Osch
Osch Ош | ||||
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Basisdaten | ||||
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Staat: | ![]() | |||
Gebiet: | Osch | |||
Koordinaten: | 40° 32′ N, 72° 48′ O | |||
Höhe: | 870 m | |||
Fläche: | 182,5 km² | |||
Einwohner: | 353.080 (2022) | |||
Bevölkerungsdichte: | 1.935 Einwohner je km² | |||
Telefonvorwahl: | (+996) 3222 | |||
Kfz-Kennzeichen: | 02 | |||
Struktur und Verwaltung (Stand: 21. August 2010) | ||||
Gemeindeart: | Stadt | |||
Bürgermeister: | Alimdschan Baigasakow |
Osch (kirgisisch und russisch Ош, usbekisch O'sh) ist eine Stadt am Ostrand des Ferghanatals im Süden von Kirgisistan. Der Ort im Nordosten des Alaigebirges ist der Überlieferung zufolge 3000 Jahre alt. Osch ist die zweitgrößte Stadt des Landes und zählte 2022 etwa 353.000 Einwohner.[1][2] Sie ist ethnisch gemischt zwischen Kirgisen, Usbeken und kleinen Minderheiten von Russen und anderen Ethnien.

In der Stadt gibt es einige Denkmäler: u. a. erinnert eines an die „Königin“ Süd-Kirgisistans, die Fürstin Kurmanjan Datka, und eines an Lenin.
GeschichteBearbeiten
Die Handelsstadt Osch hat eine rund 3000 Jahre alte Geschichte und spielte eine wichtige Rolle entlang der Seidenstraße.[3] Sie ist die historisch bedeutendste Stadt des Landes.
Die Gründung der Stadt wird Alexander dem Großen oder dem biblischen König Salomo nachgesagt. Aufgrund ihrer günstigen Lage an Handelswegen wurde Osch zu einem wichtigen Ort der Seidenstraße. Die älteste urkundliche Erwähnung ist in arabischen Dokumenten aus dem 9. Jahrhundert zu finden. Im 13. Jahrhundert wurden große Teile der Stadt von Dschingis Khans Streitmacht zerstört, deshalb gibt es in der Stadt kaum Architekturdenkmäler. Doch die Stadt erholte sich schnell und wurde im 16. Jahrhundert das religiöse Zentrum des Ferganatals. Osch beansprucht für sich, Geburtsstadt des Herrschers der Timuriden Babur zu sein, der später das Mogulreich begründete.[4]
Osch wurde 1876 vom Russischen Reich im Zuge der Zerschlagung und Annexion der zentralasiatischen Khanate erobert und gehörte seitdem zum Zarenreich bzw. zur Sowjetunion. Seit dem Ende der Sowjetunion 1991 gehört die Stadt zu Kirgisistan.
Der große Markt der Stadt war schon in alter Zeit einer der größten Märkte entlang der Seidenstraße; sein heutiger Name, „Großer Seidenstraßen Basar“, erinnert an seine historische Bedeutung.
Seit 1939 ist Osch Verwaltungssitz des gleichnamigen Gebiets (Oblast) und seit 2000 sogenannte „zweite Hauptstadt“ Kirgisistans.
1990 kam es während der Auflösung der Sowjetunion zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Kirgisen und Usbeken in Osch und in der benachbarten Stadt Ösgön. Spannungen zwischen Usbeken und Kirgisen führten im Juni 2010 erneut zu Zusammenstößen, bei denen mindestens 117 Personen getötet und mehr als 1400 verletzt wurden. Zwischen 32.000 und 80.000 Menschen flohen ins benachbarte Usbekistan.[5]
WirtschaftBearbeiten
In Osch befindet sich der größte offene Markt Zentralasiens. Viele der in der Sowjetzeit angesiedelten Industrien sind heute weitgehend stillgelegt oder arbeiten nur noch auf erheblich reduzierter Basis, und die Wiederbelebung der örtlichen Wirtschaft geht nur schleppend voran.
