Natriumformiat

organische Verbindung, Biozid, Enteisungsmittel

Natriumformiat ist das Natriumsalz der Ameisensäure mit der Konstitutionsformel Na(HCOO).

Strukturformel
Struktur von Natriumformiat
Allgemeines
Name Natriumformiat
Andere Namen
Summenformel CHNaO2
Kurzbeschreibung

farblose, zerfließliche, bitter-salzig schmeckende, rhombische Prismen oder Tafeln[3]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 141-53-7
EG-Nummer 205-488-0
ECHA-InfoCard 100.004.990
PubChem 2723810
Wikidata Q409209
Eigenschaften
Molare Masse 68,01 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,92 g·cm−3 (20 °C)[4]

Schmelzpunkt

261 °C (Zersetzung)[4]

Löslichkeit

>490 g·l−1 (20 °C) in Wasser[4]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[4]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[4]
Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

−666,5 kJ/mol[5]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Darstellung Bearbeiten

Technisch wird Natriumformiat aus Natronlauge und Kohlenmonoxid bei 130 °C und 6–8 bar Druck hergestellt:[6]

 
Natriumhydroxid reagiert mit Kohlenmonoxid zu Natriumformiat.

Wegen der preisgünstigen großtechnischen Verfügbarkeit von Ameisensäure durch Carbonylierung von Methanol und Hydrolyse des entstehenden Methylformiats wird Natriumformiat meist durch Neutralisation von Ameisensäure mit Natronlauge hergestellt. Natriumformiat entsteht auch als Zwangsanfallprodukt in der letzten Stufe der Pentaerythrit-Synthese, der gekreuzten Cannizzaro-Reaktion von Formaldehyd mit dem Aldol-Reaktionsprodukt Trimethylolacetaldehyd [3-Hydroxy-2,2-bis(hydroxymethyl)-propanal].[7]

Eigenschaften Bearbeiten

Physikalische Eigenschaften Bearbeiten

Natriumformiat kristallisiert im monoklinen Kristallsystem in der Raumgruppe C2/n (Raumgruppen-Nr. 15, Stellung 5)Vorlage:Raumgruppe/15.5 mit den Gitterparametern a = 6,19 Å, b = 6,72 Å, c = 6,49 Å und β = 121,7°.[8]

Chemische Eigenschaften Bearbeiten

Beim Erhitzen zersetzt sich Natriumformiat zunächst unter Bildung von Natriumoxalat und Wasserstoff.[9] Das entstandene Natriumoxalat geht beim weiteren Erhitzen unter Abgabe von Kohlenmonoxid in Natriumcarbonat über.[10][9]

 
 

Als Salz einer schwachen Säure (Ameisensäure) und einer starken Base (Natronlauge) reagiert eine Lösung von Natriumformiat in Wasser basisch:

 

Eine Lösung von Ameisensäure und Natriumformiat kann also als Pufferlösung eingesetzt werden.

Verwendung Bearbeiten

 
Einige Natriumformiat-Dihydrat-Kristalle

Natriumformiat spielt bei der Synthese von Ameisensäure eine Rolle, hier wird es unter folgender Reaktionsgleichung mit Schwefelsäure zu dieser umgesetzt:

 
Das Natriumformiat wird mit Schwefelsäure zu Ameisensäure und Natriumsulfat umgesetzt

Die Brennhaare der Brennnesseln enthalten neben Ameisensäure unter anderem auch Natriumformiat.

Natriumformiat ist schwach wassergefährdend und hemmt einige Bakterienarten, von anderen wird es jedoch abgebaut.

