RFA One

Trägerrakete des bayerischen Raumfahrtunternehmen Rocket Factory Augsburg (RFA)
RFA One
Typ leichte Trägerrakete
Land Deutschland Deutschland
Betreiber Rocket Factory Augsburg
Hersteller Rocket Factory Augsburg
Status in Entwicklung
Aufbau
Höhe 30 m[1]
Durchmesser 2 m
Stufen 3
Starts
Erststart Sommer 2024 (angestrebt)[2]
Startplatz Saxavord Spaceport
Raumfahrtzentrum Guayana
Nutzlastkapazität
Kapazität SSO 1300 kg (500-km-Orbit)[3]
Kapazität GTO 450 kg[3]
Kapazität Mond 300 kg[3]

Die RFA One ist eine in Entwicklung befindliche, dreistufige Trägerrakete des deutschen Raumfahrtunternehmens Rocket Factory Augsburg. Sie ist hauptsächlich für den Transport von Klein- und Kleinstsatelliten in niedrige Erdumlaufbahnen vorgesehen. Ein erster Flug wurde zunächst für 2022 angekündigt, dann für 2023 und dann für 2024.

Aufbau und Daten Bearbeiten

 
Prototyp der zweiten Raketenstufe der RFA One[4]
 
Helix-Triebwerk während eines Testlaufs

Beschreibung Bearbeiten

Die RFA One ist als dreistufige Rakete mit Flüssigkeitstriebwerken geplant, die bis zu 1300 kg Nutzlast in eine sonnensynchrone Umlaufbahn in einer Höhe von 500 km bringen kann. Die Höchstnutzlast für eine geostationäre Transferbahn beträgt 450 kg vorgesehen.[3] Die Rakete soll etwa 30 Meter lang werden, bei einem Durchmesser von zwei Metern.[5][3]

Die erste Stufe soll von neun Triebwerken des Typs Helix angetrieben werden, die jeweils eine Schubkraft von 100 kN aufweisen. Die zweite Stufe nutzt eine fürs Vakuum modifizierte Variante desselben Triebwerks. Als Treibstoff sollen jeweils RP-1 und flüssiger Sauerstoff dienen.[1][6] Die Triebwerke sollten ursprünglich nach dem Gasgenerator-Verfahren arbeiten;[7] im Laufe des Jahres 2020 wechselte man jedoch zu einem sauerstoffreichen gestuften Verbrennungszyklus. Diese Triebwerkstechnologie bietet einen höheren spezifischen Impuls und kam bisher bei europäischen Raketen noch nicht zum Einsatz.[8] Verschiedene Komponenten des Triebwerks wie beispielsweise die Turbopumpe kauft RFA bei dem ukrainischen Unternehmen Juschmasch ein, um die Entwicklungszeit zu verkürzen.[9]

Die dritte Stufe, auch Redshift genannt, soll gleichzeitig als „Orbital Transfer Vehicle“ (Raumschlepper) fungieren, das mehrere Satelliten im gewünschten Orbit platzieren kann. Da sich das Triebwerk des Raumschleppers wiederholt zünden lässt, ist dieser in der Lage innerhalb eines Flugs verschiedene Orbits zu erreichen. Das OTV wird ein bisher unspezifiziertes, nicht mit Hydrazin betriebenes Triebwerk nutzen.[10][1]

Datentabelle Bearbeiten

Erste Stufe Zweite Stufe Dritte Stufe Nutzlastsektion
Höhe ca. 30 m
Durchmesser 2 m
Triebwerke 9 × Helix 1 × Helix 1 × Fenix
Schub 900 kN 100 kN 1,5 kN[11]
Treibstoff RP-1 Nitromethan
Oxidator Flüssigsauerstoff N2O
Nutzlast[3] 1300 kg nach 500 km SSO
860 kg nach 2000 km polar
500 kg nach 6000 km MEO
450 kg nach GTO
150 kg nach GEO
300 kg zum Mond

Entwicklung und Produktion Bearbeiten

Die Rakete soll in Serienproduktion gefertigt werden und möglichst viele kommerzielle Standardbauteile enthalten, wodurch relativ geringe Produktions- und somit auch Startkosten erreicht werden sollen. Zentrale Komponenten der Triebwerke der ersten beiden Stufen sollen 3D-gedruckt werden. Langfristig wird angestrebt, die erste Stufe zu bergen und wiederzuverwenden.[1][10]

