Nativpräparat

mikroskopisches Präparat von biologischem Material, welches ohne Fixierung und Färbung betrachtet wird

Ein Nativpräparat (lateinisch nativus = „natürlich an einer bestimmten Stelle entstanden und gewachsen“,[1] geboren, „durch die Geburt [lateinisch: natus] entstanden, angeboren, natürlich“,[2] „unverändert“,[3][4][5] „ursprünglich“[6]) ist ein mikroskopisches Präparat von biologischem Material, welches ohne Fixierung und Färbung betrachtet wird.[7][8][9] Viele Nativpräparate sind ohne Fixierung und ohne Färbung oft kontrastarm.

Nativpräparat der Veränderungen eines Haars infolge der Infektion mit Trichophyton tonsurans

Untersucht werden auf diese Weise vor allem Hautgeschabsel, Urinsedimente, Kotausstriche oder Scheidenabstriche. Nativpräparate eignen sich vom allen zum Nachweis von größeren Krankheitserregern wie Blutparasiten, Milben,[10] Fadenwürmern und ihren Eiern und Larven, von Kokzidien, Dermatophyten oder Hefen, von beweglichen Erregern wie Trichomonaden sowie von Treponema pallidum. Hier spricht man (auch nach erfolgter Anfärbung: Frischfärbung) von Nasspräparaten oder von Frischpräparaten;[11] zu diesen zählen beispielsweise auch Zupfpräparate, Quetschpräparate, Häutchenpräparate und Ausstrichpräparate.[12]

Mitunter werden

ebenfalls als Nativpräparate bezeichnet. Zum Beispiel besonders bei Verdacht auf Malaria werden sogenannte dünne Tropfen oder auch hängende Tropfen[17] und dicke Tropfen[18] als Nativpräparate untersucht; eingetrocknete dicke Tropfen werden gefärbt und sind danach nicht mehr nativ.

Ein mikrobiologisches Lehrbuch unterschied bei den Nativpräparaten unsystematisch drei verschiedene Verfahren:

Für den Dermatophytennachweis ist eine vorherige Auflösung des Keratins durch den Zusatz von Kalilauge (Aufhellungspräparat) sinnvoll. Für Fadenwurmeier ist eine vorherige Anreicherung durch ein Flotationsverfahren, für Fadenwurmlarven durch ein Larvenauswanderungsverfahren sinnvoll. Auch durch diese beiden Verfahren geht streng genommen die Nativität verloren.

Zur Darstellung fixationsempfindlicher Zellstrukturen wie zum Beispiel bei Enzymen werden Gefriermikrotomschnitte beziehungsweise auch Kryostatschnitte angefertigt.[20]

Gelegentlich wird bei der Verwendung des Begriffs das Erfordernis der Mikroskopierbarkeit fallen gelassen, so dass zum Beispiel auch unbehandelte Mumien oder Schrumpfköpfe als Nativpräparate bezeichnet werden können.

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Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Ludwig August Kraus: Kritisch-etymologisches medicinisches Lexikon. 3. Auflage. Verlag der Deuerlich- und Dieterichschen Buchhandlung, Göttingen 1844, S. 651. Digitalisat der Ausgabe von 1844, Internet Archive.
  2. Duden: Wörterbuch medizinischer Fachbegriffe. 10. Auflage. Dudenverlag, Berlin 2021, ISBN 978-3-411-04837-3, S. 548.
  3. Otto Dornblüth: Klinisches Wörterbuch. 4. Auflage. Verlag von Veit & Comp., Leipzig 1911, S. 188.
  4. Der grosse Duden. Bibliographisches Institut, Band 5: Fremdwörterbuch. 2. Auflage. Mannheim/ Wien/ Zürich 1971, S. 468.
  5. Eduard Strauß: Medizinische Fachsprache ... verständlich gemacht! 22. Auflage. Verlag Alwin Fröhlich, Hamburg 1954, S. 56.
  6. Otto Roth: Roth's klinische Terminologie. 10. Auflage. Georg Thieme Verlag, Leipzig 1925, S. 341.
  7. Peter Reuter: Springer Klinisches Wörterbuch 2007/2008. 1. Auflage. Springer-Verlag, Heidelberg 2007, ISBN 978-3-540-34601-2, S. 1256.
  8. Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 262. Auflage, Verlag Walter de Gruyter, Berlin/ New York 2010, ISBN 978-3-11-021152-8, S. 1406.
  9. Das große Wörterbuch der Medizin. Vehling Verlag, Köln/ Luzern/ Wien ohne Jahr, S. 308; identische Quelle: Fachwörterbuch der Medizin. Verlag Manfred Pawlak, Herrsching 1984, ISBN 3-88199-163-8.
  10. Maxim Zetkin, Herbert Schaldach: Lexikon der Medizin. 16. Auflage. Ullstein Medical Verlag, Wiesbaden 1999, ISBN 3-86126-126-X, S. 1368.
  11. Roche Lexikon Medizin. 5. Auflage. Verlag Urban & Fischer, München/ Jena 2003, ISBN 3-437-15156-8, S. 1295.
  12. Günter Thiele, Heinz Walter (Hrsg.): Reallexikon der Medizin und ihrer Grenzgebiete. Verlag Urban & Schwarzenberg, Loseblattsammlung 1966–1977, 3. Ordner (F–Hyperlysinämie), München/ Berlin/ Wien 1969, ISBN 3-541-84005-6, S. F 199.
  13. Duden: Wörterbuch medizinischer Fachbegriffe. 10. Auflage. Dudenverlag, Berlin 2021, ISBN 978-3-411-04837-3, S. 548.
  14. Herbert Volkmann (Hrsg.): Walter Guttmann: Medizinische Terminologie. 35. Auflage. Urban & Schwarzenberg, München, Berlin 1951, S. 679.
  15. Lexikon Medizin. 4. Auflage. Verlag Naumann & Göbel, Köln ohne Jahr [2005], ISBN 3-625-10768-6, S. 1175.
  16. Ernst Wiesmann: Medizinische Mikrobiologie. 4. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1978, ISBN 3-13-444804-1, S. 512.
  17. Günter Thiele, Heinz Walter (Hrsg.): Reallexikon der Medizin und ihrer Grenzgebiete. Verlag Urban & Schwarzenberg, Loseblattsammlung 1966–1977, 3. Ordner (F–Hyperlysinämie), München/ Berlin/ Wien 1969, ISBN 3-541-84000-5, S. H 37.
  18. Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 268. Auflage. Verlag Walter de Gruyter, Berlin/ Boston 2020, ISBN 978-3-11-068325-7, S. 1804.
  19. Hans Jürgen Otte, Henning Brandis (Hrsg.): Lehrbuch der Medizinischen Mikrobiologie. 4. Auflage. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart/ New York 1978, ISBN 3-437-00258-9, S. 180.
  20. Günter Thiele, Heinz Walter (Hrsg.): Reallexikon der Medizin und ihrer Grenzgebiete. Verlag Urban & Schwarzenberg, Loseblattsammlung 1966–1977, 5. Ordner (Membra–R-Zellen-Adenom), München/ Berlin/ Wien 1973, ISBN 3-541-84005-6, S. N 29.