Negishi-Linie

Eisenbahnstrecke in Japan

Die Negishi-Linie (jap. 根岸線, Negishi-sen) ist eine Eisenbahnstrecke auf der japanischen Insel Honshū, die von der Bahngesellschaft JR East betrieben wird. Im Süden der Metropolregion Tokio verläuft sie zum größten Teil auf dem Gebiet der Millionenstadt Yokohama in der Präfektur Kanagawa. Dabei verbindet sie den Hauptbahnhof mit den Stadtteilen an der Küste und der Nachbarstadt Kamakura. In betrieblicher Hinsicht ist die Negishi-Linie eine integrale Fortsetzung der Keihin-Tōhoku-Linie, die Yokohama mit Tokio und Saitama verbindet. Aus diesem Grund ist häufig auch von der Keihin-Tōhoku-Negishi-Linie (京浜東北根岸線, Keihin-Tōhoku-Negishi-sen) die Rede.

Negishi-Linie
Negishi-Linie beim Bahnhof Yokohama
Negishi-Linie beim Bahnhof Yokohama
Strecke der Negishi-Linie
Streckenlänge:22,1 km
Spurweite:1067 mm (Kapspur)
Stromsystem:1500 V =
Höchstgeschwindigkeit:95 km/h
Zweigleisigkeit:ganze Strecke
Gesellschaft: JR East
            
Sōtetsu-Hauptlinie 1926–
            
→ Tōyoko-Linie 1926–2004
            
Tōyoko-Linie 2004–
            
Yokosuka-Linie 1889–
            
Tōkaidō-Hauptlinie 1887–
            
Keihin-Tōhoku-Linie 1914–
            
Keikyū-Hauptlinie 1931–
            
0,0 Yokohama (横浜) 1915–
            
Minatomirai-Linie 2004–
            
Takashimachō 1928–2004
            
→ Takashima-Linie 1964–
            
2,0 Sakuragichō (桜木町) 1872–
Ōoka-gawa
3,0 Kannai (関内) 1964–
3,8 Ishikawachō (石川町) 1964–
Stadtautobahn K3
Nakamura-gawa
(3 Tunnel)
5,0 Yamate (山手) 1964–
Yaguchidai-Tunnel (662 m)
Honmoku-Linie 1969–
7,1 Negishi (根岸) 1964–
Horiwari-gawa
9,5 Isogo (磯子) 1964–
            
11,1 Shin-Sugita (新杉田) 1970–
            
Kanazawa Seaside Line 1989–
Keikyū-Hauptlinie 1930–
(3 Tunnel)
14,1 Yōkōdai (洋光台) 1970–
Yokohama-Yokosuka-Autobahn
(2 Tunnel)
16,0 Kōnandai (港南台) 1973–
2. Hino-Tunnel (1181 m)
18,5 Hongōdai (本郷台) 1973–
←↓ Tōkaidō-Hauptlinie 1887–
            
Dreamland Monorail 1966–1967
            
22,1 Ōfuna (大船) 1888–
            
Yokosuka-Linie 1889–
            
Shōnan Monorail 1970–

Streckenbeschreibung Bearbeiten

Wie in Japan üblich ist die Negishi-Linie in Kapspur (1067 mm) verlegt. Sie ist 22,1 km lang, vollständig zweigleisig ausgebaut und mit 1500 V Gleichspannung elektrifiziert. Bedient werden zwölf Bahnhöfe (einschließlich der Endbahnhöfe), die Höchstgeschwindigkeit beträgt 95 km/h. Benannt ist die Linie nach der Negishi-Bucht, die an die Bucht von Tokio grenzt.