Im März 2021 führte RFA einen achtsekündigen Triebwerkstest durch,[12] im August einen kryogenen Drucktest der ersten Stufe.[1][13] Mitte 2022 fanden in Kiruna (Schweden) erste Tests eines Helix-Triebwerks mit insgesamt 74 Sekunden Brenndauer statt.[14] Die zweite Stufe wurde im Mai 2023 für den Flugbetrieb zertifiziert, nachdem sie ein Testregime mit 280 Sekunden Brenndauer durchlief.[15]

Hersteller Bearbeiten

Die Rocket Factory Augsburg AG mit Sitz in Augsburg wurde 2018 durch MT Aerospace, einer Tochter des Bremer Raumfahrtunternehmens OHB gegründet.[5] RFA gewann im April 2022 beim „Microlauncher-Wettbewerb“ der Deutschen Raumfahrtagentur 11 Millionen Euro.[16][17] Anfang August 2023 wurde bekanntgegeben, dass der Finanzinvestor KKR für 30 Mio. Euro eine Mehrheitsbeteiligung an RFA übernehmen werde.[18]

Startplätze Bearbeiten

Folgende Startplätze sind oder waren bislang für die RFA One im Gespräch:

Geplante Starts Bearbeiten

Die unten genannten Termine sind zum Teil veraltet, da die Entwicklung der Rakete sich verzögerte und der Erstflug entsprechend verschoben wurde.

Datum Startplatz 123456789Nutzlast (Zweck)1234567890 Orbit Anmerkungen
Sommer 2024[26][27] Saxavord Deutschland  AllBertEinStein (Kunstmeteoriten)
Italien  Artica (Technologieerprobung)
Deutschland  Curium Two (Technologieerprobung)
Deutschland  Erminaz (6 PocketQubes)
Deutschland  PCIOD (Technologieerprobung)
Italien  Spacemind (Technologieerprobung)
Deutschland  Spacedream (Technologieerprobung)
500 km SSO Testflug
Ende 2024[28] Saxavord Deutschland  Midas (Forschung)
Deutschland  Spacemast (Kamera)
Bulgarien  Platform-9 (Technologieerprobung)
Deutschland  Vibes Pioneer (Hochschulprojekt)
Polen  PW3-Sat3 (Hochschulprojekt)
Deutschland  Flamingo (Technologieerprobung)
Spanien  3Cat-8 (Hochschulprojekt)
Deutschland  Move-Beyond (Hochschulprojekt)
500 km SSO Testflug
4. Quartal 2023[29]
(veraltet)
Vereinigte Arabische Emirate  Test-Mondorbiter von Plus Ultra GTO
2024 (veraltet) Schweden  Satellit(en) für OHB Sweden[30]
2024 (veraltet) Deutschland  Satellit(en) für OHB Cosmos[31]
2025 Luxemburg  Satellit(en) für Luxspace[31]

Weitere gebuchte Nutzlasten, die mit anderen Satelliten zu Rideshare-Missionen zusammengefasst werden könnten:

  • Vereinigte Arabische Emirate  Supreme – Technologieerprobungssatellite für Neutron Star Systems[32]
  • Vereinigte Arabische Emirate  E.T.PACK – Technologieerprobungssatellit für SENER Aeroespacial[33]

Für den ersten Start, der ursprünglich Ende 2022 vom Andøya Space Center erfolgen sollte, war als Nutzlast ein Technologieerprobungssatellit des ukrainischen Unternehmens Lunar Research Service angekündigt.[34] Diese Nutzlast wurde später nicht mehr erwähnt.

Weblinks Bearbeiten

Commons: RFA One – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • RFA One auf der Website der Rocket Factory Augsburg

