Prazepam ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Benzodiazepine mit beruhigenden, angstdämpfenden, schlaffördernden, sowie zentral muskelrelaxierenden und antikonvulsiven Wirkungen.[3]

Strukturformel
Strukturformel von Prazepam
Allgemeines
Name Prazepam
Andere Namen

7-Chlor-1-(cyclopropylmethyl)-1,3-dihydro-5-phenyl-2H-1,4-benzodiazepin-2-on

Summenformel C19H17ClN2O
Kurzbeschreibung

weißer Feststoff mit charakteristischem Geruch[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 2955-38-6
EG-Nummer 220-975-8
ECHA-InfoCard 100.019.069
PubChem 4890
ChemSpider 4721
DrugBank DB01588
Wikidata Q2149443
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N05BA11

Eigenschaften
Molare Masse 324,80 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[2]

Schmelzpunkt

147–148 °C[2]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[2]
Toxikologische Daten

> 4000 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[2]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Es gehört zu den langwirksamen Benzodiazepinen.

Pharmakodynamik Bearbeiten

Prazepam wirkt wie alle Vertreter aus der Gruppe der Benzodiazepine am GABAA-Rezeptor durch Erhöhung der Affinität des inhibitorisch wirkenden Neurotransmitters GABA und schließlich durch Erhöhung des Einstroms von Chloridionen, was durch Hyperpolarisation und Kurzschluss von EPSPs zu einer geringeren Erregbarkeit der Neuronenmembran führt.[4] Insbesondere die muskelrelaxierende Wirkung von GABA wird verstärkt. Die Hemmungskonstante für Prazepam liegt bei 110 nM−1, für Nordazepam bei 10 nM−1.[5]

Pharmakokinetik Bearbeiten

Nach Einnahme von Prazepam wird es durch das Cytochrom P450 CYP3A4 zuerst zu Nordazepam (Hauptmetabolit),[3] danach zu Oxazepam metabolisiert. Prazepam ist daher ein Prodrug. Nach Glucuronidierung erfolgt die Ausscheidung über die Niere. Die maximale Plasmakonzentration wird nach 0,5 bis 4 Stunden erreicht, für den Metaboliten Nordazepam nach zwei bis acht Stunden.[5] Die mittlere Plasmahalbwertszeit beträgt für Prazepam etwa 1,3 Stunden und für den Hauptmetaboliten Nordazepam im Mittel 50 bis 80 Stunden, wobei starke individuelle Schwankungen möglich sind.[6]

Indikation Bearbeiten

Prazepam ist angezeigt zur symptomatischen Behandlung von akuten und chronischen Spannungs-, Erregungs- und Angstzuständen.[6][5] Prazepam sollte nur als Schlafmittel verwendet werden, wenn eine Benzodiazepinwirkung am Folgetag erwünscht ist.[5]

Nebenwirkungen Bearbeiten

Prazepam hat wie alle anderen Medikamente aus der Gruppe der Benzodiazepine Nebenwirkungen wie ZNS-Dämpfung (Dämpfung des Sympathikus), Ataxie (Kleinhirn gestört), Sehstörungen (Störungen der Sehkraft), Amnesien, Kopfschmerzen und motorische Verlangsamungen, Lethargie.[7][8][9][10][11] Bei Langzeiteinnahme in hohen Dosen kommt es zu typischen neurologischen Mustern wie Abweichungen der Koordinationskorrektur von Bewegungen. Diese weisen auf eine Störung des Rückkopplungskreises zwischen Kleinhirn und Nucleus ruber hin (klare Hinweise in der Neurologie sind hierfür Finger-Nase-Versuch mit Abweichung). Wie bei allen Benzodiazepinen kann durch Einnahme von Prazepam eine Benzodiazepin-Abhängigkeit entstehen.

Gegenanzeigen und Anwendungsbeschränkungen Bearbeiten

Prazepam darf bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren, Alkohol- oder Drogenabhängigen nicht angewendet werden.[6] Prazepam soll bei Älteren oder Patienten mit komorbiden psychischen Erkrankungen nur mit Vorsicht angewendet werden.[12] In der Schwangerschaft wird die Anwendung nicht empfohlen und sollte nur in Ausnahmefällen bei zwingender Indikation zum Einsatz kommen.[6]

Wechselwirkungen Bearbeiten

Prazepam interagiert mit einigen Arzneistoffen, vor allem Cytochrom P450 3A4-Hemmern wie z. B. Ritonavir[13], Indinavir[13], Nelfinavir[13], Saquinavir[13], Paroxetin, Fluoxetin, Fluvoxamin, Cobicistat oder Valproinsäure. Zusammen mit Muskelrelaxantien verstärken sich im ZNS die inhibierenden Neuronen. Dies führt zu einer Verminderung des Muskeltonus, wodurch erhöhte Sturzgefahr besteht. Dies ist speziell bei älteren Patienten zu bedenken. Opioide oder Hypertensiva (z. B. Morphin, Piritramid oder auch Clonidin) führen zusammen mit Prazepam zur Verminderung des respiratorischen Atemantriebs, was in hohen Dosen oder auch bei vorbelasteten Personen schließlich zur Ateminsuffizienz führen kann. Weitere Medikamente mit gefährlichen Interaktionen sind Trazodon, Risperidon und Levomepromazin.