Nördlicher Ausgangspunkt der Linie ist der Bahnhof Yokohama, wo sie unmittelbar mit den Gleisen der Keihin-Tōhoku-Linie verbunden ist. Sie führt zunächst südostwärts durch das Stadtzentrum nach Sakuragichō. Dieser Streckenabschnitt verlief einst unmittelbar an der Küste entlang, aufgrund jahrzehntelanger Landgewinnung ist sie nun mehr als einen Kilometer entfernt. Ungefähr in der Mitte zwischen den beiden Bahnhöfen mündet die Takashima-Linie ein, die ausschließlich dem Güterverkehr dient und durch das Hafengebiet nach Tsurumi führt. Die Negishi-Linie wendet sich allmählich nach Südwesten, durchquert dabei in vier Tunneln einen Hügelzug und erreicht die Hafenanlagen an der Negishi-Bucht. Im Bahnhof Negishi mündet von Osten her die Honmoku-Linie der Kanagawa Rinkai Tetsudō ein, die wie die Takashima-Linie ausschließlich von Güterzügen befahren wird.

Die Negishi-Linie folgt in südlicher Richtung dem Rand des Hafens. Unmittelbar nach Shin-Sugita, wo Anschluss an die Kanazawa Seaside Line besteht, biegt die Strecke nach Westen ab. Sie kreuzt die Keikyū-Hauptlinie auf einer Brücke und durchquert in sieben hintereinander folgenden Tunneln ein hügeliges Gebiet. Westlich von Hongōdai trifft sie auf die Tōkaidō-Hauptlinie und folgt dieser auf parallel verlaufenden Gleisen südwärts bis zum Bahnhof Ōfuna am nördlichen Stadtrand von Kamakura. Zwischen Hongōdai und Ōfuna besteht ein Übergang zur Tōkaidō-Güterlinie.

Züge Bearbeiten

Der Fahrplan der Negishi-Linie ist in jenen der daran anschließenden Keihin-Tōhoku-Linie integriert. Durchgehende Nahverkehrszüge verbinden den Bahnhof Ōmiya in der Präfektur Saitama mit Ueno, Tokio, Shinagawa, Kawasaki, Yokohama und Ōfuna. Dabei wendet etwa ein Drittel aller Züge bereits in Isogo. Mit Ausnahme der Randstunden gibt es keine Züge, die ausschließlich auf der Negishi-Linie verkehren. Ebenso besteht eine enge Verknüpfung der Negishi-Linie mit der Yokohama-Linie: Dabei werden werktags zwischen 9 und 15 Uhr sowie an Wochenenden zwischen 9 und 17 Uhr drei Eilzüge je Stunde angeboten, die von Sakuragichō über Yokohama nach Hachiōji verkehren; hinzu kommen Nahverkehrszüge von Sakuragichō nach Hashimoto (wobei während der Hauptverkehrszeit vereinzelt ab und bis Ōfuna gefahren wird).[1]

In der Regel verkehren tagsüber sieben bis zehn Züge je Stunde, während der Hauptverkehrszeit 12 bis 14. Wegen der Überschneidung mit der Yokohama-Linie werden auf dem Abschnitt zwischen den Bahnhöfen Yokohama und Sakuragichō bis zu 20 Züge stündlich angeboten.[2][3] Der Takt ist generell etwas weniger dicht als auf der Keihin-Tōhoku-Linie, da die Negishi-Linie zwischen Sakuragichō und Ōfuna auch regen Güterverkehr zu den Hafenanlagen aufnehmen muss. Güterzüge von JR Freight erreichen die Strecke auf der Takashima-Linie, der Honmoku-Linie und der Tōkaidō-Güterlinie. Deren Hauptziel ist die Erdölraffinerie von Nippon Oil neben dem Bahnhof Negishi.

