Michelle Müntefering

deutsche Politikerin (SPD), MdB

Michelle-Jasmin Müntefering (* 9. April 1980 in Herne; geb. Schumann) ist eine deutsche Journalistin und Politikerin (SPD). Sie ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages und vertritt als direkt gewählte Abgeordnete den Bundestagswahlkreis Herne – Bochum II.[1] Von März 2018 bis Dezember 2021 war sie Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik beim Bundesminister des Auswärtigen im Kabinett Merkel IV.[2]

Michelle Müntefering (2021)

Leben Bearbeiten

Während ihrer Schulzeit an der Hiberniaschule in Herne, an der sie 2000 ihr Abitur erlangte, absolvierte Michelle Müntefering von 1997 bis 1998 eine im Konzept der Schule mögliche Ausbildung mit Abschluss zur Kinderpflegerin. Nach Praktika und freier Mitarbeit in einer Lokalredaktion und bei einer Nachrichten- und Presseagentur begann sie 2002 ein Journalismus-Studium mit dem Schwerpunkt Wirtschaft. Das Studium an der Fachhochschule Gelsenkirchen schloss sie 2007 mit dem akademischen Grad Bachelor of Arts ab.[3] Anschließend arbeitete sie zunächst freiberuflich in der Medienarbeit unter anderem für den Verband der Wohnungswirtschaft (VDW). 2008 und 2009 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Deutschen Bundestag. Von 2008 bis 2010 absolvierte sie ein Volontariat bei der Vorwärts-Verlagsgesellschaft in Berlin. Bis zu ihrer Wahl in den Deutschen Bundestag war sie als freie Journalistin tätig.

Seit 2009 ist sie mit Franz Müntefering verheiratet.[4]

Partei Bearbeiten

Michelle Müntefering trat 1999 in die SPD ein und engagierte sich zunächst bei den Jusos in Herne, deren stellvertretende Vorsitzende sie von 1999 bis 2004 war. 2002 wurde sie in Herne im Alter von 22 Jahren zur stellvertretenden Parteivorsitzenden des SPD-Unterbezirks Herne und 2004 als jüngstes Mitglied in den Landesvorstand der SPD Nordrhein-Westfalen gewählt. Diesem gehörte sie bis 2014 an.

2012 wählten sie die Delegierten der SPD im seit 1961 von der SPD gehaltenen Bundestagswahlkreis Herne – Bochum II zu ihrer Kandidatin für die Bundestagswahl 2013. In einer Kampfabstimmung setzte sie sich mit 77:55 Stimmen gegen die Herner Stadtverordnete Anke Hildenbrand durch.[5][6] Ein dritter Kandidat, der vorwärts-Chefredakteur Uwe Knüpfer, hatte seine Kandidatur nach einem schlechten Ergebnis in einer Vorabstimmung im Unterbezirk Herne zurückgezogen.[7]

Im Dezember 2021 wurde sie als Beisitzerin in den SPD-Parteivorstand gewählt.[8] 2023 wurde sie im zweiten Wahlgang in diesem Amt bestätigt.[9]

Im September 2023 scheiterte sie beim Versuch, einen Platz auf der NRW-Liste der SPD für die Europawahl zu erlangen. Bei einer Sitzung des SPD-Regionalverbands Westliches Westfalen verlor sie die Abstimmung über den Frauenplatz an der Spitze der Europa-Liste gegen die EU-Abgeordnete Birgit Sippel.[10] In der Folge wurde sie vom SPD-Landesparteirat nicht für die Europawahl nominiert. Jedoch wurde sie bei der Europadelegiertenkonferenz am 28. Januar 2024 als Ersatzkandidatin für die SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley aufgestellt.[11]

Abgeordnetentätigkeit Bearbeiten

Im Jahr 2004 kandidierte Müntefering erstmals im Wahlbezirk Eickel-Nord für den Rat der Stadt Herne und wurde zur ehrenamtlichen Stadtverordneten gewählt. Diese Funktion übte sie bis September 2013 aus.[12]

Bei der Bundestagswahl 2013 wurde sie, als Nachfolgerin von Gerd Bollmann, mit 48,9 Prozent der Erststimmen direkt in den Deutschen Bundestag gewählt.

