Taxis 1. Präsident des Eishockeyvereins EV Füssen und blieb dies für viele Jahre.[1] Der EV Füssen galt dann in der Folgezeit um 1965 als der bedeutendste deutsche Eishockey-Klub.[12] Raphael stiftete den Thurn- und Taxis-Pokal[13], der ab 1955 als Nachfolge des Leinweber-Pokals ausgespielt wurde. Erster Gewinner des Thurn- und Taxis-Pokals war 1955 der SC Riessersee.[14] Erster Dreifachsieger des Thurn- und Taxis-Pokals 1964, 1966, 1969 war der ZKL Brünn. Ende der 1970er Jahre wurde die Ausspielung des Pokals eingestellt.[14] 2006, in dem Jahr, in dem Thurn und Taxis seinen 100. Geburtstag begangen hätte, kam es jedoch zur Ausspielung des Thurn und Taxis-Gedächtnis-Pokals.[15]

Raphael von Thurn und Taxis war Mitglied der CSU[16] und von 1952 bis 1990 Gemeinderat für Schwangau, das Dorf der Königsschlösser. Vier Wahlperioden gehörte er zudem im damaligen Landkreis Füssen dem Kreistag an und nach der Gebietsreform 1972 sechs Jahre dem Kreistag im neuen Landkreis Ostallgäu. Neben der Kommunalpolitik wirkte er auch in der Pfarrgemeinde: Raphael Prinz von Thurn und Taxis war in Schwangau-Waltenhofen nahezu 30 Jahre Kirchenpfleger.

Ehe und Nachkommen Bearbeiten

Am 24. Mai 1932 heiratete Raphael Rainer in Regensburg Margarete von Thurn und Taxis (* 19. Oktober 1913 in Berlin; † 16. Juni 1997 in Füssen). Raphael Rainer und seine Frau Margarete haben nur ein Kind, einen Sohn, Max Emanuel Prinz von Thurn und Taxis, der am 7. September 1935 im Schloss Bullachberg geboren wurde.

Vorfahren Bearbeiten

Ahnentafel Raphael Rainer von Thurn und Taxis (1906–1993)
Urgroßeltern

Fürst
Maximilian Karl von Thurn und Taxis (1802–1871)
⚭ 1828
Frauen Wilhelmine von Dörnberg (1803–1835)

Herzog
Max Joseph in Bayern (1808–1888)
⚭ 1828
Herzogin Ludovika Wilhelmine von Bayern (1808–1892)


Erzherzog Joseph Anton Johann von Österreich (1776–1847)

⚭ 1819
Erzherzogin Maria Dorothea von Württemberg (1797–1855)

Prinz August von Sachsen-Coburg und Gotha (1818–1881)
⚭ 1843
Prinzessin Clementine d’Orléans (1817–1907)

Großeltern

Fürst Maximilian Anton von Thurn und Taxis (1831–1867)
⚭ 1858
Herzogin Helene in Bayern (1834–1890)

Erzherzog Joseph Karl Ludwig von Österreich (1833–1905)
⚭ 1864
Prinzessin Clotilde von Sachsen-Coburg und Gotha (1846–1927)

Eltern

Fürst Albert von Thurn und Taxis (1867–1952)
⚭ 1890
Erzherzogin Margarethe Klementine von Österreich (1870–1955)

Prinz Raphael Rainer von Thurn und Taxis (1906–1993)

Literatur Bearbeiten

  • Martin Dallmeier, Martha Schad: Das Fürstliche Haus Thurn und Taxis. 300 Jahre Geschichte in Bildern. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 1996, ISBN 3-7917-1492-9.
  • Johann Baptist Mehler: Das fürstliche Haus Thurn und Taxis in Regensburg. Zum 150jährigen Residenz-Jubiläum. Regensburg 1899.
  • Wolfgang Behringer: Thurn und Taxis. Die Geschichte ihrer Post und ihrer Unternehmen. München / Zürich 1990, ISBN 3-492-03336-9.
  • Fabian Fiederer: „... an allen alten Traditionen festhalten“. Lebenswelt und Selbstverständnis des Hochadels am Beispiel des Fürstenhauses Thurn und Taxis in der Zeit Fürst Albert I. (1888–1952). (= Thurn und Taxis Studien, Neue Folge, Nr. 5.) Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2017, ISBN 978-3-7917-2795-0.
  • Eishockey. Hallelujah im Stadion. In: Der Spiegel. Nr. 8, 1966, S. 97 (online14. Februar 1966).

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Zeit Archiv online: Die Zeit, Jahrgang 1995, Ausgabe 02: Wenn das Geld aufs Eis geht Seite 3/3 (abgerufen am 12. Juni 2014)
  2. Dallmeier, Schad: Das Fürstliche Haus Thurn und Taxis.
  3. Jonathan Petropoulos: Royals and the Reich: The Princes von Hessen in Nazi Germany. Oxford University Press, Oxford 2006, ISBN 0-19-516133-5, S. 111 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche ).
  4. Fabian Fiederer: „... an allen alten Traditionen festhalten“. Lebenswelt und Selbstverständnis des Hochadels am Beispiel des Fürstenhauses Thurn und Taxis in der Zeit Fürst Albert I. (1888–1952). Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2017, S. 168 ff.
  5. Ulrike Driendl-Piepenburg: Raphael Rainer Prinz von Thurn und Taxis. In: Füssener Heimatzeitung. Nr. 69, August 1994, S. 1–22 (füssener-heimatzeitung.de).
  6. Princess Prefers Ex-Fiance's Brother: The New York Times, Regensburg, Bavaria, 2 February 1929.
  7. Princess Illa Calls Off Wedding at Last Minute: The Washington Post, 1 February 1929.
  8. Rhein-Zeitung am 3. Januar 2012: Verwandt mit Glanz und Gloria (9)
  9. Donaupost vom 1. Dezember 1979: Der Hochadel war auf Schwarzwildjagd
  10. Mittelbayerische Zeitung vom 11. Dezember 1974: 81 Schwarzkittel blieben auf der Fürstlichen Strecke
  11. Homepage der Kreisgruppe Füssen e. V. der Bläsergruppen des Bayerischen Jagdverbandes (abgerufen am 12. Juni 2014)
  12. Nationalmannschaft: Tor vernageln. In: Der Spiegel. Nr. 13, 1965, S. 88–89 (online24. März 1965).
  13. EISHOCKEY: Leit' müassn her. In: Der Spiegel. Nr. 46, 1986 (online).
  14. a b Eishockey-Lexikon online: Tabelle–Tip-in (Memento vom 22. Dezember 2014 im Internet Archive) (abgerufen am 12. Juni 2014)
  15. Eishockey-Info vom 20. August 2006: Oberliga: EV Füssen: Torfestival beim Duell der Altmeister -Leoparden besiegen den SC Riessersee fast zweistellig (abgerufen am 12. Juni 2014)
  16. Personalien: Walter Stanner. In: Der Spiegel. Nr. 27, 1970, S. 140 (online29. Juni 1970).