Ottomar Holdefleiss

Berliner Kunstschmied

Ottomar Holdefleiss, auch Ottomar Holdefleiß geschrieben, (* 16. November 1855 in Salzmünde[1]; † 10. Februar 1912 in Berlin) war ein deutscher Kunstschmied und Unternehmer.

Ottomar Holdefleiss

Leben und Wirken Bearbeiten

Ottomar Holdefleiß wurde in Salzmünde bei Halle (Saale) geboren. Hier machte er eine Ausbildung zum Metallhandwerker, die seinerzeit sowohl Schlosser- als auch Schmiedearbeiten umfasste.

Unternehmen Schulz & Holdefleiß Bearbeiten

Er kam 1888 nach Berlin und gründete zusammen mit dem Schlosser Schulz die Firma Schulz & Holdefleiß, Fennstraße 13 in Wedding.[2] Seine Wohnung befand sich im Haus Chausseestraße 27.[3] Im Zusammenhang mit der schnell wachsenden Metropole Berlin erhielt das Unternehmen immer mehr Aufträge, sodass die Zahl der Mitarbeiter zeitweilig auf 300 anstieg.[4]

Im Jahr 1896 gewann das Unternehmen Schulz & Holdefleiß mit der lebensgroßen Brunnenfigur eines knienden Ritters, der die Gesichtszüge Bismarcks trug, die Goldmedaille auf der Berliner Gewerbeausstellung.[5] Auf der Pariser Weltausstellung 1900 war der Ausstellungsbereich der deutschen Textilindustrie mit einer Arbeit des Unternehmens ausgeschmückt.[6]

Das Kunstschmiedeunternehmen trug den Titel Königliche Hoflieferanten.[7] 1903 bis 1904 ließ Holdefleiß durch den Architekten Julius Wendler auf einem über 5000 m² großen Grundstück an der Adelheidallee unweit des Gutes Tegel eine repräsentative Villa für seine Familie errichten. Das Obergeschoss ist als Holzfachwerk gestaltet, jedoch nicht mit Holzbalken, sondern in Eisenform ausgeführt. Aus dieser Zeit hat sich auch ein aufwändig gestalteter schmiedeeiserner Gartenzaun erhalten.[8] An dieses besondere Bauwerk erinnert eine metallene Gedenktafel mit dem Text: Der Tegeler Kunstschmied Ottomar Holdefleiss (…) erbaute 1903 dieses Eisenfachwerkhaus.[9]

Lebensende Bearbeiten

Für die Dorfkirche Alt-Tegel hatte er 1911 das Eingangsportal gestiftet. Bei der Einweihung zog sich Holdefleiß am 19. Januar 1912 eine Lungenentzündung zu, von der er sich nicht wieder erholte. Er starb am 10. Februar.[10]

Nach seinem Tod führte sein Neffe Wilhelm Holdefleiß (* 4. Juni 1887; † 3. Mai 1959) die Schlosserei allein einige Jahre erfolgreich weiter.[11]

Werke von Schulz & Holdefleiß (Auswahl) Bearbeiten

Jahr Arbeit Standort Bild
1888, um Schmiedeeisernes Tor für das Portal IV[12] Berliner Schloss
 
1890, um Schmiedeeiserne Treppengeländer und Fahrstuhl-Dekorationen[13]
(zerstört)
Hôtel Lindenhof, Unter den Linden 17–18, Berlin-Mitte
 
1898 Bogenlichtkandelaber, in Bronze getrieben (nach dem Modell des Bildhauers August Vogel)[14] an der zweiten Alsenbrücke in Berlin-Tiergarten, die bereits in den 1920er Jahren wieder abgebrochen wurde
 
1900, um Tür (nach einem Entwurf des Architekten Arno Körnig)[15][16]
(im Zweiten Weltkrieg zerstört)
Kaufhaus Nathan Israel, Spandauer Straße Ecke Königstraße
1900 Schmiedeeiserner, ca. 80 m breiter Abschluss des Ausstellungsbereichs der deutschen Textilindustrie
mit einem zentralen, 10 m breiten und 12,5 m hohen Portal
Weltausstellung Paris 1900
 
1901 Tor (nach einem Entwurf des Architekten A. Kritzler)[17] Neubau einer Hofbuchdruckerei in Darmstadt
1901 Baerwaldbad alle Schmiedearbeiten[18] Baerwaldstraße, Berlin-Kreuzberg
 
