Quantenelektrodynamik

Modellsystem des Elektromagnetismus

Die Quantenelektrodynamik (QED) ist im Rahmen der Quantenphysik die quantenfeldtheoretische Beschreibung des Elektromagnetismus.

AllgemeinesBearbeiten

Die QED gibt eine Beschreibung aller Phänomene, die von geladenen Punktteilchen, wie Elektronen oder Positronen, und von Photonen verursacht werden. Sie enthält die klassische Elektrodynamik als Grenzfall starker Felder bzw. hoher Energien, bei denen die möglichen Messwerte als kontinuierlich angesehen werden können. Von tieferem Interesse ist allerdings die Anwendung auf mikroskopische Objekte, wo sie etwa Quantenphänomene erklärt, wie die Struktur von Atomen und Molekülen. Daneben umfasst sie Vorgänge der Hochenergiephysik, wie die Erzeugung von Teilchen durch ein elektromagnetisches Feld. Eines ihrer besten Ergebnisse ist die Berechnung des anomalen magnetischen Moments des Elektrons, die auf 11 Dezimalstellen mit dem experimentell bestimmten Wert übereinstimmt (Landé-Faktor).[1] Damit ist die QED heute eine der am genauesten experimentell überprüften Theorien.[2][3]

Die QED beschreibt die Wechselwirkung eines Spinorfeldes mit Ladung -e, welches das Elektron beschreibt, mit einem Eichfeld, welches das Photon beschreibt. Man erhält ihre Bewegungsgleichungen aus der Elektrodynamik durch Quantisierung der maxwellschen Gleichungen. Die Quantenelektrodynamik erklärt mit hoher Genauigkeit die elektromagnetische Wechselwirkung zwischen geladenen Teilchen (z. B. Elektronen, Myonen, Quarks) mittels des Austauschs virtueller Photonen sowie die Eigenschaften elektromagnetischer Strahlung.

Die QED war die erste Quantenfeldtheorie, bei der die Schwierigkeiten einer konsistenten quantentheoretischen Beschreibung von Feldern und der Erzeugung und Auslöschung von Teilchen befriedigend gelöst wurden. Die Schöpfer dieser in den 1940er Jahren entwickelten Theorie wurden mit der Verleihung des Nobelpreises für Physik an Richard P. Feynman, Julian Schwinger und Shin’ichirō Tomonaga im Jahr 1965 gewürdigt.

Lagrange-DichteBearbeiten

Die fundamentale Funktion der Quantenfeldtheorie ist die Lagrangedichte  :

 

In der Formel:

  • Das freie Spinorfeld   gehorcht der Dirac-Gleichung und beschreibt Fermionen wie Elektronen oder Quarks.
  • Das Photonenfeld   gehorcht den Maxwell-Gleichungen.
  • Der Feldstärketensor   ist eine Abkürzung für  .

Die physikalischen freien Parameter der Quantenelektrodynamik sind

  • die (nackten) Massen   der einzelnen Objekte
  • deren (nackten) Kopplungskonstanten  , die im Falle der Quantenelektrodynamik zur klassischen elektrischen Ladung korrespondiert.

Die Lagrangedichte der Quantenelektrodynamik ist so konzipiert, dass sie aus der Lagrangedichte des freien Spinorfeldes und des freien Photonfeldes entsteht, wenn zusätzlich die lokale Eichinvarianz gefordert wird, welche sich in einem Kopplungsterm manifestiert (vgl. Dirac-Gleichung).

Insbesondere ist die Lagrangedichte der Quantenelektrodynamik der maximale Ausdruck, der alle u. g. Kriterien erfüllt, d. h. kein Term kann hinzugefügt werden, der die Bedingungen nicht verletze.

Die Quantenelektrodynamik ist eine relativistische Eichtheorie auf Basis der unitären Gruppe   (Kreisgruppe), sodass folgende Bedingungen erfüllt sein müssen:

Bedeutung der EichtransformationenBearbeiten

Die Transformation   ist die klassische lokale Eichtransformation der elektromagnetischen Potentiale   und  , die den Wert des elektrischen Feldes   bzw. der magnetischen Flussdichte   nicht verändert.

Die dazu korrespondierende Transformation   hingegen beschreibt eine lokale Änderung der Phase ohne direktes Analogon in der klassischen Physik. Die Invarianz der Lagrangedichte unter dieser Phasenänderung führt nach dem Noether-Theorem jedoch zur Erhaltungsgröße des Dirac-Stroms   mit der Kontinuitätsgleichung  .

