Museumspädagogik

Lehre von der Vermittlung des Sammlungsgutes eines Museums

Die Museumspädagogik bzw. Museumsdidaktik hat zum Ziel, kulturelle Objekte und Inhalte in Ausstellungen und Museen möglichst vielen Menschen zu vermitteln und so der breiten Öffentlichkeit den Zugang zum kulturellen Erbe und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Museumspädagogik ist in allen Sparten musealen Sammelns verortet. In der Museumsdidaktik werden Zielgruppen gerechte Inhalte erarbeitet, die Menschen in ihrer jeweiligen Altersgruppe und gesellschaftlicher Stellung ansprechen sollen.[1]

Schülergruppe im Musée d’Orsay in Paris

Begriff Bearbeiten

Terminologisch ist der Begriff der Museumspädagogik nicht unumstritten, da er häufig verkürzt und lediglich auf die Betreuung von Kindern und jugendlichen Museumsbesuchern angewandt wird. Tatsächlich widmet sich die heutige Museumspädagogik jedoch allen Gruppen von Museumsbesuchern. Zudem verbindet man mit Pädagogik eher Begriffe wie Erziehung und Lehre. Noch immer sind zwar Kinder für viele Museen eine wichtige Zielgruppe für die Angebote von Bildung und Vermittlung, doch gewisse Angebote richten sich auch an bestimmte Erwachsenengruppen, beispielsweise Lehrer und Senioren. Neuerdings sind zudem Inklusion, Integration und digitale Bildung relevante Themen.

Verankerung in den Museen Bearbeiten

Vor dem Hintergrund dieser Debatte ist die Verortung der Museumspädagogik von Haus zu Haus sehr unterschiedlich. So gibt es neben Museen mit einer klassischen museumspädagogischen Abteilung Museen, die lediglich eine Kommunikationsabteilung haben, die die gesamte nach außen gerichtete Kommunikation (Öffentlichkeitsarbeit, Vermittlungsarbeit etc.) des jeweiligen Museums abwickelt, sowie Museen, die einen Besucherservice anbieten. Andernorts spricht man bewusst nur noch von „Kulturvermittler“ und ist von der Bezeichnung Museumspädagoge gänzlich abgekommen.

In Großstädten gibt es neben den „normalen“ museumspädagogischen Abteilungen der Museen häufig noch übergeordnete museumspädagogische Dienste, die gemeinsam mit den Museen eigene Vermittlungsangebote anbieten.

Die Einbindung museumspädagogischer Abteilungen in die Ausstellungsplanung ist neben der „normalen“ Vermittlungsarbeit ein weiteres wichtiges Arbeitsgebiet der Museumspädagogen. Sie wird jedoch in der Praxis häufig vernachlässigt.

Vergleich von Schul- und Museumspädagogik Bearbeiten

Im Vergleich mit der Schulpädagogik ergibt sich für die Museumspädagogik (sofern man unter ihr mehr als das Führen von Schulklassen durch das Museum versteht) ein grundsätzlich anderer Ansatz. Steht in der Schulpädagogik die langfristige Wissensvermittlung vor dem Hintergrund der allgemeinen Schul(besuchs)pflicht im Vordergrund, kann die Museumspädagogik von einem grundsätzlich freiwilligen Besuch der Museumsbesucher und so auch von einem tendenziell aufgeschlosseneren Publikum ausgehen. Im Vordergrund steht dabei die momentane Auseinandersetzung mit den Ausstellungsgegenständen des Museums, ihrer Geschichte und den davon ausgehenden Wechselwirkungen mit dem persönlichen Erfahrungsschatz des Besuchers. Problematisch für die Museumspädagogik ist der häufig nur über kurze Zeit bestehende Kontakt zu den Besuchern, eine Situation, der die Museen durch diverse Aktivitäten zur Besucherbindung entgegenzuwirken versuchen. Neben dem Ansatz, über die traditionellen Besucherschichten hinaus auch Kinder und Jugendliche durch Museumspässe und Fördervereine stärker an das jeweilige „Haus“ zu binden, dürfte das Internet zu einem auch in diesem Zusammenhang immer wichtiger werdenden Medium werden.

Beispiele Bearbeiten

Als Beispiel für museumspädagogische Angebote können integrative Angebote für Menschen mit geistiger Behinderung gelten, wie sie beispielsweise von den museumspädagogischen Diensten am Überseemuseum Bremen und an Kölner Museen angeboten werden. Dabei werden Themen oft projektartig in handlungsorientierter Form erarbeitet.

