Peter Rehder (Bauingenieur)

deutscher Wasserbauingenieur und preußischer bzw. lübeckischer Baubeamter

Peter Rehder (* 28. April 1843 in Oster-Jork; † 25. April 1920 in Lübeck) war ein deutscher Wasserbauingenieur und preußischer bzw. lübeckischer Baubeamter.[1] Als Wasserbaudirektor der Freien und Hansestadt Lübeck entwickelte er den Plan des Elbe-Lübeck-Kanals.

Peter Rehder

Leben Bearbeiten

Laufbahn Bearbeiten

Einem niedersächsischen Bauerngeschlecht entstammend wuchs Rehder in Oster-Jork in der Provinz Hannover auf, legte sein Abitur am Athenaeum in Stade ab und studierte dann an der Technischen Hochschule Hannover. Nach seinem Studium des Eisenbahn- und Wasserbaus und seinem ersten Staatsexamen, trat Rehder zunächst am 1. April 1867 in den Hannoverschen Wasserbaudienst. In der Inspektion in Emden flickte er als Erstes die von einer Sturmflut zerrissene Insel Borkum wieder zusammen. Zur Planung der Schutzmittel für die im Abbruch liegenden Nordseeinseln wurde er am 28. April 1868 nach Stade versetzt. Dort wurde er mit den laufenden Wasserbauten an Elbe und Oste und mit der Entwurfsbearbeitung einer größeren Entwässerungsanlage betraut.

Rehder trat am 6. März 1869 in den Dienst der für den Bau eines Kriegshafens in Kiel eingesetzten Marinehafenbaudirektion. Während seiner dortigen Tätigkeit legte er seine zweite Staatsprüfung in Berlin ab und wurde am 22. Dezember 1873 zum Regierungsbaumeister ernannt.

Am 15. März 1875 folgte Rehder der wiederholten Aufforderung des lübeckischen Baudirektors Louis Martiny, seines früheren Chefs bei den Kriegshafenbauten, als Diätar in den Lübecker Staatsdienst überzutreten. Hier wurde er am 1. Januar 1879 zum Bauinspektor und nach dem Ableben von Martiny am 30. April 1888 zum Wasserbaudirektor ernannt.

Die Trave hatte 1875 eine Wassertiefe von 4 m mit Krümmungen bis 276 m Halbmesser und die Häfen nur notdürftig befestigte Ufer aufwiesen. Nach seinen Plänen und unter dessen Leitung wichen Wallanlagen und Gärten durch schwere Kaimauern eingefassten und mit Güterschuppen, Gleisanschluss und Löschvorrichtungen ausgerüsteten Hafenanlagen. Diese waren kilometerweit mit Holzlagerplätzen und Fabrikgelände eingesäumt war.

Die sog. „2. Travekorrektion“ für eine Mindestfahrwassertiefe von 5 Metern plante Rehder 1884 und bildete ab 1887 die Grundlage der Hafenerweiterungen. ein Durchstich schaffte die Teerhofinsel und verkürzte die Fahrzeit erheblich. Auf sein Betreiben hin, kaufte der Staat die Uferländereien an und entzog sie somit der Spekulation. In Verbindung mit den zugeschütteten seichten Buchten wurden zu Industriegelände ausgebaut und durch Uferbahnen wie der HochofenwerkDänischburg oder Industriebahn Schlutup aufgeschlossen. Als Martiny verstarb, wurde Rehder für alle Wasserbaumaßnahmen der Stadt zuständig.

