Nathan Gelbart

deutscher und israelischer Rechtsanwalt, ehemaliger Vorsitzender von Keren Hayesod Deutschland

Norman Nathan Gelbart (geb. 12. April 1966 in Frankfurt am Main) ist Rechtsanwalt in Berlin und Tel Aviv und Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Rechtsanwälte-Kanzlei Gelbart Legal[1]. Darüber hinaus war er langjährig bis 2018 Vorsitzender von Keren Hayesod Deutschland (Nachfolger: Sammy Endzweig).

Norman Nathan Gelbart, Oktober 2021

Leben Bearbeiten

Laufbahn Bearbeiten

Gelbart studierte Rechtswissenschaften in Frankfurt am Main und Mainz.[2] Er ist seit 1996 in Deutschland und seit 2014 in Israel als Rechtsanwalt zugelassen. Von 1996 bis 2006 war er in seiner Berliner Gemeinschaftskanzlei Gelbart & Nicklass tätig. Von 2006 bis 2016 war er für die Wirtschaftskanzlei Fritze Wicke Seelig in Berlin und Tel Aviv tätig, ab 2013 als geschäftsführender Partner.[3] Von 2016 bis 2020 war er Partner in der Praxisgruppe Immobilienrecht bei PricewaterhouseCoopers Legal.[3] Seit 2020 ist er geschäftsführender Gesellschafter von Gelbart Legal mit Kanzleien in Berlin und Tel Aviv.

Mitgliedschaft in Organisationen Bearbeiten

Von 2006 bis 2018 war Gelbart Deutschlandvorsitzender von Keren Hayesod Deutschland, seitdem ist er Berliner Vorsitzender und stellvertretender Deutschland-Vorsitzender. Bis 2015 war er auch Richter am Oberen Schieds- und Verwaltungsgericht des Zentralrates der Juden in Deutschland.[4] Gelbart war auch Mitglied des European Jewish Parliament (EJP; ehemals European Jewish Union – EJU)[4] und ist derzeit Mitglied im Board of Governors bei der IJL International Association of Jewish Lawyers and Jurists sowie im Board of Governors bei der Jewish Agengy for Israel[2].

Prominente Fälle (Auswahl) Bearbeiten

Als Rechtsanwalt vertrat Gelbart beispielsweise 2008 erfolgreich den TuS Makkabi Berlin gegen die VSG Altglienicke, nachdem bei einem Spiel der zweiten Mannschaften Altglienicker Zuschauer mit antisemitischen Parolen gegen die Makkabi-Spieler gepöbelt hatten. Der Streit sorgte deutschlandweit für Schlagzeilen.

2017 vertrat er den SV Babelsberg 03 (SVB 03) in einer Sache gegen den Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV), der Ausschreitungen und verbundene Spielunterbrechungen bei einem Spiel des SVB 03 am 28. April 2017 gegen den FC Energie Cottbus im Karl-Liebknecht-Stadion vorausgingen. Im Gästeblock waren ca. 100 Rechtsradikale versammelt, die die Arme zum Hitlergruß streckten und mit dem Ruf „Arbeit macht frei. Babelsberg 03“ sowie „Zecken, Zigeuner und Juden“ pöbelten.[5] Ein SVB 03-Fan erwiderte mit dem Ruf „Nazischweine raus!“ und auf beiden Fanseiten flogen Feuerwerkskörper. Beide Vereine erhielten Geldstrafen, wobei die des FC Energie nach dessen Protest erheblich abgemildert wurde. Ein Berufungsverfahren auf Antrag des SVB 03 wurde wie auch ein folgender Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom NOFV wegen eines angeblichen Formfehlers abgelehnt.[6]

Ebenfalls für Schlagzeilen sorgte der Fall, in dem die Fluggesellschaft Kuwait Airways aufgrund des umstrittenen „Einheitsgesetzes zum Israel-Boykott“ des Emirats Kuwait einen Israeli als Passagier ablehnte, der von Gelbart im Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main vertreten wurde.[7][8]

Vor dem Landgericht München I verteidigte Gelbart 2016 Charlotte Knobloch im Prozess gegen den jüdischen Publizist Abraham Melzer, dem sie nachsagte, er sei „für seine antisemitischen Äußerungen regelrecht berüchtigt“, woraufhin Melzer sie wegen Beleidigung und Verleumdung verklagt hatte.[9]

Gelbart ist mit Henryk M. Broder befreundet und vertrat diesen in verschiedenen Verfahren gegen die Publizistin Evelyn Hecht-Galinski: Broder musste sich von dieser zwar „Pornoverfasser“ nennen lassen, durfte seinerseits in seiner Kritik an ihr aber den Begriff „antisemitisch“ verwenden.[10][11][12][13][14][15][16]

Künstlerberatung Bearbeiten

Im Februar 2020 initiierte Gelbart drei Solo-Konzerte des israelischen Songwriters Idan Raichel unter dem Programmnamen „Piano-Songs“ in Berlin, München und Frankfurt/Main.[17]

