Olympische Sommerspiele 1900/Fechten

Wettbewerb bei den Olympischen Sommerspielen 1900

Die in der französischen Hauptstadt Paris im Rahmen der Weltausstellung (Exposition Universelle et Internationale de Paris) ausgetragenen Internationalen Wettbewerbe für Leibesübungen und Sport (Concours Internationaux d’Exercices Physiques et de Sports) umfassten Wettbewerbe im Fechten, die Bestandteil der Olympischen Spiele 1900 (Spiele der II. Olympiade) waren.

Fechten bei den
II. Olympischen Spielen
Information
Austragungsort Dritte Französische Republik Paris
Wettkampfstätte Jardin des Tuileries
Nationen 19
Athleten 276 (276 Männer)
Datum 14. Mai – 27. Juni 1900
Entscheidungen 7
Athen 1896

Die Wettbewerbe im Fechten bestanden auch aus Wettkämpfen der berufstätigen Fechtmeister. Nach Maßgabe des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) waren Professionals eigentlich nicht für einen olympischen Wettbewerb zugelassen, die Fechtmeister bildeten jedoch eine Ausnahme. Ihr Beruf galt als ehrbares Handwerk, denn sie lehrten an Universitäten und Akademien mit dem Fechten eine Kunstfertigkeit, die Bestandteil einer angemessenen Erziehung adeliger Zöglinge und in höheren gesellschaftlichen Kreisen war.

Das IOC ordnete alle sieben ausgetragenen Wettbewerbe im Fechten dem olympischen Programm der Spiele der II. Olympiade zu. Fechten war die Sportart mit dem größten Teilnehmerfeld und den meisten teilnehmenden Nationen. 276 Sportler nahmen teil, von denen 264 namentlich bekannt sind. Es ist inzwischen historisch belegt, dass die Teilnehmer 19 Nationalitäten besaßen. Einige Teilnehmer werden in diversen Listen jedoch noch immer als Franzosen geführt, weil sie lange Zeit einen Wohnsitz in Paris besaßen und dort lebten.

Alle Wettkämpfe im Florett und Säbel fanden im großen Festsaal der Ausstellung in den Tuilerien statt, die im Degen auf einer davor befindlichen Terrasse. Sie wurden zwischen dem 14. Mai und 27. Juni ausgetragen. Die Franzosen gewannen fünf der sieben Wettbewerbe und belegten drei Viertel aller Medaillenplatzierungen.

Medaillenspiegel Bearbeiten

Platz Land     Dritter Gesamt
1 Dritte Französische Republik  Frankreich 5 5 5 15
2 Italien 1861  Königreich Italien 1 1 2
Kuba  Kuba 1 1 2
4 Osterreich Cisleithanien  Österreich 2 2

Ergebnisse Bearbeiten

Florett für Amateure Bearbeiten

Platz Land Sportler Siege
1 Dritte Französische Republik  FRA Émile Coste 6:1
2 Dritte Französische Republik  FRA Henri Masson 5:2
3 Dritte Französische Republik  FRA Marcel Boulenger 4:3
4 Dritte Französische Republik  FRA Félix Debax 4:3
5 Dritte Französische Republik  FRA Pierre d’Hugues 3:4
6 Dritte Französische Republik  FRA Prospère Sénat 3:4
7 Dritte Französische Republik  FRA Georges Dillon-Cavanagh 2:5
8 Osterreich Cisleithanien  AUT Rudolf Brosch 1:6

Datum: 14. bis 21. Mai 1900
54 Teilnehmer aus 9 Ländern

Die Teilnehmern ermittelten in mehreren Vorkämpfen und Qualifikationsrunden die besten acht Fechter, die in einer Endrunde jeweils gegeneinander antraten. Sieger wurde der Sportler mit den meisten gewonnenen Gefechten. Die maximale Dauer eines Gefechts betrug sieben Minuten.

Florett für Fechtmeister Bearbeiten

Platz Land Sportler Siege
1 Dritte Französische Republik  FRA Lucien Mérignac 6:1
2 Dritte Französische Republik  FRA Alphonse Kirchhoffer 6:1
3 Dritte Französische Republik  FRA Jean-Baptiste Mimiague 4:3
4 Italien 1861  ITA Antonio Conte 4:3
5 Dritte Französische Republik  FRA Jules Rossignol 3:4
6 Dritte Französische Republik  FRA Léopold Ramus 2:5
7 Italien 1861  ITA Italo Santelli 0:7
8 Dritte Französische Republik  FRA Adolphe Rouleau 3:4

Datum: 22. bis 29. Mai 1900
60 Teilnehmer aus 8 Ländern

Die Teilnehmer ermittelten in mehreren Vorkämpfen und Qualifikationsrunden die besten acht Fechter, die in einer Endrunde jeweils gegeneinander antraten. Sieger wurde der Sportler mit den meisten gewonnenen Gefechten. Die maximale Dauer eines Gefechts betrug sieben Minuten. Der erste und dritte Platz musste durch einen Stichkampf entschieden werden.