Ab 27. April 1996 bot JR East auch die Hamakaji-Schnellzüge an. Diese verkehrten an Wochenenden und Feiertagen von Kamakura über die Negishi-Linie nach Yokohama und von dort aus weiter über Hachiōji, Kōfu und Shiojiri nach Matsumoto. Aufgrund gesunkener Nachfrage wurden sie am 3. Januar 2019 eingestellt.[4]

Geschichte Bearbeiten

Der Abschnitt nördlich des Bahnhofs Sakuragichō ist Teil der ältesten Bahnstrecke Japans, die Yokohama mit Tokio verband. Er wurde am 12. Juni 1872 provisorisch eröffnet, am 14. Oktober desselben Jahres auch offiziell. Die Aufnahme des Güterverkehrs erfolgte knapp elf Monate später am 15. September 1873.[5] Sakuragichō war über vier Jahrzehnte lang der Hauptbahnhof der Stadt und fast alle Personenzüge der Tōkaidō-Hauptlinie hielten hier. Zur Vermeidung des Kopfbahnhofs bestand seit 1898 eine Abkürzungsstrecke nach Hodogaya. An dieser entstand 1915 der Bahnhof Yokohama (beim heutigen U-Bahnhof Takashimachō), der aber bereits acht Jahre später beim Großen Kantō-Erdbeben zerstört wurde. 1928 ersetzte man ihn durch einen etwas weiter nördlich gelegenen Neubau.[6]

Das Eisenbahnamt des Kabinetts (das spätere Eisenbahnministerium) elektrifizierte einen Teil der Tōkaidō-Hauptlinie, sodass ab 20. Dezember 1914 von Sakuragichō aus Vorortszüge in Richtung Tokio verkehrten. Dies war die Keimzelle der heutigen Keihin-Tōhoku-Linie. 1920 präsentierte das Ministerium ein Projekt zur Verlängerung der elektrischen Vorortsbahn. Die Strecke sollte ab Sakuragichō zunächst entlang dem Fluss Oōka bis nach Hodogaya führen. Anschließend war ein zusätzliches Gleispaar parallel zur Tōkaidō-Hauptlinie bis Ōfuna vorgesehen. Dieser Plan wurde nach dem Erdbeben von 1923 aufgegeben.[7] 14 Jahre später erschien im Anhang des Eisenbahnbaugesetzes vom 31. März 1937 ein neues Projekt für den Bau einer Strecke von Sakuragichō nach Kita-Kamakura, die Grundlage der späteren Negishi-Linie.[8]

 
Zug bei Yōkōdai (1984)

Am 24. April 1951 ereignete sich bei der Einfahrt eines Zuges in den Bahnhof Sakuragichō ein schwerer Unfall, bei dem 105 Menschen ums Leben kamen.[9] 1957 fiel der Beschluss, den 20 Jahre zuvor präsentierten Plan in veränderter Form umzusetzen. Die Japanische Staatsbahn eröffnete am 19. Mai 1964 das Teilstück zwischen Sakuragichō und Isogo, wobei die verlängerte Strecke die neue Bezeichnung Negishi-Linie erhielt. Am 17. März 1970 verlängerte sie die Negishi-Linie nach Yōkōdai und am 9. April 1973 nach Ōfuna.[10]

Mit der Eröffnung einer Zweigstrecke der durch das Hafengebiet verlaufenden Takashima-Linie verkehrten ab 1. Juni 1964 zwischen Sakuragichō und Isogo auch Güterzüge. Die Staatsbahn dehnte den Güterverkehr am 1. Oktober 1973 bis nach Ōfuna aus, zog ihn aber am 1. Februar 1984 nach Isogo zurück. Im Rahmen der Staatsbahn­privatisierung ging die Strecke am 1. April 1987 in den Besitz der neuen Gesellschaft JR East über, während JR Freight den Güterverkehr übernahm und ihn zum Teil wieder bis Ōfuna betrieb.[10]

Auf einem Viadukt parallel zur Negishi-Linie, zwischen den Bahnhöfen Yokohama und Sakuragichō, verlief seit dem 31. März 1932 die Tōyoko-Linie. Die Tōkyū Dentetsu zog diese Linie am 30. Januar 2004 zurück und begann zwei Tage später ihre Züge auf die neue Minatomirai-Linie zu leiten, die im Bahnhof Yokohama beginnt.[11] Daraufhin ließ die Stadtverwaltung den nicht mehr benötigten Viadukt zu einer urbanen Grünfläche umgestalten und machte ihn zwischen 2006 und 2011 als Tōyoko Flower Green Road der Öffentlichkeit zugänglich.[12]