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e Adrian Beil: German startup Rocket Factory Augsburg successfully performs critical tests ahead of 2022 debut. In: NASASpaceFlight.com. 30. August 2021, abgerufen am 16. November 2021 (amerikanisches Englisch).
  2. Rocket Factory Augsburg perceives historic moment for European launch industry. Spacenews, 15. November 2023.
  3. a b c d e f Informationen zur geplanten Rakete RFA One, abgerufen am 30. Dezember 2022.
  4. Senkrechtstarter: Orbitalraketen aus Deutschland? Raketenfabrik-Führung (ab 0:06:15) auf YouTube, 16. April 2021, abgerufen am 24. April 2023.
  5. a b c Dieter Sürig: Die Senkrechtstarter aus Augsburg. In: Süddeutsche Zeitung. Abgerufen am 12. August 2020.
  6. Helix" - public names RFA engine. RFA, 10. März 2022.
  7. RFA-Präsentation zum Space Innovation Forum in Kiruna (PDF, 3 MB); 11. März oder 3. November 2020.
  8. Rocket Factory Augsburg - RFA auf LinkedIn. Abgerufen am 30. Dezember 2022.
  9. Stellungnahme der Rocket Factory Augsburg. golem.de, 8. März 2021.
  10. a b Rocket Factory Augsburg AG: German Microlauncher start-up Rocket Factory announces unrivalled low price of EUR 3 million per rocket launch. 12. Februar 2021, abgerufen am 16. November 2021 (englisch).
  11. Andrew Parsonson: European Rocket Propulsion Index - European Spaceflight. 30. August 2022, abgerufen am 21. März 2024 (amerikanisches Englisch).
  12. 8 Seconds Hot Fire Test - RFA, Video auf youtube.com
  13. Cryogenic Burst Test - RFA, Video auf youtube.com
  14. newsroom, newsroom: RFA Fires Helix Engine for 74 Seconds. In: SpaceQuip Journal. 15. August 2022, abgerufen am 26. Oktober 2022 (amerikanisches Englisch).
  15. Monica Arizaga: 280 seconds! RFA completes full duration. In: Rocket Factory Augsburg. 2. Juni 2023, abgerufen am 2. Juni 2023 (amerikanisches Englisch).
  16. DLR – Finale für den Mikrolauncher-Wettbewerb. Abgerufen am 26. Oktober 2022.
  17. Tim Janssen: Trägerraketen aus Augsburg. Hrsg.: Raumfahrt Concret. Nr. 112. Iniplu 2000, Neubrandenburg Juni 2020, S. 22–25.
  18. Handelsblatt: KKR steigt bei Raumfahrtfirma OHB ein – Rückzug von der Börse, 7. August 2023
  19. Rocket Factory Augsburg signs agreement with Andøya Space for maiden flight. OHB-Pressemeldung vom 28. September 2020.
  20. Maiden flight of RFA ONE to launch LRS´s mission. Abgerufen am 19. November 2021.
  21. Erster Raketenstart der Rocket Factory Augsburg findet in Schottland statt, B4Bschwaben.de, 24. Januar 2023
  22. News Desk: Rocket Factory Augsburg to launch from Kourou Space Center. In: Geospatial World. 21. Juni 2023, abgerufen am 4. Juli 2023 (amerikanisches Englisch).
  23. Aria Alamalhodaei: Rocket Factory Augsburg aims to launch from French Guiana in 2025. In: TechCrunch. 21. Juni 2023, abgerufen am 4. Juli 2023 (amerikanisches Englisch).
  24. Stefan Lakeband: Deutscher Weltraumbahnhof: Pläne für Raketenstarts in der Nordsee. In: Weser-Kurier. Abgerufen am 12. August 2020.
  25. Startseite – German Offshore Spaceport Alliance.
  26. Rocket Factory Augsburg perceives historic moment for European launch industry. Spacenews, 15. November 2023.
  27. Fully booked! DLR selects seven customers for RFA´s inaugural flight. RFA, 6. Dezember 2022.
  28. RFA flies eight customers on second flight. RFA, 23. November 2023.
  29. Plus Ultra Space Outpost and RFA sign agreement for GTO launch – Rocket Factory Augsburg. Abgerufen am 22. Januar 2022 (amerikanisches Englisch).
  30. OHB Sweden unterzeichnet Launch Service Vertrag mit Rocket Factory Augsburg. OHB-Pressemeldung vom 31. März 2021.
  31. a b Rocket Factory Augsburg signs further launch contracts. OHB-Pressemeldung vom 27. April 2021.
  32. Neutron Star Systems and RFA sign agreement for demonstrator mission – Rocket Factory Augsburg. Abgerufen am 22. Januar 2022 (amerikanisches Englisch).
  33. Rocket Factory Augsburg and SENER Aeroespacial sign launch service agreement – Rocket Factory Augsburg. Abgerufen am 22. Januar 2022 (amerikanisches Englisch).
  34. Maiden flight of RFA ONE to launch LRS´s mission. RFA-Pressemeldung vom 18. November 2021.