Niemeyersche Karte

Märkisches Bergbaurevier im 18. Jahrhundert

Die Niemeyersche Karte, auch als französisch Carte speciale des mines bekannt, ist das erste umfassende Kartenwerk über das märkische Bergbaurevier.[1][2] In der Karte sind alle Bergwerke aus dem 18. Jahrhundert des märkischen Bergreviers (östliches Ruhrgebiet) mit ihren Stollen und Schächten eingetragen.[3] Es ist im Original kaum mehr vorhanden, aber in einer französischen Abzeichnung.

Département de la Ruhr, Arrondissement de Dortmund, Canton de Bochum. Carte spéciale de la Partie Moyen[n]e du District des Mines du Bailliage de Bochum, Blatt XIV
Legende, 1791

Geschichte Bearbeiten

Im Jahr 1784 befuhr der Leiter des märkischen Bergrevieres, der Freiherr vom Stein, das Revier. Um einen Überblick über den Zustand sämtlicher Bergwerke zu bekommen, ließ er diese auflisten und protokollieren. Vom Stein wollte so erfahren, wie die Lagerstätten besser auszubeuten waren. Die vorhandene Zechenkarte Johann Christoph Müllers war nicht umfangreich und detailliert genug.[3]

Um ein umfassendes Kartenwerk über das märkische Bergrevier zu bekommen, beauftragte Stein den aus dem Harz stammenden Markscheider Johann Friedrich Conrad Niemeyer (1759–1814), eine Bergbaukarte des märkischen Reviers zu erstellen.[1] Niemeyer arbeitete beim Oberbergamt Wetter, das in der Burg Wetter untergebracht war. Niemeyer begann im Jahr 1787 mit der Erstellung des Kartenwerks und stellte es im Jahr 1794 fertig.[3]

Unter Napoleon Bonaparte wurde die Karte zwischen 1811 und 1813 detailgenau abgezeichnet. Der dem Staatsarchiv Münster vorliegende Bestand umfasst 185 Blätter im Maßstab 1:6640, die eine Fläche von 850 Quadratkilometern darstellen.[4][5] Die Blätter wurden von Schlungs, Bureau Topog[raphi]que du G[ran]d Duché de Berg, herausgegeben. Aus diesem Grund trägt diese Karte auch den französischen Namen „Carte speciale des mines“ oder „Carte speciale des Mines du District de Wetter“.[6] Der Name wurde hier falsch Niemayer geschrieben. Das Département Ruhr bestand von 1806 bis 1813. Vom Niemeyerschen Originalkartenwerk existieren noch einige Blätter im Landesarchiv NRW, Abteilung Westfalen in Münster.[1]

Dem Preußischen Staatsarchiv liegt ferner die „Karte der Ruhrgegend von Linden bis Steele“ vor, die 1819 von H. A. G. Schmitz zu Ausbildungszwecken vermutlich als Hochzeichnung der Niemeyer-Karte angefertigt wurde.[7]

Johann Ehrenfried Honigmann (1775–1855) arbeitete unter Niemeyer als Markscheider beim Oberbergamt Wetter. Er fertigte als eine verkleinerte Zusammensetzung der Inhalte der Niemeyerschen Karten die „Charte der Steinkohleflöze in der Grafschaft Marck“ im Maßstab 1:20.000 an. Die 1,70 m mal 0,85 m große Karte befindet sich Original im Deutschen Bergbau-Museum.[8]

Aufbau und Umfang Bearbeiten

Das Kartenwerk von Niemeyer setzt sich aus sieben Distrikt-Karten mit jeweils durchschnittlich 17 Blättern zusammen. Insgesamt umfasst das Kartenwerk rund 120 Blätter. Die einzelnen Blätter haben keinen einheitlichen Blattschnitt. Die Blätter jeder einzelnen Distrikt-Karte lassen sich aneinanderlegen. Pro Blatt wird im Durchschnitt eine Tagesoberfläche von 6,3 km2 abgebildet. Das ganze Kartenwerk bildet eine Fläche von 756 km2 ab.[1]

Die ersten Karten wurden zunächst im Maßstab 1:666623 gezeichnet.[9] Dieser Maßstab ergab sich aus den Einheiten Fuß und Lachter (1 rheinländischer Fuß entsprach 1000 preußischen Lachtern; 0,3138535 m : 20924 m). Um den Maßstab des Kartenwerks zu vereinheitlichen, erstellte es Niemeyer dann im Maßstab 1:6640. Die Karten entsprechen nicht den heutigen Standardkarten. Bei den Karten wurde nicht der Blattschnitt an die Karten angepasst, sondern umgekehrt.[1]

