Provinzen Japans
Seit dem Altertum ist Japan in Provinzen (国 kuni, dt. „Länder“) unterteilt.
Ab dem Mittelalter wurden die Provinzen als politische Landesgliederung zunehmend von feudalen Fürstentümern verdrängt und waren spätestens mit dem vollständigen Zusammenbruch der einheitlichen staatlichen Ordnung in den Bürgerkriegen des 16. Jahrhunderts überkommen, wurden als primäre geographische Einteilung Japans aber durchgehend weiter genutzt und auch als Verwaltungseinheiten nie formal abgeschafft. Die zum Ende hauptsächlich zeremoniellen Verwaltungsfunktionen der Provinzen wurden erst in der Meiji-Restauration im 19. Jahrhundert endgültig abgeschafft, und die zunächst als direkte Nachfolger der Feudalgliederung eingerichteten Präfekturen wurden zur ausschließlichen politischen Landesgliederung. Nachdem sie sich in mehreren Fusions- und Grenzbereinigungswellen territorial stabilisiert und vielerorts den Provinzgrenzen angenähert hatten, ersetzten die Präfekturen die Provinzen seit dem späten 19. Jahrhundert auch zunehmend als primärer geographischer Bezugsrahmen. Aber gelegentlich werden Provinzen als geographische Bezeichnungen auch heute noch verwendet.
GeschichteBearbeiten
Als Verwaltungseinheiten des KaiserhofsBearbeiten
Die Provinzen wurden im Altertum sowohl als administrative Einheiten und geografische Regionen etabliert. Jede Provinz wurde weiter in gun (früher kōri) unterteilt.
Die Provinzen wurden in Kinai (in der Hauptstadt) und 7 oder – mit Hokkaidō, eine neuzeitliche Ergänzung – 8 dō („Routen, Wege“, weniger wörtlich „Großlandschaften, Reichskreise“; vgl. chinesische Dao) eingeteilt. Diese Einteilung wurde Gokishichidō genannt. Dō entsprachen in diesem Zusammenhang jedoch noch nicht frühneuzeitlich-modernen Verkehrswegen (Kaidō) wie dem Tōkaidō von Tōkyō nach Kyōto oder Kōbe.
Die obersten Provinzbeamten inkl. des Gouverneurs wurden Kokushi, älter auch kuni no tsukasa, genannt und die Hauptstädte Kokufu.
Als geographische LandeseinteilungBearbeiten
In der späten Muromachi-Zeit wurde ihre Funktion als Verwaltungseinheiten allmählich völlig durch die Ländereien der Sengoku-Daimyō verdrängt. Unter der Herrschaft von Toyotomi Hideyoshi wurden die Provinzen endgültig durch die Lehen der Daimyō abgelöst. Die Lehen der Edo-Zeit werden nachträglich als Han bezeichnet. Die Provinzen verblieben als geografische Regionsbezeichnung und die Bevölkerung gab einen bestimmten Ort oft mit der Kombination aus Provinz und Han an.
Im Boshin-Krieg und während der Meiji-Restauration wurden ab 1868 die Shōgunatsterritorien und einige wenige Rebellen- (bzw. Shogunatsloyalisten-)Han durch Fu (städtische Präfekturen) und Ken (ländliche Präfekturen) ersetzt und die übrigen Han zunächst als administrative Einheiten legitimiert, aber 1871 sämtlich durch Ken ersetzt. Als Teil des Adress-Systems wurden die Provinzen nicht abgeschafft, sondern spielten eine noch wichtigere Rolle. 1871 gab es 304 Präfekturen und 68 Provinzen (ohne Hokkaidō und die Provinz Ryūkyū). Die vielen Präfekturen entsprachen zunächst den feudalen Vorgängern mit ihren komplizierten Grenzen und zahlreichen En- und Exklaven, ihre Grenzen stimmten daher meist nicht mit denen der Provinzen überein. Ausnahmen waren einige große Han/Präfekturen, vor allem solche von mächtigen „äußeren“ Tozama-Daimyō, die auch unter den Tokugawa komplette Provinzen beherrscht hatten. Anschließend wurden die Präfekturen in mehreren Wellen fusioniert, geteilt und ihre Grenzen verschoben. Bis zum Ende der 1880er Jahre wurden dadurch im Wesentlichen die heutigen 47 Präfekturen gebildet, deren Grenzen an vielen Stellen mit denen der Provinzen deckungsgleich sind. Erst nach dieser Konsolidierung der Präfekturen konnten sie die Provinzen als geographischer Bezugsrahmen weitgehend ersetzen.
Bis heute sind die Provinzen durch kein Gesetz abgeschafft, sie werden aber als veraltet angesehen. Ihre Namen werden jedoch noch immer oft als Teil von geografischen Bezeichnungen, Firmennamen und Marken verwendet. So schlug der Gouverneur der Präfektur Nagano noch Anfang des 21. Jahrhunderts die Umbenennung seiner Präfektur in Shinshū vor (ein aus der Provinz Shinano abgeleiteter Name).