Osch gilt nach Einschätzung des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung UNODC von April 2008 als einer der Hauptumschlagsplätze für Drogen in Asien. Als Grund hierfür wird seine Lage an der Handelsroute zwischen Tadschikistan und Kasachstan genannt.[6]
VerkehrBearbeiten
FlughafenBearbeiten
Der internationale Flughafen Osch befindet sich wenige Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Internationale Verbindungen werden von Turkish Airlines nach Istanbul sowie von S7 nach Moskau und Nowosibirsk durchgeführt. Eine tägliche Flugverbindung besteht in die Hauptstadt Bischkek.
StraßenverkehrBearbeiten
Die wichtigsten Verkehrsträger sind die Straßenverbindungen über Dschalalabat nach Bischkek durch das Tianshangebirge, nach Andijon in Usbekistan, nach Irkeshtam an der Grenze zu China sowie nach Chorugh und Duschanbe in Tadschikistan über den Pamir Highway. Eine weitere innerkirgisische Nord-Süd-Verbindung über Dschalalabat, Kasarman und Ming-Kusch nach Balyktschy am Yssykköl-See ist derzeit im Bau, um die Verbindung nach Bischkek zu entlasten.
BusverkehrBearbeiten
Die Stadt besitzt ein Oberleitungsbusnetz.
Vom alten Busbahnhof fahren Busse nach Ösgön und Dschalalabat sowie in alle Orte im Süden. Alle anderen Verbindungen werden vom neuen Busbahnhof etwa 6 Kilometer nördlich des Stadtzentrums bedient.[7]
EisenbahnBearbeiten
Eine Eisenbahnverbindung besteht ins benachbarte Andijon nach Usbekistan, der Personenverkehr ruht jedoch seit 2003 und der Frachtverkehr ist lediglich sporadisch.
Suleiman-BergBearbeiten
Babur, der Nachkomme Timurs und Begründer der indischen Moguldynastie, kam im nahegelegenen Andijon im heute usbekischen Teil des Ferghanatals zur Welt und brach von dort zur Eroberung Indiens auf. Er soll lange auf einem steilen Felsen, dem Suleiman-Berg, in Osch gesessen und sein Schicksal überdacht haben, ehe er zu dem Schluss kam, dass das Ferghanatal für seinen Ehrgeiz und seine Träume zu beengend war. Der Suleiman-Berg ist ein wichtiger Ort für muslimische Pilger und Beerdigungen und ein beliebtes Ausflugsziel. Er wurde am 29. Juni 2009 als erster kirgisischer Ort in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen.[8]
Manche Forscher sehen im Suleiman-Berg den „Steinernen Turm“, den der Historiker der Antike Claudius Ptolemäus in seiner Geographia als die Mitte der Seidenstraße bezeichnete, die damals die Handelsroute über Land zwischen Asien und Europa war.
In den Suleiman-Berg wurde der „Nationale Historische und Archäologische Museums-Komplex Suleiman“ gebaut, in dem eine Sammlung historischer, geologischer und archäologischer Fundstücke sowie Informationen zur lokalen Flora und Fauna zu finden sind.
ReligionBearbeiten
IslamBearbeiten
Der Islam ist die größte und wichtigste Religion. Er hat im Süden Kirgistans traditionell eine größere Bedeutung als im Norden und wird hier auch strenger praktiziert, während im Norden eher eine lockere Interpretation des Islam vorherrscht.[9]
Die nach der neuen Bischkeker Zentralmoschee zweitgrößte Moschee des Landes, die Rabat-Abdul-Khan-Moschee, stammt aus dem 16. Jahrhundert und ist gleich neben dem Basar zu finden.
ChristentumBearbeiten
Evangelisch-lutherische KircheBearbeiten
In Osch bestand bereits zur Sowjetzeit eine Hausgemeinde. Nach der Unabhängigkeit wurde sie als Gemeinde in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in der Kirgisischen Republik weitergeführt und 1996 offiziell registriert. Es gibt ein Bethaus mit Predigerwohnung.[10]
Russisch-Orthodoxe KircheBearbeiten
Eine russisch-orthodoxe Kirche wurde nach dem Zerfall der Sowjetunion wieder eröffnet.
