Meir ben Isaak

Chasan (Kantor) und Vorbeter der Jüdischen Gemeinde Worms. Bekannt wurde er als Dichter von Pijjutim

Meir ben Isaak (geboren: Mitte 11. Jahrhundert; verstorben vor 1096[1]) (auch: Schliach Sibbur[2]) war Chasan (Kantor) / „Vorbeter“[3] der Jüdischen Gemeinde Worms. Bekannt wurde er als Dichter von Pijjutim.

Familie Bearbeiten

Die Kenntnisse zu seiner Person und seinen Leistungen im Einzelnen sind aufgrund der Quellenlage begrenzt, über seine Familie ist wenig bekannt. Er selbst erwähnt lediglich in einem Text, dass der Name seines Großvaters väterlicherseits „Samuel“ gelautet habe.[4] Meir ben Isaak war verheiratet und hatte zwei Söhne, Isaak und Jakob. Isaak wurde während der Judenverfolgungen zur Zeit des Ersten Kreuzzugs 1096 ermordet.[5] In der Literatur wird auch behauptet, dass die Frau von Meir ben Isaak ebenfalls in diesem Pogrom ermordet wurde[6], dafür gibt es aber keine Belege.[7]

Bekannt ist, dass Raschi und Meir ben Isaak sich um 1060 während des Studiums von Raschi in Worms kennen lernten.[8] Raschi lobte die Kenntnisse von Meir ben Isaak in seinem Werk.

Im Memorialgebet der Wormser Gemeinde wurde er jahrhundertelang mit der Formel „er öffnete die Augen Israels mit seinen Pijjutim“ genannt.[9]

Wirken Bearbeiten

Meir ben Isaak gilt als Autorität auf dem Gebiet der gottesdienstlichen Liturgie und der Pijjutim. Ihm wird die Einführung liturgischer Besonderheiten zugeschrieben, die sich durch Übernahme in benachbarten Gemeinden im Rheinischen Judentum verbreiteten.[10] Liturgisches bildet den Hauptteil der von seinen Arbeiten erhaltenen Überlieferung[11], auch weil die Texte jahrhundertelang im Gottesdienst deutscher Gemeinden verwendet wurden.[12]

48 Pijjutim werden ihm zugeschrieben[13], 44 davon können ihm sicher zugewiesen werden[14], acht davon sind in Aramäisch verfasst, alle anderen in hebräisch.[15] Er hinterließ eine Reihe von Dichtungen, Hochzeits- und Klageliedern[16] und war als Dichter im gesamten Mittelalter populär.[17]

Meir ben Isaak war auch als Bibelexeget tätig. Davon gibt es allerdings nur indirekte Zeugnisse durch andere Autoren, die ihn zitieren. Zu diesen zählt Raschi. Arbeiten zu Rechtstexten sind von ihm nicht überliefert, was aber nicht ausschließt, dass er sich auch damit befasst hat.[18]

Literatur Bearbeiten

  • Ismar Elbogen: Aus den Anfängen der Synagoge in Worms. In: Ernst Róth: Festschrift zur Wiedereinweihung der Alten Synagoge zu Worms. Ner Tamid Verlag, Frankfurt am Main 1961, S. 198–202.
  • Ismar Elbogen u. a. (Hg): Germania Judaica 1: Von den ältesten Zeiten bis 1238. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1963.
  • Ephraim Kanarfogel: The Intellectual History and Rabbinic Culture of Medieval Ashkenaz. Wayne State University Press, Detroit 2013. ISBN 978 0 8143 3024 1, S. 385–389.
  • Allan F. Lavin: The Liturgical Poems of Meir bar Isaak = Dissertation an The Jewish Theological Seminary of America, Ann Arbor, MI, 1984.
  • Fritz Reuter: Warmaisa: 1000 Jahre Juden in Worms. 3. Auflage. Eigenverlag, Worms 2009. ISBN 978-3-8391-0201-5
  • Leopold Zunz: Literaturgeschichte der synagogalen Poesie. ND der Ausgabe Berlin 1865: Georg Olms, Hildesheim 1966.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Elbogen: Germania Judaica, S. 447.
  2. Lavin, S. 3.
  3. Elbogen: Germania Judaica, S. 446.
  4. Lavin, S. 3.
  5. Elbogen: Germania Judaica, S. 447.
  6. Z.B. Zunz, S. 146.
  7. Lavin, S. 3.
  8. Elbogen: Aus den Anfängen, S. 198.
  9. Lavin, S. 8.
  10. Elbogen: Germania Judaica, S. 446.
  11. Lavin, S. 5.
  12. Lavin, S. 8.
  13. Lavin, S. 1. Lavin hat sie in seiner Arbeit alle ediert und kommentiert (hebräisch).
  14. Lavin, S. 8.
  15. Lavin, S. 2.
  16. Werkverzeichnis (unvollständig) bei: Zunz, S. 146–152.
  17. Elbogen: Germania Judaica, S. 446.
  18. Lavin, S. 4.