Liste der Bahnhöfe Bearbeiten

Name km Anschlusslinien Lage Ort
JK12 Yokohama (横浜) 00,0 Tōkaidō-Hauptlinie
Keihin-Tōhoku-Linie
Yokosuka-Linie
Tōyoko-Linie
Keikyū-Hauptlinie
Sōtetsu-Hauptlinie
U-Bahn Yokohama: Blaue Linie
Minatomirai-Linie
Koord. Nishi-ku, Yokohama
JK11 Sakuragichō (桜木町) 02,0 U-Bahn Yokohama: Blaue Linie Koord. Naka-ku, Yokohama
JK10 Kannai (関内) 03,0 U-Bahn Yokohama: Blaue Linie Koord.
JK09 Ishikawachō (石川町) 03,8 Koord.
JK08 Yamate (山手) 05,0 Koord.
JK07 Negishi (根岸) 07,1 Koord. Isogo-ku, Yokohama
JK06 Isogo (磯子) 09,5 Koord.
JK05 Shin-Sugita (新杉田) 11,1 Kanazawa Seaside Line
im Bhf. Sugita: Keikyū-Hauptlinie
Koord.
JK04 Yōkōdai (洋光台) 14,1 Koord.
JK03 Kōnandai (港南台) 16,0 Koord. Kōnan-ku, Yokohama
JK02 Hongōdai (本郷台) 18,5 Koord. Sakae-ku, Yokohama
JK01 Ōfuna (大船) 22,1 Tōkaidō-Hauptlinie
Shōnan-Shinjuku-Linie
Yokosuka-Linie
Shōnan Monorail
Koord. Kamakura

Weblinks Bearbeiten

Commons: Negishi-Linie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. JR時刻表 2019年3月号 (JR-Fahrplan März 2019). Kōtsū shinbunsha, Tokio 2019.
  2. Werktagsfahrplan in Richtung Yokohama. JR East, 2020, abgerufen am 20. August 2020 (englisch).
  3. Werktagsfahrplan in Richtung Ōfuna. JR East, 2020, abgerufen am 20. August 2020 (englisch).
  4. 春の増発列車のお知らせ. (PDF, 758 kB) JR East, 18. Januar 2019, abgerufen am 20. August 2020 (japanisch).
  5. Dan Free: Early Japanese Railways 1853–1914: Engineering Triumphs That Transformed Meiji-era Japan. Turtle Publishing, Clarendon 2014, ISBN 978-4-8053-1290-2, S. 77–80.
  6. 旧横浜駅(3代)の松杭撤去. In: Tetsudō Kenchiku News. Nr. 369. Japanischer Eisenbahnbauverband, Tokio 1980, S. 30–34.
  7. 「地図」で探る横浜の鉄道. Yokohama toshi hatten kinen-kan, Yokohama 2014, ISBN 978-4-9905683-0-6, S. 58–64.
  8. 鉄道敷設法中改正法律. In: Offizielles Amtsblatt. Nationale Parlamentsbibliothek, 1. April 1937, abgerufen am 18. August 2020 (japanisch).
  9. Train fire at Sakuragichō. Failure Knowledge Database, abgerufen am 20. August 2020 (englisch).
  10. a b Tetsu Ishino (Hrsg.): 停車場変遷大事典 国鉄・JR (Bahnhofswechselverzeichnis JNR/JR). JTB, Tokio 1998, ISBN 978-4-533-02980-6.
  11. 東横線とみなとみらい21線との相互直通運転開始に伴う東横線横浜〜桜木町間の廃止について. (PDF, 18 kB) Tōkyū Dentetsu, 30. Januar 2003, archiviert vom Original am 14. April 2015; abgerufen am 20. August 2020 (japanisch).
  12. 東急東横線の跡地利用. Stadt Yokohama, 14. März 2019, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. Oktober 2020; abgerufen am 20. August 2020 (japanisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.city.yokohama.lg.jp