Vorsichtshalber sollte die gleichzeitige Anwendung von Prazepam mit antiretroviralen Therapien vermieden werden, da Wechselwirkungen einiger Benzodiazepine mit HIV-Proteaseinhibitoren (z. B. Ritonavir, Saquinavir) beobachtet wurden.

Toxizität Bearbeiten

In Tierversuchen zeigt Prazepam bei Embryonen ein verzögertes Wachstum und Schäden in der Entwicklung.[14][15][16]

Handelsnamen Bearbeiten

Handelsnamen für Prazepam sind Demetrin (CH, D, MZ, PT, SA), Centrac, Centrax, Lysanxia, Mono Demetrin, Pozapam, Prasepine, Prazene, Reapam and Trepidan (USA), Lysanxia (B, F), Centrac (GR, IR), Prazene (IT), Trepidan (IT), Reapam (NL), Pozapam (TH), Prasepine (TH).[17]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Prazepam – Sicherheitsdatenblatt gemäß 1907/2006/EG/Artikel 31. (PDF; 53,3 KB) Versionsnummer 4. In: fagron.com. 17. Juli 2014, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. August 2018; abgerufen am 10. August 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/fagron.com
  2. a b c d e Datenblatt Prazepam bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 27. Februar 2017 (PDF).
  3. a b Richard Lawrence Miller: The Encyclopedia of Addictive Drugs. Greenwood Publishing Group, 2002, ISBN 978-0-313-31807-8, S. 388.
  4. Wissenschaft-Online-Lexika: Eintrag zu Benzodiazepine im Lexikon der Neurologie. abgerufen am 28. Mai 2009.
  5. a b c d Franz v. Bruchhausen: Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-57880-9, S. 311.
  6. a b c d Fachinformation Demetrin / Mono Demetrin (Pfizer Pharma PFE GmbH), Stand Juni 2016.
  7. Danion JM, Brion S, Escande M, etal: Treatment of anxiety with prazepam, 40 mg. A controlled study versus lorazepam. In: Encephale. 10. Jahrgang, Nr. 3, 1984, S. 135–138, PMID 6389091 (französisch).
  8. Dièye AM, Sy B, Diarra M, Faye B: Prescription and use of benzodiazepins in Saint-Louis in Senegal: patient survey. In: Ann Pharm Fr. 62. Jahrgang, Nr. 2, März 2004, S. 133–137, PMID 15107731 (französisch, masson.fr).
  9. Shader RI, Pary RJ, Harmatz JS, Allison S, Locniskar A, Greenblatt DJ: Plasma concentrations and clinical effects after single oral doses of prazepam, clorazepate, and diazepam. In: J Clin Psychiatry. 45. Jahrgang, Nr. 10, Oktober 1984, S. 411–3, PMID 6148339.
  10. Ansseau M, von Frenckell R, Jacqmin P: Comparison of sublingual and oral prazepam in normal subjects. I. Clinical data. In: Neuropsychobiology. 18. Jahrgang, Nr. 2, 1987, S. 77–82, doi:10.1159/000118397, PMID 3330182.
  11. J. P. Chabannes, P. Lemoine: [Prazepam drops versus 10 mg prazepam tablets in anxious patients in ambulatory care]. In: Therapie. Band 45, Nummer 6, 1990 Nov-Dec, S. 467–470, PMID 2080484.
  12. N. Authier, D. Balayssac, M. Sautereau, A. Zangarelli, P. Courty, AA. Somogyi, B. Vennat, PM. Llorca, A. Eschalier: Benzodiazepine dependence: focus on withdrawal syndrome. In: Ann Pharm Fr. 67. Jahrgang, Nr. 6, November 2009, S. 408–13, doi:10.1016/j.pharma.2009.07.001, PMID 19900604.
  13. a b c d Flockhart DA: Drug Interactions: Cytochrome P450 Drug Interaction Table. Indiana University School of Medicine, 2007;. Abgerufen am 25. Dezember 2008.
  14. Fox KA, Guerriero FJ: Effect of benzodiazepines on age of vaginal perforation and first estrus in mice. In: Res. Commun. Chem. Pathol. Pharmacol. 21. Jahrgang, Nr. 1, Juli 1978, S. 181–184, PMID 28555.
  15. Guerriero FJ, Fox KA: Benzodiazepines and reproduction of swiss-webster mice. In: Res. Commun. Chem. Pathol. Pharmacol. 13. Jahrgang, Nr. 4, April 1976, S. 601–10, PMID 4863.
  16. Guerriero FJ, Fox KA: Benzodiazepine-induced suppression of estrous cycles in C57BL/6J mice. In: Res. Commun. Chem. Pathol. Pharmacol. 11. Jahrgang, Nr. 1, Mai 1975, S. 155–158, PMID 239442.
  17. Benzodiazepine Names. non-benzodiazepines.org.uk, archiviert vom Original am 8. Dezember 2008; abgerufen am 31. Mai 2009.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.non-benzodiazepines.org.uk