Nullleistungsreaktor

Versuchs-Kernreaktor mit sehr geringer Leistung

Ein Nullleistungsreaktor (auch kritische Anordnung genannt; englisch auch: zero power reactors, ZPR) ist ein Versuchs-Kernreaktor, in dem eine kontrollierte nukleare Kettenreaktion auf vernachlässigbar kleinem Leistungsniveau stattfindet (bis zu 1 Kilowatt; Leistungsreaktoren liefern dagegen im Normalbetrieb viele Megawatt). Dadurch ist die Temperaturerhöhung während des Betriebs sehr gering und Kühlmittel sind nicht erforderlich.[1] Es wird im Vergleich zu Leistungsreaktoren praktisch kein Kernbrennstoff verbraucht und kaum radioaktiver Abfall erzeugt.

Nullleistungsreaktoren werden zu Lehr- und Ausbildungszwecken, als Unterrichtsreaktoren und als Forschungsreaktoren zur Entwicklung von Reaktorkonzepten und -technologien eingesetzt. Auch zur Erzeugung von Neutronenstrahlung spielen Nullleistungsreaktoren eine Rolle. Die frei werdenden Neutronen werden entweder direkt genutzt oder zur Transmutation von Ausgangsmaterialien zu medizinischen Radionukliden durch Neutroneneinfang.

Verwendung zur Reaktorentwicklung Bearbeiten

Beim Nullleistungsreaktor wird ausgenutzt, dass im kritischen Zustand eines Reaktors die räumliche Verteilungsform des Neutronenflusses – und damit der entstehenden Wärmeleistung – unabhängig von der absoluten Reaktionsrate der Kernspaltung ist. Da das Kühlmittel, ein umschließender Druckbehälter usw. wegfallen, kann in flexibler Weise aus kleinen, immer wieder verwendbaren Bauteilen ein Reaktorkern aufgebaut werden, der neutronenphysikalisch beispielsweise einem geplanten Leistungsreaktorkern gleicht; die neutronenphysikalischen Eigenschaften des fehlenden Kühlmittels lassen sich etwa durch Kunststoffteile simulieren. Der Nullleistungs-Reaktorkern kann relativ bequem mit Detektoren und Sensoren bestückt werden. So lassen sich neben der Flussverteilung auch Steuerstab-Reaktivitätswerte, Neutronenenergiespektren, Kühlmittelverlustreaktivitäten, Konversionsraten und andere neutronenphysikalische Größen messen.[2]

Stand der Technik Bearbeiten

Die meisten der Forschungsanlagen, welche für Schulung und Forschung geeignet sind, befinden sich seit den 1980er Jahren im Rückbau ohne Ersatz. Diesen Umstand bemängelt die Nuclear Energy Agency mittlerweile (Stand 2023) und untersucht mögliche Auswege für die Zukunft.[3]

Reaktoren (Beispiele) Bearbeiten

Belgien Bearbeiten

Deutschland Bearbeiten

Ehemalige DDR Bearbeiten

Japan Bearbeiten

Schweiz Bearbeiten

USA Bearbeiten

Weltweit Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Research and test facilities required in nuclear science and technology. Nuclear Energy Agency, Organisation for Economic Co-operation and Development, Paris 2009, ISBN 978-92-64-99070-8 (englisch, oecd-nea.org [PDF; abgerufen am 5. Juni 2023]).
  • Kevin Rogers: A History of Research Reactors Division Revision 1 September 2018. 2018, doi:10.2172/1474130 (englisch).
  • Murray Wilford Rosenthal: An Account of Oak Ridge National Laboratory’s Thirteen Research Reactors. 2009, doi:10.2172/970897 (englisch).

Siehe auch Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Nullleistungsreaktor. Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat, abgerufen am 20. Juni 2011.
  2. W. Marth: Der Schnelle Brueter SNR 300 im Auf und Ab seiner Geschichte. Karlsruhe, 1992, doi:10.5445/ir/270032042 (kit.edu [abgerufen am 5. Juni 2023]).
  3. The demise of zero power reactors: From concern to action. In: NEA. OECD, 2023, abgerufen am 5. Juni 2023 (englisch).
  4. Über die Zukunft der Reaktorforschung nach dem Atomausstieg. TU Dresden, 17. März 2022, abgerufen am 17. April 2023.
  5. 施設案内 | 原子力研究所. Kinki-Universität, abgerufen am 19. April 2023 (japanisch).
  6. Final Japanese research reactor to convert to LEU : Regulation & Safety - World Nuclear News. 29. September 2022, abgerufen am 19. April 2023 (englisch).
  7. Der stillgelegte Basler Forschungsreaktor untersteht nicht mehr der Aufsicht des ENSI. Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI), 16. Dezember 2021, abgerufen am 5. Juni 2023 (deutsch).
  8. Stilllegung des Forschungsreaktors Proteus | Unsere Forschung | Paul Scherrer Institut (PSI). 22. Februar 2016, abgerufen am 5. Juni 2023.
  9. Staff Report: Nuclear reactor planned for college campus. 18. Dezember 2020, abgerufen am 17. April 2023 (englisch).
  10. AD Classics: Soreq Nuclear Research Center / Philip Johnson. 8. Juli 2013, abgerufen am 17. April 2023 (amerikanisches Englisch).
  11. William Burr, Avner Cohen: The US Discovery of Israel's Secret Nuclear Project | Wilson Center. Abgerufen am 17. April 2023 (englisch).