Blick von der Brüstrung der Galerie auf die kleine Schwimmhalle
1901, um Beleuchtungsmasten und Türen[6] Kriegerdenkmal in Indianapolis
 
1901, um Bronze-Kirchenportal[4]
in symmetrischer Anordnung abstrakter kreisförmiger Ornamente
Dorfkirche Alt-Tegel
 
1902, vor Beleuchtungskörper in der St.-Pauli-Kirche
(im Zweiten Weltkrieg zerstört)
Brandenburg (Havel)  
1903 Schmuckstück Monumentaler Berliner Drache, ein unvollendetes Familienwappen auf flacher Plinthe,
Maße 144 × 140 × 53 cm; bei einer Auktion im Jahr 2020 angeboten[19]
1903 Schmiedearbeiten von Schulz & Holdefleiss, P. Marcus und F. P. Krüger
(Architekt Alfred Messel,[20]
1902–1904; im Zweiten Weltkrieg zerstört)
Wohnhaus Felix Simon, Matthäikirchstraße 31, Ecke Margarethenstraße (heute: Scharounstraße)
 
1905 Bogenlampen-Kandelaber-Paar (nach einem Entwurf des Architekten Emil Högg)[21] auf dem Potsdamer Platz in Berlin
 
1906 Eiserne Türen mit Kunstschmiede- und Bronzetreibarbeiten von Schulz & Holdefleiss, Ed. Puls und B. Miksits.[22] Kriminalgericht Moabit, Turmstraße 89–93, Berlin-Moabit
1907 Original erhalten gebliebenes schmiedeeisernes Eingangstor[23] Haupteingang vom Kaufhaus des Westens (KaDeWe)
 
Tore des Eingangsportals[6] Friedenspalast in Den Haag
 
1909, um Schmiedeeiserner Kronleuchter[24][25] Dorfkirche Hohen Neuendorf
 
1927 Kunstschmiede- und Schlosserarbeiten von Ed. Puls, Schulz & Holdefleiss, Erich Timm, Alex Hermann GmbH[26] Straßenbahnhof Müllerstraße mit Beamtenwohnhäusern, Englisches Viertel in Berlin-Wedding
1927 Treppengeländer für das Ullstein-Druckhaus in Berlin[27] Berlin-Tempelhof,
Mariendorfer Damm 1–3
alle Metallarbeiten an der Villa Holdefleiss[6] Adelheidallee 5–7 in Berlin-Tegel
 
1927 (um) Alle Bronzearbeiten für die Gesimse vom Kaufhaus Rudolf Petersdorff in Breslau[28] Breslau
 

Ausstellung Bearbeiten

  • Ottomar Holdefleiss. Schmiedekunst aus Berlin von Schulz & Holdefleiss. Museum Reinickendorf, Berlin, 2. März bis 29. April 2012.[4]

