Radacz (deutsch Raddatz) ist ein Dorf in der polnischen Woiwodschaft Westpommern. Es gehört zu der Gmina Borne Sulinowo (Stadt- und Landgemeinde Groß Born) im Powiat Szczecinecki (Neustettiner Kreis).

Geographische Lage Bearbeiten

Das Dorf liegt in Hinterpommern, etwa 130 Kilometer östlich von Stettin und etwa 10 Kilometer westlich von Szczecinek (Neustettin). Östlich des Dorfes liegt der Jezioro Radacz (Raddatzsee).

 
Häuser an einer Straßenkreuzung

Geschichte Bearbeiten

Das Dorf wurde erstmals im Jahre 1403 genannt. Es war ein Lehen der uradligen Familie von Kleist, die es seit 1621 in Besitz hatte.[1]

Auf der Lubinschen Karte von 1618 ist Raddatz eingetragen.

In Ludwig Wilhelm Brüggemanns Ausführlicher Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königlich-Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommern (1784) ist Raddatz unter den adligen Wohnsitzen des Neu-Stettinschen Kreises aufgeführt. In Raddatz gab es damals ein Vorwerk, also den Gutsbetrieb, neun Vollbauernstellen, sechs Halbbauernstellen, einen Krug und eine Schmiede. Zu Raddatz gehörten ferner die auf der Feldmark gelegenen Vorwerke Bramstädt, Neuendorf, Vor-Pankow und Hinter-Pankow sowie die Bramstädtsche Mühle, eine Wassermühle. Insgesamt gab es hier 27 Haushaltungen („Feuerstellen“).[2]

Besitzer des Ritterguts war seit 1834 Xaver von Kleist, der es noch 1854 besaß.[1] Um 1884 befand sich das Gut mit Branntweinbrennerei im Besitz der Familie Goltz.[3] 1896 wird Louis Caminer als Besitzer genannt.[4]

Im Jahr 1865 erhob der preußische Fiskus in der Landgemeinde Raddatz eine Grundsteuer in Höhe von 66 Reichstalern, 19 Silbergroschen und zwei Pfennigen und im Gutsbezirk Raddatz eine Grundsteuer von 125 Reichstalern, einem Silbergroschen und sechs Pfennigen.[5]

Am 1. April 1927 betrug die Flächengröße des Ritterguts Raddatz 1024 Hektar, und am 16. Juni 1925 hatte der Gutsbezirk 225 Einwohner.[6] Gutsbesitzer W. Moltrecht ließ 1928 einen neuen hölzernen Rindviehstall errichten.[7]

 
Ruine des Herrenhauses des ehemaligen Ritterguts Raddatz (Aufnahme 2023)

Die Gemeinde Raddatz hatte um 1930 einer Flächengröße von 21,7 km². Innerhalb der Gemeindegrenzen standen zusammen 49 bewohnte Wohnhäuser an fünf verschiedenen Wohnorten:[8]

  1. Bramstädt
  2. Bramstädter Mühle
  3. Grünewiese
  4. Neuendorf
  5. Raddatz

Im Jahr 1945 gehörte die Landgemeinde Raddatz zum Landkreis Neustettin im Regierungsbezirk Köslin der preußischen Provinz Pommern des Deutschen Reichs. Raddatz war dem Amtsbezirk Juchow zugeordnet.

Im Frühjahr 1945 wurde Raddatz von der Roten Armee besetzt. Nach Beendigung der Kampfhandlungen wurde die Region seitens der sowjetischen Besatzungsmacht zusammen mit ganz Hinterpommern und der südlichen Hälfte Ostpreußens der Volksrepublik Polen zur Verwaltung überlassen. Es wanderten nun Polen zu. Raddatz wurde unter der polonisierten Ortsbezeichnung ‚Radacz‘ verwaltet. Die einheimische Bevölkerung wurde von der polnischen Administration aus Raddatz vertrieben.

Demographie Bearbeiten

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohner Anmerkungen
1783 adliger Wohnsitz mit 25 Feuerstellen (Haushaltungen) und einer 1746 erbauten Filialkirche von Persanzig[2]
1818 252 Kirchdorf, adlige Besitzung[9]
1825 279 Dorf, mit den Vorwerken Neuendorf, Ober- und Nieder-Pankow [10]
1852 456 [11]
1864 446 am 3. Dezember, Gemeinde- und Gutsbezirk zusammen[12]
1867 376 am 3. Dezember, davon 268 in der Landgemeinde und 108 im Gutsbezirk[13]
1871 404 am 1. Dezember, davon 263 in der Landgemeinde (sämtlich Evangelische) und 141 im Gutsbezirk (sämtlich Evangelische)[13]
1885 421 am 1. Dezember, davon 267 in der Landgemeinde (sämtlich Evangelische) und 154 im Gutsbezirk (sämtlich Evangelische)[14]
1910 419 am 1. Dezember, davon 193 im Gemeindebezirk und 226 im Gutsbezirk[15]
1925 543 sämtlich Evangelische[8]
1933 454 [16]
1939 425 [16]