Für die Lübecker galt die Teilnahme am Binnenschifffahrts-Kongress in Paris im Juli 1892 der in der Planung und Erbauung des Elbe-Trave-Kanals liegenden Hauptaufgabe im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts. Sie waren durch Hermann Wilhelm Fehling, Emil Possehl, Adolf Brehmer und Kapitän Heitmann als Mitglieder des Kanal-Vereins sowie Rehder als Vertreter des Nautischen Verein Lübecks vertreten. Fehling und Possehl waren zudem auch die Mitglieder der Handelskammer.[2]

 
Grundsteinlegung des Elbe-Trave-Kanals

In dieser Eigenschaft war Rehder auch am 31. Mai 1895 bei der Grundsteinlegung des Kanals. Nach den Schlägen mit dem silbernen Hammer durch Senator Heinrich Klug beschlug Baudirektor Rehder den Granitstein als Letzter und übernahm sein Werk in aller Form mit den Worten: „Bei dem großen und schwierigen Bau bleibe Gunst und Glück mir treu. Das walte Gott.“ worauf Bürgermeister Heinrich Theodor Behn das Schlusswort der Veranstaltung sprach.[3] Zur Eröffnung des Kanals wurde Rehder am 13. Juni 1900 vom Senat per Dekret der Titel Oberbaudirektor verliehen. Rehder plante auch die vom Kaiser drei Tage später eingeweihte Hubbrücke.

Schon während des Kanalbaus beteiligte sich Rehder intensiv an den Verhandlungen über die Erbauung des neuen Hauptbahnhofes. Seine Pläne waren darauf ausgerichtet, die durch die Hafen- und Bahnhofsbauten freiwerdenden Ländereien für den Staat nutzbar zu machen. Sein Projekt zur Erbauung einer Hochbrücke in Höhe der Stuckfähre im Zuge einer zukünftigen Ringstraße scheiterte jedoch an der Bürgerschaft.[4] Die am 10. März 2008 dem Verkehr übergebene Eric-Warburg-Brücke, sie ergänzt das Ringstraßensystem zwischen A 1/Schwartauer Allee und Travemünder Allee im Zuge der sogenannten Nordtangente,[5] beruhte jedoch auf seinen ersten Planungsüberlegungen.

Von 1901 bis 1907 erfolgte die „3. Travekorrektion“ für eine Mindestwassertiefe von 7,50 m. Es erfolgte der Durchstich Gothmund–Großer Avelund und es wurde die Herrenbrücke gebaut.

In seiner mit 7 Karten ausgerüsteten Denkschrift „Die bauliche und wirtschaftliche Ausgestaltung und Nutzbarmachung der Lübeckischen Hauptschiffahrtsstraßen“ für Handel, Industrie und Verkehrsentwicklung entwarf er ein Bauprogramm mit ausgedehntem Freihafengebiet. In den Jahren 1906 bis 1911 hat er auf seine Anregung hin im Auftrag des Senats eine Anschlussmöglichkeit Lübecks und Hamburgs an den Mittellandkanal gesucht. Einen baureifen Entwurf für den Nord-Süd-Kanal hatte er in seiner Denkschrift „Ein Nord-Süd-Kanal“ mit 77 Zeichnungen, Plänen und Kostenanschlägen niedergelegt. Da dieser Entwurf beim preußischen Ministerium nicht die nötige Gegenliebe fand, wollte er die Bedeutung des Kanals vom Reichsdeutschen Standpunkt aus darlegen. Jene Denkschrift wuchs sich zu seiner letzten und größten Arbeit aus. Sie ist in dem Werk „Der Nord-Süd-Kanal und das zukünftige mitteldeutsche Kanalnetz zwischen Weser und Elbe mit Anschlüssen an die Donau und Oder und an den Main und Rhein. Deutsche Seegeltung und Reichswasserstraßen. Eine Kanalstudie für das mittlere Deutschland.“ 1918 erschienen. Hierin forderte er den Anschluss deutscher Seehäfen an das mitteldeutsche Kanalnetz als Gegengewicht zu dem durch den Rhein-Herne-Kanal vorhandenen Anschluss an Rotterdam und Antwerpen. Er zeichnete erstmals die Grundlinien eines einheitlichen deutschen Wasserstraßennetzes.

Außeramtlich war er als Berater Rendsburgs beim Bau des Kaiser-Wilhelm-Kanals (1887–1892), entwarf die Hafen- und Fahrwasserpläne Norrköpings (1902), begutachtete die Hafenpläne für Bergen und Stockholm, sowie seiner nicht mehr vollendeten Arbeit über die topografische Gestaltung und geschichtliche Entwicklung der lübeckischen Gewässer und Schifffahrtsverhältnisse.