Aus- und Weiterbildung Bearbeiten

Der Beruf des Museumspädagogen kann durch eine klassische schulische oder betriebliche Ausbildung nicht erworben werden. Allerdings gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich für den Beruf zu qualifizieren. So sind die Studiengänge Museumskunde (Bachelor) sowie Museumsmanagement und -kommunikation (konsekutiver Master) an der HTW Berlin (FH), Museologie (Bachelor) sowie Museumspädagogik (weiterbildender Master) an der HTWK Leipzig (FH), Museologie und materielle Kultur (Bachelor) und Museumswissenschaft (Master) an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und Kulturpädagogik zu nennen. Des Weiteren ist es möglich, sich mit einer Grundausbildung durch Weiterbildungen zu qualifizieren, wie beispielsweise der Ergänzungsstudiengang „Museum und Ausstellung (M.A.)“ der Universität Oldenburg oder der berufsbegleitenden Weiterbildung Museumspädagogik[2] am Kölner Institut für Kulturarbeit und Weiterbildung. Üblicherweise führt außerdem ein i. d. R. zweijähriges wissenschaftliches Volontariat zu diesem Beruf.

Arnold-Vogt-Preis für museumspädagogische Forschungen Bearbeiten

Die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig, Fakultät Medien, vergibt seit 2006 jährlich den mit 1000 Euro dotierten Arnold-Vogt-Preis für Museumspädagogik als Auszeichnung für praxisrelevante, innovative Forschungsergebnisse auf diesem Gebiet. Der Förderpreis richtet sich an alle Absolventen von Universitäten und Fachhochschulen im deutschen Sprachraum, deren Abschluss- oder Qualifikationsarbeiten sich mit Museumspädagogik befassen – verstanden als personale Kommunikation, Bildungsarbeit in Museen oder Gedenkstätten für unterschiedlichste Zielgruppen. Diplom-, Magister-, Doktorarbeiten, Bachelor- und Master-Thesen sind gleichberechtigt zugelassen unter der Voraussetzung, unveröffentlicht zu sein.

Institutionen und Verbände (Auswahl) Bearbeiten

  • Bundesverband Museumspädagogik mit den zusammengeschlossenen Landes- und Regionalverbänden sowie Fachgruppen
    • Regionalverband Museumspädagogik Nord e. V.
    • Länderverband Museumspädagogik Ost e. V.
    • Landesverband Museumspädagogik NRW e. V.
    • Regionalverband Museumspädagogik Südwest e. V.
    • Verein für Museumspädagogik Baden-Württemberg e. V.
    • Landesverband Museumspädagogik Bayern e. V.
    • Fachgruppe Barrierefreie Museen und Inklusion
    • Fachgruppe Generation 60plus
    • Fachgruppe Internationales
    • Fachgruppe Kinder und Jugendliche im Museum
    • Fachgruppe Digitale Bildung und Vermittlung in Museen
  • Museumsdienst Köln
  • Bayerische Museumsakademie
  • Museumspädagogisches Zentrum München (MPZ)
  • Kunst- und Kulturpädagogisches Zentrum der Museen in Nürnberg (KPZ)