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

 
Dorfkirche, bis 1945 Gotteshaus der evangelischen Gemeinde Raddatz
  • Kirche, ein Fachwerkbau aus dem Jahre 1744. Hier befand sich seit wohl 1747 eine Kanzel, die aus einem Prunkwagen des polnischen Königs Johann III. Sobieski gearbeitet war, den ein Angehöriger der Familie Kleist erworben hatte.[17] Der Sage nach soll König Friedrich II. den Triumpfwagen dem Generalfeldmarschall Alexander von Kleist, Erbauer der Kirche, unter der Bedingung überlassen haben, dass er daraus eine Kanzel fertigen lässt.[18][19]

Persönlichkeiten: Söhne und Töchter des Ortes Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Raddatz, Dorf und Rittergut, am gleichnamigen See, Kreis Neustettin, Regierungsbezirk Köslin, Provinz Pommern. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Raddatz (meyersgaz.org).
  • Johannes Hinz: Pommern. Wegweiser durch ein unvergessenes Land. Flechsig-Buchvertrieb, Würzburg 2002, ISBN 3-88189-439-X, S. 283–284.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Radacz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten Bearbeiten

  1. a b K. Fr. Rauer (Hrsg.): Hand-Matrikel der in sämmtlichem Kreisen des Preussischen Staats auf Kreis- und Landtagen vertretenen Rittergüter, Berlin 1857, S. 151, Ziffer 27 (Google Books).
  2. a b Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausührliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogthums Vor- und Hinter-Pommern. Teil II, Band 2: Beschreibung der zu dem Gerichtsbezirk der Königl. Landescollegien in Cößlin gehörigen Hinterpommerschen Kreise. Effenbart, Stettin 1784, S. 767–768, Ziffer 53 (Google Books).
  3. P. Ellerholz: Handbuch des Grundbesitzes im Deutschen Reiche, Band II: Provinz Pommern. Zweite Auflage, Berlin 1884, S. 58–59 (Google Books).
  4. C. Leuchs: Adressbuch aller Länder der Erde der Kaufleute etc. Band 12: Pommern, Nürnberg 1896, S. 335 (Google Books).
  5. Amts-Blatt der Königlichen Regierung zu Cöslin, No. 41, vom 11. Oktober 1865, S. 362, Ziffer 172–173 (Google Books).
  6. Kurt Albrecht: Die preußischen Gutsbezirke, in: Zeitschrift des Preussischen Statistischen Landesamts, 67. Jahrgang, Berlin 1927, S. 344–477, insbesondere S. 399 (Google Books).
  7. Th. Gesteschi: Konstruktion landwirtschaftlicher Bauwerke, Springer, Berlin 1930, S. 35 (Google Books)
  8. a b Die Gemeinde Raddatz im ehemaligen Kreis Neustettin in Pommern (Gunthard Stübs und Pommersche Forschungsgemeinschaft, 2011).
  9. Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 4: P–S, Halle 1823, S. 103, Ziffer 89 (Google Books).
  10. Friedrich von Restorff: Topographische Beschreibung der Provinz Pommern mit einer statistischen Uebersicht, Nicolaische Buchhandlung, Berlin und Stettin 1827, S. 306, Ziffer 54 (Google Books).
  11. Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats (Kraatz, Hrsg.), Berlin 1856, S. 493 (Google Books).
  12. Preußisches Finanzministerium: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Köslin (6. Kreis Neustettin). Berlin 1866, S. 26–33, Ziffer 179–180 (Google Books).
  13. a b Königliches statistisches Bureau (Hrsg.): Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Pommern und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Berlin 1874, S. 98–99, Ziffer 88 (Google Books) und S. 104–105, Ziffer 215 (Google Books).
  14. Königliches statistisches Bureau (Hrsg.): Gemeindelexikon für das Königreich Preußen. Aufgrund der Materialien der Volkszählung vom 1. Dezember 1885 und anderer Quellen. Band IV: Provinz Pommern, Berlin 1888, S. 110–111, Ziffer 92 (Google Books) und S. 116–117, Ziffer 228 (Google Books).
  15. Landkreis Neustettin - gemeindeverzeichnis.de (U. Schubert, 2022)
  16. a b Michael Rademacher: Provinz Pommern – Landkreis Neustettin. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  17. Franz Kugler: Pommersche Kunstgeschichte (= Baltische Studien, Band 8, 1. Heft). Stettin 1840, S. 255–256 (digitale-bibliothek-mv.de).
  18. Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule und Haus, Band 33, Stuttgart 1891, S. 171 (Google Books).
  19. Franz Kugler: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte, Teil I, Ebner & Seubert, Stuttgart 1853, S. 831–832 (Google Books).

Koordinaten: 53° 42′ N, 16° 32′ O