Im 18. Deutschen Bundestag war Michelle Müntefering ordentliches Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und im Unterausschuss Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Ab 2015 fungierte sie als Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion im Unterausschuss Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Außerdem war sie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz sowie im Unterausschuss Kommunales.[13] Bis März 2018 war sie Vorsitzende der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag.[14]

Bei der Bundestagswahl 2017 gelang ihr der Wiedereinzug in den Bundestag. Mit 41,9 Prozent errang sie erneut das Direktmandat und zugleich das beste Erststimmenergebnis der SPD in Nordrhein-Westfalen.[15]

Im 19. Deutschen Bundestag wurde sie zunächst zur kulturpolitischen Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion gewählt;[16] sie legte dieses Amt mit der Ernennung zur Staatsministerin nieder.

Bei der Bundestagswahl 2021 konnte sie ihr Direktmandat mit 43,4 Prozent der Erststimmen erfolgreich verteidigen.[17]

Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik a. D. Bearbeiten

 
Michelle Müntefering als Gastrednerin bei der Eröffnung des Wikimedia Summit 2019 in Berlin

Von März 2018 bis Dezember 2021 war Müntefering Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik beim Bundesminister des Auswärtigen im Kabinett Merkel IV.[18]

In dieser Funktion förderte Müntefering die weltweite zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit sowie den kulturellen und wissenschaftlichen Austausch.[19] Sie unterstützte die Gründung und den Ausbau von Schutzprogrammen für bedrohte Wissenschaftler, Journalisten, Künstler, Menschenrechtler und Studierende, wie die Philipp-Schwartz-Initiative, die Martin-Roth-Initiative, die Elisabeth-Selbert-Initiative und das Hilde-Domin-Programm. Auf ihre Initiative wurde der Freiwilligendienst Kulturweit um die Programmlinie naturweit ergänzt. Damit haben junge Menschen die Möglichkeit, sich unter anderem in Geoparks und Biosphärenreservaten als Freiwillige für den Naturschutz einzusetzen.[20]

Im Auswärtigen Amt war sie außerdem für die auswärtigen Beziehungen zu den Staaten Subsahara-Afrikas zuständig.[21] In zahlreichen Reden forderte Müntefering eine Partnerschaft mit Afrika auf Augenhöhe.[22][23] Sie setzte sich für die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte[24] sowie die Rückgabe von Kulturgütern und sterblichen Überresten ein.[25] Große mediale Aufmerksamkeit erfuhr die Rückgabe sterblicher Überreste an Namibia im August 2018.[26]

Müntefering macht sich außerdem für den Schutz von Frauen in der Welt und eine stärkere Einbeziehung von Frauen in Friedensverhandlungen, Konfliktschlichtung und Wiederaufbau stark.[27] In einer Rede vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 25. Oktober 2018 sagte sie: „Wir können es uns nicht leisten, das Potential der Frauen für Sicherheit, Stabilität und nachhaltigen Frieden zu vernachlässigen.“[28]

2021 vertrat sie die Bundesrepublik Deutschland bei der G20-Kulturministerkonferenz in Rom und setzte sich dort für die Schaffung eines Rettungsmechanismus gegen die Zerstörung von Kulturgütern während Naturkatastrophen und Konflikten ein.[29]

Mitgliedschaften Bearbeiten

Michelle Müntefering engagiert sich in zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen. Sie ist eine vor drei stellvertretenden Vorsitzenden des Beirats der Kulturakademie Tarabya[30], eine von sechs Vizepräsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft[31] sowie Mitglied im Beirat des Center for Feminist Foreign Policy[32]. Darüber hinaus gehört Müntefering dem Kuratorium des Marie-Schlei-Vereins an.[33] Sie ist im Vorstand der Gesellschaft der Freunde der Ruhr-Universität Bochum.[34]