Bedeutende Museumspädagogen Bearbeiten

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Timothy Ambrose (Hrsg.): Education in Museums. Museums in Education. HMSO/Scottish Museums Council, Edinburgh 1987.
  • Beatrix Commandeur, Hannelore Kunz-Ott, Karin Schad (Hrsg.): Handbuch Museumspädagogik. Kulturelle Bildung in Museen. Kopaed, München 2016, ISBN 978-3-86736-451-5.
  • Beatrix Commandeur, Dorothee Dennert (Hrsg.): Event zieht – Inhalt bindet. Besucherorientierung von Museen auf neuen Wegen. Bielefeld: transcript Verlag, 2004, ISBN 3-89942-253-8.
  • Claudia Cremer, Michael Drechsler, Claus Mischon, Anna Spall: Fenster zur Kunst. Ideen für kreative Museumsbesuche. Berlin/ Milow 1996, ISBN 3-928878-32-8.
  • Alfred Czech, Josef Kirmeier, Brigitte Sgoff (Hrsg.): Museumspädagogik. Ein Handbuch. Grundlagen und Hilfen für die Praxis. Schwalbach/Ts. 2014, ISBN 978-3-89974-886-4.
  • Uwe Christian Dech: Sehenlernen im Museum – Ein Konzept zur Wahrnehmung und Präsentation von Exponaten. Bielefeld: transcript Verlag, 2003, ISBN 3-89942-132-9.
  • Doris Jacobs: Interkulturelle Museumspädagogik. Internationale Bemühungen der Museumspädagogik in ihrer Relevanz für das ausländische Vorschulkind. Deutscher Studien Verlag, Weinheim 1989.
  • Sabine Jung (Hrsg.): Neue Wege der Museumspädagogik. ASKI, Bonn 2003, ISBN 3-930370-06-9.
  • Gabriele Kindler: MuseumsTheater – theatrale Inszenierungen in der Ausstellungspraxis. Bielefeld: transcript Verlag, 2001, ISBN 3-933127-70-X.
  • Alexander Klein: EXPOSITUM – Zum Verhältnis von Ausstellung und Wirklichkeit. Bielefeld: transcript Verlag, 2004, ISBN 3-89942-174-4.
  • Brigitte Klesse, Günther Ott (Hrsg.): Unterricht im Museum. Köln 1974.
  • Aida Kruze, Dieter Schulz, Arnold Vogt (Hrsg.): Wandel der Lernkulturen an Schulen und Museen. Paradigmenwechsel zwischen Schul- und Museumspädagogik. (= Schriftenreihe des Zentrums für Lehrerbildung und Schulforschung (ZLS). an der Universität Leipzig. Band 7). Leipzig 2008, ISBN 978-3-86583-249-8.
  • Museumspädagogisches Zentrum (Hrsg.): Museumspädagogik für Kindergärten. Grundlagen, Inhalte, Methoden. München 2006, ISBN 3-934554-17-2.
  • Neue Museumskunde. Theorie und Praxis der Museumsarbeit. Jahrgang 15. 2/72. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1972.
  • Noschka-Roos, Hagedorn-Saupe u. a.: Museumspädagogik in Zahlen, Erhebungsjahr 1988. (= Materialien aus dem Institut für Museumskunde, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz. Heft 27). Institut für Museumskunde, Berlin 1989, DNB 900818247.
  • Projekt Pädagogische Praxis (Hrsg.): Pädagogische Arbeitsfelder – Einrichtungen, Aufgaben, Möglichkeiten. Orientierungshilfe für Schüler und Studenten, Lehrer und andere Pädagogen. Rowohlt, Reinbek 1981.
  • Adolf Reichwein: Schule und Museum. Berlin 1941, OCLC 551884735.
  • schnittpunkt, Beatrice Jaschke, Charlotte Martinz-Turek, Nora Sternfeld (Hrsg.): Wer spricht? Autorität und Autorschaft in Ausstellungen. (= ausstellungstheorie & praxis. 1). Turia + Kant, Wien 2005.
  • Jana Scholze: Medium Ausstellung. Lektüren musealer Gestaltung in Oxford, Leipzig, Amsterdam und Berlin. Bielefeld: transcript Verlag, 2004, ISBN 3-89942-192-2.
  • Schule und Museum im einheitlichen sozialistischen Bildungssystem der DDR. Heft 11: Zur Theorie und Methodik der Bildung und Erziehung im Museum. Arbeitsgruppe Museumspädagogik, Berlin 1976.
  • Christiane Schrübbers (Hrsg.): Moderieren im Museum. Theorie und Praxis der dialogischen Besucherführung. Transcript Verlag, Bielefeld 2013, ISBN 978-3-8376-2161-7.
  • Arnold Vogt: Literatur zur Museumspädagogik. Ein Überblick aus museologischer Sicht. In: Informationen des Sächsischen Museumsbundes e. V. Heft 17, Dezember 1998, S. 45–68.
  • Rainer Wenrich, Josef Kirmeier, Henrike Bäuerlein, Hannes Obermair (Hrsg.): Zeitgeschichte im Museum. Das 20. und 21. Jahrhundert ausstellen und vermitteln (= Kommunikation, Interaktion und Partizipation. Band 4). kopaed verlagsgmbh, München 2021, ISBN 978-3-96848-020-6.
  • Klaus Weschenfelder, Wolfgang Zacharias: Handbuch Museumspädagogik. Orientierungen und Methoden für die Praxis. (= Schwann-Handbuch). 1. Auflage. Pädagogischer Verlag Schwann, Düsseldorf 1981.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Der Bundesverband Museumspädagogik e.V. stellt sich vor. Bundesverband Museumspädagogik e.V., 3. April 2020, abgerufen am 7. Oktober 2022.
  2. KIK | Museumspädagogik | 8 Monate | 17.04.2021 | LQW-zertifiziert. In: Das Kulturgetriebe. Abgerufen am 8. März 2021 (deutsch).