Festes Natriumformiat wird auf Flughäfen zur Enteisung von Start- und Landebahnen, Rollwegen und Vorfeldern, versetzt mit Korrosionsschutzmitteln und anderen Additiven als nichtkorrosives Streumittel eingesetzt, das schnell in feste Schnee- und Eisschichten eindringt, sie vom Asphalt bzw. Beton ablöst und das Eis rasch aufschmilzt („de-icing effect“). Die hohe Gefrierpunktserniedrigung z. B. im Vergleich zum noch häufig eingesetzten, aber wegen seiner eutrophierenden Wirkung problematischen Taumittel Harnstoff verhindert wirksam die Wiedervereisung („anti-icing effect“), auch bei sehr niedrigen Temperaturen unter −15 °C. Die Auftauwirkung des festen Natriumformiats kann durch Befeuchten mit wässrigen Kaliumformiat- oder Kaliumacetat-Lösungen gesteigert werden. Die Abbaubarkeit des Natriumformiats ist mit einem chemischen Sauerstoffbedarf COD von 211 mg O2/g gegenüber den Enteisungsmitteln Natriumacetat mit 740 mg O2/g und Harnstoff mit >2,000 mg O2/g besonders vorteilhaft.[11]

Gesättigte Natriumformiat-Lösungen werden wie auch Gemische anderer Alkalimetallformiate, z. B. Kalium- und Caesiumformiat, wegen ihrer relativ hohen Dichte als wichtige Bohr- und Stabilisierungshilfsmittel bei der Gas- und Ölexploration eingesetzt. Durch Mischen der entsprechenden gesättigten Alkalimetallformiat-Lösungen können beliebige Dichten zwischen 1,0 und 2,3 g/cm3 eingestellt werden. Die gesättigten Lösungen sind biozid und langzeitstabil gegenüber mikrobiellem Abbau. Verdünnt sind sie wiederum schnell und vollständig bioabbaubar. Da man bei Alkalimetallformiaten als Bohrhilfsmittel auf den Zusatz von festen Füllstoffen, wie z. B. Baryt zur Erhöhung der Dichte verzichten kann und Formiatlösungen an der Bohrstelle wiedergewonnen und recycelt werden können, stellen Formiate einen wichtigen Fortschritt in der Explorationstechnologie dar.[12]

Natriumformiat wird ebenfalls zur Herstellung von Oxalsäure verwendet.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Eintrag zu SODIUM FORMATE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 23. Oktober 2021.
  2. Register of Feed Additives pursuant to Regulation (EC) No 1831/2003. (pdf) Annex I: List of additives. In: Europäische Kommission. European Union, 2021, S. 91, abgerufen am 21. November 2021.
  3. Eintrag zu Natriumformiat. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 19. Juni 2014.
  4. a b c d e Eintrag zu Natriumformiat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 19. Dezember 2019. (JavaScript erforderlich)
  5. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-19.
  6. Arnold Willmes, Taschenbuch Chemische Substanzen, Harri Deutsch, Frankfurt (M.), 2007.
  7. H.-J. Arpe, Industrielle Organische Chemie, 6., vollst. überarb. Aufl., Wiley-VCH Verlag, 2007, ISBN 978-3-527-31540-6
  8. W. H. Zachariasen: "The Crystal Structure of Sodium Formate, NaHCO2" in J. Am. Chem. Soc., 1940, 62(5), S. 1011–1013. doi:10.1021/ja01862a007
  9. a b T. Meisel, Z. Halmos, K. Seybold, E. Pungor: "The thermal decomposition of alkali metal formates" in Journal of Thermal Analysis and Calorimetry 1975, 7(1). S. 73–80. doi:10.1007/BF01911627
  10. T. Yoshimori, Y. Asano, Y. Toriumi, T. Shiota: "Investigation on the drying and decomposition of sodium oxalate" in Talanta 1978, 25(10) S. 603–605. doi:10.1016/0039-9140(78)80158-1
  11. Deicer Anti-icing Snow melting Thawing Chemicals Manufacturers (Memento des Originals vom 5. August 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.deicersnowmeltingthawing.com
  12. William Benton and Jim Turner, Cabot Specialty Fluids: Cesium formate fluid succeeds in North Sea HPHT field trials (PDF; 88 kB); In: Drilling Contractor, Mai/Juni 2000.