Paratellurit ist ein sehr seltenes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ mit der chemischen Zusammensetzung TeO2. Chemisch gesehen handelt es sich bei Paratellurit um α-Tellurdioxid.

Paratellurit
Paratellurit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1962 s.p.[1]

IMA-Symbol

Ptlr[2]

Chemische Formel α-TeO2
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/D.02
IV/D.02-050

04.DE.25
04.04.03.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem tetragonal
Kristallklasse; Symbol tetragonal-trapezoedrisch; 422
Raumgruppe P43212 (Nr. 96)Vorlage:Raumgruppe/96[3]
Gitterparameter a = 4,81 Å; c = 7,61 Å[3]
Formeleinheiten Z = 4[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 1
Dichte (g/cm3) 5,6
Spaltbarkeit Bitte ergänzen!
Farbe grauweiß bis weiß
Strichfarbe weiß
Transparenz opak
Glanz Fettglanz
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten löslich in starken Säuren; löslich in starken Basen
Besondere Merkmale schmilzt vor dem Lötrohr zu einer roten Kugel; piezoelektrisch[4]

Paratellurit kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem, entwickelt jedoch nur mit bloßem Auge sichtbare, prismatische Kristalle von bis zu 3 mm Größe. Meistens findet er sich in Form feinkörniger, grober Massen. Mit einer Mohshärte von 1 gehört Paratellurit zu den weichen Mineralen die, wie das Referenzmineral Talk, mit dem Fingernagel abgeschabt werden können.

Etymologie und Geschichte Bearbeiten

Benannt wurde das Mineral nach seinem chemischen Hauptbestandteil Tellur. Der Wortstamm kann auf das lateinische Wort Tellus für die Erde sowie das griechische Präfix para, das auch die Bedeutung abweichend oder falsch haben kann, zurückgeführt werden. 1960 wurde Paratellurit von der International Mineralogical Association (IMA) als eigenständiges Mineral anerkannt.

Klassifikation Bearbeiten

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Paratellurit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung der „Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 1 : 2 (MO2 und verwandte Verbindungen)“, wo er zusammen mit Argutit, Kassiterit, Plattnerit, Pyrolusit, Rutil und Tripuhyit die „Rutil-Gruppe“ mit der System-Nr. IV/D.02 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der IMA verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Paratellurit ebenfalls in die Abteilung der „Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 1 : 2 und vergleichbare“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit mittelgroßen Kationen; Mit verschiedenen Polyedern“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 4.DE.25 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Paratellurit in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Oxide“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied/zusammen mit in der unbenannten Gruppe 04.04.03 innerhalb der Unterabteilung „Einfache Oxide mit einer Kationenladung von 4+ (AO2)“ zu finden.

Kristallstruktur Bearbeiten

Paratellurit kristallisiert tetragonal in der Raumgruppe P43212 (Raumgruppen-Nr. 96)Vorlage:Raumgruppe/96 mit den Gitterparametern a = 4,81 Å und c = 7,61 Å, sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Eigenschaften Bearbeiten

Paratellurit ist praktisch nicht in Wasser löslich. Allerdings kann Paratellurit, bedingt durch den amphoteren Charakter des Te(IV)-Ions in starken Säuren (wie HCl oder HNO3) oder starken Basen (wie NaOH) gelöst werden. Die entsprechenden chemischen Reaktionsgleichungen finden sich unter →Tellurdioxid.

Modifikationen und Varietäten Bearbeiten

Tellurdioxid kommt in der Natur in zwei verschiedenen Mineralien vor: Paratellurit (α-TeO2, tetragonal) und Tellurit (β-TeO2, orthorhombisch). Beide Modifikationen sind strukturell sehr ähnlich. Ein, wenn auch unsicheres, Unterscheidungsmerkmal ist ihre Farbe. Während Tellurit häufig eine gelbe Farbe aufweist, ist Paratellurit praktisch immer farblos. Eine genaue Unterscheidung zwischen diesen beiden Modifikationen ist nur durch eine Kristallstrukturanalyse möglich.

Bildung und Fundorte Bearbeiten

Paratellurit kommt in hydrothermal abgeschiedenen Gold/Tellur-Lagerstätten und dort assoziiert mit anderen tellurhaltigen Mineralien bzw. Telluraten vor. Das Mineral bildet kleine, prismatische, büschelförmige Kristalle aus. Als sekundäres Mineral kommt es auch als Anflug vor.

Paratellurit ist ein sehr seltenes Mineral. Weltweit sind lediglich ein Dutzend Fundstellen bekannt geworden. Bekannte Fundorte sind:

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 736 (Erstausgabe: 1891).
  • Patellurite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 69 kB)

Weblinks Bearbeiten

Commons: Paratellurite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 216.
  4. G. Arlt, H. Schweppe: Paratellurite, a new piezoelectric material. In: Solid State Communications. Band 6 (1968), S. 783–784
  5. Mindat – Moctezuma Mine (Bambolla Mine)