Weblinks Bearbeiten

Commons: Ottomar Holdefleiss – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Katalogseite Dezember 2020 HAMPEL Fine Art Auctions Munich. HAMPEL Fine Art Auctions Munich, abgerufen am 17. Dezember 2022.
  2. Schulz & Holdefleiss. In: Berliner Adreßbuch, 1905, IV, S. 289.
  3. Holdefleiß, O. In: Berliner Adreßbuch, 1891, Teil 1, S. 526. „Kunstschlosser“.
  4. a b c Ausstellung: Ottomar Holdefleiss – Schmiedekunst aus Berlin von Schulz & Holdefleiss. Heimatmuseum Reinickendorf, Abteilung Schule, Bildung und Kultur; abgerufen am 9. April 2021.
  5. Abbildung der Skulptur. (Memento vom 6. Mai 2019 im Internet Archive). In: Förderkreis Reinickendorf.
  6. a b c d Ottomar Holdefleiss – Schmiedekunst aus Berlin – Eine Ausstellung des Heimatmuseums. Bezirksamt Reinickendorf von Berlin, 13. Februar 2012, abgerufen am 9. April 2021 (Pressemitteilung).
  7. Eisenkonstruktionsanstalten > Anzeige. In: Berliner Adreßbuch, 1914, Teil IV, S. 107.
  8. Baumeister für Berlin: Julius Wendler und das falsche Fachwerk. (Memento vom 10. Oktober 2015 im Webarchiv archive.today). In: Berliner Morgenpost, 24. April 2004.
  9. Gedenktafeln in Berlin: Ottomar Holdefleiß, abgerufen am 14. Dezember 2022.
  10. Ottomar Holdefleiß. In: Gedenktafeln in Berlin. Gedenkstätte Deutscher Widerstand, abgerufen am 9. April 2021.
  11. Holdefleiß, Wilhelm, Schlosser. In: Berliner Adreßbuch, 1916, I, S. 1164 (Die hier angegebene Adresse war der Firmensitz, also nicht die Wohnadresse von Wilhelm Holdefleiß).
  12. H.: Die neuen schmiedeisernen Thore am königlichen Schlosse zu Berlin. (PDF; 12,5 MB) In: Deutsche Bauzeitung, 25. Jg., 1891, Nr. 91, 14. November 1891, Heft 11, S. 549 f. und S. 573, mit Bildbeilage.
  13. Berliner Neubauten. 63. Die Neubebauung der Grundstücke Unter den Linden 17 u. 18 und Behrenstrasse 55-57. In: Deutsche Bauzeitung. Band 26, Nr. 91, 12. November 1892, S. 553 ff. (digitale-sammlungen.de).
  14. Architekturdetails der Alsenbrücke. In: Neubauten der Stadt Berlin, Band II, 1903. Architekturmuseum der TU Berlin, abgerufen am 9. Oktober 2023.
  15. Abbildung 255. In: Berliner Architekturwelt. Nr. 5, August 1899, S. 186 (zlb.de).
  16. Berichtigung. In: Berliner Architekturwelt. Nr. 9, Dezember 1899, S. 349 (zlb.de).
  17. Dekoration und Kunstgewerbe auf der Berliner Kunstausstellung 1901. In: Berliner Architekturwelt. Nr. 5, August 1899, S. 185 (zlb.de).
  18. Städtische Badeanstalt an der Bärwaldstraße. In: Deutsche Bauzeitung, 1901; epilog.de; abgerufen am 14. Dezember 2022.
  19. Monumentaler Berliner Drache
  20. Berliner Neubauten. Nr. 109. Haus Simon, Ecke Matthäikirch- und Margarethenstrasse. Architekt: Prof. Alfred Messel in Berlin. (PDF; 18,8 MB) In: Deutsche Bauzeitung, 37. Jg., 21. November 1903, Nr. 93, Heft 11, S. 597–598, mit Bildbeilage S. 600 f.; abgerufen am 9. April 2021.
  21. Die neue elektrische Lichtanlage auf dem Potsdamer Platz. In: Berliner Architekturwelt. Nr. 4, Juli 1905, S. 157 (zlb.de – auch Volltext auf Wikisource).
  22. Carl Vohl: Das neue Kriminalgericht in Berlin-Moabit. In: Zeitschrift für Bauwesen. Nr. 10, 1908, Sp. 555, 573 (zlb.de).
  23. Harry Jandorf: Erinnerungen an meinen Vater Adolf Jandorf. (PDF; 4,7 MB; 7 S.) Leo Baeck Institute, 1967, (Typoskript) S. 3: „… ein herrliches Eingangstor“.
  24. Frauke Herweg: Ein Laster rast ins Haus. In: Neue Oranienburger Zeitung. 4. Oktober 2010, ISSN 0863-7202.
  25. Volker Dithmar, Reinhard Dithmar, Franz Noerling: Evangelische Kirche Hohen Neuendorf 1909–2009. (Festschrift). Ludwigsfelder Verlagshaus, Ludwigsfelde 2009, ISBN 978-3-933022-56-1, S. 30.
  26. Paul Schaefer: Ein neuer Straßenbahnhof mit Beamtenwohnhäusern im Norden Berlins. In: Deutsche Bauzeitung. Nr. 75, 17. September 1927, S. 624 (delibra.bg.polsl.pl [PDF; abgerufen am 8. Januar 2023]).
  27. Ein Industriebau von der Fundierung bis zur Vollendung. Bauwelt-Verlag, Berlin 1927, S. 301 (lodz.pl [PDF; 20,0 MB]).
  28. „Mendelsohn und Hoetger ist“ nicht „fast ganz dasselbe?“ Eine Betrachtung neudeutscher Baugesinnung. In: Wasmuths Monatshefte für Baukunst. Nr. 9, 1928, S. 419 (zlb.de – Abbildung der Kaufhausfassade, im Text sind die Arbeiten von Schulz & Holdefleiss erwähnt).