Bis Oktober 2018 war Müntefering Vizepräsidentin der Deutsch-Türkischen Gesellschaft e. V. Berlin[35] und Vorsitzende des Kuratoriums der Deutschen Orient-Stiftung, Berlin. Sie ist Mitglied der Gewerkschaft IG BCE, bei Amnesty International, der AWO und in der überparteilichen Europa-Union Deutschland.[36]

Positionen Bearbeiten

Seit ihrem Einzug in den Bundestag setzt sich Müntefering kontinuierlich für die Entlastung hochverschuldeter Kommunen sowie die Schaffung von gleichwertigen Lebensverhältnissen ein.[37][38]

Im November 2019 schlug Müntefering ein Denkmal für ehemals als Gastarbeiter bezeichnete Einwanderer vor.[39] Es soll den Beitrag von Einwanderern zum Wohlstand in Deutschland würdigen.[40]

Sonstiges Bearbeiten

In der Nacht zum 22. August 2017 wurden Brandanschläge auf Münteferings Privat- und ein SPD-Wahlkampfauto vor ihrem Haus verübt. Zwei schwarz gekleidete Männer, einer mit Sturmhaube, liefen vom Tatort weg. Die Polizei setzte auch einen Hubschrauber und einen Hundeführer ein, um die Täter zu finden. Die Ermittlungen übernahm der Staatsschutz.[41]

Im Jahr 2004 gewann Müntefering das „Silberne Mikrofon“ des nationalen Rhetorikwettbewerbs der Deutschen Rednerschule GmbH in Berlin.[42]

