Nocturnal Emissions

britische Band

Nocturnal Emissions ist eine experimentelle Musikgruppe aus England. Musikalisch ist dieses Projekt dem Post-Industrial zuzurechnen.

Bandgeschichte Bearbeiten

Die Gruppe wurde um 1980 von Nigel Ayers (geboren 1957) in London gegründet. Weitere Gründungsmitglieder waren seine damalige Lebensgefährtin Caroline K. (1957–2008) sowie sein Bruder Daniel Ayers (geboren 1964). Seit 1984 betreibt Nigel Ayers das Projekt alleine, arbeitet dabei aber oft mit anderen Musikern zusammen, so z. B. mit dem Medienkünstler Stanza, Ben Ponton von Zoviet France und Fiona Harrold.

Die ersten Aufnahmen erschienen auf Kassette in Auflagen von unter zwanzig Stück. Einen Vertrag bei einem Major-Label lehnten Nocturnal Emissions von vornherein ab und brachten stattdessen die meisten Tonträger auf dem bandeigenen Label Sterile Records heraus, das von 1979 bis 1986 in London existierte. Bei diesem Label erschien dann im Jahr 1980 die erste LP Tissue of Lies mit dem Labelcode „Emiss 001“. Neben den eigenen Werken erschienen bei Sterile Records auch Tonträger und Videokassetten von befreundeten Künstlern wie Konstrukivits, Lustmord, Controlled Bleeding und Maurizio Bianchi. Bis heute erschienen knapp 90 Tonträger. Die originalen Tonträger von Sterile aus dieser Zeit sind heute gesuchte Sammlerstücke. Später wurden diese frühen Aufnahmen von Soleilmoon, Staalplaat und Dark Vinyl wiederveröffentlicht. 1987 gründete Nigel Ayers dann ein neues Label mit dem Namen Earthly Delights.

Die Gruppe war politisch immer sehr aktiv und dabei eindeutig im linken, antimonarchistischen Lager angesiedelt. Aus dieser Haltung heraus fand ihr erstes Konzert im April 1981 im Londoner Stadtteil Brixton statt, um die Proteste während der Unruhen in dem Viertel zu unterstützen. Bei den weiteren Auftritten kamen regelmäßig Projektionen und Underground-Videos als visuelle Begleitung zum Einsatz. Nocturnal Emissions traten öfters live auf, nicht nur in Großbritannien, sondern auch im übrigen Europa und in den USA. Mit dem Aufkommen des Internets fand das Projekt Nocturnal Emissions dort für sich die ideale Plattform, um das künstlerische Schaffen, das neben Schallplatten und CDs auch die Veröffentlichung von Videos und verschiedenen Manifesten beinhaltet, zu präsentieren. Das World Wide Web bot Nigel Ayers auch für seine neueren Projekte eine zuverlässige Plattform.

Stil Bearbeiten

Der musikalische Stil von Nocturnal Emissions lässt sich in drei Phasen unterteilen: Der Post-Industrial von 1980 bis ca. 1985, die elektronische Phase von 1985 bis in die neunziger Jahre hinein und schließlich die esoterisch-atmosphärische Phase bis heute.

Post-Industrial Bearbeiten

Die Gruppe entstand, als der damalige Kunststudent Nigel Ayers unter dem Eindruck von Industrial und Punk nach neuen musikalischen Ausdrucksformen gesucht hatte. Besonders die neuen Möglichkeiten elektronisch erzeugter Musik faszinierten ihn dabei sehr.[1] Nocturnal Emissions verstand Musik als eine Art von sozialer Kontrolle und setzte sich oft mit den Phänomenen der Informationsgesellschaft wie Informationsüberflutung, Konditionierung, Gehirnwäsche und unterschwelliger Werbung auseinander[2]. Zu Beginn war der Sound der Gruppe sehr experimentell, dissonant und mit bedrohlicher Grundstimmung im Stil des Noise-Industrials. Gearbeitet wurde viel mit Soundcollagen und Cut-Up-Techniken, indem Tapes zerschnitten und die Schnipsel neu arrangiert wurden. In einigen Tracks fanden sich bereits zu dieser Zeit rhythmische und musikalische Einflüsse aus anderen Kulturen. Dieser Aspekt sollte dann später immer dominanter werden.

Elektronische Phase Bearbeiten

Mitte der achtziger Jahre wurden unter dem Einfluss von elektronischer Tanzmusik die Stücke endgültig melodischer, die Phase des Noise-Industrials ging bis spätestens 1985 zu Ende. Die stärkere Hinwendung zu zugänglichen, elektronisch geprägten Stücken begann 1985 mit der Veröffentlichung der LP Songs of Love and Revolution. Folglich hatte man mit dem auf dem Album enthaltenen Track Never Give Up einen bis heute gespielten Szenehit. Die neue musikalische Ausrichtung kam auch in der Gründung des neuen Labels Earthly Delights im Jahr 1987 zum Ausdruck.[3] Nigel Ayers hatte schon früh auf seine Sammlung von eigenen und fremdem Aufnahmen mit tausenden von Geräuschen und Liedern zurückgegriffen. Sein besonderes Interesse galt zunehmend den psychischen Auswirkungen von Musik: Durch neue Arrangements von Geräuschen sollte die Wahrnehmung von Zeit und Raum beeinflusst werden, was sich in CD-Titeln wie Practical Time Travel niedergeschlagen hat[4]. Weitere Einflüsse auf die Musik waren Grenzwissenschaften, der Weltraum und ethnische Musiktraditionen.