KulturBearbeiten
Das Oscher Akademische Theater ist das älteste professionelle Theater des Landes und das zweitälteste Zentralasiens. Es beschäftigt etwa 160 Schauspieler.[11] Das städtische Museum für Geschichte und Kultur liegt am Fuß des Suleiman-Bergs an einer kleinen Moschee und besitzt auch eine Zweigstelle im Suleiman-Berg.[12]
Ein TV-Vollprogramm liefert der in Osch ansässige staatliche Fernsehsender ElTR.
SportBearbeiten
In der Stadt sind die Fußballvereine Alai Osch, FK Kaganat und, seit 2022, auch der OshMU Aldier Football Club beheimatet. Alai Osch und der OshMU Aldier FC spielen aktuell in der kirgisischen Top Liga. Heimstadion vom FK Kaganat und Alai Osch ist das multifunktionelle Sujumbajew-Stadion.
Söhne und Töchter der StadtBearbeiten
- Vyacheslav Oxunov (* 1948), usbekischer Künstler
- Murat Sjasikow (* 1957), von 2002 bis 2008 Präsident von Inguschetien
- Waleri Schanschin (* 1961), russischer Schachkomponist
- Madina Biktagirowa (* 1964), russische Langstreckenläuferin
- Alexander Juldaschew (* 1967), russischer Admiral
- Igor Sadykov (* 1967), sowjetischer Gewichtheber, der ab 1993 für Deutschland startete
- Bachadyr Kotschkarow (* 1970), Fußballschiedsrichterassistent
- Jamala (* 1983), ukrainische Sängerin
- Akdschol Machmudow (* 1999), Ringer
WeblinksBearbeiten
EinzelnachweiseBearbeiten
- ↑ Kirgisistan: Regionen, Städte & Siedlungen - Einwohnerzahlen, Karten, Grafiken, Wetter und Web-Informationen. Abgerufen am 7. Mai 2023.
- ↑ 2017-жылдагы Кыргыз Республикасынын облустарынын, райондорунун, шаарларынын, шаар тибиндеги кыштактарынын калкынын саны, Численность населения Кыргызской Республики на 1 января 2017 года
- ↑ Gerald Hosp: Wie China seinen Einfluss ausweitet. NZZ, 15. November 2019, abgerufen am 7. November 2020.
- ↑ Thomas Scholl: Kirgistan- zu den Gipfeln von Tien-Schan und Pamir, Trescher Verlag, 3. Auflage, Berlin, 2009, S. 160–162, ISBN 978-3-89794-139-7
- ↑ Zehntausende Menschen fliehen vor Gewalt in Kirgistan. Yahoo, 14. Juni 2010, archiviert vom Original am 17. Juni 2010; abgerufen am 14. Juni 2010.
- ↑ llicit Drug Trends in Central Asia. (PDF; 3,9 MB) UNODC; April 2008, S. 12 f.
- ↑ Thomas Scholl: Zu den Gipfeln von Tien-Schan und Pamir (3. Auflage 2009) S. 163 ISBN 978-3-89794-139-7
- ↑ Sacred mountain in Kyrgyzstan enters List. UNESCO, 26. Juni 2009
- ↑ Thomas Scholl: Kirgistan- zu den Gipfeln von Tien-Schan und Pamir, Trescher Verlag, 3. Auflage, Berlin, 2009, S. 55, ISBN 978-3-89794-139-7
- ↑ Doris Krause, Michael Hübner, Groß, klein, alt, neu… Die Gemeinden der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Kirgistan in Kurzportraits in: Sondernummer Lutherischer Dienst, Zeitschrift des Martin-Luther-Bundes, 55. Jahrgang, 2019, Heft 2, S. 8–11
- ↑ Renovated Babur Academic Music and Drama Theater re-opens in Osh with Uzbek Culture Minister in attendance. In: AKIpress. AKIpress, 24. April 2023, abgerufen am 24. April 2023.
- ↑ Thomas Scholl: Kirgistan- zu den Gipfeln von Tien-Schan und Pamir, Trescher Verlag, 3. Auflage, Berlin, 2009, S. 163, ISBN 978-3-89794-139-7