Rehder-Plan Bearbeiten

Im Rahmen der industriellen Erweiterung des Lübecker Hafengebiets auf der Wallhalbinsel initiierte Rehder 1884 eine Studie, die den Ausbau des Hafens zum Thema hatte, aus der er wiederum 1905 den sogenannten „Rehder-Plan“ entwickelte. Rehder forderte hiermit einen allgemeinen Umbau des Lübecker Hafens (fokussiert auf neuerrichtete leistungsfähige Hafenbecken im Norden der Lübecker Altstadt) sowie eine industrielle Aufstellung der Traveufer bis nach Travemünde. Besonders relevant für die Neuplanung der Wallhalbinsel war die von Rehder entworfene Drehbrücke, die den Straßen- und Schienenverkehr zur Wallhalbinsel verstärkte. Außerdem mussten im Rahmen der Neuordnung des Hafenareals historische Bauwerke, wie die Lübecker Dröge und das Ratsgießhaus abgerissen werden und nördliche Bastionen wurden ebenfalls in den Jahren 1885–1893 entfernt. Rehder veranlasste zudem eine Neustrukturierung der Lübecker Gleisanlagen und eine Bahndrehscheibe wurde vor dem heutigen Schuppen D erbaut. Ab dem Jahr 1894 wurden zudem zwei parallele Hafenschuppenreihen im Sinne der Lagerung gebaut.

Familie Bearbeiten

Neben seiner Frau hatte er vier Kinder und 12 Enkel.

 

Sein jüngster Sohn, Herrmann, wurde am 16. Juni 1881 in Lübeck geboren. Er besuchte das Katharineum und machte am 13. März 1903 sein Abitur-Examen, studierte Rechtswissenschaften in Freiburg, Berlin und Göttingen. Er bestand im Juli 1907 sein Referendarexamen in Celle mit gut und am 13. November 1911 das Assessorexamen in Hamburg, worauf er am 16. Dezember 1911 in Lübeck zur Rechtsanwaltschaft zugelassen wurde.

Er stellte sich gleich nach der Kriegserklärung. Am Sonntag, den 2. August 1914 ließ er noch sein Töchterchen taufen, und rückte am 3. August ins Feld. Mitte August wurden die Offiziere des in die Vogesen rückenden Reserve-Infanterie-Regiments 109 in Karlsruhe vom Großherzog persönlich verabschiedet.

 
Grabmal auf dem Burgtorfriedhof in Lübeck (Foto: August 2009)

Leutnant Rehder, seit 20. August Bataillonsadjutant, war als einer der Ersten zum Eisernen Kreuz vorgeschlagen worden. Am 29., seinem einjährigen Hochzeitstag, fiel er in einem kleinen Wäldchen in der Nähe des Dorfes Bia Ville bei Brehimont westlich Saint-Michels.[6]

Ehrungen Bearbeiten

Peter Rehder wurde noch zu Lebzeiten vielfältig geehrt.

Preußen verlieh ihm den Roten Adlerorden 3. und 4. Klasse,[7] Großherzogtum Oldenburg das Offizierskreuz des Haus und Verdienstorden des Herzogs Peter Friedrich Ludwig, zur Würdigung seiner Verdienste beim Bau des Kanals ließ ihn der Kaiser durch den lübeckisch österreich-ungarischen Konsul Johannes Joachim August Suckau das Offizierskreuz des Franz-Joseph-Ordens überreichen,[8] von Schweden das Kommandeurskreuz II. Klasse des Wasaordens und von Norwegen wurde er zum Ritter I. Klasse des Sankt-Olav-Ordens ernannt.

1900 erhielt er auf der Weltausstellung in Paris eine goldene Medaille.