ProvinzenBearbeiten
Provinzen in der Kamakura-Zeit bis 1868
KinaiBearbeiten
- Provinz Yamashiro (in dieser Provinz liegt Kyōto)
- Provinz Yamato (damals Sitz des Kaisers)
- 716–738:
- Provinz Yamato
- Yoshino-gen
- 716–738:
- Provinz Kawachi
- Provinz Izumi (716 als Izumi-gen von Kawachi abgetrennt, 740 zu Kawachi, 757 wieder abgetrennt)
- Provinz Settsu
Tōkaidō (東海道, dt. „Östliche-See-Route“)Bearbeiten
- Provinz Iga
- Provinz Ise
- Provinz Shima (im 8. Jahrhundert von Ise abgetrennt)
- Provinz Owari
- Provinz Mikawa
- Provinz Tōtōmi
- Provinz Suruga
- Provinz Izu
- Provinz Kai
- Provinz Sagami
- Provinz Musashi (vor 771 in Region Tōsandō)
- Provinz Awa (718 von Kazusa abgetrennt, 741 zu Kazusa, 757 wieder abgetrennt)
- Provinz Kazusa (Teil der alten Provinz Fusa)
- Provinz Shimousa (Teil der alten Provinz Fusa)
- Provinz Hitachi
Tōsandō (東山道, dt. „Östliche-Gebirgs-Route“)Bearbeiten
- Provinz Ōmi
- Provinz Mino
- Provinz Hida
- Provinz Shinano
- 721–731:
- Provinz Shinano
- Provinz Suwa
- 721–731:
- Provinz Kōzuke (Teil der alten Provinz Kenu)
- Provinz Shimotsuke (Teil der alten Provinz Kenu)
- Provinz Musashi (771 zur Region Tōkaidō)
- Provinz Dewa
- ab 1869:
- Provinz Mutsu
- um 718:
- Provinz Mutsu
- Provinz Iwaki
- Provinz Iwase
- ab 1869:
- Provinz Rikuō (Mutsu)
- Provinz Rikuchū
- Provinz Rikuzen
- Provinz Iwaki
- Provinz Iwashiro
- um 718:
Hokurikudō (北陸道, dt. „Nördliche-Land-Route“)Bearbeiten
- Provinz Wakasa
- Provinz Echizen (Teil der alten Provinz Koshi)
- Provinz Kaga (823 von Echizen abgetrennt)
- Provinz Noto (718 von Echizen abgetrennt, 741 zu Etchū, 757 wieder abgetrennt)
- Provinz Etchū (Teil der alten Provinz Koshi)
- Provinz Echigo (Teil der alten Provinz Koshi)
- Provinz Sado
San’indō (山陰道, dt. „Gebirgsrücken-Route“)Bearbeiten
- Provinz Tamba
- Provinz Tango (713 von Tamba abgetrennt)
- Provinz Tajima
- Provinz Inaba
- Provinz Hōki
- Provinz Izumo
- Provinz Iwami
- Provinz Oki
San’yōdō (山陽道, dt. „Gebirgsfront-Route“)Bearbeiten
- Provinz Harima
- Provinz Bizen (Teil der alten Provinz Kibi)
- Provinz Bitchū (Teil der alten Provinz Kibi)
- Provinz Bingo (Teil der alten Provinz Kibi)
- Provinz Mimasaka (713 von Bizen abgetrennt)
- Provinz Aki
- Provinz Suō
- Provinz Nagato
Nankaidō (南海道, dt. „Südliche-See-Route“)Bearbeiten
Saikaidō (西海道, dt. „Westliche-See-Route“)Bearbeiten
- Provinz Buzen (Teil der alten Provinz Toyo)
- Provinz Bungo (Teil der alten Provinz Toyo)
- Provinz Chikuzen (Teil der alten Provinz Tsukushi)
- Provinz Chikugo (Teil der alten Provinz Tsukushi)
- Provinz Hizen (Teil der alten Provinz Hi)
- Provinz Higo (Teil der alten Provinz Hi)
- Provinz Hyūga
- Provinz Ōsumi (713 von Hyūga abgetrennt)
- 702–824:
- Provinz Ōsumi
- Provinz Tane
- 702–824:
- Provinz Satsuma (702 von Hyūga abgetrennt)
- Provinz Iki
- Provinz Tsushima
- Provinz Ryūkyū (War bis zur Meiji-Restauration ein Vasallenstaat des japanischen Lehens Satsuma. 1871 ging es in der Präfektur Kagoshima auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es von den USA beherrscht. 1972 erfolgte die Rückgabe an Japan als Provinz und kurz danach die Einrichtung der Präfektur Okinawa.)
Hokkaidō (北海道, dt. „Nördliche-See-Route“)Bearbeiten
WeblinksBearbeiten
Detailkarten der Provinzen zu verschiedenen Zeiten finden sich auf: