Max Schwab (Geologe)

deutscher Geologe

Max Schwab (* 1. März 1932 in Halle; † 13. April 2024 ebenda) war ein deutscher Geologe. Er war bis 1997 Professor für Regionale Geologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Familie Bearbeiten

Max Schwab war der Sohn des jüdischen Kaufmanns und Viehhändlers Julius Schwab aus Halle und dessen in den 1930er Jahren zum Judentum konvertierten Ehefrau Pauline Margarethe, geborene Günter. Das Paar war ab 1940 zum Schutz der beiden gemeinsamen Söhne geschieden; die Scheidung wurde 1957 aufgehoben.[1] Julius Schwab wurde nach den Novemberpogromen 1938 verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert.[2] Nach seiner Emigration in die Niederlande wurde er erneut verhaftet und im September 1942 im KZ Auschwitz ermordet.[3][1] Auch die Schwester des Vaters, Selma Appel, wurde 1942 im Vernichtungslager Sobibor Opfer des Holocaust.[1]

Schwabs Zwillingsbruder Günther, mit dem er zeitlebens eng verbunden war, wurde ebenfalls Geologe und war zuletzt Direktor des Landesamtes für Geowissenschaften und Rohstoffe Brandenburg. Er verunglückte am 16. Oktober 1996 bei einem Autounfall tödlich.[4][5]

Leben Bearbeiten

Schule und Studium Bearbeiten

Max Schwab überlebte die Zeit des Nationalsozialismus zusammen mit seinem Zwillingsbruder in Halle. Ihre Mutter schirmte die beiden Jungen mit Unterstützung Dritter weitgehend von der Außenwelt ab. Sie war in den 1930er Jahren zum Judentum konvertiert, konnte aber 1944 aufgrund ihrer hartnäckigen Bemühungen erreichen, dass beide Kinder von den Nationalsozialisten schließlich nur als „Halbjuden“ eingestuft wurden.[2] Ab 1939 durfte Max Schwab keine öffentliche Schule mehr besuchen. Er wurde auf Betreiben der Mutter bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges privat unterrichtet und legte 1950 sein Abitur an der Thomas Müntzer-Oberschule in Halle ab.

Vor Beginn seines Geologie-Studiums an der Universität Halle war er als Grabungshelfer im Geiseltal tätig. Noch im Jahr 1950 wechselte er den Studienort und ging an die Humboldt-Universität nach Berlin.[4] Im Rahmen der mit Auszeichnung abgeschlossenen Diplomarbeit, die von Serge von Bubnoff und Günter Möbus betreut wurde, beschäftigte sich Max Schwab mit der Nordlausitzer Grauwackenformation bei Weißenberg. Als Assistent ging er zurück an die Martin-Luther-Universität nach Halle und verlegte seinen Arbeitsschwerpunkt auf die Untersuchung der permo-karbonischen Sedimente in der Gegend um Halle sowie auf die stratigrafische und tektonische Entwicklung paläozoischer Schichtenfolgen im Harz.

Promotion und Habilitation Bearbeiten

Schwab wurde 1961 an der Universität Halle mit summa cum laude promoviert.[6] Nach der dritten Hochschulreform wurde 1967 / 1968 das Geologisch-Paläontologische Institut der Martin-Luther-Universität in Halle aufgelöst und die Ausbildung der Geologen in der DDR an die Bergakademie Freiberg und die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald verlegt. Max Schwab war in der Folgezeit wesentlich an der Umorganisation der geowissenschaftlichen Lehre an der Martin-Luther-Universität beteiligt.[7]

Im Jahr 1970 habilitierte er mit einer Arbeit über Beiträge zur Tektonik der Rhenoherzynischen Zone im Gebiet der DDR mit besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse im Unterharz. Ein Jahr später wurde ihm die Lehrbefähigung erteilt, 1978 erfolgte die Ernennung zum Hochschuldozenten für Regionale Geologie. Im Jahr 1983 erhielt er die Professur für Regionale Geologie. Seit 1978 war er zunächst als kommissarischer Leiter, ab 1984 dann als Leiter des Wissenschaftsbereiches Geologische Wissenschaften und des Geiseltalmuseums an der Sektion Geographie der Martin-Luther-Universität.[4]

Wirken in am Geologischen Institut in Halle Bearbeiten

Max Schwab befasste sich schwerpunktmäßig mit der Geologie der Umgebung von Halle sowie der Geologie und Tektonik des Harzes und ist Mitverfasser einer Monografie über die Geologie von Sachsen-Anhalt.[8]

Nach der politischen Wende war Max Schwab maßgeblich an der Neugründung des Institutes für Geologische Wissenschaften beteiligt, an dem er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1997 in der Lehre tätig war. Zu seinen Lehraufgaben zählte neben den Vorlesungen zur Regionalen und Allgemeinen Geologie und Tektonik auch die Geländeausbildung der Geologie-Studenten.

In der DDR war er Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats für Geowissenschaften. Nach der politischen Wende 1989 bekleidete Max Schwab zahlreiche Aufgaben, unter anderem: Mitglied der Evaluierungskommission des Wissenschaftsrates, Mitglied des Wissenschaftsrates, Mitglied des Deutschen Landesausschusses für das International Geoscience Programme (IGCP), Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben beim Niedersächsischen Landesamt für Bodenforschung, Mitglied des Deutschen Nationalkomitees für Geologische Wissenschaften, Mitglied der DFG-Senatskommission für Geowissenschaftliche Gemeinschaftsforschung sowie Fachgutachter der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Er war Vorsitzender der Gesellschaft für Geologische Wissenschaften.[4]

1979 erhielt er die Abraham-Gottlob-Werner-Medaille. 1991 wurde er Mitglied der Leopoldina.[9] Im Jahr 1997 erhielt er die Hans-Stille-Medaille. 1999 wurde er Ehrenmitglied der Geologischen Vereinigung und wurde mit der Serge-von-Bubnoff-Medaille geehrt.[10]

Am 13. April 2024 starb Max Schwab im Alter von 92 Jahren in seiner Geburtsstadt Halle.[11] Mit seiner Frau Jutta hatte er drei Söhne.[5]

Veröffentlichungen (Auswahl) Bearbeiten

Max Schwab war Autor bzw. Mitautor von 152 Publikationen sowie zahlreichen nicht veröffentlichten Forschungsberichten.[4]

Hochschulschriften
  • Tektonische Untersuchungen im Permokarbon nördlich von Halle/Saale. Dissertation, Halle/Saale 1961.
  • Beiträge zur Tektonik der Rhenoherzynischen Zone Gebiet der DDR mit besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse im Unterharz. Habilitation, Halle/Saale 1970.
andere Veröffentlichungen
  • Der geologische Aufbau des Halleschen Porphyrkomplexes. Herzynia, Band 1, 1964, S. 167–185.
  • mit W. Knoth: Abgrenzung und geologischer Bau der Halle-Wittenberger-Scholle. In: Geologie. Band 21, 1971, S. 1153–1172.
  • mit Günter Krumbiegel: Saalestadt Halle und Umgebung: ein geologischer Führer. 2 Bände, 1974.
  • mit Hans Kugler, Konrad Billwitz: Allgemeine Geologie, Geomorphologie und Bodengeographie. Gotha 1980, 1988.
  • als Herausgeber: Die altpaläozoische und variszische Entwicklung im nördlichen Mitteleuropa. 9. Rundgespräch Geodynamik des Europäischen Variszikums, Wernigerode 1993, Zentralblatt für Geologie und Paläontologie, 1993.
  • Der geologische Untergrund der Stadt Halle und die Hallesche Marktplatzverwerfung. In: Werner Freitag, Andreas Ranft, Katrin Minner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Halle. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2006, ISBN 9783898123839, S. 78–90.
  • mit Gerhard H. Bachmann, Bodo-Carlo Ehling, Rudolf Eichner: Geologie von Sachsen-Anhalt. Schweizerbart, Stuttgart 2008.
  • mit Hans Joachim Franzke: Harz- östlicher Teil und Kyffhäuser Kristallin. Sammlung Geologischer Führer, Band 104, Gebrüder Borntraeger 2011.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Zeit-Geschichte(n) e.V.: Stolpersteine in Erinnerung an das Schicksal von Julius Schwab und seine Schwester Selma Appel geb. Schwab - Riebeckplatz 4, abgerufen am 25. November 2022.
  2. a b Silvia Zöller: Holocaust dank vieler Helfer überlebt. In: Mitteldeutsche Zeitung. 12. Juni 2007, abgerufen am 19. April 2024.
  3. Gedenkbuch für die Toten des Holocaust, Halle
  4. a b c d e Jörg Hacker, Karl-Armin Tröger: Herrn Prof. Dr. Max Schwab (Halle/Saale) zum 80. Geburtstag. In: Hallesches Jahrbuch für Geowissenschaften. Band 34, Halle 2012, S. 116–118. doi:10.25673/91871
  5. a b Tobias Kühn: »Ich bin der Letzte«. In: Jüdische Allgemeine. 10. November 2019, abgerufen am 20. April 2024.
  6. Tektonische Untersuchungen im Permokarbon nördlich von Halle/Saale. Freiberger Forschungshefte, C, Band 192,2, 1961
  7. Norbert Hauschke Die geologisch-paläontologischen Sammlungen der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg
  8. Bachmann, Ehling, Eichner Schwab u. a.: Geologie von Sachsen-Anhalt. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, 2008, ISBN 978-3-510-65240-2.
  9. Mitgliedseintrag von Max Schwab bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 1. Februar 2016.
  10. Laudatio (Memento vom 29. November 2014 im Internet Archive)
  11. Toni Cebulla: Kunst- und Altertumsverein Güstrow trauert um Max Schwab. In: Nordkurier. 18. April 2024, abgerufen am 19. April 2024.