Autorentätigkeit Bearbeiten

Gelbart verfasste diverse Beiträge im Journalistenblog Achgut – Die Achse des Guten[18] und in der Jüdischen Allgemeinen.[19]

Privatleben Bearbeiten

Gelbart lebt in Berlin und Tel Aviv, ist verheiratet und hat vier Kinder.[2]

Fernsehdarstellerrollen Bearbeiten

Auszeichnungen Bearbeiten

Für die Jahre 2019 bis 2023 zählt Gelbart jeweils als einer der „besten Anwälte Deutschlands“ im Rechtsgebiet Medien- und Urheberrecht, die von dem US-amerikanischen Verlag „Best Lawyers“ in Zusammenarbeit mit dem Handelsblatt ermittelt wurden.[21]

Literatur und Schriften (Auswahl) Bearbeiten

  • mit Volker Beck (Hrsg.) und Tikvah Institut (Hrsg.): Mögliche juristische und rechtspolitische Antworten auf BDS. Verlag Hentrich & Hentrich, Leipzig, 2023 (E-Book). ISBN 978-3-95565-605-8
  • mit Eva Ghazari-Arndt: Instrumentalisiert die EU den Verbraucherschutz gegen Israel? In: Deutsch-Israelische Gesellschaft (Hrsg.): Boykottbewegungen gegen Israel – Widerspruch mit Informationen und Argumenten. Berlin 2016 (PDF-E-Book), S. 26ff.[22]
  • Sandra Kreisler und Norman Nathan Gelbart. In: Andrea von Treuenfeld: Erben des Holocaust. Leben zwischen Schweigen und Erinnerung. Gütersloher Verlagshaus, 2017. ISBN 978-3-641-20867-7
  • Meine Fehde mit Micha Brumlik – Broders Anwalt und die Israel-Lobby. In: Abraham Melzer: Die Antisemitenmacher: Wie Kritik an der Politik Israels verhindert wird. Westend, Frankfurt 2017, Kap. 12. ISBN 978-3-86489-681-1

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Gelbart Legal Impressum. Gelbart Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, abgerufen am 20. April 2024.
  2. a b c Nathan Gelbart (Kurzvita). Jewish Agengy for Israel, abgerufen am 20. April 2024 (englisch).
  3. a b PwC Legal: Partner im Immobilienrecht für Berlin. Legal Tribune Online, 7. Juli 2016.
  4. a b Norman Nathan Gelbart. Vita auf der Website des European Jewish Parliament.
  5. sie hierzu auch Energie Cottbus#Probleme mit Neonazis in der Ultra-Szene
  6. Peter Könnicke: SV Babelsberg 03: „Skandalöse und eklatante Ungerechtigkeit“. Potsdamer Neueste Nachrichten, 13. September 2017.
  7. Georg Leppert: Kuwait Airways: Kuwaits Israel-Boykott vor Frankfurter Gericht. Frankfurter Rundschau, 30. Oktober 2017.
  8. siehe hierzu auch Kuwait Airways#Diskriminierung
  9. Jakob Wetzel: Antisemitismus-Streit vor Gericht. Süddeutsche Zeitung, 21. November 2016.
  10. Tom Segev: Macht der Selbstkritik. In: Der Spiegel. Nr. 37, 2008, S. 164–165 (online8. September 2008).
  11. Jens Jessen: Israelkritik. Zum Streit zwischen Henryk Broder und Eva Hecht-Galinski. In: Die Zeit. Nr. 37, 4. September 2008
  12. Patrick Bahners: Rechtsstreit. Was darf eine Jüdin in Deutschland gegen Israel sagen?. FAZ, 21. August 2008
  13. Joachim Güntner: Polemiken bitte begründen. Ein Antisemitismusvorwurf vor Gericht. In: Neue Zürcher Zeitung. 8. September 2008
  14. Pascal Beucker: Sieg für Broder im Antisemitismusstreit. In: taz vom 7. Januar 2009, S. 7
  15. Daniela Breitbart: Ohne Sachbezug - Das Urteil: Broder gegen Hecht-Galinski Jüdische Allgemeine vom 11. September 2008
  16. Pascal Beucker: Broder siegt im Antisemitismus-Streit, taz vom 6. Januar 2009
  17. Ellen Presser: Jeder hört ein Lied anders. In: Jüdische Allgemeine Zeitung. Nr. 13/2020. Berlin 26. März 2020, S. 15.
  18. Kurzprofil und Gastbeiträge von Nathan Gelbart bei der Achse des Guten.
  19. siehe Weblink zum Autorenprofil bei der Jüdischen Allgemeinen
  20. ARD-Dokudrama München 72 „Es war das 9/11 der Siebziger“. Fotostrecke: Foto 8/9, Spiegel online, 19. März 2012.
  21. Das sind die besten Anwälte und Kanzleien Deutschlands 2023. In: Handelsblatt. Handelsblatt GmbH, 16. Juni 2023, abgerufen am 21. April 2024.
  22. Norman Nathan Gelbart u. a.: Boykottbewegungen gegen Israel - Widerspruch mit Informationen und Argumenten. Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG), 2016, abgerufen am 21. April 2024.