Publikationen Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Michelle Müntefering – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Ergebnisse Bundeswahlen 2017 und 2013, Wahlgebiet Herne Erststimme, Link.
  2. Auswärtiges Amt: Staatsministerin Michelle Müntefering. Abgerufen am 31. August 2021.
  3. Glück auf! Und danke für alles, Karl-Martin Obermeier! Abgerufen am 31. August 2021.
  4. Michelle heißt jetzt Müntefering. spiegel.de vom 12. Dezember 2009 (abgerufen am 13. März 2018).
  5. Michelle Müntefering triumphiert gegen den Mogler. Welt.de, abgerufen am 27. September 2012.
  6. SPD nominiert Michelle Müntefering für den Bundestag. Süddeutsche.de, abgerufen am 27. September 2012.
  7. Michelle Müntefering nominiert. RP-Online.de, abgerufen am 27. September 2012.
  8. https://www.spd.de/partei/#c75377
  9. Signal der Geschlossenheit: SPD-Parteitag bestätigt die Führungsspitze | Vorwärts. Abgerufen am 10. Dezember 2023.
  10. T-Online: SPD-Politikerin Müntefering scheitert mit Kandidatur für EU-Wahl, Artikel vom 15. September 2023, aufgerufen am 22. November 2023
  11. Bundesliste der SPD zur Europawahl 2024 auf spd.de, abgerufen am 6. März 2024.
  12. Biografie › Michelle Müntefering. Abgerufen am 31. August 2021 (deutsch).
  13. Deutscher Bundestag – Auswärtiger Ausschuss. In: Deutscher Bundestag. (bundestag.de [abgerufen am 22. März 2018]).
  14. Deutscher Bundestag – Weltweit vernetzt – die Parlamentariergruppen. In: Deutscher Bundestag. (bundestag.de [abgerufen am 22. März 2018]).
  15. Michelle Müntefering (SPD): Sie holte das beste Erststimmenergebnis für die NRW-SPD. Abgerufen am 23. Juli 2020.
  16. Aufbruch in der Kultur- und Medienpolitik. 8. Februar 2018, abgerufen am 31. August 2021.
  17. Ergebnisse Herne – Bochum II – Der Bundeswahlleiter. Abgerufen am 9. Dezember 2021.
  18. Deutscher Bundestag – Michelle Müntefering. In: Deutscher Bundestag. (bundestag.de [abgerufen am 22. März 2018]).
  19. Stuttgarter Zeitung, Stuttgart Germany: Staatsministerin Michelle Müntefering: „Kulturpolitik ist eine sanfte Macht“. Abgerufen am 31. August 2021.
  20. Natur-Freiwilligendienst kommt. Abgerufen am 31. August 2021.
  21. Organisationsplan. In: Auswärtiges Amt. Abgerufen am 31. August 2021.
  22. Auswärtiges Amt: Rede von Staatsministerin Michelle Müntefering bei der Eröffnung des Außenwirtschaftstags Architektur, Planen, Bauen. Abgerufen am 31. August 2021.
  23. Michelle Müntefering: Afrika ist überall. In: Politik & Kultur. Deutscher Kulturrat, 1. Oktober 2019, abgerufen am 31. August 2021 (deutsch).
  24. Auswärtiges Amt: Rede von Staatsministerin Michelle Müntefering bei der virtuellen Konferenz „Colonialism as Shared History: Past, Present and Future“. Abgerufen am 31. August 2021.
  25. Monika Grütters, Michelle Müntefering: Kolonialismus und Raubkunst: Eine Lücke in unserem Gedächtnis. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 31. August 2021]).
  26. Deutsche Welle (www.dw.com): Müntefering entschuldigt sich bei Herero und Nama für deutsche Verbrechen | DW | 29.08.2018. Abgerufen am 31. August 2021 (deutsch).
  27. Sammelband „Female Diplomacy“ – „Frauen sind besonders diplomatisch“. Abgerufen am 31. August 2021 (deutsch).
  28. Auswärtiges Amt: Rede von Staatsministerin Michelle Müntefering in der offenen Debatte des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zur Resolution 1325 – 25. Oktober 2018. Abgerufen am 31. August 2021.
  29. Ulrike Knöfel, DER SPIEGEL: Michelle Müntefering (SPD) fordert Akutmaßnahmen für Kulturgüter in Katastrophengebieten. Abgerufen am 31. August 2021.
  30. Kulturakademie Tarabya: Kulturakademie Tarabya | Organisation. Abgerufen am 31. August 2021.
  31. Das Präsidium der DIG e.V. In: www.deutsch-israelische-gesellschaft.de. Abgerufen am 26. Juli 2023.
  32. Advisory Council. Abgerufen am 31. August 2021 (britisches Englisch).
  33. Transparenz und Mitgliedschaften › Michelle Müntefering. Abgerufen am 31. August 2021 (deutsch).
  34. Ruhr-Universität Bochum – Gesellschaft der Freunde. Abgerufen am 31. August 2021.
  35. Angaben des Deutschen Bundestags
  36. Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag A – Z. In: Webseite der Europa-Union Deutschland. Abgerufen am 25. November 2020.
  37. Tobias Bolsmann: Michelle Müntefering hat im Bundestag für Kommunen gekämpft. 31. August 2017, abgerufen am 31. August 2021 (deutsch).
  38. Volle Unterstützung für Solidarpakt von Scholz | Stellungnahme von Michelle Müntefering und Alexander Vogt. Abgerufen am 31. August 2021.
  39. Michelle Müntefering fordert Denkmal für Gastarbeiter. In: Zeit Online. 7. November 2018, abgerufen am 31. August 2021.
  40. Stefan Schulte: Konzerne und Politik wollen Gastarbeiter-Denkmal im Revier. 21. November 2019, abgerufen am 31. August 2021 (deutsch).
  41. Spiegel Online: Autos von Michelle Müntefering angezündet, Artikel vom 22. August 2017, aufgerufen am 22. August 2017
  42. Lebenslauf › Michelle Müntefering. Abgerufen am 31. August 2021 (deutsch).