Zur Einweihung des Elbe-Trave-Kanals ernannte ihn der Zentralverein für Binnenschiffahrt zu ihrem Ehrenmitglied und vom Senat der Hansestadt Lübeck wurde ihm der Titel Oberbaudirektor verliehen.

Die technische Hochschule in Hannover ernannte Rehder am 12. August 1907 wegen seiner hervorragenden Leistungen im Hafen- und Wasserbau zum Dr.-Ing. h. c.[9] Im gleichen Jahr ernannte ihn das Deutsche Museum in München zum Mitglied des Vorstandsrates, zudem wurde er außerordentliches Mitglied der Akademie des Bauwesens in Berlin.

Bei seinem Ausscheiden aus dem Staatsdienst verlieh ihm Lübeck die große Goldene Medaille „Bene Merenti“.

In der Stadt sind die Brücke über den Kanal zwischen der Hüxtertorallee und der Krähenstraße und das Brückenwärterhaus der von ihm entworfenen Drehbrücke nach ihm benannt.

Schriften (Auswahl) Bearbeiten

  • gemeinsam mit Ludwig Leichtweiß: Denkschrift betreffend Ausbau des Mittellandkanals von Hannover bis Magdeburg. 1918.
  • Sonderführer für Lübeck und den Elbe-Trave-Kanal (Rehder schildert Anlagen für die größere Allgemeinheit)
  • Denkschrift über einen Plan zur Anlage von Reichswasserstraßen (Wasserstraßen, die den kürzesten Weg zu und von den Seehäfen schaffen, natürliche Wasserstraßen durch Überleitung von Kanälen in die Flussschifffahrt und abseitige Kanalstrecken entworfen)
  • „Der Elbe-Trave-Kanal“ (Festschrift zum Entwurf und zur Umsetzung des Elbe-Trave-Kanals)

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Otto Kastorff: Peter Rehder und die Entwicklung der Lübecker Häfen. Lübeck 2008.
  • Hans Rohde: Peter Rehder. In: Alken Bruns (Hrsg.): Lübecker Lebensläufe. Karl Wachholtz Verlag, Neumünster 1993, ISBN 3-529-02729-4, S. 324–326.
  • Deutsche Bauzeitung 54 Jahrgang N035 Berlin, 1. Mai 1920 (Hrsg.: DR-ING. h. c. Albert Hofmann)
  • Oberbaudirektor Dr.-Ing. Rehder †. In: Vaterstädtische Blätter, Jahrgang 1919/20, Nr. 16, Ausgabe vom 9. Mai 1920, S. 61–62.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Peter Rehder – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Nachruf auf Oberbaudirektor Peter Rehder, Deutsche Bauzeitung, 1920, Heft 36, S. 216.
  2. Local- und vermischte Notizen. In Lübeckische Blätter; 34. Jg., Nummer 56, Ausgabe vom 13. Juli 1892, S. 332.
  3. Die Grundsteinlegung des Elbe-Trave-Kanals. In: Lübeckische Blätter; 37. Jg., Nummer 44, Ausgabe vom 2. Juni 1895, S. 297–301.
  4. Wilhelm Dahms: Oberbaudirektor Dr.-Ing. P. Rehder. In: Vaterstädtische Blätter, Jahrgang 1910, Nr. 30, Ausgabe vom 24. Juli 1910, S. 117–118.
  5. Meldung auf HL-live.de
  6. Erinnerungstafel. In: Vaterstädtische Blätter, Jahrgang 1914/15, Nr. 4, Ausgabe vom 25. Oktober 1914, S. 13–15.
  7. Local- und vermischte Notizen. In: Lübeckische Blätter, 31. Jg., Nummer 46, Ausgabe vom 10. Juni 1891, S. 276.
  8. Kleine Notizen. In: Lübeckische Blätter, 42. Jg., Nummer 48, Ausgabe vom 30. November 1902, S. 629.
  9. Wochen-Chronik aus Lübeck und Umgegend. In: Vaterstädtische Blätter, Jahrgang 1907, Nr. 34, Ausgabe vom 18. August 1907, S. 136.