Der Fechtmeister Léon Thiércelin lebte und arbeitete in Paris und nahm in den Wettbewerben für Florett und Degen teil. Man hatte ihn in allen Listen stets als Franzosen geführt, doch inzwischen wird in verschiedenen Quellen darauf hingewiesen, dass Thiércelin in Haiti geboren war. Das IOC betrachtet den Sportler jedoch weiterhin als Franzosen.

Adolphe Rouleau wurde auf den achten Platz zurückversetzt, weil er das letzte Gefecht nicht beendet hatte.

Degen für Amateure Bearbeiten

Platz Land Sportler Siege
1 Kuba  CUB Ramón Fonst 4:2
2 Dritte Französische Republik  FRA Louis Perrée 4:1
3 Dritte Französische Republik  FRA Léon Sée 3:2
4 Dritte Französische Republik  FRA Georges de la Falaise 3:3
5 Argentinien  ARG Eduardo Camet 2:3
6 Dritte Französische Republik  FRA Edmond Wallace 3:3
7 Dritte Französische Republik  FRA Gaston Alibert 2:3
8 Dritte Französische Republik  FRA Léon Thiébaut 2:4
9 Dritte Französische Republik  FRA Plommet 0:6

Datum: 1. bis 14. Juni
104 Teilnehmer aus 9 Ländern

Die Teilnehmer ermittelten in mehreren Vorkämpfen und Qualifikationsrunden die besten neun Fechter, die in einer Endrunde mindestens fünf Gefechte austragen mussten. Sieger wurde der Sportler mit den meisten gewonnenen Gefechten. Die maximale Dauer eines Gefechts betrug fünf Minuten. Ein Stichkampf zwischen Ramón Fonst und Louis Perrée musste über den Sieg entscheiden.

Unter den Teilnehmern befanden sich auch Freydoun Malkom und Eduardo Camet, die beide in Paris lebten. Man hatte sie in allen Listen stets als Franzosen geführt, doch inzwischen wird in verschiedenen Quellen darauf hingewiesen, dass Malkom die iranische Staatsangehörigkeit besaß und dass Camet Argentinier war. Das IOC betrachtet die beiden Sportler jedoch weiterhin als Franzosen. Camet kam bis in den Endkampf und belegte den fünften Platz.

Degen für Fechtmeister Bearbeiten

Platz Land Sportler Siege
1 Dritte Französische Republik  FRA Albert Ayat k. A.
2 Dritte Französische Republik  FRA Gilbert Bougnol k. A.
3 Dritte Französische Republik  FRA Henri Laurent k. A.
4 Dritte Französische Republik  FRA Hippolyte-Jacques Hyvernaud k. A.
5 Dritte Französische Republik  FRA Marie-Louis Damotte k. A.
6 Dritte Französische Republik  FRA Brassart k. A.
7 Dritte Französische Republik  FRA Lézard k. A.
8 Dritte Französische Republik  FRA Georges Jourdan k. A.
9 Dritte Französische Republik  FRA Bézy k. A.

Datum: 11. bis 14. Juni 1900
54 Teilnehmer aus 6 Ländern

Die Teilnehmer ermittelten in mehreren Vorkämpfen und Qualifikationsrunden die besten neun Fechter, die in einer Endrunde mindestens fünf Gefechte austragen mussten. Sieger wurde der Sportler mit den meisten gewonnenen Gefechten. Die maximale Dauer eines Gefechts betrug fünf Minuten.

Der Fechtmeister Léon Thiércelin lebte und arbeitete in Paris und nahm in den Wettbewerben für Florett und Degen teil. Man hatte ihn in allen Listen stets als Franzosen geführt, doch inzwischen wird in verschiedenen Quellen darauf hingewiesen, dass Thiércelin in Haiti geboren war. Das IOC betrachtet den Sportler jedoch nach wie vor als Franzosen.