Atmosphärische Phase Bearbeiten

In den folgenden Jahren beschäftigte sich Nocturnal Emissions zunehmend mit esoterischen Themen wie Magie, Paganismus, Schamanismus und außerirdischem Leben. Dies fand seinen Ausdruck im Einsatz von Umweltaufnahmen, klanglichen Fundstücken und atmosphärischer Instrumentalmusik. Musikalisch war nun auch der Ambient ein wichtiger Einfluss. Die Stücke sollten eine positive Atmosphäre schaffen, ganz im Gegensatz zu der früheren negativen Grundstimmung von Nocturnal Emissions.[5] Die Musik der letzten Jahre hat im Zuge dieser Entwicklungen eine sehr minimalistische und atmosphärische Prägung erhalten.

Sonstiges Bearbeiten

  • Von 1990 bis 1992 setzte sich Nigel Ayers mit dem japanischen Butoh-Tanztheater auseinander und arbeitete dabei mit dem Choreographen Poppo Shiraishi zusammen. Ergebnis war die CD Music for Butoh.
  • Außerdem engagiert er sich in der Association of Autonomous Astronauts, die es jedem Erdenbürger ermöglichen soll, ins Weltall zu reisen.
  • Nigel Ayers arbeitet heute nicht nur als Musiker, sondern auch als Installationskünstler und Buchautor.

Diskografie Bearbeiten

Nur Longplayer, keine Seitenprojekte, Label und Jahr der Erstveröffentlichung

Titel Label Jahr
Tissue of Lies Sterile Records 1980
Fruiting Body Sterile Records 1981
Deathday Sterile Records 1981
Whisky 23.5.82 Sterile Records 1982
Befehlsnotstand Sterile Records 1983
Viral Shedding Illuminated Records 1983
Live At Ritzy Brixton 9 June 1983 Cause For Concern 1983
Drowning In A Sea Of Bliss Sterile Records 1983
Chaos Cause For Concern 1983
Dyskinesia Sterile Records 1983
Songs Of Love And Revolution Sterile Records 1985
Shake Those Chains Rattle Those Cages Sterile Records 1985
ICA London 9th August 1985 Sterile Records 1985
The World Is My Womb Earthly Delights 1987
In Transmission Earthly Delights 1988
Spiritflesh Earthly Delights 1988
Duty Experiments (1982–1984 Years) Soleilmoon 1988
Stoneface Parade Amoureuse 1989
Invocation Of The Beast Gods Staalplaat 1990
Mouth Of Babes Earthly Delights 1991
Beyond Logic, Beyond Belief Earthly Delights 1990
Energy Exchange Earthly Delights 1991
World Turning SSS Productions SSS Productions 1991
Cathedral Musica Maxima Magnetica 1991
The Seminal Works Earthly Delights 1992
Blasphemous Rumours Staalplaat 1992
Magnetized Light Musica Maxima Magnetica 1993
The Quickening Earthly Delights 1993
Imaginary Time Soleilmoon 1994
Glossalalia Soleilmoon 1994
Binary Tribe Staalplaat 1994
Duty Experiment Soleilmoon 1995
Autonomia - The Portland Album Soleilmoon 1996
Friction And Dirt Staalplaat 1996
Tharmuncrape An'goo Soleilmoon 1997
Sunspot Activity Soleilmoon 1997
Practical Time Travel Earthly Delights 1998
Electropunk Karaoke Earthly Delights 2000
Futurist Antiquarianism Soleilmoon 2000
Omphalos! Soleilmoon 2000
Collateral Salvage Soleilmoon 2003
Live In Vienna Earthly Delights 2005
Ophiuchus Earthly Delights 2006
Timeslip Earthly Delights 2006
Nightscapes SmallVoices 2006
Befehlsnotstand / Shake Those Chains Klanggalerie 2007
Lest We Forget - Work In Progress 1979–1988 Vinyl-on-demand 2008
Live In Vienna 2009 Bleak Netlabel 2010
Gargoyle Mechanique Earthly Delights n.a.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Interview mit Nigel Ayers in: EST Magazine, 1995[1]
  2. Gemeinschaftsseite über NE bei Facebook[2]
  3. Interview mit Nigel Ayers in: EST Magazine, 1995[3]
  4. nach dem Blog von Nigel Ayers [4]
  5. Interview mit Nigel Ayers in: EST Magazine, 1995 [5]