Die Forderungen nach Eichinvarianz, Lorentz-Invarianz und Renormierbarkeit der Lagrangedichte führen darüber hinaus zur Aussage, dass das Photon masselos ist, da ein renormierbarer skalarer Masseterm für das Photon   nicht eichinvariant ist.

BewegungsgleichungenBearbeiten

Die Lagrange-Dichte führt über die Lagrange-Gleichung zu den Bewegungsgleichungen für die Feldoperatoren:

 
 

Dabei stellt das zweite Gleichungssystem genau die Maxwell-Gleichungen in Potentialform dar, wobei die klassische elektromagnetische Vierer-Stromdichte durch den Dirac-Strom ersetzt wurde.

Einordnung der QuantenelektrodynamikBearbeiten

Fundamentale Wechselwirkungen und ihre Beschreibungen
(Theorien in frühem Stadium der Entwicklung sind grau hinterlegt.)
Starke Wechselwirkung Elektromagnetische Wechselwirkung Schwache Wechselwirkung Gravitation
klassisch Elektrostatik Magnetostatik Newtonsches Gravitationsgesetz
Elektrodynamik Allgemeine Relativitätstheorie
quanten-
theoretisch
Quanten­chromodynamik
(Standardmodell)
Quanten­elektrodynamik Fermi-Theorie Quanten­gravitation (?)
Elektroschwache Wechselwirkung
(Standardmodell)
Große vereinheitlichte Theorie (?)
Weltformel („Theorie von Allem“) (?)

LiteraturBearbeiten

ArtikelBearbeiten

  • Eugene D. Commins: Electron Spin and Its History. In: Annual Review of Nuclear and Particle Science. Band 62, Nr. 1, 23. November 2012, S. 133–157, doi:10.1146/annurev-nucl-102711-094908 (englisch).
  • Sammlung relevanter (historischer) Fachpublikationen als Buch: Julian Schwinger (Hrsg.): Selected Papers on Quantum Electrodynamics (= Dover books on engineering and engineering physics). Dover, New York 1958, ISBN 978-0-486-60444-2 (englisch).

FachbücherBearbeiten

SachbücherBearbeiten

  • Silvan S. Schweber: QED and the men who made it: Dyson, Feynman, Schwinger, and Tomonaga (= Princeton series in physics). Princeton University Press, Princeton, NJ 1994, ISBN 978-0-691-03685-4 (englisch).
  • Richard P. Feynman: QED: die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (= Piper. Band 31316). Ungekürzte Taschenbuchausgabe Auflage. Piper, München 2018, ISBN 978-3-492-31316-2 (Originaltitel: QED: The Strange Theory of Light and Matter. 1985.).

KlassikerBearbeiten

  • L. D. Landau, E. M. Lifschitz: Quantenelektrodynamik (= Lehrbuch der theoretischen Physik. Band 4). Unveränderter Nachdruck der 7., ergänzten Auflage 1991. Europa-Lehrmittel, 2020, ISBN 978-3-8085-5632-0.
  • Richard P. Feynman, Albert R. Hibbs, Daniel F. Styer: Quantum Mechanics and Path Integrals. Emended edition Auflage. Dover Publications, Mineola, NY 2010, ISBN 978-0-486-47722-0 (englisch, Originaltitel: Quantum Mechanics and Path Integrals. 1965.).
  • V. B. Berestetskii, A. I. Akhiezer: Quantum Electrodynamics (= R. E. Marshak [Hrsg.]: Interscience monographs and texts in physics and astronomy). 2. Auflage. Interscience Publishers (John Wiley & Sons), 1965 (englisch, archive.org).
  • Richard P. Feynman: Quantum Electrodynamics - A Lecture Note and Reprint Volume (= Frontiers in Physics). Benjamin, 1961 (englisch, archive.org).

VideosBearbeiten

WeblinksBearbeiten

Wiktionary: Quantenelektrodynamik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

EinzelnachweiseBearbeiten

  1. Frank Wilczek: Quantum Field Theory. In: Reviews of Modern Physics. Band 71, Nr. 2, 1. März 1999, ISSN 0034-6861, S. S85–S95, doi:10.1103/RevModPhys.71.S85, arxiv:hep-th/9803075v2 (englisch).
  2. V. W. Hughes, T. Kinoshita: Anomalous g values of the electron and muon. In: Reviews of Modern Physics. Band 71, Nr. 2, 1. März 1999, ISSN 0034-6861, S. S133–S139, doi:10.1103/RevModPhys.71.S133 (englisch).
  3. Dr. Bernold Feuerstein: Quantenelektrodynamik auf dem Prüfstand. In: Informationsdienst Wissenschaft. Max-Planck-Institut für Kernphysik, 8. Juli 2011, abgerufen am 26. Februar 2023.