Neben den übertägigen topographischen Punkten wurden auch insgesamt 94 Bergwerke in die Karte eingetragen:

  • 42 Bergwerke aus dem Gerichtsbezirk Wetter
  • 35 Bergwerke aus dem Gerichtsbezirk Herbede
  • 3 Bergwerke aus dem Gerichtsbezirk Stiepel
  • 5 Bergwerke aus dem Gerichtsbezirk Hattingen
  • 9 Bergwerke aus dem Bezirk des Hochgerichts Schwelm[6]

Das Kartenwerk weist nach heutigem Erkenntnisstand eine Genauigkeit von plus/minus zehn Metern auf.[1]

Dargestellt werden ferner:[7]

  • Landstraßen und Fahrwege
  • Berge und Täler (Schraffur)
  • Gewässer
  • Bebauung (Städte, Dörfer, Einzelgehöfte, Adelssitze) inklusive Beschriftung
  • politische Grenzen

Distrikt-Karten Bearbeiten

Die französische Ausgabe umfasst:

Titel Übersetzung Jahr (Original) Jahr (Kopie) Anzahl
Kartenblätter
(Feuilles)
Orientierung
Carte spéciale des Mines du District de Wetter Spezialkarte der Bergwerke des Distrikts Wetter 1787 1810 12
Carte spéciale des Mines du District de Blankenstein Spezialkarte der Bergwerke des Distrikts Blankenstein 1788–1789 1811 14
Carte spéciale d’un Partie du District des Mines de Blankenstein Spezialkarte eines Teils des Bergwerksdistrikts von Blankenstein - - 9 Westen
Carte spéciale de la Partie Orientale du District de Hörde Spezialkarte des östlichen Teils des Distrikts Hörde 1790 1813 22
Carte spéciale de la Partie Occidentale du District de Hoerde Spezialkarte des westlichen Teils des Distrikts Hoerde 1790 1813 24
Carte spéciale de la Partie Orientale du District des Mines du Baillage de Bochum Spezialkarte des östlichen Bergwerksdistrikts des Amts Bochum 1791 1813 22
Carte spéciale de la Partie Moyene du District des Mines du Baillage de Bochum Spezialkarte des mittleren Bergwerkdistrikts des Amts Bochum 1792 - 18
Carte spéciale de la Partie Septentrional du Baillage de Bochum Spezialkarte des nördlichen Bereichs des Amts Bochum 1793 1810 20
Supplement à la Partie Septentrional du Baillage de Bochum Ergänzungskarte des nördlichen Bereichs des Amts Bochum 1793 1810 5

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Johann Friedrich Conrad Niemeyer – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e f Kurt Pfläging: Steins Reise durch den Kohlenbergbau an der Ruhr. 1. Auflage. Geiger Verlag, Horb am Neckar 1999, ISBN 3-89570-529-2, S. 16–19.
  2. Klaus Eichholz: Bergbauhistorische Karten der Grafschaft Mark als unbekannte Quellen der Orts- und Regionalgeschichte. In: Märkisches Jahrbuch für Geschichte 105, 2005, S. 148–191.
  3. a b c Joachim Huske: Der Steinkohlenbergbau im Ruhrrevier von seinen Anfängen bis zum Jahr 2000. 2. Auflage. Regio-Verlag Peter Voß, Werne 2001, ISBN 3-929158-12-4, S. 40.
  4. Landschaftsverband Westfalen-Lippe: Auf den Spuren des Ruhrbergbaus. 5. Februar 2008.
  5. Landschaftsverband Westfalen-Lippe: Register.
  6. a b Gustav Adolf Wüstenfeld: Schlebuscher Revier Bergbau in Wetter. Gustav Adolf Wüstenfeld-Verlag, Wetter-Wengern 1983, ISBN 3-922014-05-4, S. 20–21.
  7. a b Stadt Bochum: Revierkarten aus den Jahren 1791 bis 1794 von Niemeyer (Département de la Ruhr).
  8. Stadt Bochum: Karte der Steinkohleflöze in der Grafschaft Mark aus dem Jahr 1800 von Honigmann.
  9. Kurt Pfläging: Die Wiege des Ruhrkohlenbergbaus. 4. Auflage. Verlag Glückauf, Essen 1987, ISBN 3-7739-0490-8, S. 102.