Degen für Amateure und Fechtmeister Bearbeiten

Platz Land Sportler Siege
1 Dritte Französische Republik  FRA Albert Ayat (Fm) 7:0
2 Kuba  CUB Ramón Fonst (Am) 6:1
3 Dritte Französische Republik  FRA Léon Sée (Am) 4:3
4 Dritte Französische Republik  FRA Georges de la Falaise (Am) 3:4
5 Dritte Französische Republik  FRA Louis Perrée (Am) 2:5
Dritte Französische Republik  FRA Gilbert Bougnol (Fm)
Dritte Französische Republik  FRA Henri Laurent (Fm)
Dritte Französische Republik  FRA Hippolyte-Jacques Hyvernaud (Fm)
 
Albert Ayat

Datum: 15. Juni 1900
8 Teilnehmer aus 2 Ländern

Die offene Klasse war ein gemeinsamer Wettbewerb für Amateure (Am) und Fechtmeister (Fm), zu dem nur die ersten Vier der zwei Degen-Wettbewerbe antreten durften, die jeweils gegeneinander antreten mussten. Sieger wurde der Sportler mit den meisten gewonnenen Gefechten. Die maximale Dauer eines Gefechts betrug fünf Minuten.

Als kurios ist die Tatsache anzusehen, dass Ramón Fonst, der Sieger bei den Amateuren und Zweiter in der offenen Klasse, ein Schüler des Fechtmeisters und Siegers der offenen Klasse Albert Ayat war.

Säbel für Amateure Bearbeiten

Platz Land Sportler Siege
1 Dritte Französische Republik  FRA Georges de la Falaise 6:1
2 Dritte Französische Republik  FRA Léon Thiébaut 5:2
3 Osterreich Cisleithanien  AUT Siegfried Flesch 4:3
4 Ungarn 1867  HUN Amon von Gregurich 4:3
5 Ungarn 1867  HUN Gyula Iványi 3:4
6 Dritte Französische Republik  FRA Clément de Boissière 3:4
7 Osterreich Cisleithanien  AUT Heinrich von Tenner 2:5
8 Osterreich Cisleithanien  AUT Camillo Müller 1:6

Datum: 19. bis 25. Juni
23 Teilnehmer aus 7 Ländern

Die Teilnehmer ermittelten in mehreren Vorkämpfen und Qualifikationsrunden die besten acht Fechter, die in einer Endrunde jeweils gegeneinander antraten. Sieger wurde der Sportler mit den meisten gewonnenen Gefechten. Die maximale Dauer eines Gefechts betrug sieben Minuten.

Säbel für Fechtmeister Bearbeiten

Platz Land Sportler Siege
1 Italien 1861  ITA Antonio Conte 7:0
2 Italien 1861  ITA Italo Santelli 6:1
3 Osterreich Cisleithanien  AUT Milan Neralić 4:3
4 Dritte Französische Republik  FRA François Delibes 3:4
5 Russisches Kaiserreich 1883  RUS Julian Michaux 3:4
6 Dritte Französische Republik  FRA Xavier Anchetti 2:5
7 Russisches Kaiserreich 1883  RUS Pjotr Sakorowot 2:5
8 Belgien  BEL Hébrant 1:6
 
Italo Santelli

Datum: 23. bis 27. Juni 1900
29 Teilnehmer aus 7 Ländern

Die Teilnehmer ermittelten in mehreren Vorkämpfen und Qualifikationsrunden die besten acht Fechter, die in einer Endrunde jeweils gegeneinander antraten. Sieger wurde der Sportler mit den meisten gewonnenen Gefechten. Die maximale Dauer eines Gefecht betrug sieben Minuten.

Italo Santelli war in Italien geboren. 1896 siedelte er nach Budapest über, wo er die Fechtausbildung an einer Offiziersschule übernahm. Santelli blieb bis zu seinem Tod in Ungarn. Das IOC betrachtete ihn stets als Ungarn und schrieb seine Medaillenplatzierung im Medaillenspiegel deshalb mehrere Jahrzehnte lang Ungarn zu. Erst 2007 wurde die Wertung offiziell geändert und die Platzierung auf Italien übertragen.

Literatur Bearbeiten

  • Volker Kluge: Olympische Sommerspiele. Die Chronik I. Athen 1896 – Berlin 1936. Sportverlag Berlin, Berlin 1997, ISBN 3-328-00715-6.
  • Karl Lennartz, Walter Teutenberg: II. Olympische Spiele 1900 in Paris. Darstellung und Quellen. AGON Sportverlag, Kassel 1995, ISBN 3-928562-20-7.
  • Bill Mallon: The 1900 Olympic Games. McFarland & Company, Inc., Jefferson, North Carolina 1998, CIP 97-36094.

Weblinks Bearbeiten